TE Lvwg Beschluss 2021/12/17 VGW-102/067/9368/2021

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Veröffentlicht am 17.12.2021
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Entscheidungsdatum

17.12.2021

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
14/02 Gerichtsorganisation
L00159 Verwaltungsgericht Wien
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

B-VG Art. 130 Abs1 Z2
GOG §3
GOG §5
GOG §9
GOG §11
GOG §16
VGWG §10
VwGVG §6
VwGVG §35
AVG §7

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Grois über die Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 iVm Art. 132 Abs. 2 B-VG Frau Dr. I. H., C., D.-straße, betreffend aus der Hand reißen eines Mobiltelefons durch Herrn Dr. E. am 17.06.2021, um 09:30 Uhr in Wien, F.-gasse (Landesverwaltungsgericht Wien), den

BESCHLUSS

gefasst:

1. Gemäß § 28 Abs. 1 und 6 iVm § 31 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG wird die Beschwerde zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien als Rechtsträger des Verwaltungsgerichtes Wien gemäß § 35 VwGVG in Verbindung mit der VwG-Aufwandersatzverordnung – VwG-AufwErsV, BGBl. II Nr. 517/2013, 57,47 Euro für Vorlageaufwand und 368,80 Euro für an Aufwandersatz binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

3. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 – VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG unzulässig.

BEGRÜNDUNG

I.1. Mit dem am 23.06.2021 beim Verwaltungsgericht Wien eingelangten Schriftsatz erhob die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin eine Maßnahmenbeschwerde, in welcher das „Landesverwaltungsgericht Wien“ als belangte Behörde bezeichnet wird und brachte darin vor:

„In bezeichneter Angelegenheit hätte am 17.06.2021, 09.30 die mündliche Verhandlung vor dem angerufenen Gericht GZ: VWG-.../2021 stattfinden sollen.

Die Beschwerdeführerin ging gemeinsam mit dem Rechtsanwalt Dr. A. B. in das Amtshaus in der F.-gasse. Beim Eingang zum Gericht angekommen wollten die Beschwerdeführerin und ihre Begleitung, sich ausweisen bzw. die Identität bekanntgeben und zeigten auch Ihre Atteste in Bezug auf die Maskenpflicht vor.

Hier entstanden bereits die ersten Probleme, da man sich weigerte, die Atteste aus nicht nachvollziehbaren Gründen anzuerkennen.

Es wurden Beamte der LPD Wien gerufen, welche die gleichen Kontrollen vornahmen. Das Problem, welches sich hier - wieder einmal - ergab, war, daß ein Beamter (Dienstnummer ... - LPD Wien) nicht wußte, was ein Anwaltsausweis ist.

Zitat: „Was ist das für ein Karterl?“

Dazu ist anzumerken, daß auch die anderen Beamten nicht den Eindruck machten, einen solchen Ausweis als amtlichen Ausweis einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft zu erkennen. Ferner ist anzumerken, daß solche Vorkommnisse sich schon des Öfteren ereigneten und dieses Problem genau auch in diesem Verfahren gegenständlich ist.

Der konkrete Beamte gab an, daß er das auf der Polizeischule nicht gelernt hätte und er nur mit einem Führerschein als Ausweis etwas anfangen könne. Daß es sich hier aber um keine Verkehrskontrolle gehandelte hat, ist wohl evident, blieb aber unbeachtlich.

In dieser Situation schritt jemand, welcher sich als Hüter der Hausordnung ausgab, ein, welcher sich schlußendlich, aber erst nach mehrfacher Nachfrage, als Dr. G. E., somit als der Verhandlungsrichter, zu erkennen gab.

Dr. E. begann sofort lautstark auf die Maskenpflicht hinzuweisen und wurde unmittelbar danach handgreiflich, somit gewalttätig. Dr. E. packte den Vertreter der Beschwerdeführerin am Arm und versuchte ihn wegzuzerren. Die Beamten der LPD Wien standen untätig daneben und nahmen befremdet lediglich das Geschehen wahr.

Dieser Vorgang wiederholte sich, Dr. E. packte Dr. B. wiederum am Arm und wurde somit erneut gewalttätig. Seitens des Vertreters der Beschwerdeführerin wurde eindeutig klargestellt, daß ein solche Verhalten sofort zu unterlassen ist.

Währenddessen versuchte die Beschwerdeführerin, die Vorgänge zu dokumentieren. Dies wurde durch Dr. E. verhindert, der von Dr. B. abließ, der Beschwerdeführerin gewaltsam das Mobiltelephon aus der Hand riß und sich schnellen Schrittes entfernte. Der Versuch, das Telephon der Security, in weiterer Folge einem Polizisten auszuhändigen, schlug fehl, da diese, im Vergleich zu Dr. E., sich der Rechtswidrigkeit eines solchen Vorgehens offensichtlich bewußt waren.

Diese Vorgänge wurden durch erregtes, inadäquates Schreien des Dr. E. begleitet, u.a. äußerte er, daß wir alle Verschwörungstheoretiker seien.

Offensichtlich war Dr. E. nicht mehr Herr seiner Emotionen, wirkte verwirrt, psychisch hochgradig erregt, in Panik und zu keiner geordneten Handlung und Überlegung in der Lage.

Er schrie herum, daß er bereits sich die verfahrensgegenständlichen Videos angesehen und sich darüber schon eine Meinung gebildet hätte, noch bevor die Verhandlung überhaupt begonnen hatte.

Eine objektive Verhandlungsführung und Entscheidung dieser Sache ist somit unmöglich.

Die Verletzung der Würde eines Gerichts ist klar ersichtlich. Eine adäquate Verhandlung zu führen, war unter diesen Umständen mit Sicherheit nicht möglich.

Jedenfalls wurde der Vertreter der Beschwerdeführerin nicht zur Verhandlung zugelassen und offensichtlich ohne sein Beisein verhandelt.

