TE Bvwg Beschluss 2021/10/29 W246 2232002-1

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Veröffentlicht am 29.10.2021
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Entscheidungsdatum

29.10.2021

Norm

BDG 1979 §15b
B-VG Art133 Abs4
Schwerarbeitsverordnung §1
SPG §5
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch


W246 2232002-1/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Dr. Heinz VERDINO als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion XXXX vom 06.05.2020, Zl. PAD/20/00738011/001/AA, den Beschluss:

A) In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehender Beamter des Exekutivdienstes der Landespolizeidirektion XXXX (in der Folge: die Behörde), beantragte mit Schreiben vom 29.04.2020 die bescheidmäßige Feststellung der Anzahl seiner Schwerarbeitsmonate gemäß § 15b BDG 1979.

2. Mit dem im Spruch genannten Bescheid stellte die Behörde gemäß § 15b Abs. 1 bis 3 BDG 1979 fest, dass der Beschwerdeführer ab dem der Vollendung seines 40. Lebensjahres folgenden Monatsersten bis zu dem Einlangen seines Antrages folgenden Monatsletzten (01.05.2003 bis 30.04.2020) keine Schwerarbeitsmonate aufweisen würde.

3. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde.

Dabei führte er u.a. aus, dass er als Beamter des Assistenzbereichs 4 (Kriminalprävention) des Landeskriminalamtes verschiedene Tätigkeiten auszuüben habe (z.B. Überprüfungen von Betrieben des Waffengewerbes oder von privaten Waffensammlern samt Vorschreibung von Sicherheitsmaßnahmen; Betreuungen auf Messen und Veranstaltungen, auf denen man aufgrund des „Cooperate Design“ als Polizei wahrgenommen werde und somit mit alltäglichen Konflikten einer Polizeiinspektion konfrontiert sei; Verrichtung des Dauerdienstes im Landeskriminalamt samt möglicher Heranziehung zu Außendiensten; Heranziehung zu polizeilichen Schwerpunktaktionen; Einsatz bei Großveranstaltungen wie der EURO 2008; Unterstützung anderer Ermittlungsbereiche bei großen Amtshandlungen; Patroullientätigkeiten mit Polizeifahrzeug; Einsatz bei Alarmfahndungen), welche sicherlich mehr als 50% der gesamten dienstlichen Tätigkeit ausmachen würden.

4. Die vorliegende Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der Behörde mit Schreiben vom 03.06.2020 vorgelegt und sind am 16.06.2020 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer steht als Beamter des Exekutivdienstes in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist mit dem Arbeitsplatz des „Assistenzbereichsleiters“ im Landeskriminalamt der Landespolizeidirektion XXXX (Assistenzbereich 4 – Kriminalprävention; Verwendungsgruppe E2a/Funktionsgruppe 6) betraut.

Aufgrund des vom Beschwerdeführer am 29.04.2020 erhobenen Antrages stellte die Behörde mit dem im Spruch genannten Bescheid gemäß § 15b Abs. 1 bis 3 BDG 1979 fest, dass der Beschwerdeführer ab dem der Vollendung seines 40. Lebensjahres folgenden Monatsersten bis zu dem Einlangen seines Antrages folgenden Monatsletzten (01.05.2003 bis 30.04.2020) keine Schwerarbeitsmonate aufweisen würde. Dazu führte die Behörde aus, dass der Beschwerdeführer im zu beurteilenden Zeitraum keine ausreichende Anzahl von sechs Nachtdiensten im Ausmaß von mindestens sechs Stunden zwischen 22:00 Uhr und 06:00 Uhr in einem Kalendermonat im Wechseldienst oder eine Dienstverrichtung bei einer Dienststelle mit tatsächlich überwiegender Tätigkeit im wachespezifischen Außendienst zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit nach dem SPG im Sinne der Schwerarbeits-Verordnung (BGBl. II Nr. 105/“2007“) geleistet habe. Laut Erlass des Bundesministeriums für Inneres vom 30.10.2012, Zl. XXXX , würden jene Exekutivorgane des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach dem SPG Schwerarbeit verrichten, die zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit eine tatsächliche monatliche Außendienstzeit von zumindest 50% aufweisen würden. Die vom Beschwerdeführer auf seinem Arbeitsplatz ausgeübte Tätigkeit im Landeskriminalamt (Assistenzbereich 4 – Kriminalprävention) sei laut dem Erlass des Bundesministeriums für Inneres vom 07.08.2013, Zl. XXXX , davon nicht umfasst.

