TE Lvwg Beschluss 2020/4/6 VGW-002/V/079/15862/2017-2

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Veröffentlicht am 06.04.2020
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Entscheidungsdatum

06.04.2020

Index

L70309 Buchmacher Totalisateur Wetten Wien
34 Monopole
40/01 Verwaltungsverfahren
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/10 Grundrechte
19/05 Menschenrechte

Norm

WettenG Wr 2016 §23 Abs8
GSpG §50 Abs10
VStG §64 Abs3
AVG §76 Abs2
B-VG Art. 7 Abs1
B-VG Art. 11 Abs2
B-VG Art. 18
B-VG Art. 140 Abs1 Z1 lita
StGG Art. 2
StGG Art. 5
MRKZP 01te

Text

Das Verwaltungsgericht Wien stellt durch seine Richterin MMag. Dr. Ollram anlässlich des Beschwerdeverfahrens der A. GmbH, FN ..., mit Sitz in B., vertreten durch RA, gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 26.9.2017, MA 36 – ..., Spruchpunkt 2 betreffend die Vorschreibung des Ersatzes von Beschlagnahmekosten (§ 23 Abs. 8 Gesetz über den Abschluss und die Vermittlung von Wetten - Wiener Wettengesetz), gemäß Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm Art. 135 Abs. 4 und Art. 89 Abs. 2 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den

Antrag

1. in § 23 Abs. 8 Wiener Wettengesetz in seiner unverändert geltenden Stammfassung LGBl. Nr. 26/2016 die Wortfolge „oder die Beschlagnahme nach Abs. 2“ als verfassungswidrig aufzuheben,

in eventu

2. in § 23 Abs. 8 Wiener Wettengesetz in seiner unverändert geltenden Stammfassung LGBl. Nr. 26/2016 die Wortfolgen „der Wettunternehmerin oder dem Wettunternehmer dann“ und „,wenn sie oder er ihre oder seine Tätigkeit nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend ausgeübt hat“ als verfassungswidrig aufzuheben,

in eventu

3. in § 23 Abs. 8 Wiener Wettengesetz in seiner unverändert geltenden Stammfassung LGBl. Nr. 26/2016 die Wortfolgen „die Schließung der Betriebsstätte oder“, „der Wettunternehmerin oder dem Wettunternehmer dann“ und „,wenn sie oder er ihre oder seine Tätigkeit nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend ausgeübt hat“ als verfassungswidrig aufzuheben,

in eventu

4. in § 23 Abs. 8 Wiener Wettengesetz in seiner unverändert geltenden Stammfassung LGBl. Nr. 26/2016 die Wortfolgen „oder durch Maßnahmen gemäß Abs. 3“, „der Wettunternehmerin oder dem Wettunternehmer dann“ und „,wenn sie oder er ihre oder seine Tätigkeit nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend ausgeübt hat“ als verfassungswidrig aufzuheben,

in eventu

5. den gesamten § 23 Abs. 8 Wiener Wettengesetz in seiner unverändert geltenden Stammfassung LGBl. Nr. 26/2016 als verfassungswidrig aufzuheben.

1. Anlassfall:

Mit gesondert von den einschlägigen (inzwischen abschließend erledigten) Strafverfahren erlassenem und ausschließlich an die A. GmbH gerichtetem Bescheid vom 26.9.2017, MA 36 – ..., wurde in zwei getrennten Spruchpunkten einerseits ein auf § 24 Abs. 2 Wiener Wettengesetz (nachfolgend: WrWG) gestützter „objektiver Verfall“ dreier vorab beschlagnahmter Wettterminals einschließlich Bargeldinhalten und andererseits gemäß § 23 Abs. 8 WrWG der Ersatz der durch die Beschlagnahme erwachsenen Schlosserkosten verfügt.

Der vorab ergangene Beschlagnahmebescheid vom 25.11.2016, MA 36 – ..., wurde mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 4.6.2018, VGW-002/082/866/2017, durch Abweisung der Beschwerde einer anderen Bescheidadressatin rechtskräftig bestätigt.

Die nunmehrige Bescheidadressatin (A. GmbH) ist nach dem Stand der Ermittlungen die Eigentümerin der drei beschlagnahmten Wettterminals sowie der enthaltenen Bargeldinhalte. Gegen ihr zum Kontrollzeitpunkt vertretungsbefugtes Organ wurde von der belangten Behörde ein Verwaltungsstrafverfahren wegen unbefugter gewerbsmäßiger Sportwettkundenvermittlung nach § 24 Abs. 1 Z 1 erster Fall iVm § 2 Z 3 WrWG (mit Haftung der A. GmbH nach § 9 Abs. 7 VStG) geführt. Das dort ergangene Straferkenntnis vom 27.9.2017 wurde mit Erkenntnis des VGW vom 7.1.2019, VGW-002/079/15850, 15851/2017, durch Abweisung der diesbezüglichen Beschwerden vollinhaltlich rechtskräftig bestätigt.

In einem weiteren Strafverfahren gegen das verantwortliche Organ der maltesischen Buchmacherin wegen wettunternehmerischer Beteiligung an der unbefugt ausgeübten gewerbsmäßigen Sportwettkundenvermittlung nach § 24 Abs. 1 Z 1 dritter Fall iVm § 2 Z 3 WrWG (mit Haftung des Buchmachergesellschaft nach § 9 Abs. 7 VStG) wurde im Beschwerdeverfahren mit ebenfalls rechtskräftigem Erkenntnis des VGW vom 14.1.2019, VGW-002/079/15861/2017, lediglich das Strafausmaß herabgesetzt.