Beweis: Dr. I. H. und RA Dr. A. B., beide p.A. (..) sowie die einschreitenden Beamten der LPD Wien

Da ein sitzungspolizeiliches Vorgehen hier nicht gegeben ist wird beantragt, die Gewaltanwendung gegenüber der Beschwerdeführerin – aus der Hand reißen des Mobiltelefons - für rechtswidrig zu erklären.“

Mit Eingabe vom 13.07.2021 überreichte der Vertreter der Beschwerdeführerin die Beschwerde sodann mit eigenhändiger und urschriftlicher Unterschrift erneut und führte aus, „[f]estzuhalten ist, daß hier ein Gericht gegen einen Richter verhandelt, welcher diesem, dem Landesverwaltungsgericht Wien, angehört. Das Landesverwaltungsgericht ist somit gänzlich als befangen zu erklären“.

2. Die Beschwerdeführerin wurde, weil sie als belangte Behörde das „Landesverwaltungsgericht Wien“ bezeichnet, zur Kenntnis gebracht, dass aus dem Kontext ihrer Beschwerde nicht ersichtlich sei, ob sie mit ihrem Beschwerdevorbringen eine Rechtswidrigkeit im Rahmen der Verfahrensführung durch Herrn Dr. E. als Richter des Verwaltungsgerichtes Wien im Rahmen der Beschwerdesache VGW-.../2021 (darauf deuten ihre Ausführungen hin, denen zufolge Dr. E. herumgeschrien hätte, die verfahrensgegenständlichen Videos angesehen zu haben und sich bereits eine Meinung gebildet zu haben, eine objektive Verhandlungsführung und Entscheidung dieser Sache somit unmöglich gewesen sei sowie, dass der Vertreter der Beschwerdeführerin nicht zur Verhandlung zugelassen worden sei) oder, ob sie eine Rechtswidrigkeit im Rahmen der monkratischen Justizverwaltung bei Vollziehung der Hausordnung und damit eine Zuständigkeit des Präsidenten des Verwaltungsgerichtes Wien (was aus ihren Ausführungen geschlossen werden könnte, dass ein sitzungspolizeiliches Vorgehen nicht vorliegend gewesen sei) geltend gemacht hat. Sie wurde aufgefordert sich dazu klarstellend zu äußern.

Die Beschwerdeführerin erstattete durch ihren Rechtsfreund mit Eingabe vom 02.08.2021 „in Entsprechung des Auftrages“ eine Mitteilung. Darin wird zunächst ausgeführt, Dr. E. und die zuständige Richterin seien seit 01.01.2014 in Angelegenheiten von Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG als Richter tätig, kennen sich daher und würden daher seit mehr als sieben Jahren auch eng beruflich zusammenarbeiten. Aus diesem Grund sei die zuständige Richterin zur Verfahrensführung nicht mehr unvoreingenommen und unparteilich, wie es für eine Verhandlungsleiterin angemessen und selbstverständlich wäre, was ausdrücklich im Sinne der §§ 22 JN und 6 VwGVG eingewendet werde. Weil bereits der Anschein der Befangenheit eines Verfahrensleiters zur Ablehnung im Sinne der genannten Bestimmungen ausreiche, regte sie an, den Akt dem Präsidenten des Verwaltungsgerichtes Wien zur Entscheidung darüber vorzulegen, damit dieser „darüber“ entscheide und die entsprechenden gesetzmäßigen Schritte setze.

Weiters teilte sie mit, Dr. E. habe zum Zeitpunkt des beschwerdegegenständlichen Vorfalls keinen Talar getragen. Auch sei die Verhandlung noch nicht aufgerufen gewesen. Die in Beschwerde gezogene Gewaltanwendung habe sich am Gang des Verwaltungsgerichts Wien ereignet, als die Beschwerdeführerin auf den Beginn und Aufruf der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien wartete, sodass die Beschwerdeführerin und ihr Vertreter tatsächlich und rechtlich nicht davon ausgehen können, Dr. E. wäre als Sitzungspolizei eingeschritten. Die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde wäre daher zu Recht erhoben und das Verwaltungsgericht Wien daher als belangte Behörde bezeichnet worden. Die Beschwerdeführerin und ihr Vertreter hätten das Verwaltungsgerichts Wien gemäß der veröffentlichten Hausordnung betreten. Die Gewaltanwendung des Dr. E. besitze keinerlei Rechtsgrundlage; Interne Erlässe könnten zudem auch keine Rechtsgrundlage darstellen.

Hingewiesen wurde, dass es nicht Aufgabe der Beschwerdeführerin sei, aufzuklären, ob die Handlung des Dr. E. tatsächlich ein Akt unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt darstelle, nichtsdestotrotz wurde vorgebracht, ein sitzungspolizeiliches Vorgehen seitens Dr. E. könne nicht gegeben sein.

Um der prozessualrechtlichen Gefahr vorzubeugen, dass das Verhalten von Dr. E. aus formalrechtlichen Gründen keiner rechtlichen Prüfung unterzogen wird, weil in der Maßnahmenbeschwerde der mit der Durchsetzung und Einhaltung der Hausordnung betraute Präsident Dr. K. und sein Erfüllungsgehilfe Dr. E. nicht aufscheinen, habe „der Beschwerdeführer“ einen Antrag unter ausdrücklicher Bezeichnung beider Namen eingebracht.

In diesem Sinn wurden am 02.08.2021 zum gegenständlichen Sachverhalt eine weitere Eingabe der Beschwerdeführerin, nunmehr vertreten durch Herrn Dr. J., Rechtsanwalt, vorgelegt, worin als belangte Behörde/Beschwerdegegner Landesverwaltungsgericht Wien (1), Dr. K., Präsident des Verwaltungsgerichts Wien (2) und Dr. E., Richter des Verwaltungsgerichts Wien (3), eingebracht und „da möglicherweise ein sitzungspolizeiliches Vorgehen des Verwaltungsrichters, Dr. G. E., nicht gegeben war“ beantragt, „die zweifache Gewaltanwendung, des Dr. G. E., welcher sich als Hüter der Hausordnung und somit in Vollziehung des Hausrechts gegenüber dem Beschwerdeführer ausgab, und somit in Vertretung/Erfüllung des Präsidenten des Verwaltungsgerichts Wien, Dr. L. K., handelte – für rechtswidrig zu erklären“.

