TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/4 I415 2200065-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.10.2019
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Entscheidungsdatum

04.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4
StGB §107a
StGB §127
StGB §130
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I415 2200065-1/25E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Ägypten, vertreten durch RA Mag. Robert BITSCHE als Erwachsenenvertreter, Nikolsdorfergasse 7-11 Top 15, 1050 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.05.2018, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.08.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste erstmals im November 1998 legal mit einer Aufenthaltserlaubnis für Studierende ins Bundesgebiet ein.

2. Einem von ihm am 25.03.1999 gestellten Antrag auf Verlängerung seines Aufenthaltstitels wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 03.05.1999, Zl. XXXX, nicht stattgegeben und der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Einer dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 22.03.2000, Zl. XXXX, nicht Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

3. Der Beschwerdeführer hält sich seither - teils auf Grundlage eines gültigen Aufenthaltstitels, zum überwiegenden Großteil illegal - in Österreich auf. Von 21.08.2003 bis 31.08.2004 war er aufgrund einer (mittlerweile geschiedenen) Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Von 15.05.2011 bis 04.04.2014 war er in Besitz eines Aufenthaltstitels Rot-Weiß-Rot Karte plus.

4. Der Beschwerdeführer unternahm zahlreiche Versuche, seinen Aufenthalt im Bundesgebiet zu legalisieren, denen jedoch kein Erfolg beschieden war. So stellte er am 11.09.2000 einen Antrag auf internationalen Schutz, am 07.03.2001 einen Antrag auf Ausstellung einer Niederlassungsbewilligung, am 16.01.2004 einen Antrag auf Erteilung eines Niederlassungsnachweises, am 20.05.2008 einen Antrag auf Verleihung der Österreichischen Staatsbürgerschaft, am 05.05.2009 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, am 28.03.2014 einen Antrag auf Erteilung (Verlängerung) eines Aufenthaltstitels Rot-Weiß-Rot Karte plus, sowie am 29.12.2014, am 06.03.2015 und am 20.11.2015 jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 Abs. 1 AsylG.

5. Gleichzeitig wurden gegen den Beschwerdeführer mehrmals aufenthaltsbeendende Verfahren eingeleitet, wobei es bislang zu keiner Beendigung seines Aufenthaltes im Bundesgebiet kam.

6. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 06.05.2010, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der beharrlichen Verfolgung nach § 107a StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten (bedingt, Probezeit 3 Jahre) verurteilt.

7. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 29.06.2011, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs. 1 erster Fall StGB, des Verbrechens der versuchten Erpressung nach §§ 15, 144 Abs. 1 StGB und des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten verurteilt. Gleichzeitig wurde er gemäß § 21 Abs. 2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Einer dagegen erhobenen Berufung gab das Oberlandesgericht XXXX mit Urteil vom 11.10.2011, Zl. XXXX, nicht Folge. Am 29.07.2013 wurde der Beschwerdeführer unter Festlegung einer fünfjährigen Probezeit und Anordnung der Bewährungshilfe bedingt aus der Anstaltsunterbringung entlassen.

8. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 26.11.2013, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt.

9. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 16.06.2015, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt. Am 09.05.2016 wurde die bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe vom 29.07.2013 widerrufen und der Beschwerdeführer neuerlich in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

10. Am 10.10.2016 stellte der Beschwerdeführer durch seinen Erwachsenenvertreter den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG.

11. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 25.07.2017 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass beabsichtigt sei, seinen verfahrensgegenständlichen Antrag abzuweisen und forderte ihn auf, binnen 14 Tagen eine schriftliche Stellungnahme zu seinen persönlichen Verhältnissen und zu den ihm übermittelten Länderfeststellungen zu Ägypten abzugeben.

12. In seiner schriftlichen Stellungnahme vom 25.08.2017 brachte der Erwachsenenvertreter des Beschwerdeführers im Wesentlichen vor, sein Mandant lebe bereits seit vielen Jahren durchgehend in Österreich und habe zuletzt über einen Aufenthaltstitel Rot-Weiß-Rot Karte plus verfügt. Eine Verlängerung dieses Aufenthaltstitels sei lediglich deshalb abgelehnt worden, weil kein gültiger Reisepass vorgelegt worden sei. Mittlerweile liegen der gültige Reisepass und ein A2 Zeugnis des Beschwerdeführers vor. Weiters sei er nachhaltig in Österreich integriert, dies sowohl in familiärer, sprachlicher, kultureller und sozialer Hinsicht. Der Beschwerdeführer verfüge über sehr gute Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und Schrift und über enge familiäre Bindungen zu seinen Brüdern. Weiters sei er aufrecht sozialversichert und beziehe eine Invaliditätspension seitens der PVA und sei somit selbsterhaltungsfähig. Er leide an einer psychischen Erkrankung und wäre in Ägypten, wo auch keine Familienangehörigen mehr leben würden, vollkommen auf sich alleine gestellt, da eine Behandlung dort nicht möglich sei und nicht erfolgen würde. Weiters würden die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verurteilungen bereits mehrere Jahre zurückliegen und eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit sei somit bei einem weiteren Aufenthalt in Österreich nicht gegeben. Er sei lediglich wieder in eine Anstalt gemäß § 21 StGB eingewiesen worden, um die bereits begonnene medizinische Behandlung fortzusetzen, eine neuerliche Straftat sei seiner Einweisung nicht zugrunde gelegen. Es werde beantragt, das Verfahren wegen Erlassung einer Rückkehrentscheidung einzustellen und dem Beschwerdeführer den beantragten Aufenthaltstitel zu erteilen.

