TE OGH 1978/10/5 13Os114/78

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Veröffentlicht am 05.10.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5.Oktober 1978 unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Müller, Dr. Friedrich und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schrammel als Schriftführers in der Strafsache gegen Karl B und Christine B wegen des Vergehens der Vollstreckungsvereitelung nach dem § 162 Abs 1 und Abs 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Karl B sowie über die Berufung der Angeklagten Christine B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 26. April 1978, GZ 8 d Vr 1561/78-65, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Wozak und Dr. Lischka und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Karl B wird verworfen.

Gemäß dem § 290 Abs 1 StPO wird jedoch aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten Karl B wegen des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach den §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1

und Abs 3 StGB (Punkt B 1. des Urteilssatzes) sowie demgemäß auch in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Der Berufung der Angeklagten Christine B wird Folge gegeben und gemäß dem § 43 Abs 1 StGB die über sie verhängte Geldstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen. Gemäß dem § 390 a StPO fallen der Angeklagten Christine B die sie betreffenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden 1.) der Maschinenschlosser Karl B des Vergehens der Vollstreckungsvereitelung nach dem § 162 Abs 1 und 2 StGB (Punkt A) des Urteilssatzes), des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach den §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB (Punkt B) 1. des Urteilssatzes), des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den §§ 223 Abs 2, 224 StGB (Punkt B) 2. des Urteilssatzes) und des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach dem § 198 Abs 1 StGB (Punkt B) 3. des Urteilssatzes), sowie 2.) die kaufmännische Angestellte Christine B des Vergehens der Vollstreckungsvereitelung nach dem § 162 Abs 1 und 2 StGB (Punkt A) des Urteilssatzes) schuldig erkannt. Von der weiteren (auch) gegen sie erhobenen Anklage wegen versuchten schweren Betruges wurde Christine B gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Dieses - hinsichtlich Christine B im Schuldspruch unangefochten gebliebene - Urteil bekämpft der Angeklagte Karl B in den Schuldspruchfakten A), B) 1. und B) 2. mit einer ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Zum Schuldspruchfaktum A):

Nach dem Inhalt dieses Schuldspruches vereitelten Karl und Christine B im Jänner 1977 als Schuldner die Befriedigung ihrer Gläubiger in anhängigen Zwangsvollstreckungsverfahren dadurch, daß sie gepfändete Gegenstände, nämlich einen Fernsehapparart Marke Salera, einen Plattenspieler 'Lloyds' mit Radio und Kassettenrecorder, eine Speisezimmergarnitur (bestehend aus einem Tisch und vier Sesseln), eine Anrichte, ein Serviertischchen, eine Sitzgarnitur und einen Couchtisch im Gesamtwert von mindestens 7.300 S durch Verbringung nach Innsbruck beiseite schafften.

Seinen Schuldspruch wegen Vollstreckungsvereitelung bezeichnet der Beschwerdeführer als im Sinne der Z 5

des § 281 Abs 1 StPO unvollständig begründet, weil im angefochtenen Urteil seine Verantwortung unerörtert geblieben sei, er habe die gepfändeten Einrichtungsgegenstände nach Verkauf seiner Eigentumswohnung in Wien und übersiedlung nach Innsbruck nicht an ihrem bisherigen Standort zurücklassen können, sowie - der Sache nach aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO - als rechtsirrig, weil ihm entschuldbarer Notstand zuzubilligen gewesen wäre.