3. Die Beschwerdeeingaben wurden dem Präsidenten des Verwaltungsgerichts Wien mit dem Ersuchen um Aktenvorlage und der Möglichkeit zur Erstattung einer Gegenschrift übermittelt. Unter einem erging die Aufforderung bekannt zu geben, welche Anordnungen gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 VGWG in Angelegenheiten betreffend Hausordnung des Verwaltungsgerichtes Wien und Sicherheit/Sicherheitskontrollen beim Betreten des Verwaltungsgerichtes Wien sowie für den Aufenthalt im Verwaltungsgericht Wien per 17.06.2021 getroffen gewesen waren, sowie, ob und wie diese außerhalb des Verwaltungsgerichts Wien stehenden Personen zugänglich waren. Weiters ergeht die Aufforderung zur Benennung jener Organe/Personen, welche im Rahmen der Hausordnung bzw. Sicherheit/Sicherheitskontrolle anlässlich des Betretens und des Verweilens in den Räumlichkeiten des Verwaltungsgerichts Wien zur Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt ermächtigt waren.

4. Der Präsident des Verwaltungsgerichtes Wien übermittelte in weiterer Folge ein Vorlagenschreiben und eine Gegenschrift und legte den Verwaltungsakt vor.

4.1. Im Vorlageschreiben wird zu den getroffenen Anordnungen per 17.06.2021 betreffend Hausordnung des Verwaltungsgerichtes Wien, Sicherheit/Sicherheitskontrollen beim Betreten des Verwaltungsgerichtes Wien sowie für den Aufenthalt im Verwaltungsgericht Wien, auf die Verfügungen des Präsidenten des Verwaltungsgerichts Wien zu den GZen VGW-PR-200/2020-1 bis VGW-PR-200/2020-13, auf die Vollzugsanweisung der Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichtes Wien vom 28.05.2020 und das E-Mail des Präsidenten des Verwaltungsgerichtes Wien vom 22.12.2017 zur Verfügung gemäß § 10 Abs. 4 VGWG betreffend Sicherheit verwiesen und ausgeführt, die auf Basis des § 16 GOG iVm der Hausordnung erlassenen präsidialen Verfügungen waren während ihres Geltungszeitraumes an der Amtstafel vor der Sicherheitsschleuse öffentlich zugänglich angeschlagen.

Zu den Organen bzw. Personen, welche im Rahmen der Hausordnung bzw. Sicherheit/Sicherheitskontrolle anlässlich des Betretens und Verweilens in den Räumlichkeiten des Verwaltungsgerichtes Wien zur Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt ermächtigt waren, wird auf die präsidiale Verfügung vom 22.12.2017 zur GZ VGW-PR-1261/2017-1 verwiesen, der zufolge zur Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt gemäß § 5 GOG ausschließlich die Kontrollorgane des beauftragten Sicherheitsunternehmens, Firma M. AG, ermächtigt sind.

4.2. In der Gegenschrift ist zum Sachverhalt auszugsweise ausgeführt:

„Am 17. Juni 2021 war Herr Dr. A. B. als Beschwerdeführer zur mündlichen Verhandlung, Zahl VGW-.../2021, über eine von ihm gegen die LPD Wien eingebrachte Maßnahmenbeschwerde geladen. Die Ladung enthielt folgenden Hinweis:

Präventionsmaßnahmen zum Schutz vor dem Coronavirus:

Gemäß der Verfügung des Präsidenten vom 10. April 2020, VGW-PR-200/2020-1, finden am Verwaltungsgericht Wien gesundheitsbezogene Zugangskontrollen statt, im Zuge derer durch ein kontaktloses Infrarotthermometer die Körpertemperatur gemessen wird. Darüber hinaus ist im gesamten Gerichtsgebäude ein Mindestabstand zu anderen Personen von zwei Metern einzuhalten und eine FFP2-Maske zu tragen. Während einer mündlichen Verhandlung ist diesbezüglich den Anordnungen der Verhandlungsleiterin bzw. des Verhandlungsleiters oder der bzw. des Senatsvorsitzenden in Ausübung der Sitzungspolizei unbedingt Folge zu leisten.“

10-15 Minuten vor Verhandlungsbeginn erschien der Beschwerdeführer in Begleitung der (nicht geladenen) Frau Dr. I. H. an der Sicherheitsschleuse des Gerichts und versuchten beide, ohne FFP-2 Maske Einlass zu erhalten, was ihnen von der Sicherheitsfachkraft Frau N. O. verwehrt wurde. Von beiden Personen wurden Drohungen und Vorwürfe gegen die Sicherheitsfachkraft geäußert, weshalb letztlich die Polizei gerufen wurde. Die Personen behaupteten, im Besitz eines ärztlichen Attests zu sein, verweigerten aber die Ausweisleistung, welche eine Zuordnung ermöglicht hätte. Etwa gleichzeitig mit dem Erscheinen von drei Polizeibeamten (Herr RvI. P. Q., Herr Insp. R. S. und Herr Asp. T. U.) brachten sie die Sicherheitsfachkraft unter einem Vorwand dazu, die Schleuse zu öffnen, und drängten sich gegen den Protest der Sicherheitsfachkraft an ihr vorbei in das Gerichtsgebäude.

Der zuständige Richter Dr. E. war bereits fünf Minuten vor Verhandlungsbeginn von der Sicherheitsfachkraft telefonisch über die Situation informiert worden und hatte ihr mitgeteilt, dass die beiden Personen nur mit FFP-2 Maske einzulassen seien. Als er den Verhandlungssaal betrat, erfuhr er von der Schriftführerin, Frau V., dass Frau O. laut Anruf soeben vom Beschwerdeführer und seiner Begleiterin „überrannt“ worden sei. Er begab sich daraufhin sofort in Richtung Eingang, wo ihm außer den beiden Personen noch die Sicherheitsfachkraft, Frau O., und dahinter die drei Polizeibeamten entgegenkamen.