13. Am 06.03.2018 stellte die belangte Behörde eine Anfrage an die Staatendokumentation bezüglich die individuelle Situation des Beschwerdeführers und langte die entsprechende Anfragebeantwortung der Staatendokumentation am 29.05.2018 ein.

14. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 30.05.2018, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 10.10.2016 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erließ gegen ihn gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 3 FPG (Spruchpunkt II.), stellte gemäß § 52 Absatz 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Ägypten zulässig ist (Spruchpunkt III.).Weiters wurde einer Beschwerde gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.) und gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 FPG ein auf die Dauer von 9 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.).

15. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 2 BFA-VG vom 30.05.2018 wurde dem Beschwerdeführer die ARGE-Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3, 1170 Wien, als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

16. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter und Erwachsenenvertreter mit Schriftsatz vom 02.07.2018 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und machte Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Es seien alle Voraussetzungen für eine Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels gegeben. Der Beschwerdeführer lebe seit rund 20 Jahren in Österreich und habe sich sozial, sprachlich und wirtschaftlich nachhaltig integriert, sodass eine Rückkehrentscheidung in jedem Fall auf Dauer unzulässig und ihm ein Aufenthaltstitel zu erteilen sei, dies ungeachtet seiner strafrechtlichen Verurteilungen. Vom Beschwerdeführer gehe keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit aus und das verhängte Einreiseverbot sei unzulässig. Weiters werde er aufgrund seiner Erkrankung durch eine Abschiebung nach Ägypten in seinen Rechten nach Art. 3 EMRK verletzt, zumal er dort nicht mit einer entsprechenden medizinischen Behandlung seiner Beschwerden rechnen könne und auf sich allein gestellt wäre. Der Beschwerdeführer stellte daher die Anträge, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchführen, der Beschwerde Folge geben und den Bescheid des BFA ersatzlos beheben sowie den beantragten Aufenthaltstitel erteilen; in eventu den bekämpften Bescheid zur Gänze beheben und zur neuerlichen Entscheidung an die Erstinstanz zurückverweisen. Weiters wurde beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

17. Beschwerde und Bezug habender Akt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 05.07.2018 vorgelegt.

18. Mit Schreiben vom 21.01.2019 beantragte der Erwachsenenvertreter des Beschwerdeführers neuerlich die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung seiner Beschwerde.

19. Am 04.06.2019 übermittelte der Erwachsenenvertreter des Beschwerdeführers eine schriftliche Stellungnahme und ein psychiatrisches Sachverständigengutachten vom 23.04.2019.

20. Mit Schreiben vom 07.06.2019 übermittelte die Selbst- und Interessensvertretung zum Maßnahmenvollzug (SiM) eine ihr vom Beschwerdeführer erteilte Vollmacht und ersuchte um Auskunft über den aktuellen Stand des Verfahrens.

21. Mit Urkundenvorlage vom 09.08.2019 legte der Erwachsenenvertreter des Beschwerdeführers Bescheide der PVA vom 07.03.2018 (betreffend Anerkennung des Anspruchs auf Ausgleichszulage), vom 17.10.2017 (betreffend vorsorgliche Einstellung der Invaliditätspension), sowie vom 13.11.2017 (betreffend Ruhendstellung der dem Beschwerdeführer zuerkannten Invaliditätspension für die weitere Dauer der Verbüßung einer Freiheitsstrafe) vor.

22. Am 20.08.2019 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung und in Abwesenheit eines Vertreters der belangten Behörde statt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

1.2 Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige, geschiedene und kinderlose Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Ägypten und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Er ist kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.

Seine Identität steht fest. Er heißt XXXX und wurde am XXXX in Ägypten geboren.

Der Beschwerdeführer reiste erstmals im November 1998 legal mit einer Aufenthaltserlaubnis für Studierende, gültig bis zum 30.03.1999, in das österreichische Bundesgebiet ein und hält sich seither ununterbrochen im Bundesgebiet auf, wobei sein Aufenthalt großteils illegal war. Lediglich von 21.08.2003 bis 31.08.2004 war der Beschwerdeführer aufgrund seiner Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Von 15.05.2011 bis 04.04.2014 war er in Besitz eines Aufenthaltstitels Rot-Weiß-Rot Karte plus. Der Verlängerungsantrag wurde zurückgewiesen.

Aufgrund eines Unfalles während seiner Ableistung des Militärdienstes in Ägypten wurde der Beschwerdeführer so schwer verletzt, dass ihm ein Fuß und ein Teil seines Unterschenkels amputiert werden musste (AS 32). Er ist seither auf eine Prothese angewiesen.

Der Beschwerdeführer leidet an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit emotional instabilen, querulativ-paranoiden und dissozialen Anteilen (ICD-10: F61.0) und einer affektiven Störung mit rezidivierenden depressiven Episoden (ICD-10: F33.0). Er ist nicht geschäftsfähig und ihm wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 09.09.2010 ein Erwachsenenvertreter beigestellt.

