TE OGH 2010/8/4 3Ob103/10h

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Veröffentlicht am 04.08.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** W*****, vertreten durch Dr. Franz Grauf, Rechtsanwalt in Völkermarkt als bestellter Verfahrenshelfer, gegen die beklagte Partei R*****bank *****, vertreten durch Dr. Arnulf Kracker-Semler und Dr. Horst Kilzer, Rechtsanwälte in Villach, wegen Unzulässigkeit der Exekution (§ 35 EO), über die außerordentliche Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 26. Februar 2010, GZ 1 R 121/09b-21, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Vorinstanzen wiesen die von der Klägerin mit der Behauptung, der Anspruch der Beklagten auf Zahlung von 300.000 EUR bei Exekution in die beiden verpfändeten Liegenschaften der Klägerin sei erloschen, erhobene Oppositionsklage mit der Begründung ab, die Höchstbetragshypothek sichere Haupt- und Nebenforderungen bis zur völligen Rückzahlung des Kredits. Zahlungen würden nur die Gesamtforderung reduzieren, nicht den gesicherten Teilbetrag. Trotz nach Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz im Titelverfahren geleisteter Teilzahlungen sei die Exekutionsführung nach wie vor zulässig, weil der Kredit mit mehr als dem gesicherten Höchstbetrag aushafte. Die Behauptung der Klägerin, die Zinsenklausel in der Pfandurkunde sei nichtig, bilde keinen tauglichen Oppositionsgrund. Die Geltendmachung unrichtiger Zinsenberechnung widerspreche der Eventualmaxime. Die Zinsenforderung bestehe im Hinblick auf § 48 KO trotz Konkurseröffnung über das Vermögen der Kreditnehmerin noch fort.

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, das Berufungsgericht habe ihr in Ansehung ihres Vorbringens zur Verzinsungsbestimmung zu Unrecht einen Verstoß gegen die Eventualmaxime angelastet.

Bei einer Oppositionsklage kommt als tauglicher Klagetatbestand jeglicher nach Entstehung des Titels verwirklichter Sachverhalt in Betracht, der nach der Rechtsordnung geeignet ist, den betriebenen Anspruch aufzuheben oder seine Fälligkeit hinauszuschieben. Sie ist kein prozessuales Mittel zur Durchbrechung der Rechtskraft des Titels, sondern dient der Geltendmachung von Änderungen der Sachlage nach Abschluss des Titelverfahrens (2 Ob 256/08w mwN; Jakusch in Angst2, § 35 EO Rz 52). Die gegen die Berechtigung der Zinsenberechnung gerichteten Einwendungen hätten bereits vor Schluss der mündlichen Streitverhandlung im Titelverfahren erhoben werden müssen. Sie wären daher grundsätzlich kein tauglicher Oppositionsgrund, hätte die Klägerin auch der Eventualmaxime des § 35 Abs 3 EO entsprochen.

Überdies liegt auch in der Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe gegen die Eventualmaxime verstoßen, keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung. Nur Einwendungen, die bei Erhebung der Klage noch nicht vorhanden waren, sind von der Eventualmaxime nicht betroffen (RIS-Justiz RS0001295); im Oppositionsverfahren sind an die Behauptungspflicht des Klägers hohe Anforderungen zu stellen (RIS-Justiz RS0048064). Sowohl der Inhalt des Kredit- als auch des Pfandbestellungsvertrags waren der Klägerin längst bekannt. Dass der (teilweise) in Exekution gezogene, dem Exekutionstitel zugrundeliegende Kreditsaldo auch Zinsen enthielt, lag aufgrund des über mehrere Jahre geführten Kreditkontos auf der Hand. Einer ausdrücklichen Erwähnung in dieser Richtung bedurfte es daher nicht, um für die Klägerin erkennbar zu machen, dass die in Exekution gezogene Forderung auch Kreditzinsen beinhaltet.