2. Beweiswürdigung:

Die unter Pkt. II.1. getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den im erstinstanzlichen Verwaltungsakt und im Gerichtsakt einliegenden Aktenstücken. Diese Feststellungen sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idF BGBl. I Nr. 87/2021, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen, womit im gegenständlichen Fall Einzelrichterzuständigkeit vorliegt.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 109/2021, (in der Folge: VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 1 leg.cit. trat dieses Bundesgesetz mit 01.01.2014 in Kraft. Nach § 58 Abs. 2 leg.cit. bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Nach § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 28 Abs. 2 leg.cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Nach § 28 Abs. 3 leg.cit. hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht; hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wobei die Behörde hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden ist, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Zu A) Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung:

3.1.1. Die für den vorliegenden Fall maßgebliche Bestimmung des BDG 1979 lautet wie folgt:

„Versetzung in den Ruhestand durch Erklärung bei Vorliegen von Schwerarbeitszeiten (‚Schwerarbeitspension‘)

§ 15b. (1) Die Beamtin oder der Beamte kann durch schriftliche Erklärung, aus dem Dienststand ausscheiden zu wollen, ihre oder seine Versetzung in den Ruhestand bewirken, wenn sie oder er zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand eine nach dem vollendeten 18. Lebensjahr zurückgelegte ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit (pensionswirksame Zeit bei Beamtinnen und Beamten, auf die § 1 Abs. 14 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340/1965, anzuwenden ist) von 504 Monaten, davon mindestens 120 Schwerarbeitsmonate innerhalb der letzten 240 Kalendermonate vor dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand, aufweist. Die Versetzung in den Ruhestand kann frühestens mit Ablauf des Monats in Anspruch genommen werden, in dem das 60. Lebensjahr vollendet wird. Beamtinnen und Beamten, die die Anspruchsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der Vollendung des 60. Lebensjahres oder danach erfüllen, bleiben diese auch bei einer späteren Ruhestandsversetzung gewahrt.

(2) Ein Schwerarbeitsmonat ist jeder Kalendermonat, in dem mindestens 15 Tage Schwerarbeit vorliegen. Die Bundesregierung hat mit Verordnung festzulegen, unter welchen psychisch oder physisch besonders belastenden Arbeitsbedingungen Schwerarbeit vorliegt.

(3) Beamtinnen und Beamte des Dienststandes, die ihr 50. Lebensjahr vollendet haben, können eine bescheidmäßige Feststellung der Anzahl ihrer Schwerarbeitsmonate zu dem dem Einlangen des Antrags folgenden Monatsletzten beantragen. Dieses Antragsrecht wird mit Rechtskraft der Feststellung konsumiert.

(4) Die Versetzung in den Ruhestand wird mit Ablauf des Monats wirksam, den die Beamtin oder der Beamte bestimmt, frühestens jedoch mit Ablauf des dritten Monats, der der Abgabe der Erklärung folgt. Hat die Beamtin oder der Beamte keinen oder einen früheren Zeitpunkt bestimmt, so wird die Versetzung in den Ruhestand ebenfalls mit Ablauf des dritten Monats wirksam, der der Abgabe der Erklärung folgt.Wurde die Anzahl der Schwerarbeitsmonate noch nicht gemäß Abs. 3 festgestellt, wird die Versetzung in den Ruhestand erst mit Ablauf des sechsten Monats wirksam, der der Abgabe der Erklärung folgt.

(5) Während einer (vorläufigen) Suspendierung nach § 112 oder einer (vorläufigen) Dienstenthebung nach § 40 HDG 2014 kann eine Erklärung nach Abs. 1 nicht wirksam werden. In diesem Fall wird die Erklärung frühestens mit Ablauf des Monats wirksam, in dem die (vorläufige) Suspendierung oder die (vorläufige) Dienstenthebung geendet hat.