Der Richter ersuchte zunächst die Polizeibeamten, die gegen die Anweisung der Sicherheitsfachkraft eingedrungenen Personen hinaus zu begleiten. RvI. Q. erklärte daraufhin, sie seien nicht befugt, ein fremdes Hausrecht durchzusetzen, sondern dürften nur gefährliche Angriffe abwehren. Da Dr. E. genau zu dieser Problematik – allerdings nicht ein Gericht betreffend, sondern eine öffentliche Bücherei – bereits publiziert hatte, erwähnte er dies gegenüber den Beamten und wies darauf hin, dass sie jedenfalls den rechtmäßig zur Selbsthilfe schreitenden Hausherrn oder seine Vertreterin vor rechtswidrigen Angriffen der hinauszuweisenden Personen zu schützen hätten. Dies wurde von den Beamten ausdrücklich eingeräumt.

Dr. E. forderte nun die Sicherheitsfachkraft auf, die beiden Personen zum Ausgang zu bewegen; sie werde dabei von den drei Polizeibeamten gegen jeglichen Übergriff geschützt. Frau O. weigerte sich dennoch und gab an, dass sie dafür von ihrer Sicherheitsfirma keine Rückendeckung erhalte. Der Richter stellte nun für alle Umstehenden vernehmlich fest, wenn nicht einmal die ausdrücklich damit beauftragte Sicherheitsfirma das Hausrecht für den Präsidenten wahrnehme, dann müsse eben er selbst es tun. Er versicherte sich nochmals bei den Polizeibeamten, dass sie ihn bei seiner rechtmäßigen Selbsthilfe vor Übergriffen schützen würden. Dann erfasste er den Beschwerdeführer im Oberarmbereich am Ärmel und übte einen leichten Zug in Richtung Ausgang aus. Der Beschwerdeführer bekam darauf einen Wutanfall, bedrohte und beschimpfte den Richter, wagte es aber nicht, diesen in Anwesenheit der Polizeibeamten zu berühren.

Dr. H. zog in diesem Moment ihr Mobiltelefon hervor und begann zu filmen. Sie setzte dies selbst nach dem Hinweis des Richters, dass Filmen hier untersagt sei, fort. Dr. E. nahm ihr daher das Mobiltelefon aus der Hand, worauf auch sie einen Wutanfall bekam und den Richter beschimpfte. Als sich Dr. E. in Richtung Ausgang begab, folgten ihm die beiden Personen jedoch unter Drohungen und Beschimpfungen; die drei Polizeibeamten kamen unmittelbar dahinter nach. Alle folgten sodann der Aufforderung des Richters, den Gerichtsbereich durch den Ausgang zu verlassen, um die Angelegenheit draußen zu klären. Dort erklärte Dr. H. nach Rückgabe ihres Mobiltelefons, dass sie im Besitz eines ärztlichen Attests sei, welches sie von der Maskenpflicht befreie; außerdem sei sie selber Ärztin. Als sie auf dem Handy ein von Dr. W. X. gezeichnetes Attest vorzeigte, erklärte der Richter, dass Atteste dieses Arztes nicht anerkannt würden. Er wies den Beschwerdeführer und seine Begleiterin unmissverständlich darauf hin, dass sie nur mit einer FFP-2-Maske Zutritt zum Gericht erhalten würden.

Beweis:

(..)

Hinzuweisen ist, dass – soweit nicht Einwendungen erhoben wurden – die im Verhandlungsprotokoll zZl. VGW-.../2021 dokumentierten Vorgänge gemäß § 15 AVG den vollen Beweis der betreffenden Amtshandlung liefern.“

4.3. In rechtlicher Hinsicht ist in der Gegenschrift zusammengefast ausgeführt, soweit die Beschwerde gegen Dr. E. als Richter gerichtet ist, bilde „Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG“ keine Rechtsgrundlage für eine „Verhaltensbeschwerde“ gegen einen Richter. Ein tauglicher Beschwerdegegenstand gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG erfordere, einen Akt eines Verwaltungsorganes nicht jedoch einer anderen Staatsfunktion oder eines Privaten. Zudem könnten behördliche Organwalter auch nicht in Ausübung einer Staatsfunktion sondern als Privatperson und somit nicht in Ausübung der Vollziehung einer gesetzlichen Bestimmung einschreiten. Dies ergebe sich bei Wahrung von Persönlichkeitsrechten gemäß § 16 ABGB, womit eine privatrechtliche Selbsthilfemaßnahme im Sinne des § 344 ABGB und kein Akt im Bereich der Hoheitsverwaltung vorläge. Richter hätte in Ausübung ihres Amtes judizielle jedoch keine verwaltungsbehördlichen Zwangsbefugnisse. Im beschwerdegegenständlichen Fall sei von den gemäß § 5 GOG ermächtigten Kontrollorganen – namentlich von Frau O. oder von Herrn Y. – unstrittigerweise kein Befehls- oder Zwangsakt gesetzt worden. Die Beschwerde erweise sich daher als unzulässig.

Dem Vorbringen des Handelns eines Richters „in Vertretung/Erfüllung des Präsidenten des Verwaltungsgerichts Wien“ gleichsam als „Erfüllungsgehilfe“ wird entgegen gehalten, verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsakte würden in erster Linie von Exekutivorganen bzw. von Personen, die als „verlängerter Arm“ (Verwaltungshelfer) einer Behörde zu qualifizieren seien, nicht jedoch von Bediensteten einer Behörde. Eine Zurechnung eines richterlichen Bediensteten als „Verwaltungshelfer“ zu einer Verwaltungsbehörde (hier: Präsident des Verwaltungsgerichtes Wien in Ausübung der Justizverwaltung) komme nicht in Betracht, weil eine „funktionelle Zuordnung des handelnden Organs zur Hoheitsverwaltung“ ausscheide.