Der Beschwerdeführer leidet an keiner derart schweren psychischen oder physischen Beeinträchtigung, die seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat entgegensteht. Die Krankheiten des Beschwerdeführers sind auch in seinem Heimatstaat behandelbar.

Zudem hat er als Veteran in Ägypten Anspruch auf kostenfreie Behandlung jeglicher Krankheit, inklusive Depressionen und anderer psychischer Erkrankungen. Ebenso hat er Anspruch auf kostenfrei zur Verfügung gestellte Prothesen, sofern er diese aufgrund seiner im militärischen Dienst erlittenen Verwundung seines Beines benötigt.

Auch in Ägypten existiert das Institut der Sachwalterschaft und es besteht dort die Möglichkeit der Bestellung eines Sachwalters für den Beschwerdeführer.

Am XXXX2001 heiratete der Beschwerdeführer die Österreichische Staatsbürgerin U.A. Diese Ehe wurde am XXXX2006 geschieden.

In Österreich leben zwei Brüder des Beschwerdeführers, wobei er nur zu einem seiner Brüder Kontakt hat. Ansonsten verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen im Bundesgebiet.

In Ägypten leben ein Bruder und eine Schwester des Beschwerdeführers, zu denen er vor Antritt des Maßnahmenvollzuges in regelmäßigem Kontakt stand.

Der Beschwerdeführer spricht Deutsch auf dem Niveau B1. Er hat einen Führerschein und einen Staplerschein und ist seit 17.10.2017 ganztags in einem XXXX beschäftigt. Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden, die über das hinausgehen, was man allein aufgrund der langen Dauer seines Aufenthaltes im Bundesgebiet erwarten kann.

Der Beschwerdeführer ist eingeschränkt arbeitsfähig und führte aus einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen zu können. Er bezieht eine österreichische Invaliditätspension samt Ausgleichszulage, welche für die weitere Dauer seiner Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher ruhend gestellt ist. Aufgrund seiner Verletzung erhielt er vom ägyptischen Staat eine Entschädigungszahlung, außerdem hat er Anspruch auf die Gewährung einer Invaliditätsrente in Ägypten.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 06.05.2010, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der beharrlichen Verfolgung nach § 107a StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten (bedingt, Probezeit 3 Jahre) verurteilt. Das LG erkannte den Beschwerdeführer für schuldig, seiner Ex-Frau widerrechtlich in einer Weise, die geeignet war seine Ex-Frau in ihrer Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen, eine längere Zeit hindurch fortgesetzt unter Verwendung eines sonstigen Kommunikationsmittels Kontakt zu ihr Hergestellt zu haben, indem er eine nicht mehr genau feststellbare Anzahl an Postsendungen, zumindest aber fünf Pakete und Briefe, die beleidigende und anstößige Schreiben oder Unrat enthielten, direkt an seine Ex-Frau oder an Nachbarn mit dem Ersuchen gerichtet zu haben, die Sendung seiner Ex-Frau zu übergeben (Seite 3 des genannten Urteils). Hinsichtlich der Persönlichkeit des Beschwerdeführers wurde ausgeführt (Seite 6 des genannten Urteils), dass sich eine paranoide Persönlichkeitsstörung abzeichnet, eine übertriebene Empfindlichkeit bei Rückschlägen und Zurücksetzungen, die Neigung zu ständigem Groll wegen der Weigerung, Beleidigungen, Verletzungen oder Missachtungen zu verzeihen. Weiters wurde ausgeführt, dass das Übersenden dieser Pakete (teilweise mit Fäkalien und Steinen) auch in das von einer näher bezeichneten Psychiaterin in ihrem Gutachten gezeichnete Bild des Beschwerdeführers, welcher stets andere für sein Leid verantwortlich macht, seinen näher genannten Bruder zutiefst verachtet und unterstellt, dass dieser mit seiner Ex-Frau schon längere Zeit ein Verhältnis gehabt hätte. Erschwerend wertete das Gericht bei den Strafbemessungsgründen den Umstand, dass der Beschwerdeführer äußerst trickreich versuchte, seine Täterschaft verschleiern und möglichst viele Personen in die Tat mit einzubeziehen, mildernd hingegen seine bis dato Unbescholtenheit und seinen Geisteszustand.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 29.06.2011, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs. 1 erster Fall StGB, des Verbrechens der versuchten Erpressung nach §§ 15, 144 Abs. 1 StGB und des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten verurteilt. Gleichzeitig wurde er gemäß § 21 Abs. 2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Das Gericht erkannte ihn für schuldig, Beamte mit gefährlicher Drohung an einer Amtshandlung gehindert zu haben, indem er zwei Messer mit einer Klingenlänge von je 20 cm abwechselnd in Richtung der uniformierten Einsatzbeamten und dann wieder gegen seinen Bauch hielt und die Beamten während eines Zeitraumes von zwei Stunden daran hinderte, ihn von den Stromschienen der U-Bahn zu entfernen. Weiters wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, an einem näher bestimmten Tag mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Genötigten unrechtmäßig zu bereichern versucht zu haben, die Republik Österreich durch gefährliche Drohung zu einer Handlung, die diese am Vermögen schädigen sollte, zu nötigen, indem er ein Schreiben, welches an "die Polizei, Gerichte, RichterInnen, Regierung, Schweine Verantwortliche, Präsident" adressiert war, einem näher genannten Polizeikommissariat per Fax übermittelte, darin die Überweisung von 22 Millionen Euro auf sein Konto forderte und für den Fall der Nichterfüllung seiner Forderung androhte: "wenn das was ich verlangt habe nicht passieren wird, wird was anderes passieren, und ich glaube nicht, dass ihr Schweine das aushalten können wird."[sic] Begründend führte das Gericht aus, dass sich beim Empfänger des Schreibens sich das Bild eines psychisch gestörten Verfassers ergibt, der aber noch strukturiert denken und vorgehen kann. Tatsächlich bescheinigte eine Gefährlichkeitsanalyse der Polizei die Gefahr einer unmittelbar bevorstehenden Gewalttat, der Beschwerdeführer wurde fieberhaft gesucht und seine Ex-Frau bekam sogar Personenschutz, weil befürchtet wurde, sie könnte Opfer eines körperlichen Angriffs des Angeklagten werden, so das Gericht weiter. Das Gericht wertete bei der Strafzumessung die einschlägige Vorstrafe, den raschen Rückfall und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen als erschwerend, als mildernd hingegen das teilweise Geständnis, den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist und die Beeinträchtigung des Beschwerdeführers durch seine psychische Erkrankung. Einer dagegen erhobenen Berufung gab das Oberlandesgericht XXXX mit Urteil vom 11.10.2011, Zl. XXXX, nicht Folge. Am 29.07.2013 wurde der Beschwerdeführer unter Festlegung einer fünfjährigen Probezeit und Anordnung der Bewährungshilfe bedingt aus der Anstaltsunterbringung entlassen.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 26.11.2013, Zl. XXXX, wurde über den Beschwerdeführer wegen des Vergehens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 StGB eine Freiheitsstrafe von 15 Monaten verhängt. Mildernd wertete das Gericht den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, die Sicherstellung des Diebesgutes, das teilweise reumütige Geständnis, sowie die Tatbegehung unter Umständen, die einem Schulausschließungsgrund oder Rechtfertigungsgrund nahekommen. Erschwerend hingegen wertete es, dass der Beschwerdeführer eine einschlägige Vorstrafe aufweist, die Faktenmehrheit im Rahmen der Gewerbsmäßigkeit sowie den raschen Rückfall.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 16.06.2015, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt.