Der Beschwerde kommt schon insoweit keine Berechtigung zu. Nach den Urteilsfeststellungen stellten die Angeklagten Karl und Christine B die gepfändeten Gegenstände in der Wohnung eines Bekannten in Innsbruck unter, in der sie nicht gemeldet waren, ohne hievon die betreibenden Gläubiger, denen im übrigen auch ihr jeweiliger Wohnort unbekannt bliebt, zu verständigen (vgl. S 362 f, 407 d. A). Schon aus diesen Verfahrensergebnissen konnte das Erstgericht aber schlüssig ableiten, daß der Vorsatz der beiden Angeklagten darauf gerichtet war, durch die Verbringung der gepfändeten Gegenstände nach Innsbruck, mag diese auch im Zuge einer übersiedlung erfolgt sein, ihr Vermögen scheinbar zu verringern und die Befriedigung ihrer Gläubiger in den anhängigen Zwangsvollstreckungsverfahren zu vereiteln. Daß sie daran gehindert gewesen wären, den Gläubigern oder dem Exekutionsgericht ihren jeweiligen Wohnort (in Innsbruck und später in Telfs) sowie den Standort der gepfändeten Gegenstände bekanntzugeben, konnte der Beschwerdeführer nicht dartun. Im Hinblick auf die vorsätzliche Unterlassung einer solchen - nach Lage des Falles gebotenen und (ausgehend von den an einen rechtsgetreuen Durchschnittsmenschen zu stellenden Anforderungen auch) zumutbaren - Verständigung fällt ihm demnach ein im Sinne des § 162 StGB tatbestandsmäßiges, rechtswidriges und auch schuldhaftes Verhalten zur Last, zumal nach dem Gesagten die Voraussetzungen des § 10 Abs 1 StGB nicht vorliegen.

Zum Schuldspruchfaktum B) 1.:

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen zu diesem Schuldspruch verfertigte der Angeklagte Karl B unter Verwendung einer Firmenstampiglie seines ehemaligen Dienstgebers Leopold C und Fälschung der Unterschrift des Genannten für sich und seine Gattin Christine B (ohne deren Wissen) Gehaltsbestätigungen und überreichte sie dem - auch als Kreditvermittler tätigen - Versicherungsvertreter Theo D mit dem Auftrag, für ihn einen Kredit in der Höhe von 200.000 S zu beantragen. D, der keinerlei Bedenken gegen die Richtigkeit der ihm übergebenen (falschen) Gehaltsbestätigungen hatte, sprach daraufhin im Juli 1976 in der Zweigstelle der Ersten Österreichischen Sparcasse in Wien 20., Wallensteinstraße vor und beantragte im Namen der Eheleute B beim Filialleiter einen Kredit in der Höhe von 200.000 S. Rein routinemäßig überprüfte das Bankinstitut die vorgelegten Gehaltsbestätigungen durch Rückfrage beim angegebenen Arbeitgeber. Als daraufhin die Auskunft erteilt wurde, Christine B sei nie bei dem genannten Unternehmen beschäftigt gewesen und bei Karl B sei dies bereits seit längerer Zeit nicht mehr der Fall, wurde bankintern ein Vermerk angebracht, wonach der Kredit nicht zur Auszahlung gelangen dürfe.

Gleichzeitig wurde D davon verständigt, daß gefälschte Gehaltsbestätigungen vorgelegt worden seien. Als sich der Angeklagte Karl B nach einiger Zeit bei D nach dem Stand der beantragten Kreditgewährung erkundigte, erhielt er von diesem die Auskunft, daß sich bei einer Rückfrage durch das Bankinstitut der wahre Sachverhalt herausgestellt habe. Daraufhin unternahm der Angeklagte Karl B noch den Versuch, weitere Folgerungen durch eine persönliche Vorsprache in der Filiale des Bankinstitutes zu vermeiden, doch war zu diesem Zeitpunkt bereits der Kreditantrag in der Revisionsabteilung des Bankinstitutes abgegeben worden. Dieses Tatverhalten des Angeklagten Karl B beurteilte das Erstgericht, welches dabei auch den Umstand in seine rechtlichen Erwägungen einbezog, daß ein schriftlicher, vom Darlehenswerber persönlich unterfertigter Kreditantrag noch nicht vorlag, als versuchten schweren Betrug; das Vorliegen freiwilligen Rücktritts vom Versuch gemäß dem § 16 Abs 1 StGB verneinte es. Einen formellen Begründungsmangel in der Bedeutung des § 281 Abs 1 Z 5 StPO erblickt der Beschwerdeführer in der Nichterörterung der (Verwertbarkeit der) Aussage des Zeugen Josef E, des Leiters der vorerwähnten Filiale der Ersten Österreichischen Sparcasse, der über sämtliche Belange des Kreditantrages und über den Zeitpunkt der Rückziehung dieses Antrages ohne konkrete Erinnerung gewesen sei. Dieser Vorwurf ist unzutreffend. Den Beschwerdeausführungen zuwider konnte sich der genannte Zeuge sehr wohl an die gegenständlichen Vorgänge, insbesondere an den gestellten Kreditantrag, wenn auch naturgemäß nicht in allen Details, erinnern (vgl. S 75 ff, 375 ff d. A).