(6) Die Erklärung nach Abs. 1 kann frühestens zwölf Monate vor dem beabsichtigten Wirksamkeitstermin der Ruhestandsversetzung abgegeben und bis spätestens einen Monat vor ihrem Wirksamwerden widerrufen werden. Diese Frist erhöht sich auf drei Monate, wenn die Beamtin oder der Beamte eine Funktion oder einen Arbeitsplatz innehat, die oder der nach den §§ 2 bis 4 des Ausschreibungsgesetzes 1989 – AusG, BGBl. Nr. 85/1989, auszuschreiben sind. Ein späterer Widerruf wird nur wirksam, wenn die Dienstbehörde ausdrücklich zugestimmt hat. Während einer (vorläufigen) Suspendierung gemäß § 112 oder einer (vorläufigen) Dienstenthebung nach § 40 HDG 2014 kann jedoch die Beamtin oder der Beamte die Erklärung nach Abs. 1 jederzeit widerrufen.“

§ 1 der Verordnung der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz über besonders belastende Berufstätigkeiten, BGBl. II Nr. 104/2006, (Schwerarbeitsverordnung) führt Folgendes aus:

„Besonders belastende Berufstätigkeiten

§ 1. (1) Als Tätigkeiten, die unter körperlich oder psychisch besonders belastenden Bedingungen erbracht werden, gelten alle Tätigkeiten, die geleistet werden

1. in Schicht- oder Wechseldienst auch während der Nacht (unregelmäßige Nachtarbeit), das heißt zwischen 22 Uhr und 6 Uhr, jeweils im Ausmaß von mindestens sechs Stunden und zumindest an sechs Arbeitstagen im Kalendermonat, sofern nicht in diese Arbeitszeit überwiegend Arbeitsbereitschaft fällt, oder

2. regelmäßig unter Hitze oder Kälte im Sinne des Art. VII Abs. 2 Z 2 und 3 des Nachtschwerarbeitsgesetzes (NSchG), BGBl. Nr. 354/1981, oder

3. unter chemischen oder physikalischen Einflüssen im Sinne des Art. VII Abs. 2 Z 5, 6 und 8 NSchG oder

4. als schwere körperliche Arbeit, die dann vorliegt, wenn bei einer achtstündigen Arbeitszeit von Männern mindestens 8 374 Arbeitskilojoule (2 000 Arbeitskilokalorien) und von Frauen mindestens 5 862 Arbeitskilojoule (1 400 Arbeitskilokalorien) verbraucht werden, oder

5. zur berufsbedingten Pflege von erkrankten oder behinderten Menschen mit besonderem Behandlungs- oder Pflegebedarf, wie beispielsweise in der Hospiz- oder Palliativmedizin, oder

6. trotz Vorliegens einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (§ 14 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970) von mindestens 80%, sofern für die Zeit nach dem 30. Juni 1993 Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes, BGBl. Nr. 110/1993, oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze bestanden hat.“

§ 1 der Verordnung der Bundesregierung über besonders belastende Berufstätigkeiten, BGBl. II Nr. 105/2006, hält Folgendes fest:

„Anwendung von Bestimmungen der Schwerarbeitsverordnung

§ 1. Die Verordnung der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz über besonders belastende Berufstätigkeiten samt Anlage, BGBl. II Nr. 104/2006, (Schwerarbeitsverordnung), ist auf Beamte und Bundestheaterbedienstete mit den Maßgaben anzuwenden, dass

1. unter Arbeitsbereitschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 jede in § 50 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes angeführte Form der Bereitschaft sowie vergleichbare Formen der Bereitschaft zu verstehen sind;

2. ein Schwerarbeitsmonat dann vorliegt, wenn eine oder mehrere besonders belastende Tätigkeiten im Sinne des § 1 Abs. 1 der Schwerarbeitsverordnung mindestens in der Dauer von 15 Kalendertagen in einem Kalendermonat ausgeübt wurden. Dienstfreie Zeiten, während der kein Anspruch auf Monatsbezug besteht, bleiben dabei außer Betracht;

3. anstelle der Meldung der Schwerarbeitszeiten nach § 5 an den Krankenversicherungsträger die Schwerarbeitsmonate nach Z 2 von den Dienstbehörden bzw. von den personalführenden Stellen automationsunterstützt zu verarbeiten sind;

4. als Schwerarbeit auch Tätigkeiten mit erhöhter Gefährdung gelten, bei denen das tatsächliche regelmäßige Risiko für Leib und Leben im Einsatz die Grenze von allgemein akzeptierter Gefahr in erheblichem Ausmaß übersteigt. Als solche gelten ausschließlich Tätigkeiten von

a) Exekutivorganen des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach dem Sicherheitspolizeigesetz (SPG), BGBl. Nr. 566/1991, die zumindest die Hälfte ihrer monatlichen Dienstzeit tatsächlich als wachespezifischen Außendienst zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit ausüben, und

b) Soldaten während eines Auslandseinsatzes nach dem Bundesverfassungsgesetz über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland (KSE-BVG), BGBl. I Nr. 38/1997, sofern der Anteil des Außendienstes im Rahmen des Auslandseinsatzes dem nach lit. a maßgebenden entspricht.“