Weiters wurde der Beschwerdeführer am 15.11.2001 durch das Amtsgericht XXXX per Strafbefehl zu einer Geldstrafe von DM 8.100,00 (ungefähr € 4.141,46) wegen Schlepperei verurteilt.

Am 09.05.2016 wurde die bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe vom 29.07.2013 widerrufen und der Beschwerdeführer neuerlich in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, wo er sich seither aufhält.

1.3 Zu den Feststellungen zur Lage in Ägypten:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 30.05.2018 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Ägypten vollständig zitiert. Darüber hinaus hat die belangte Behörde eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 29.05.2018 betreffend Sachwalterschaft in Ägypten eingeholt und im angefochtenen Bescheid zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung eingetreten, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Aus den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid geht im Wesentlichen hervor, dass eine nach Ägypten rückkehrende Person, bei welcher keine besonders berücksichtigungswürdigen Umstände vorliegen, nicht automatisch in eine existenzbedrohende Lage versetzt wird.

Im Länderbericht ergibt die geschilderte allgemeine Sicherheitslage keine konkrete gegen den Beschwerdeführer gerichtete Gefahr. Insbesondere bemüht sich Ägypten durch Zurverfügungstellung von subventionierten Lebensmitteln um die Absicherung der Grundversorgung der ägyptischen Bevölkerung. Bedürftige werden durch Sozialhilfeprogramme unterstützt, welche monatliche Geldleistungen an die Ärmsten der Armen sowie an ältere Menschen und Behinderte vorsehen. Einen erheblichen Beitrag zur sozialen Sicherung leisten zudem karitative Einrichtungen, welche vornehmlich auf religiöser Basis und finanziert aus Spenden und wohltätigen Stiftungen Unterstützungsmaßnahmen in allen Bereichen der Gesellschaft gewähren.

In Ägypten existiert ein grundlegend funktionierendes Sozialversicherungssystem mit Elementen der Kranken- und Unfallversicherung und über 100 staatlichen Krankenhäusern, u. a. die Unikliniken Kasr El Aini und Ain Shams im Großraum Kairo. In Ägypten sind stationäre und ambulante Behandlungen inklusive Nachsorge durch Psychiater und Psychologen verfügbar und es besteht bei chronisch psychotischen Patienten auch die Möglichkeit einer Langzeitbehandlung. Die Versorgung mit Medikamenten im örtlichen Markt ist ausreichend. Importe werden staatlich kontrolliert. Mit fast 30 Ärzten pro 10.000 Einwohner hat Ägypten eine vergleichsweise gute medizinische Versorgung. Die Möglichkeit der ambulanten Versorgung in privaten Kliniken oder Praxen ist in Kairo vielfältig. Der Großteil der ägyptischen Bevölkerung ist über den Staat versichert.