Im übrigen stützte sich das Erstgericht zur Widerlegung der Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe, als er erfahren habe, daß von Theo D die gefälschten Gehaltsbestätigungen bei der Ersten Österreichischen Sparcasse eingereicht worden seien, seinen Kreditantrag freiwillig zurückgezogen, im wesentlichen auf die - hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit und Beweiskraft positiv beurteilte - Aussage des Zeugen D. Auf die Aussage des Zeugen E verwies es in diesem Zusammenhang nur insofern, als darin zum Ausdruck kommt, daß bei einer normalen Stornierung des Kreditantrages, wie sie der Beschwerdeführer behauptet, ein entsprechender schriftlicher Handvermerk vorhanden sein müßte (vgl. S 376, 396

d. A). Tatumstände, deren Berücksichtigung zur rechtlichen Annahme einer straflosen Vorbereitungshandlung oder eines Rücktritts vom Versuch hätten führen können und die daher im Urteil zu erörtern gewesen wären, ließen sich aus der Aussage der Zeugen E nicht gewinnen.

Zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO macht der Beschwerdeführer geltend, es liege kein Versuch eines schweren Betruges, sondern bloß eine straflose Vorbereitungshandlung vor, weil er (noch) gar keinen Kreditantrag unterschrieben habe und seinem Tatverhalten demnach lediglich die Bedeutung einer 'Erkundigung' über eine Kreditmöglichkeit zukomme; außerdem habe der Zeuge D, der nur Bote und nicht als sein Bevollmächtigter aufzutreten berechtigt gewesen sei, in überschreitung des ihm erteilten Auftrages gehandelt.

Mit dem letztgenannten Einwand setzt sich der Beschwerdeführer allerdings über die gegenteilige - in der Aussage des Zeugen D gedeckte - Annahme des Erstgerichtes hinweg, wonach er diesem Zeugen den Auftrag erteilte, unter Verwendung der ihm übergebenen Gehaltsbestätigungen einen Kredit in der Höhe von 200.000 S zu beantragen; insoweit bringt er daher den angerufenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Im übrigen erweist sich seine Rechtsrüge als unbegründet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes setzt strafbarer Versuch entweder den Beginn der Ausführungshandlung oder die Betätigung des auf die Herbeiführung des strafgesetzwidrigen Erfolges gerichteten Täterwillens in Form eines unmittelbar in sinnfälliger Beziehung zum tatbestandsmäßigen Unrecht stehenden und der eigentlichen Tatausführung unmittelbar vorangehenden, in zeitlicher und örtlicher Beziehung ausführungsnahen und spezifisch tatbildbezogenen Verhaltens voraus.