Zur Rechtmäßigkeit der „Maßnahme“ wird vorgebracht, Bildnisschutz sei ein Persönlichkeitsrecht im Sinne des § 16 ABGB und die Herstellung eines Bildnisses ohne Einwilligung des Abgebildeten ein unzulässiger Eingriff in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht. Letzeres läge auch vor, wenn die Abbildung einer Person in den der Öffentlichkeit zugänglichen Bereichen ohne Verbreitungsabsicht erfolge. Systematische, verdeckte, identifizierenden Videoüberwachungen stellten immer einen Eingriff in das Recht auf Achtung der Geheimsphäre dar. Die kurzfristige Abnahme des Mobiltelefons der Beschwerdeführerin sei verhältnismäßig iSd § 344 ABGB gewesen und ein Akt offensiver Selbsthilfe zur Durchsetzung ziviler Ansprüche und auch gemäß § 105 Abs. 2 StGB gerechtfertigt. Es handle sich dabei um keinen Befehls- und Zwangsakt der Dr. E. gesetzt habe und könne auch nicht dem Präsidenten des Verwaltungsgerichtes Wien zugerechnet werden.

Beantragt wurde die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen in eventu als unbegründet abzuweisen und dem Land Wien als Rechtsträger des Verwaltungsgerichtes Wien pauschalierten Aufwandersatz (Schriftsatz-, Vorlage- und allfälligen Verhandlungsaufwand) zuzusprechen.

5. Die Beschwerde wurde der Beschwerdeführerin zu Handen ihres ausgewiesenen Rechtsvertreters zur Kenntnisnahme und allfällige Stellungnahme übermittelt. Die Beschwerdeführerin machte von der ihr eingeräumten Möglichkeit keinen gebracht.

6. Einsicht genommen wurde in den h.g. zu GZ VGW-.../2021 protokollierten Gerichtsakt.

7. Zum Einwand Befangenheit:

Die Beschwerdeführerin erachtet das Verwaltungsgericht Wien gänzlich und die zuständige Richterin aufgrund ihrer „engen Zusammenarbeit“ seit 01.01.2014 mit Dr. E. als befangen:

Die von der Beschwerdeführerin angezogenen Bestimmungen der §§ 22 JN finden auf Verwaltungsgerichte keine Anwendung.

Die Zuständigkeit zur Entscheidung über die verfahrensgegenständliche Angelegenheit ist zunächst in Art. 130 Abs. 1 Z 2 und Art. 131 Abs. 1 B-VG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Z 2 VwGVG (abschließend) geregelt. Danach ist das Verwaltungsgericht Wien, an welches die Beschwerdeführerin auch ihre Beschwerde gerichtet hat, funktionell und örtlich zur Entscheidung über die verfahrensgegenständliche Beschwerde berufen.

Eine Bestimmung, vergleichbar § 79 JN, welche, bei „Klagen gegen einen“ oder „Klagen von einem“ Richter einen Übergang der Entscheidungskompetenz auf ein anderes (Verwaltungs-) Gericht vorsieht, enthält die Rechtsordnung nicht, was aber, wenn die Gesetzgebung die Ansicht vertreten hätte, dass in solchen Fällen der äußere Anschein einer Befangenheit vorliegend sei, schon in Hinblick auf Art. 18 iVm Art. 83 Abs. 2 B-VG geboten gewesen wäre. Daraus erschließt sich letztlich, dass seitens der Gesetzgebung bei einer Entscheidungszuständigkeit eines Verwaltungsgerichtes in Angelegenheit einer Beschwerde „von einem Richter“ oder „gegen (Verhalten von) Richtern“ für sich betrachtet kein äußerer Befangenheitsanschein als indiziert gesehen wurden.

Innergerichtlich ergibt sich die Zuständigkeit zur Entscheidung aufgrund der gemäß Art. 135 Abs. 2 erster Satz B-VG zu erlassenden Geschäftsverteilung, wobei entsprechend Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG Verwaltungsgerichte (grundsätzlich) durch Einzelrichter erkennen.

Gemäß § 17 VwGVG iVm § 7 AVG hat ein Mitglied des Verwaltungsgerichts bei dem ihm/ihr zugewiesenen Angelegenheit bei Vorliegen eines gesetzlich geregelten Befangenheitsgrundes sich der Ausübung des Amtes zu enthalten und die Vertretung unter Anzeige an den Präsidenten (§ 6 VwGVG) zu veranlassen.

Die zuständige Richterin erachtet sich nicht als befangen: Wie bereits dargelegt, indiziert ihre Mitgliedschaft und jene von Dr. E. beim Verwaltungsgericht Wien für sich alleine nicht den äußeren Anschein der Befangenheit. Die erkennende Richterin und Dr. E. arbeiten in Angelegenheiten der jeweils zugewiesenen Geschäfte (Angelegenheiten der Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) auch nicht, wie vorgebracht, „eng zusammen“. Im Gegenteil: Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG erkennen Mitglieder der Verwaltungsgerichte als Einzelrichter, was aufzeigt, das kein „Zusammenarbeiten“ vorliegt. Dr. E. und die zuständige Richterin arbeiten zudem auch organisatorisch – etwa durch unterschiedliches für Hilfstätigkeiten zugewiesenes Kanzleipersonal – und räumlich getrennt.

8. Das Verwaltungsgericht hat in der Beschwerdesache aufgrund der von den Parteien vorgelegten Schriftsätze samt Beilagen, der unbedenklichen und unbestrittenen Aktenlage und nach Einsichtnahme in den h.g. zu GZ VGW-.../2021 protokollierten Gerichtsakt folgenden Sachverhalt festgestellt und als erwiesen angenommen:

Mit Verfügung des Präsidenten des Verwaltungsgerichtes Wien vom 22.12.2017, GZ VGW-PR-126/2017-1, gemäß § 10 Abs. 4 VGWG wurde der Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichtes Wien, die „Vollziehung des § 10 Abs. 6 VGW zur eigenverantwortlichen Aufgabenbesorgung übertragen“. Darin ist verfügt, dass die gemäß § 3 Abs. 1 GOG vom Sicherheitsunternehmen (§ 9 Abs. 1 GOG) mit der Vornahme der Sicherheitskontrollen beauftragten Kontrollorgane unter Einhaltung der §§ 1 bis 14 und 16 GOG sowie der erlassenen Hausordnung des Verwaltungsgerichtes Wien agieren. In der genannten Verfügung wird „ausdrücklich festgehalten, dass gemäß § 5 GOG zur Ausübung von Zwangsgewalt ausschließlich die Kontrollorgane ermächtigt und verpflichtet sind. Unterstützung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ist gemäß § 13 GOG anzufordern.“. Als beauftragtes Sicherheitsunternehmen ist in dieser Verfügung die Firma M. AG namentlich erwähnt.