Der vom BFA ergänzend eingeholten Anfragebeantwortung der Staatendokumentation des BFA, Ägypten: Sachwalter, vom 29.05.2018 ist folgendes zu entnehmen:

In Ägypten wird die Unterbindung der Durchführung von Geschäften als Untersagung ("interdiction") bezeichnet wird. Dies tritt dann ein, wenn eine volljährige Person aufgrund psychischer Einschränkungen ihre Geschäfte nicht mehr eigenständig durchführen kann oder sie Einflüssen ausgesetzt ist, die ihr Verhalten in einem Ausmaß, das diese Maßnahme erfordert, negativ beeinflussen.

Falls eine erwachsene Person beeinträchtigt wird, kann der Antrag auf Untersagung und Bestellung eines Sachwalters vom Staatsanwalt oder den betroffenen Personen gestellt werden. Betroffene Personen sind Angehörige, Stiefverwandte und jede Person, die es für angemessen hält, einen Sachwalter zu bestellen. Die Untersagung sowie die Bestellung eines Sachwalters erfolgt per Gerichtsbeschluss, welcher festlegt, ob die Verwaltung unbezahlt oder bezahlt sein soll, im Falle der bezahlten Verwaltung, wie die Gebühren zu verrechnen sind, sowie die Methode wie dieses Geld von der unter Untersagung gestellten Person an den Sachwalter transferiert werden soll.

Betreffend Organisationen in Ägypten zur Unterstützung von Personen, die einen Sachwalter brauchen, sei angemerkt, dass die Überwachung der Tätigkeit des Sachwalters nach Bestellung desselben der Staatsanwaltschaft obliegt. Über Ausgaben muss seitens des Sachwalters Buch geführt werden und diese Ausführungen müssen dem Gericht jederzeit zur Prüfung vorgelegt werden können.

Betreffend Psychotherapie, der Behandlung von psychischen Erkrankungen wie etwa Depression oder andere, wie auch die Bereitstellung von Prothesen, ist in Ägypten gesetzlich geregelt, dass Veteranen Anspruch auf kostenfreie Behandlung für jegliche Krankheit haben, inklusive Depressionen und andere psychische Krankheiten. Ebenso besteht Anspruch auf kostenfrei zur Verfügung gestellte Prothesen, sofern der Veteran diese aufgrund einer im militärischen Dienst erlittenen Verwundung benötigt.

Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände kann nicht festgestellt werden, dass bei einer Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Ägypten für den Beschwerdeführer eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Es wird weiters festgestellt, dass in Ägypten für die Masse der Bevölkerung nicht im gesamten Staatsgebiet jene gemäß der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegt, welche die Rückkehr eines Fremden automatisch im Widerspruch zu Art. 2 oder Art. 3 EMRK erscheinen lässt (vgl. dazu VwGH vom 21. August 2001, 2000/01/0043). Wie sich aus den Länderfeststellungen ergibt, wird eine nach Ägypten abgeschobene Person, bei welcher keine besonders berücksichtigungswürdigen Umstände vorliegen, durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine "unmenschliche Lage" versetzt.

Zusammengefasst konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr mit einem gänzlichen Entzug seiner Lebensgrundlage rechnen müsste oder in eine existenzbedrohende oder medizinische Notlage geraten würde, er selbst hat hinsichtlich einer ihm drohenden Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr auch kein substantiiertes Vorbringen erstattet.

Der Beschwerdeführer ist selbst dann, wenn ihm in seinem Herkunftsland kein privater Familienverband soziale Sicherheit bieten sollte, in der Lage, seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft zu bestreiten, da er eine österreichische Invaliditätspension bezieht, die ihm auch im Ausland zusteht, und er zudem Anspruch auf die Gewährung einer Invaliditätsrente in Ägypten hat.

Im Verfahren sind auch sonst keine Umstände hervorgekommen, die der Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Heimatstaat Ägypten entgegenstünden.

2. Beweiswürdigung

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1 Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der Angaben des Beschwerdeführers vor dieser, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Ägypten und in die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 29.05.2018. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Fremdenregister (IZR) dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Außerdem konnte im vorliegenden Beschwerdefall auf die Ermittlungsergebnisse im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 20.08.2019 vor dem Bundesverwaltungsgericht zurückgegriffen werden.

2.2 Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund des vorliegenden ägyptischen Reisepasses Nr. XXXX fest.

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und seinen persönlichen Verhältnissen in Ägypten wie auch in Österreich ergeben sich aus seinen diesbezüglichen Angaben gegenüber dem BFA und dem Bundesverwaltungsgericht. Die entsprechenden Feststellungen im angefochtenen Bescheid blieben unwidersprochen.

Die Feststellungen zu seinem Aufenthalt im Bundesgebiet seit November 1998, zu den ihn erteilten Aufenthaltstiteln und zu seinem vorwiegend illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet ergeben sich aus dem Verwaltungsakt in Zusammenschau mit den Angaben des Beschwerdeführers, einer am 26.09.2019 eingeholten ZMR-Auskunft und einem Auszug aus dem zentralen Fremdenregister.