Beim Tatbestand des Betruges ist nun die Täuschung das tatbestandsmäßig festgelegte, mithin ein Tatbestandsmerkmal bildende Mittel des Betruges; im Sinne des § 146 StGB vorgenommene Täuschungshandlungen gehen daher nicht der Ausführung der jeweiligen Betrugstat voran, sondern gehören bereits zur Ausführung selbst. Demgemäß muß auch die vom Beschwerdeführer gesetzte Täuschungshandlung - die Stellung eines (wenn auch zunächst nur) mündlichen 'Kreditanbotes' (vgl. S 79 d. A) durch eine als Kreditvermittler auftretende und vom Beschwerdeführer als sogenanntes 'vorsatzloses Werkzeug' verwendete Person unter Vorlage sämtlicher zur Erlangung eines Kredites geforderten Unterlagen - als Ausführungshandlung beurteilt werden, die im Rahmen seines Tatplanes auf die Herauslockung eines Kredites abzielte. Der zeitliche Abstand der ersten Ausführungshandlung zur beabsichtigten Deliktsvollendung und zum Erfolgseintritt spielt hiebei ebensowenig eine Rolle, wie der Umstand, daß der Beschwerdeführer, um die Deliktsvollendung zu bewirken, noch weitere (betrügerische) Ausführungshandlungen - die zur tatsächlichen Auszahlung des beantragten Kreditbetrages erforderliche Unterfertigung eines schriftlichen Kreditvertrages - hätte setzen müssen (vgl. EvBl 1978/115 = JBl 1978, 324). Die Auffassung des Erstgerichtes, es liege ein über das Stadium einer straflosen Vorbereitungshandlung hinausgehender Versuch vor, ist demnach frei von Rechtsirrtum.

Zum Schuldspruchfaktum B) 2.:

Unbegründet ist schließlich die Beschwerde auch, soweit darin der Schuldspruch wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den §§ 223 Abs 2, 224 StGB, inhaltlich dessen der Angeklagte Karl B in den Jahren 1975 und 1976 wiederholt den durch Einkleben eines Lichtbildes und önderung des Namens, Geburtsdatums und Ausstellungsdatums verfälschten österreichischen Führerschein des Josef F durch Vorlage bei seinen Dienstgebern im Rechtsverkehr zum Beweis seiner Berechtigung zur Lenkung von Kraftfahrzeugen gebrauchte, aus den Nichtigkeitsgründen des § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO bekämpft wird.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat sich der Angeklagte Karl B inhaltlich des hiefür maßgebenden Hauptverhandlungsprotokolls gar nicht dahin verantwortet, daß einer seiner Dienstgeber den ihm vorgelegten verfälschten Führerschein nicht angesehen hätte (vgl. S 364

d. A); außerdem releviert der Beschwerdeführer damit, wie sich aus den nachstehenden Ausführungen ergibt, keinen entscheidungswesentlichen Umstand, sodaß die Nichtbeachtung eines derartigen Vorbringens weder als Begründungs- noch als Feststellungsmangel mit Erfolg geltend gemacht werden könnte. In rechtlicher Hinsicht verlangt der Tatbestand der Urkundenfälschung nur, daß der Täter eine falsche Urkunde mit dem Vorsatz herstellt oder eine echte Urkunde mit dem Vorsatz verfälscht, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde (Abs 1), oder eine solche Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht (Abs 2). Unter einem Gebrauch im Rechtsverkehr ist hiebei jede mit Rücksicht auf den Inhalt der Urkunde rechtserhebliche Verwendung zu verstehen. Es muß daher zwischen dem Gebrauch der Urkunde und ihrem Inhalt ein Zusammenhang bestehen; die Urkunde muß letztlich wegen ihres Inhaltes in rechtserheblicher Weise verwendet werden (vgl. LSK 1978/ 204; Leukauf-Steininger, 990). Dies trifft aber auch dann zu, wenn der Täter, wie im gegenständlichen Fall der Beschwerdeführer, einen Führerschein gegenüber einem Dienstgeber, um eine Anstellung als Kraftfahrer zu erlangen, zum Beweis seiner Lenkerberechtigung gebraucht. Darüber hinaus ist jedoch weder beim Grundtatbestand des § 223 StGB noch beim Tatbestand des § 224 StGB erforderlich, daß sich der Täter, wie der Beschwerdeführer vermeint, einer prüfenden Behörde gegenüber als Berechtigter ausweist, also etwa mit seinem gefälschten Führerschein gegenüber der Straßenaufsichtsbehörde seine Lenkerberechtigung nachzuweisen versucht; ebensowenig ist - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - entscheidend, ob 'der der Verfälschung der Urkunde zugrundeliegende Zweck an sich eine strafbare Handlung darstellt' und ob ein anderer durch den Gebrauch im Rechtsverkehr getäuscht wird. Denn auf der inneren Tatseite verlangt der Tatbestand des § 223 Abs 2 StGB nur den vorsätzlichen Gebrauch der falschen oder verfälschten Urkunde im Rechtsverkehr, jedoch - im Gegensatz zu den hier nicht in Betracht gezogenen Tatbeständen des Betruges nach den §§ 146 ff StGB und der Täuschung nach dem § 108 StGB - keinen über die schon in der Gebrauchnahme gelegene Irreführung hinausgehenden Täuschungsvorsatz.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die sich sohin auch in diesem Belange als unstichhältig erweist, war daher zu verwerfen.