Zur Eindämmung der Ausbreitung von COVID-19 und zum Schutz aller Bediensteten des Verwaltungsgerichtes Wien erging am 10.04.2020 zu GZ VGW-PR-200/2020-1 gemäß § 10 Abs. 6 VGWG iVm § 16 Abs. 3 GOG iVm Abschnitt G der Hausordnung des Verwaltungsgerichtes Wien eine durch Anschlag an der Amtstafel des Verwaltungsgerichtes Wien kundgemachte weitere Verfügung des Präsidenten des Verwaltungsgerichtes Wien. Danach haben die, die Sicherheitskontrollen durchführenden Kontrollorgane des beauftragte Sicherheitsunternehmens sämtliche Personen, die das Gerichtsgebäude zu betreten beabsichtigen, auf das Vorliegen näher benannter Symptome (zB: trokener Husten, Atemnot/Kurzatmigkeit, Niesen, Schnupfen iVm 37,5 Grad Körpertemperatur) hin zu überprüfen. Sollte eine Person diese Symptome aufweisen, ist dieser von den Kontrollorganen der Zutritt zum Gerichtsgebäude zu versagen.

Mit weiterer Verfügung vom 16.04.2020, GZ VGW-PR-200/2020-3, wurde angeordnet, dass gerichtsfremde Personen im gesamten Gerichtsgebäude u.a. einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen hatten und beim Betreten des Gerichtsgebäudes von den die Sicherheitskontrolle durchführenden Kontrollorganen des beauftragten Sicherheitsunternehmens darauf aufmerksam zu machen sind; Personen ohne Mund-Nasen-Schutz sei der Zutritt zum Gerichtsgebäude von den Kontrollorganen zu versagen. Diese Verfügung galt (inhaltlich im Wesentlichen weitgehend unverändert) auch am beschwerdegegenständlichen Tag.

Unstrittig ist, dass die in Beschwerde gezogenen Handlungen nicht von einem die Sicherheitskontrollen durchführenden Kontrollorgan des beauftragten Sicherheitsunternehmens, sondern von einem sonstigen Mitglied des Verwaltungsgerichtes Wien, namentlich Herrn Dr. E., getätigt wurden.

Unstrittig ist ebenso (und erschließt sich auch nach Einsichtnahme in das Verhandlungsprotokoll vom 17.06.2021 betreffend die h.g. zu GZ .../2021 protokollierte Beschwerdesache), dass diese Handlungen vor Aufruf der mündlichen Verhandlung in der h.g. zu VWG-.../2021 protokollierten Beschwerdesache getätigt wurden.

II.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit. Soweit sich aus Art. 131 Abs. 2 und 3 B-VG nicht anderes ergibt, erkennen darüber die Verwaltungsgerichte der Länder (Art. 131 Abs. 1 leg. cit.). Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Ort, an dem die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt begonnen wurde, wenn diese jedoch im Ausland ausgeübt wurde, danach, wo das ausübende Organ die Bundesgrenze überschritten hat § 3 Abs. 2 Z 2 VwGVG.

Ist im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben. Dauert die für rechtswidrig erklärte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Zustand herzustellen (§ 28 Abs. 6 VwGVG).

2.1. Die im Beschwerdeverfahren relevanten Bestimmungen des Gesetzes über das Verwaltungsgericht Wien – VGWG, LGBl. für Wien Nr. 83/2012, zuletzt geändert durch Wiener Landesgesetz, LGBl. für Wien Nr.  42/2021, lauten auszugsweise:

Leitung
§ 10.

(1) Die Präsidentin bzw. der Präsident leitet das Verwaltungsgericht Wien. (…)

(2) Zu den Leitungsgeschäften der Präsidentin bzw. des Präsidenten gehören insbesondere

1.

bis 3. (…)

4.

die Besorgung sämtlicher sonstiger Justizverwaltungsangelegenheiten, soweit diese nicht der Vollversammlung, einem Ausschuss oder einem Senat vorbehalten sind oder durch die Landesregierung zu besorgen sind.

(3) (…)

(4) Die Präsidentin bzw. der Präsident wird bei ihren bzw. seinen Aufgaben nach Maßgabe der von ihr bzw. ihm zu erlassenden Geschäftseinteilung für Justizverwaltungssachen von der Vizepräsidentin bzw. dem Vizepräsidenten, erforderlichenfalls auch von sonstigen Mitgliedern des Verwaltungsgerichts unterstützt und vertreten. Eine Einbeziehung bedarf – außer im Fall der Vizepräsidentin bzw. des Vizepräsidenten – der Zustimmung des betreffenden sonstigen Mitgliedes und kann von der Präsidentin bzw. dem Präsidenten jederzeit widerrufen werden. Bei der Besorgung der ihnen übertragenen Aufgaben sind die Vizepräsidentin bzw. der Vizepräsident und die sonstigen Mitglieder an die Weisungen der Präsidentin bzw. des Präsidenten gebunden.

(5) (…)

(6) Die §§ 1 bis 14 und § 16 des Gerichtsorganisationsgesetzes – GOG, RGBl. Nr. 217/1896, in der Fassung des Gesetzes BGBl. I Nr. 44/2019, sind sinngemäß anzuwenden.“

2.2. Das Gerichtsorganisationsgesetz – GOG, RGBl. Nr. 217/1896, zuletzt geändert durch Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 159/2021, lautet auszugsweise:

„Sicherheit in Gerichtsgebäuden und bei auswärtigen GerichtshandlungenVerbot der Mitnahme von Waffen in Gerichtsgebäude
§ 1.