Dass dem Beschwerdeführer aufgrund eines Unfalles in Ägypten ein Fuß und ein Teil seines Unterschenkels amputiert werden musste und er seither auf die Verwendung einer Prothese angewiesen ist, ergibt sich unstrittig aus dem Verwaltungsakt. Widersprüche ergaben sich lediglich in Bezug auf die Frage, ob sich der Unfall des Beschwerdeführers während der Ausübung seines Militärdienstes zugetragen hat. Der Beschwerdeführer behauptete im Zuge der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht - entgegen den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen - der Unfall sei selbstverschuldet und passiert, als er in einen Zug einsteigen habe wollen und dabei ausgerutscht sei. Jedoch hatte er selbst am 11.05.1999 im Zuge einer Berufung gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 03.05.1999, Zl. XXXX, also zu einem Zeitpunkt, als er noch die Verlängerung seines Aufenthaltstitels für Studierende anstrebte, wörtlich angegeben: "Der Berufungswerber wurde während der Ableistung seines Militärdiensts in Ägypten so schwer verletzt, dass ihm ein Fuß und ein Teil des Unterschenkels amputiert werden mußte. Deswegen erhielt er vom ägyptischen Staat eine Entschädigungszahlung in der Höhe von etwa 100.000 Schilling, außerdem bezieht er eine kleine Invaliditätsrente, auch sind für den Berufungswerber sämtliche medizinischen Behandlungen und Operationen, die mit seiner Verletzung zusammenhängen, in Ägypten völlig kostenlos." (AS 32). Aus diesem Grund war davon auszugehen, dass sich der Unfall während seiner Ableistung des Militärdienstes in Ägypten ereignet hatte und der Beschwerdeführer diesen Umstand im gegenständlichen Verfahren verschwiegen hat, um eine Verantwortung des Ägyptischen Staates in Abrede zu stellen und sich selbst als besonders schutzbedürftig darzustellen.

Die Feststellung zu seiner psychischen Erkrankung ergibt sich aus dem psychiatrischen Sachverständigengutachten des Dr. XXXX vom 23.04.2019.

Wie aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Ägypten in Zusammenschau mit der zur Situation des Beschwerdeführers eingeholten Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 29.05.2018 eindeutig hervorgeht, hat der Beschwerdeführer als Veteran Anspruch auf kostenfreie Behandlung für jegliche Krankheit, inklusive Depressionen und andere psychische Krankheiten. Dies deckt sich auch mit den bereits zitierten Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner Berufung vom 11.05.1999 (AS 32).

Die Bestellung eines Erwachsenenvertreters für den Beschwerdeführer geht aus dem Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 09.09.2010 hervor. Aus der bereits erwähnten Anfragebeantwortung an die Staatendokumentation ergibt sich, dass auch in Ägypten die Möglichkeit der Bestellung eines Sachwalters für den Beschwerdeführer besteht.

Darauf aufbauend war die Feststellung zu treffen, dass der Beschwerdeführer keine gesundheitliche Beeinträchtigung vorgebracht hat, welche unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur zur Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Falle einer Rückkehr führen könnte.

Dass der Beschwerdeführer mit einer Österreicherin verheiratet war und seit XXXX2006 von seiner Frau geschieden ist, ergibt sich aus dem Akteninhalt und wurde vom Beschwerdeführer selbst bestätigt.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer abgesehen von seinen beiden im Bundesgebiet lebenden Brüdern in Österreich weder Verwandte noch Familienangehörige hat erschließt sich aus seinen eigenen Angaben vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht, ebenso die Feststellung zu seinen in Ägypten lebenden Geschwistern.

Die Feststellungen zu den integrativen Schritten des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus seinen Angaben gegenüber dem BFA und dem Bundesverwaltungsgericht.

Es wird vom erkennenden Richter nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer diverse Deutschkurse besucht und am 07.07.2016 eine Deutschprüfung B1 abgelegt hat, einen Führerschein und einen Staplerführerschein vorweisen kann und derzeit aufgrund des Maßnahmenvollzugs ganztags in einer XXXX beschäftigt ist. Die von ihm vorgenommenen Integrationsbemühungen entsprechen jedoch einem absoluten Minimum dessen, was aufgrund seiner langjährigen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet zu erwarten ist. Insgesamt kann daraus keine entscheidungsmaßgebliche Teilnahme am kulturellen und sozialen Leben der Gemeinschaft abgeleitet werden. Dies verdeutlicht auch der nachfolgende Auszug aus der mündlichen Verhandlungsschrift:

"RI: haben Sie in Österreich vor Ihrer Zeit in der Haft bestimmte Kurse besucht oder sind Sie Mitglied in einem Verein oder haben Sie sonstige soziale Kontakte, die Sie erwähnen möchten?

BF: Ich war nicht Mitglied in Vereinen. Ich habe nur Kontakt mit meinem Bruder gehabt."

Wie in der rechtlichen Beurteilung darzulegen sein wird, war unter Berücksichtigung aller Umstände die Feststellung zu treffen, dass kein den Anforderungen des Art. 8 EMRK entsprechendes schützenswertes Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich besteht.