Zur Maßnahme gemäß dem § 290 Abs 1 StPO:

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde war gemäß dem § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen, daß dem angefochtenen Urteil im Schuldspruch wegen versuchten schweren Betruges (Punkt B) 1. des Urteilssatzes) vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachte, diesem zum Nachteil gereichende Feststellungsmängel im Sinne der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO anhaften. Das Erstgericht hat nämlich keine ausreichenden Konstatierungen zur subjektiven Tatseite vorgenommen, welche die rechtliche Annahme eines (auch) auf Schädigung eines anderen an seinem Vermögen und auf unrechtmäßige Bereicherung (des Täters oder eines Dritten) gerichteten Tätervorsatzes zuließen. Denn abgesehen von der Wiedergabe der verba legalia im Urteilspruch wird in den Urteilsgründen im gegebenen Zusammenhang nur zum Ausdruck gebracht, daß der Angeklagte im Bewußtsein handelte (ebenso wie seine Gattin) in keinem festen Beschäftigungsverhältnis zu stehen (vgl. S 389 f d. A), daß zwischen den Eheleuten B Gespräche über den Ankauf eines (Gast- oder Cafehaus-)Lokales und die hiefür notwendige Finanzierung geführt worden seien (vgl. S 394 d. A), der Angeklagte Karl B 'zufolge des Nichteintritts des von ihm angestrebten Vermögensschadens in der Höhe von 200.000 S' des Tatbestandes des versuchten schweren Betruges schuldig sei (vgl. S 402 d. A), sowie ferner im Zusammenhang mit dem Schuldspruchfaktum A), daß gegen ihn und seine Gattin Exekutionen zur Hereinbringung von Gesamtforderungen im Betrag von rund 125.000 S anhängig waren (vgl. S 407 d. A).

Obwohl der Beschwerdeführer inhaltlich seiner Verantwortung in der Hauptverhandlung (vgl. S 351 ff d. A) nicht in Schädigungsabsicht handelte, enthält das angefochtene Urteil darüber hinaus jedoch keine konkreten Feststellungen darüber, ob bzw. inwiefern das Verhalten des Getäuschten - die durch Täuschung über Tatsachen bewirkte Kreditgewährung - nach den Vorstellungen des Angeklagten Karl B den Eintritt eines aus der Tat resultierenden Vermögensschadens des Kreditgebers im Sinne eines effektiven Verlustes an Vermögenssubstanz (vgl. SSt 46/36 =

LSK 1975/153) und eine unrechtmäßige Bereicherung des Beschwerdeführers oder eines Dritten im Sinne einer faktischen Vermögensvermehrung zur Folge haben sollte.

Die aufgezeigten Feststellungsmängel machen eine (Teil-)Aufhebung des Urteils im bezüglichen Schuldspruch und die Anberaumung einer nochmaligen Hauptverhandlung unvermeidlich; es war sohin spruchgemäß zu erkennen.

