TE Lvwg Erkenntnis 2018/3/22 VGW-131/018/627/2018

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Veröffentlicht am 22.03.2018
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Entscheidungsdatum

22.03.2018

Index

90/02 Führerscheingesetz
24/01 Strafgesetzbuch

Norm

FSG §7
FSG §24 Abs1 Z1
FSG §24 Abs3
FSG §25 Abs3
StGB §21 Abs2
StGB §205 Abs1
StGB §206 Abs1
StGB §206 Abs3 1. Fall
StGB §207a Abs1 Z1
StGB §207a Abs3 2. Fall
StGB §207a Abs3 4. Fall

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter DDr. Lacina über die Beschwerde des Herrn P. A. gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt, vom 15.11.2017, Zahl: E/20550/VA/17, mit welchem 1.) die gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 FSG 1997 erteilte Lenkberechtigung für die Klasse(n) AM und B für die Dauer von zwei Jahren entzogen wurde und 2.) ihm aufgetragen wurde, bis zum Ablauf der Entziehungszeit ein amtsärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung vorzulegen,

zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt, vom 15.11.2017, Zahl: E/20550/VA/17, wurde dem Beschwerdeführer (Bf) 1) gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 FSG 1997 die für die Klassen AM und B erteilte Lenkberechtigung gemäß § 25 Abs. 3 FSG 1997 für die Zeit von zwei Jahren ab Zustellung des Bescheides, ohne Einrechnung der Haftzeiten entzogen und 2) gemäß § 24 Abs. 3 FSG 1997 angeordnet, bis zum Ablauf der Entziehungszeit ein amtsärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung vorzulegen.

Zu diesem Zwecke habe er sich einer amtsärztlichen Untersuchung im Verkehrsamt der Landespolizeidirektion Wien, Dietrichgasse 27, 1030 Wien, zu unterziehen.

2. Die dagegen rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 08.12.2017 hat folgenden Inhalt:

„Innerhalb offener Frist wird Beschwerde gegen den Bescheid obiger Zahl erhoben, und folgend ausgeführt.

Die Entziehung der Lenkerberechtigung für 2 Jahre, ist eine Diskriminierung und Mehrfachbestrafung da vom Landesgericht ... bereits für die Straftat ein Urteil verhängt wurde.

Eine weitere Sanktion durch die Entziehung des Führerscheins ist daher die laut EMRK verbotene Mehrfachbestrafung i.S.d.G., den der Führerschein hat weder ursächlich noch sonst in einer Art und Weise mit der Urteilsrelevanten Straftat zu tun, und ist eine Willkürentscheidung der Behörde, die auch eine verbotene Diskriminierung wegen einer strafrechtlichen Verurteilung, gegenüber anderen die Sicherheit des Straßenverkehrs wirklich gefährdenden Verkehrsteilnehmern.

Daher, da die Behörde keinen Ursächlichen Zusammenhang zu der Straftat und dem folgenden Führerscheinentzug herstellen kann, ist dieser Beschwerde Stattzugeben, und der Führerscheinentzug als rechtswidrig in Form und Inhalt, ersatzlos zu beheben.

für den Inhalt

Unterschrift“

3. Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen zur Entscheidung berufenen Richter erwogen:

Der Beschwerdeführer wurde, wie von ihm auch unbestritten, mit Urteil des Landesgerichtes ... vom 23. März 2017, GZ ..., wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen Person nach § 205 Abs. 1 StGB, wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs. 1 und 3 erster Fall StGB, wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs. 1 StGB sowie wegen des Vergehens der pornographischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 zweiter und vierter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 9 Jahren verurteilt. Gemäß § 21 Abs. 2 StGB wurde der Beschwerdeführer vom Gericht in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Gleichzeitig hat das Gericht auch die dem Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes ..., AZ ... gewährte bedingte Strafnachsicht gemäß § 53 Abs. 1 StGB iVm § 494a Abs. 1 Z 4 StPO widerrufen.

Die Einweisung des Beschwerdeführers in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher war für das erkennende Gericht deshalb geboten, um der Begehung weiterer gleichartiger Taten durch den Angeklagten unter dem Einfluss seiner höhergradig abnormen und gefährlichen Persönlichkeit entgegenzuwirken.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 20.2.2001, 2000/11/0281 festgestellt, dass eine Entziehung der Lenkberechtigung im Ausmaß von zwei Jahren beim Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 2 StGB angemessen ist; und auch eine Entziehung der Lenkberechtigung im Ausmaß von drei Jahren beim Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 2 StGB hielt der Verwaltungsgerichtshof in einem weiteren Erkenntnis vom 28.6.2001, 2001/11/0153 für zulässig!

§ 7 FSG bestimmt (auszugsweise):

§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2.

sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

8.

eine strafbare Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung gemäß den §§ 201 bis 207 oder 217 StGB begangen hat;

(4) Für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs. 3 Z 14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.

Die vom Beschwerdeführer an unmündigen und minderjährigen Knaben begangenen Verbrechen sind per se als besonders verwerflich anzusehen, die Gefährlichkeit der Verhältnisse ist dadurch dokumentiert, dass die Geschädigten durch die vom Beschwerdeführer vorgenommenen sexuellen Handlungen an ihnen nicht nur körperliche Schäden erlitten, sondern, was als viel schwerer noch einzustufen war, seelische Schmerzen, die psychische Beeinträchtigungen darstellen, hervorriefen.

Da die einzelnen Tathandlungen, die vom Beschwerdeführer zwischen August 2015 und 7. August 2016 gesetzt wurden, noch nicht lange zurückliegen, kann mit einem Wohlverhalten erst nach der von der belangten Behörde festgesetzten Entziehungsdauer der Lenkberechtigung des Beschwerdeführers und nach Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausgegangen werden.

Gemäß § 24 Abs. 1 und 3 VwGVG konnte von Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden.

4. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Entziehung der Lenkberechtigung; Verbrechen; Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher; kein langes Zurückliegen der Tathandlungen; Amtsarzt; Gutachten; gesundheitliche Eignung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.131.018.627.2018

Zuletzt aktualisiert am

11.05.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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