Die Feststellung zur eingeschränkten Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aus seiner Tätigkeit im Ergotherapie-Betrieb, dem Verwaltungsakt und dem Umstand, dass er Anspruch auf eine Invaliditätspension hat, wie aus den vorliegenden PVA-Bescheiden ersichtlich ist. Aus seinen damaligen Ausführungen im Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltstitels für Studierende (AS 32) geht zweifelsfrei hervor, dass der Beschwerdeführer auch in Ägypten Anspruch auf die Gewährung einer Invaliditätsrente hat. Dass sich der Beschwerdeführer als arbeitsfähig im Rahmen einer geringfügigen Anstellung erachtet, erläuterte der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung.

Die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers und seine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher leiten sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 26.09.2019 und den im Akt einliegenden Strafurteilen ab.

2.3. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Ägypten samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Ägypten ergeben sich aus den folgenden Meldungen und Berichten:

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AA - Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Ägypten, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458483/4598_1551702084_auswaertiges-amt-bericht-ueberdie-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-aegypten-stand-januar-2019-22-02-2019.pdf

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AA - Auswärtiges Amt: Ägypten - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Aegypten/Innenpolitik_node.html

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AI - Amnesty International (26.2.2019): Human rights in the Middle East and North Africa: Review of 2018 - Egypt, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003690/MDE1299162019ENGLISH.pdf

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AA - Auswärtiges Amt: Ägypten - Reise- und Sicherheitshinweise, http://www.auswaertigesamt.de/DE/Laenderinformationen/00SiHi/Nodes/AegyptenSicherheit_node.html

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USDOS - US Department of State: Country Report on Human Rights Practices 2018 - Egypt,

http://www.ecoi.net/local_link/337183/479946_de.html

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH: Liportal, Ägypten - Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/aegypten/geschichte-staat/

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HRW - Human Rights Watch: World Report - Egypt, http://www.ecoi.net/local_link/334703/476536_de.html

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DBK - Deutsche Botschaft Kairo: Rechtsverfolgung in Ägypten in Zivil- und Handelssachen,

http://www.kairo.diplo.de/contentblob/4044670/Daten/4042325/rk_merkblatt_rechtsverfolgung.pdf,

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DBK - Deutsche Botschaft Kairo: Medizinische Hinweise - Kairo, http://www.kairo.diplo.de/contentblob/3865926/Daten/3348611/regarzt_medizinische_hinweise.pdf,

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH: Liportal, Ägypten - Gesellschaft, https://www.liportal.de/aegypten/gesellschaft/#c89356

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BFA Staatendokumentation: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Ägypten: Sachwalter, 29. Mai 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1433820/5209_1527671507_aegy-ra-sachwalter-2018-05-29-ke.odt, Zugriff 11.10.2018

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Local Doctor via MedCOI (8.10.2018): BMA-11635, Zugriff 11.10.2018

Von Seiten der belangten Behörde eine Anfrage an die Staatendokumentation gestellt und die entsprechende Anfragebeantwortung der BFA-Staatendokumentation vom 29.05.2018 zu "Ägypten: Sachwalter", Dokument-ID 1433820, ergänzend zu den Länderfeststellungen zu Ägypten herangezogen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Zu den zur Feststellung, ausgewählten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nichtstaatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht des erkennenden Richters bei den Feststellungen um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH, 07.06.2000, Zl. 99/01/0210).

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen und erstattete kein substantiiertes Vorbringen, welches die Richtigkeit der Länderberichte, welche der Entscheidung zugrunde gelegt wurden, in Zweifel ziehen würde.

Aus diesen Länderfeststellungen ergibt sich insgesamt, dass in Ägypten für die Masse der Bevölkerung nicht im gesamten Staatsgebiet jene gemäß der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegt, welche die Rückkehr eines Fremden automatisch im Widerspruch zu Art. 2 oder Art. 3 EMRK erscheinen lässt (vgl. dazu VwGH vom 21. August 2001, 2000/01/0043). Wie sich aus den Länderfeststellungen ergibt wird eine nach Ägypten abgeschobene Person, bei welcher keine besonders berücksichtigungswürdigen Umstände vorliegen, durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine "unmenschliche Lage" versetzt.

Auch den Ausführungen betreffend seinen Gesundheitszustand kann nicht entnommen werden, dass für den Beschwerdeführer eine medizinische Versorgung in Ägypten nicht möglich ist, dies insbesondere in Hinblick auf die ihm zustehenden Leistungen als Veteran.

3. Rechtliche Beurteilung des angefochtenen Bescheides:

Zu Spruchpunkt A)

3.1. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

3.1.1. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK (Spruchpunkt I.) und zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.):

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung (plus)" zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung gem. § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Bei der Beurteilung der Rechtskonformität von behördlichen Eingriffen ist nach ständiger Rechtsprechung des EGMR und VfGH auf die besonderen Umstände des Einzelfalls einzugehen. Die Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme ist (nur) dann gegeben, wenn ein gerechter Ausgleich zwischen den Interessen des Betroffenen auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens im Inland einerseits und dem staatlichen Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung andererseits gefunden wird. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

Maßgeblich sind dabei etwa die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität sowie die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, weiters der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert sowie die Bindungen zum Heimatstaat (vgl. VwGH 5.9.2016, Ra 2016/19/0074; VwGH 7.9.2016, Ra 2016/19/0168; VwGH 22.2.2017, Ra 2017/19/0043).