Im erneuerten Verfahren wird sich das Erstgericht eingehend mit der Frage des Schädigungsvorsatzes und der Bereicherungstendenz des Angeklagten zu befassen und Feststellungen darüber zu treffen haben, ob der Angeklagte Karl B unter Bedachtnahme auf seine Vermögens- und Einkommenslage zur Tatzeit, sowie auf den von ihm angeblich geplanten Verwendungszweck und die daraus allenfalls resultierenden Einkommenserwartungen (vgl. S 352 f, 359 d. A) das angestrebte Darlehen von 200.000 S, wäre es zur Auszahlung gelangt, nicht zurückzahlen wollte bzw. eine Nichtrückzahlung ernstlich für möglich hielt und sich mit ihr (bewußt und positiv) innerlich abgefunden hätte (§ 5 Abs 1 StGB). In rechtlicher Hinsicht wird hiebei auch zu beachten sein, daß in der bloßen Nichteinhaltung eines vereinbarten Zahlungstermines noch nicht unbedingt eine Vermögensschädigung zu erblicken, eine solche vielmehr grundsätzlich erst dann anzunehmen wäre, wenn die vereinbarte vermögenswerte Leistung infolge Verzögerung für den Gläubiger wertlos wird und die Forderung, weil etwa die Erbringung der Leistung in zeitlich unbestimmte Ferne gerückt erscheint, bei einer auf Wahrheit bedachten Buchführung als dubios abgesetzt werden müßte (vgl. SSt 46/8), wogegen die Inkaufnahme einer bloßen - in Grenzen gehaltenen - Verschiebung der Rückzahlung für sich allein genommen nur allenfalls eine strafrechtliche Haftung für einen Verzögerungsschaden begründen könnte (vgl. SSt 45/3).

Sollte - mangels Schädigungsvorsatz - Betrugsversuch nicht vorliegen, wäre des weiteren zu prüfen, ob es im Vorsatz der Angeklagten lag, durch Vorlage wissentlich falscher Gehaltsbestätigungen bei einem Kreditinstitut (siehe hiezu S 397 d. A) ein Darlehen zu erwirken und solcherart die Voraussetzungen für einen Schuldspruch nach dem § 48 KWG gegeben wären. Das Erstgericht verhängte über die Angeklagte Christine B nach dem § 162 Abs 2 StGB unter Anwendung des § 37 Abs 1 StGB eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 50 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 90 Tagen. Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend keinen Umstand, als mildernd das Geständnis und den bisher ordentlichen Lebenswandel. Mit ihrer Berufung begehrt die Angeklagte die Gewährung der bedingten Nachsicht der über sie verhängten Geldstrafe in Anwendung des § 43 Abs 1 StGB

Der Berufung kommt Berechtigung zu.

Gemäß dem § 43 Abs 1 StGB hat das Gericht auch eine Geldstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von mindestens einem und höchstens drei Jahren bedingt nachzusehen, wenn anzunehmen ist, daß die bloße Androhung der Vollziehung allein oder in Verbindung mit anderen Maßnahmen genügen werde, um den Rechtsbrecher von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, und es nicht der Vollstreckung der Strafe bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.

Nun hat das Erstgericht bereits die Verhängung einer Geldstrafe damit motiviert, daß im gegebenen Fall weder spezial- noch generalpräventive Gründe gegen eine solche sprechen, und diese Meinung auch überzeugend dargelegt (Seiten 411, 412 d.A). Wenn auch grundsätzlich gesagt werden muß, daß eine bedingt nachgesehene Geldstrafe häufig nicht die zu fordernde Effizienz verspricht, so kann doch angesichts der Besonderheiten dieses durch einen geringen Unrechtsgehalt und ein ebensolches Verschulden gekennzeichneten Falles auch von einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe eine hinlänglich präventive Wirkung sowohl auf die Allgemeinheit wie auch auf die unbescholtene Angeklagte Christine B erwartet werden, weshalb ihrer Berufung ein Erfolg beschieden war. Die mit Rechtskraft des Urteils beginnende Probezeit der bedingt nachgesehenen Geldstrafe wurde mit drei Jahren bestimmt. Der Angeklagte Karl B war mit seiner Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01480

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0130OS00114.78.1005.000

Dokumentnummer

JJT_19781005_OGH0002_0130OS00114_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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