(1) (…)

(2) Wer entgegen dem Abs. 1 eine Waffe bei sich hat, hat sie beim Betreten des Gerichtsgebäudes in einem hiefür bestimmten Schließfach zu verwahren, steht ein solches nicht zur Verfügung, einem Kontrollorgan (§ 3 Abs. 1), bei Fehlen eines solchen einem von dem Präsidenten des Gerichtshofs beziehungsweise dem Vorsteher des Bezirksgerichts, der mit der Verwaltung des Gerichtsgebäudes betraut ist, (Verwalter des Gerichtsgebäudes) zur Übernahme von Waffen bestimmten Gerichtsbediensteten, sonst dem Rechnungsführer zu übergeben.

(3) (…)“

„Sicherheitskontrolle
§ 3.

(1) Personen, die ein Gerichtsgebäude betreten oder sich in einem solchen aufhalten, haben sich auf Aufforderung eines Kontrollorgans einer Kontrolle zu unterziehen, ob sie eine Waffe bei sich haben (Sicherheitskontrolle). Kontrollorgane sind die von Sicherheitsunternehmern (§ 9 Abs. 1) mit der Vornahme der Sicherheitskontrollen Beauftragten sowie die vom Verwalter eines Gerichtsgebäudes hiezu bestimmten Gerichtsbediensteten.

(2) bis (4) (…)“

Zwangsgewalt der Kontrollorgane
§ 5.

(1) Personen, die es zu Unrecht ablehnen, sich einer Sicherheitskontrolle zu unterziehen oder eine bei ihnen vorgefundene Waffe zu verwahren beziehungsweise zu übergeben (§ 1 Abs. 2), sind vom Kontrollorgan aus dem Gerichtsgebäude zu weisen. Unter den gleichen Voraussetzungen sind auch Personen aus dem Gerichtsgebäude zu weisen, die eine Sicherheitskontrolle umgangen haben.

(2) Die Kontrollorgane sind ermächtigt, im Falle der Nichtbefolgung ihrer Anweisungen nach Abs. 1 die Anwendung unmittelbarer Zwangsgewalt anzudrohen und bei Erfolglosigkeit der Androhung ihre Anweisungen mit angemessener unmittelbarer Zwangsgewalt unter möglichster Schonung des Betroffenen durchzusetzen; der mit einer Lebensgefährdung verbundene Gebrauch einer Waffe ist hiebei nur im Falle der gerechten Notwehr zur Verteidigung eines Menschen zulässig.“

Säumnisfolge
„§ 7.

Wer aus dem Gerichtsgebäude gewiesen worden ist, weil er sich zu Unrecht geweigert hat, sich einer Sicherheitskontrolle zu unterziehen oder eine Waffe zu verwahren beziehungsweise zu übergeben (§ 5), und deshalb eine zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung erforderliche Verfahrenshandlung nicht vorgenommen hat oder einer Verpflichtung im Gericht nicht nachgekommen ist, ist grundsätzlich als unentschuldigt säumig anzusehen.“

Betrauung von Unternehmern (Sicherheitsunternehmer)
§ 9.

(1) Die Präsidenten der Oberlandesgerichte sind befugt, die Durchführung von Sicherheitskontrollen hiefür geeigneten Unternehmern vertraglich zu übertragen (Sicherheitsunternehmer); ein solcher Vertrag bedarf der Genehmigung des Bundesministers für Justiz.

(2) (…)“

Befugnisse und Aufgaben der Kontrollorgane
§ 11.

(1) Die mit der Vornahme von Sicherheitskontrollen von Sicherheitsunternehmern (§ 9 Abs. 1) Beauftragten sowie die vom Verwalter des Gerichtsgebäudes hiefür bestimmten Gerichtsbediensteten (§ 3 Abs. 1) sind befugt und - vorbehaltlich des Abs. 2 - verpflichtet,

1.

die Sicherheitskontrollen mit den im § 3 Abs. 2 und 3 genannten Mitteln und Einschränkungen unter möglichster Schonung der Betroffenen sowie unter Vermeidung einer Störung des Gerichtsbetriebs oder einer Schädigung des Ansehens der Rechtspflege durchzuführen;

2.

–(…)

3.

in den Fällen des § 5 Personen aus dem Gerichtsgebäude zu weisen, diesen nötigenfalls den Einsatz unmittelbarer Zwangsgewalt anzudrohen und bei Erfolglosigkeit dieser Androhung ihre Anweisungen durch angemessene unmittelbare Zwangsgewalt unter möglichster Schonung des Betroffenen durchzusetzen, wobei der mit einer Lebensgefahr verbundene Gebrauch einer Waffe nur im Falle der gerechten Notwehr zur Verteidigung eines Menschen zulässig ist;

4.

die Sicherheitsbehörde zu verständigen, wenn

a)

der Aufenthalt im Gerichtsgebäude mit Gewalt oder gefährlicher Drohung erzwungen oder auf diese Weise einer Wegweisung aus dem Gerichtsgebäude begegnet wird oder

b)

(…)

5.

und 6. (…)

(2) Der Verwalter des Gerichtsgebäudes kann aussprechen, daß ein von ihm zur Vornahme von Sicherheitskontrollen bestimmter Gerichtsbediensteter (§ 3 Abs. 1) nicht verpflichtet ist, unmittelbare Zwangsgewalt (Abs. 1 Z 3) anzuwenden.“

Einschreiten der Sicherheitsbehörden und Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes
§ 13.

(1) Wenn der Aufenthalt im Gerichtsgebäude mit Gewalt oder gefährlicher Drohung erzwungen oder auf diese Weise einer Wegweisung aus dem Gerichtsgebäude begegnet wird, haben die Sicherheitsbehörden nach den Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. Nr. 566/1991, und der Strafprozeßordnung 1975, BGBl. Nr. 631, einzuschreiten.

(2) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben den Kontrollorganen über deren Ersuchen zur Sicherung der Ausübung der Kontrollbefugnisse im Rahmen ihres gesetzmäßigen Wirkungsbereichs Hilfe zu leisten.“

Hausordnung
§ 16.