Da vom Beschwerdeführer weder ein Zusammenleben noch sonstige außergewöhnliche Aspekte (wie Heirat oder Vaterschaft) in Österreich behauptet wurden, liegt kein hinreichend intensives Familienleben im Sinne der EMRK vor und stellt somit die Nicht-Erteilung eines Aufenthaltstitels bzw. die getroffene Rückkehrentscheidung schon aus dieser Erwägung keine Verletzung des Art. 8 EMRK dar (AsylGH 03.12.2009, A2 253.985-0/200853).

Von seiner Ehefrau ist er seit März 2006 geschieden, es bestehen weder Unterhaltspflichten noch Kontakt und das Verhältnis des Beschwerdeführers zu seiner Ex-Frau ist stark zerrüttet, zumal der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 06.05.2010 wegen des Vergehens der beharrlichen Verfolgung seiner Ex-Frau rechtskräftig verurteilt wurde.

Der Beschwerdeführer hat zwei Brüder, die ebenfalls in Österreich leben. Auch zwischen Geschwistern kann ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegen. Familiäre Beziehungen unter Erwachsenen fallen dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. VwGH 21.04.2011, 2011/01/0093). Diesbezüglich ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer lediglich mit einem seiner Brüder, der ihn ungefähr alle zwei Monate in der JA XXXX besuchen kommt, Kontakt hat. Aus dem Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer seinen anderen Bruder zutiefst verachtet und keinerlei Kontakt besteht. Ein gemeinsamer Haushalt mit dem Bruder des Beschwerdeführers besteht nicht. Zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit, die über die üblichen Bindungen hinausgehen, sind jedenfalls nicht hervorgekommen (vgl. VfGH 09.06.2006, B 1277/04; VwGH 17.11.2009, 2007/20/0955).

Zu prüfen ist im gegenständlichen Fall in weiterer Folge, ob ein hinreichend schützenswertes Privatleben im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt.

Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554).

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann ein über zehnjähriger inländischer Aufenthalt den persönlichen Interessen eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet - unter Bedachtnahme auf die jeweils im Einzelfall zu beurteilenden Umstände - ein großes Gewicht verleihen (vgl. VwGH 10.05.2011, Zl. 2011/18/0100, mwN). Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, sind Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen (vgl. zuletzt VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0325; auch VwGH 04.08.2016, Ra 2015/21/0249; 30.08.2011, 2008/21/0605; 14.04.2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032; 30.06.2016, Ra 2016/21/0165). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist aber auch bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt in Verbindung mit dem Vorliegen gewisser integrationsbegründender Aspekte dann nicht zwingend von einem Überwiegen des persönlichen Interesses auszugehen, wenn dem Umstände entgegenstehen, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken bzw. die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren (vgl. VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005; 23.02.2017, Ra 2016/21/0340). Zu den Umständen, die ungeachtet eines mehr als zehnjährigen Aufenthaltes und des Vorhandenseins gewisser integrationsbegründender Merkmale auch gegen ein Überwiegen der persönlichen Interessen bzw. für ein größeres öffentliches Interesse an der Verweigerung eines Aufenthaltstitels (oder an der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) sprechen, zählen laut Judikatur der Höchstgerichte das Vorliegen einer strafgerichtlichen Verurteilung, Verstöße gegen Verwaltungsvorschriften, eine zweifache Asylantragstellung, unrichtige Identitätsangaben, sofern diese für die lange Aufenthaltsdauer kausal waren, sowie die Missachtung melderechtlicher Vorschriften (vgl. VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005). Im Ergebnis bedeutet das, dass auch bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt in Verbindung mit dem Vorliegen gewisser integrationsbegründender Aspekte dann nicht zwingend von einem Überwiegen des persönlichen Interesses auszugehen ist, wenn dem Umstände entgegenstehen, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken bzw. die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren. Es ist daher auch in Fällen eines mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthaltes eine Gesamtabwägung unter Einbeziehung aller fallbezogen maßgeblichen Aspekte vorzunehmen, wenn auch unter besonderer Gewichtung der langen Aufenthaltsdauer." (VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005).

Im Lichte des Art. 8 EMRK ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt des volljährigen Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit seiner Einreise in das Bundesgebiet über 20 Jahre gedauert hat.

Sofern der Beschwerdeführer vermeint, dass ihm insbesondere aufgrund seines bereits seit mittlerweile mehr als 20 Jahre andauernden Aufenthalts ein Aufenthaltsrecht zukäme ist zunächst herauszustreichen, dass es in diesem Zusammenhang keinen Rechtserwerb allein durch Zeitablauf (im Sinne einer "Ersitzung") geben kann, zumal dafür keine gesetzliche Grundlage existiert. Vielmehr enthält § 9 Abs. 2 BFA-Verfahrensgesetz eine bloß demonstrative Aufzählung jene Umstände, die bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen sind (arg: "insbesondere"). Die "Dauer des bisherigen Aufenthaltes" ist dabei nur einer von mehreren Aspekten, die zugunsten oder zuungunsten des Frem

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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