Die Revisionswerberin vermisst Rechtsprechung zur Frage, ob es der Beklagten als Kreditgeberin überlassen bleibe, Zahlungen auf die Schuld, für die das Pfand bestellt worden sei, selbständig und ohne Berücksichtigung der Haftung der Pfandbestellerin auf Zinsen zu widmen.

Über die Verrechnung geleisteter Zahlungen entscheidet in erster Linie die vom Schuldner bei der Zahlung abgegebene (ausdrückliche oder schlüssige) Widmungserklärung (RIS-Justiz RS0033523, RS0034703); mangels Vereinbarung/Widmung sind Teilzahlungen nach § 1416 ABGB zuerst auf unverjährte Zinsen, dann auf das Kapital und zuletzt auf verjährte Zinsen zu verrechnen (RIS-Justiz RS0033354). Bei einer bloßen Teilbesicherung durch ein Pfandrecht sind Zahlungen des Hauptschuldners (oder Erlöse aus der Exekutionsführung gegen ihn) zunächst auf den unbesicherten Teil der Gesamtforderung anzurechnen (3 Ob 109/98w). Bei einer von einem Dritten für den Schuldner bestellten Kredithypothek wird grundsätzlich der ganze Kredit besichert, gleichviel ob er sich im Rahmen des Kredithöchstbetrags bewegt oder diesen überschreitet; die Sicherung erstreckt sich nur bis zum vereinbarten Höchstbetrag. Wenn daher der Schuldner den überzogenen Kredit zum Teil abstattet, ist der bezahlte Betrag von der jeweils bestehenden Schuldsumme in Abzug zu bringen und nicht vom vereinbarten Kredithöchstbetrag (10 Ob 509/96 mwN = SZ 69/51). Dass im vorliegenden Fall Widmungen erfolgt seien, steht nicht fest. Festgehalten wurde vielmehr, dass zwischen den Streitteilen keine Vereinbarung bestand, wonach die Bezahlung auch nur des gesicherten Teils des Kredits zur Pfandentlassung der Klägerin führen müsste. Die Anwendung der gesetzlichen Tilgungsregel mangels Parteienvereinbarung entspricht daher der Rechtsprechung.

Inwieweit in Ansehung der limitierten Pfandhaftung ein Unterschied zwischen einem Abstattungskredit und einem Kontokorrentkredit bestehen soll, bleibt die Revisionswerberin auszuführen schuldig. Im Fall des Anwachsens der Kreditverbindlichkeit infolge Verzinsung liegt kein Fall der über die ursprüngliche Kreditaufnahme samt (teilweiser) Besicherung hinausgehende Kreditausweitung vor, welche zum Schutz des Bürgen oder Pfandbestellers ausnahmsweise dazu führen könnte, dass Teilzahlungen auf die Kreditschuld für den Bürgen oder Pfandbesteller zu einer (teilweisen) Haftungsminderung führen (vgl 6 Ob 131/08w zum Fall der Teilbürgschaft für eine nachträglich ausgeweitete Kreditverbindlichkeit).

Die Berechtigung des Absonderungsgläubigers, sich nach § 48 KO aus dem Absonderungsrecht uneingeschränkt Befriedigung zu verschaffen (also auch über die Konkurseröffnung hinaus verzinst), ist unabhängig davon, ob das Absonderungsrecht (hier Pfandrecht) vom Gemeinschuldner oder einem Dritten bestellt wurde. § 58 Abs 1 Z 1 KO legt lediglich fest, dass Zinsen seit Konkurseröffnung nicht als Konkursforderung geltend gemacht werden können, hindert aber nicht die Geltendmachung dieser Zinsen aus der Absonderungsmasse (RIS-Justiz RS0051754, zuletzt 8 Ob 108/08a).

Da die Klägerin sohin keine erhebliche Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermag, war ihre außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Schlagworte

5 Exekutionssachen,

Textnummer

E94819

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0030OB00103.10H.0804.000

Im RIS seit

18.09.2010

Zuletzt aktualisiert am

30.09.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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