(1) Die jeweilige Dienststellenleitung hat in Ausübung ihres Hausrechts für die dem Betrieb des Gerichts bzw. der Staatsanwaltschaft gewidmeten Teile des Gebäudes eine Hausordnung zu erlassen. Diese ist durch Auflage zur öffentlichen Einsicht im Amtsgebäude und Bereitstellung im Internet kundzumachen.

(2) Die Hausordnung hat jedenfalls einen Hinweis auf das Waffenverbot gemäß § 1 und auf die Zulässigkeit von Sicherheitskontrollen nach den Bestimmungen der §§ 3 ff zu enthalten.

(3) Aus besonderem Anlass kann die Dienststellenleitung weitergehende Sicherheitsmaßnahmen anordnen, wie insbesondere

1.

Personen- und Sachenkontrollen durch Organe der Sicherheitsbehörden oder durch andere Kontrollorgane (§ 3 Abs. 1) im gesamten Gebäude des Gerichts bzw. der Staatsanwaltschaft, soweit dadurch nicht die der bzw. dem Vorsitzenden einer Verhandlung während und am Ort der Verhandlung zukommende Sitzungspolizei beschränkt wird,

2.

Verbote des Zugangs bestimmter Personen in das Gebäude des Gerichts bzw. der Staatsanwaltschaft oder Verfügungen, dass bestimmte Personen dieses zu verlassen haben (Hausverbote), und

3.

das Gestatten des Zugangs nur unter der Bedingung der Hinterlegung eines Ausweises oder eines sonstigen Nachweises der Identität oder der Ausstellung eines Besucherausweises.

Ein entsprechender Hinweis auf die weitergehenden Sicherheitsmaßnahmen ist in die Hausordnung aufzunehmen.

(4) Ist der Zugang einer Person zum Gebäude des Gerichts bzw. der Staatsanwaltschaft zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unbedingt erforderlich und besteht ein Hausverbot (Abs. 3 Z 2) gegen diese Person, so ist diese Person während ihres Aufenthalts im Gebäude des Gerichts bzw. der Staatsanwaltschaft von einem oder mehreren Kontrollorganen (§ 3 Abs. 1) oder einem oder mehreren Organen der Sicherheitsbehörden zu begleiten.

(5) Wer sich weigert, sich den in der Hausordnung vorgesehenen Sicherheitsmaßnahmen zu unterziehen, und deshalb eine zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung erforderliche Verfahrenshandlung nicht vorgenommen hat oder einer Verpflichtung im Gericht nicht nachgekommen ist, ist als unentschuldigt säumig anzusehen.“

3.1. Die Kosten im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt regelt § 35 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, welcher lautet:

„§ 35.

(1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:

1.

die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2.

die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3.

die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.“

3.2. Die Verordnung über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze (VwG-Aufwandersatzverordnung – VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013, lautet auszugsweise:

„§ 1.

Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge wird wie folgt festgesetzt:

1.

Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei

737,60 Euro

                            

2.

Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei

922,00 Euro

                            

3.

Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei

57,40 Euro

4.

Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei

368,80 Euro

                            

5.

Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei

461,00 Euro

                            

6.

Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand)

553,20 Euro

7.

Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand)

276,60 Euro“

III.1.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG in der Fassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, erkennen Verwaltungsgerichte (ebenso wie bisher die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern gemäß Art. 129a Abs. 1 Z 2 B-VG in der Fassung vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012) über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit. Aus den parlamentarischen Erläuterungen zur genannten Novelle (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP, 13) erschließen sich keine Anhaltspunkte, dass durch diese Novelle der Beschwerdegegenstand eine Änderung erfahren hat, weshalb die bisher ergangene Rechtsprechung zur Vorgängerbestimmung weiterhin einschlägig ist (vgl. etwa auch Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 7 VwGVG (Stand 15.2.2017, rdb.at) Rz 68, 71; siehe auch VwGH vom 21.01.2015, Ro 2014/04/0063, oder vom 22.04.2015, Ra 2014/04/0046).

1.2. Voraussetzung für einen tauglichen Beschwerdegegenstand im Sinne des Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG ist, dass das angefochtene Verhalten von einem Verwaltungsorgan gesetzt wird. Der Akt darf weder einer anderen Staatsfunktion (Gesetzgebung oder Gerichtsbarkeit) noch einer nicht staatlichen Tätigkeit zuordenbar sein (siehe etwa Köhler in Köhler/Brandt/Schmelz, VwGVG, Kommentar zum Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, Art. 130 B-VG, Rz 33). Insbesondere muss es sich um ein dem Staat zurechenbares Verhalten handeln und dabei des Näheren um ein solches der Verwaltung. Für die Einordnung eines Verhaltens als Verwaltungshandeln sind die gesetzlichen Bestimmungen maßgeblich, innerhalb derer es gesetzt wird. Akte von Staatsorganen im organisatorischen Sinn sind nicht in jedem Fall – etwa wenn sie in deutlicher Überschreitung der Befugnisse bzw. eigenmächtig erfolgten – dem Staat zuzurechnen; es ist aber nicht zwingend erforderlich, dass es sich um Akte von Staatsorganen im organisatorischen Sinn handelt; soweit mit hoheitlichen Befugnissen ausgegliederten Rechtsträgern oder Privaten im Wege einer Beleihung übertragen wurden, kann deren Handeln bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt darstellen, welches der Kontrolle durch Verwaltungsgerichte unterliegt (Aichlreiter in Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, Art 129a B-VG, Rz 40 (2004), herausgegeben von Kneihs/Lienbacher; Köhler in Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art. 129a B-VG, Rz 50 ff (1999), herausgegeben von Korinek/Holoubek; sowie allgemein zur Beleihung Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht2, Rz 49, 132 und 376).

Werden Akte in Durchführung richterlicher Befehle gesetzt, fallen sie nicht in den Bereich der Hoheitsverwaltung, sondern sind – solange die Verwaltungsorgane den ihnen durch den richterlichen Befehl gestellten Ermächtigungsrahmen nicht überschreiten – diese funktionell der Gerichtsbarkeit zuzurechnen. Bei offenkundiger Überschreitung des richterlichen Befehls liegt hingeg

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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