§ 5 SPG, BGBl. Nr. 566/1991 idF BGBl. I Nr. 148/2021, lautet auszugsweise wie folgt:

„Besorgung des Exekutivdienstes

§ 5. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes versehen für die Sicherheitsbehörden den Exekutivdienst.

(1) […]

(2) Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind

1. Angehörige des Wachkörpers Bundespolizei,

2. Angehörige der Gemeindewachkörper,

3. Angehörige des rechtskundigen Dienstes bei Sicherheitsbehörden, wenn diese Organe zur Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ermächtigt sind, und

4. sonstige Angehörige der Landespolizeidirektionen und des Bundesministeriums für Inneres, wenn diese Organe die Grundausbildung für den Exekutivdienst (Polizeigrundausbildung) absolviert haben und zur Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ermächtigt sind.

(3) – (7) […]“

3.1.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet:

?        Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht kommt nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt worden ist, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.

?        Der Verfassungsgesetzgeber hat sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist.

?        Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stellt die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg.cit. bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 leg.cit. verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das in § 28 leg.cit. insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher insbesondere dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer „Delegierung“ der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).

3.1.3. Das Modell der Aufhebung des Bescheides und der Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG (s. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2, 2018, § 28 VwGVG, Anm. 11).

3.2. Vor diesem Hintergrund ist für den vorliegenden Fall Folgendes auszuführen:

3.2.1. Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom 29.04.2020 die bescheidmäßige Feststellung der Anzahl seiner Schwerarbeitsmonate gemäß § 15b Abs. 3 BDG 1979. Nach § 15b Abs. 2 leg.cit. ist ein Schwerarbeitsmonat jeder Kalendermonat, in dem mindestens 15 Tage Schwerarbeit geleistet wurde. Die Verordnung BGBl. II Nr. 104/2006 führt hierzu aus, dass Schwerarbeit u.a. bei Schicht- oder Wechseldienst auch während der Nacht (unregelmäßige Nachtarbeit) geleistet wird, d.h. zwischen 22 Uhr und 6 Uhr, jeweils im Ausmaß von mindestens sechs Stunden und zumindest an sechs Arbeitstagen im Kalendermonat, sofern nicht in diese Arbeitszeit überwiegend Arbeitsbereitschaft fällt (§ 1 Z. 1). Die Verordnung BGBl. II Nr. 105/2006 legt fest, dass ein Schwerarbeitsmonat u.a. dann vorliegt, wenn eine oder mehrere besonders belastende Tätigkeiten iSd § 1 Abs. 1 der Verordnung BGBl. II Nr. 104/2006 mindestens in der Dauer von 15 Kalendertagen in einem Kalendermonat ausgeübt wurden (§ 1 Z. 2), und dass als Schwerarbeit auch Tätigkeiten mit erhöhter Gefährdung gelten, bei denen das tatsächliche regelmäßige Risiko für Leib und Leben im Einsatz die Grenze von allgemein akzeptierter Gefahr in erheblichem Ausmaß übersteigt (wobei als solche Tätigkeiten nur solche von Exekutivorganen des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach dem SPG gelten, die zumindest die Hälfte ihrer monatlichen Dienstzeit tatsächlich als wachespezifischen Außendienst zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit ausüben) (§ 1 Z. 4 lit. a).

3.2.2. Die Behörde trifft im angefochtenen Bescheid keine konkreten Feststellungen zu vom Beschwerdeführer im zu beurteilenden Zeitraum etwaig ausgeübter „unregelmäßiger Nachtarbeit“ bzw. etwaig ausgeübtem „wachespezifischen Außendienst“ iSd o.a. Verordnungen (BGBl. II Nr. 104/2006 und BGBl. II Nr. 105/2006) und hält nach Wiedergabe der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen lediglich fest, dass laut Erlass des Bundesministeriums für Inneres vom 30.10.2012 nur jene Exekutivorgane des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach dem SPG Schwerarbeit verrichten würden, die zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit eine tatsächliche monatliche Außendienstzeit von zumindest 50% aufweisen würden, und dass laut Erlass des Bundesministeriums für Inneres vom 07.08.2013 die vom Beschwerdeführer auf seinem Arbeitsplatz ausgeübte Tätigkeit im Landeskriminalamt (Assistenzbereich 4 – Kriminalprävention) davon nicht umfasst sei (s. oben unter Pkt. II.1.).

Hierzu wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes zwar nicht übersehen, dass nach der jüngeren Judikatur des Verfassungsgerichtshofes nunmehr auch bei nicht in gesetzlich vorgesehener Weise erfolgter Kundmachung (hier: eines Erlasses) eine „gehörig kundgemachte“ Verordnung vorliegen kann, die von den Behörden und den Verwaltungsgerichten anzuwenden und unter Umständen vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten ist, sofern diese ein „Mindestmaß an Publizität“ erreicht (s. VfGH 09.10.2018, V26/2018; 14.03.2018, V114/2017; 28.06.2017, V4/2017). Ein solches Mindestmaß an Publizität ist – im Gegensatz etwa zu den Fällen des Anschlags eines Gemeinderatsbeschlusses an der Amtstafel einer Gemeinde (VfGH 24.11.2016, V39/2016) oder der Aufstellung eines Straßenverkehrszeichens (VfGH 11.06.2019, V61/2018) – im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht jedoch nicht erkennbar: Die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Erlässe vom 30.10.2012 und 07.08.2013 richten sich explizit nur an bestimmte Stellen innerhalb des BMI (Landespolizeidirektionen, Bildungszentrum XXXX , Bundesasylamt, Einsatzkommando COBRA), womit diese an keinen externen Personenkreis iSd o.a. Judikatur adressiert sind und keinerlei Außenwirkung erlangt haben. Unabhängig von der Frage, ob diese Erlässe die übrigen für das Vorliegen von Verordnungen notwendigen Merkmale erfüllen, stellen diese bereits aufgrund des aufgezeigten fehlenden Mindestmaßes an Publizität keine für die Behörde und das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Fall anwendbaren Verordnungen dar.

3.2.3. Die Behörde wird im fortgesetzten Verfahren vor dem Hintergrund der oben wiedergegebenen Bestimmungen (s. Pkt. II.3.1.1.) und der in der erhobenen Beschwerde angeführten Tätigkeiten des Beschwerdeführers (s. Pkt. I.3.) konkrete Ermittlungen vorzunehmen (z.B. unter Einholung von Dienstplänen, uÄ) und darauf aufbauend im zu erlassenden Bescheid Feststellungen zu treffen haben, ob (und wenn ja, in welchem konkreten Ausmaß) der Beschwerdeführer im zu beurteilenden Zeitraum Tätigkeiten iSd o.a. Verordnungsbestimmungen (BGBl. II Nr. 104/2006 und BGBl. II Nr. 105/2006) ausgeübt hat, die ihm als Schwerarbeitsmonate iSd § 15b Abs. 2 BDG 1979 anzurechnen wären. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Ermittlung der Anzahl der Schwerarbeitsmonate um eine Tatsachen- und nicht (bloß) um eine Rechtsfrage, weswegen es dazu konkreter Feststellungen hinsichtlich der tatsächlichen Verhältnisse bedarf; es bedarf daher konkreter Feststellungen, welche Tätigkeiten der Beamte in welchem Ausmaß erbracht hat (s. VwGH 13.09.2017, Ro 2016/12/0024).

Es ist hierzu nicht ersichtlich, dass eine unmittelbare Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht „im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden“ wäre, zumal es sich bei den vorzunehmenden Ermittlungen eindeutig um solche handelt, die verwaltungsinterne Vorgänge betreffen, bei der die Behörde besonders „nahe am Beweis“ ist (vgl. hierzu auch VwGH 25.01.2017, Ra 2016/12/0109).

3.3. Im Ergebnis sind daher die für eine Entscheidung in der Sache notwendigen Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG im vorliegenden Fall nicht gegeben. Der angefochtene Bescheid ist daher gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg.cit. aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

3.4. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Erlass Ermittlungspflicht Exekutivdienst Feststellungsbescheid Kassation Kundmachung mangelnde Sachverhaltsfeststellung Nachtdienst öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis Publizität Schwerarbeitszeiten wachespezifischer Außendienst

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W246.2232002.1.00

Im RIS seit

03.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

03.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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