Ein drittes Strafverfahren gegen das verantwortliche Organ der Betriebsstätteninhaberin wegen Duldung der unbefugt ausgeübten gewerbsmäßigen Sportwettkundenvermittlung nach § 24 Abs. 1 Z 17 zweiter Fall iVm § 2 Z 3 WrWG (mit Haftung der Gesellschaft nach § 9 Abs. 7 VStG) wurde mit Erkenntnis des VGW vom 10.1.2019, VGW-002/079/15855, 15857/2017, rechtskräftig eingestellt.

Der nunmehr gegenständliche Bescheid vom 26.9.2017 betreffend „objektiven Verfall“ und Kostenersatz wurde von der Adressatin A. GmbH zur Gänze, sohin in Bezug auf beide Spruchpunkte angefochten. Anlass für den vorliegenden Antrag ist das Verfahren betreffend Kostenersatz (Spruchpunkt 2).

2. Maßgebliche Rechtsvorschriften:

Die vom Prüfungsantrag betroffene Gesetzesbestimmung des § 23 Abs. 8 WrWG hat in ihrer geltenden und auf den Anlassfall anwendbaren Fassung (bislang unveränderte Stammfassung LGBl. Nr. 26/2016) insgesamt folgenden Wortlaut:

Erwachsen der Behörde durch die Schließung der Betriebsstätte oder die Beschlagnahme nach Abs. 2 oder durch Maßnahmen gemäß Abs. 3 Kosten, so sind diese der Wettunternehmerin oder dem Wettunternehmer dann zum Ersatz mit Bescheid vorzuschreiben, wenn sie oder er ihre oder seine Tätigkeit nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend ausgeübt hat.

Die verwiesene Regelung des § 23 Abs. 2 WrWG über die Beschlagnahme lautet in ihrer geltenden Fassung LGBl. Nr. 40/2018:

Besteht der begründete Verdacht, dass die Tätigkeit der Wettunternehmerin oder des Wettunternehmers ohne oder entgegen einer Bewilligung oder einer Anzeige ausgeübt wird, und mit Wettterminals oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen gegen dieses Landesgesetz verstoßen wird, offenkundig gegen eine in § 24 Abs. 1 Z 1 bis 18 genannten Vorschriften verstoßen wird, so kann die Behörde die Beschlagnahme der Wettterminals, der an diesen angeschlossenen technischen Geräte, Wettscheine, elektronische Wettbücher, der sonstigen Eingriffsgegenstände, der technischen Hilfsmittel sowie des dem Wettbetrieb zuzurechnenden Geldes anordnen. Die Organe der öffentlichen Aufsicht können die in diesem Absatz genannten Gegenstände auch aus eigener Macht vorläufig in Beschlag nehmen, um unverzüglich sicherzustellen, dass die Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 24 nicht fortgesetzt begangen oder wiederholt werden. Sie haben darüber der Eigentümerin oder dem Eigentümer sofort eine Bescheinigung auszustellen, oder, wenn eine solche oder ein solcher am Aufstellungsort nicht anwesend ist, dort zu hinterlassen und der Behörde die Anzeige zu erstatten.

Die Änderungen des § 23 Abs. 2 durch LGBl. Nr. 40/2018 gegenüber den zum Zeitpunkt der gegenständlichen Beschlagnahme und davor geltenden Fassungen LGBl. Nr. 48/2016 und LGBl. Nr. 26/2016 sind in diesem Zusammenhang unerheblich.

Der gesamte § 23 WrWG steht seit seiner Stammfassung LGBl. Nr. 26/2016 unverändert unter der Überschrift „Aufsicht“.

§ 64 Abs. 3 erster Satz VStG in der geltenden und seit dem Inkrafttreten des § 23 Abs. 8 WrWG unveränderten Fassung lautet:

Sind im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens Barauslagen erwachsen (§ 76 AVG), so ist dem Bestraften der Ersatz dieser Auslagen aufzuerlegen, sofern sie nicht durch Verschulden einer anderen Person verursacht sind; der hienach zu ersetzende Betrag ist, wenn tunlich, im Erkenntnis (der Strafverfügung), sonst durch besonderen Bescheid ziffernmäßig festzusetzen.

3. Präjudizialität:

Die Bestimmung des § 23 Abs. 8 WrWG bildet, soweit der Kostenersatz im Zusammenhang mit Beschlagnahmen nach Abs. 2 betroffen ist, die Entscheidungsgrundlage zu Spruchpunkt 2 des in Beschwerde gezogenen Bescheides. Anwendbarkeit/Reichweite und Inhalt bzw. Auslegung dieser Regelung sind daher unzweifelhaft auch für die Beschwerdeentscheidung des VGW maßgeblich.

4. Verfassungsrechtliche Bedenken:

4.1 Bedarfskompetenz (Art. 11 Abs. 2 B-VG):

Gemäß Art. 11 Abs. 2 B-VG werden, soweit ein Bedürfnis nach Erlassung einheitlicher Vorschriften als vorhanden erachtet wird, das Verwaltungsverfahren, die allgemeinen Bestimmungen des Verwaltungsstrafrechts, das Verwaltungsstrafverfahren und die Verwaltungsvollstreckung auch in den Angelegenheiten, in denen die Gesetzgebung den Ländern zusteht, durch Bundesgesetz geregelt; abweichende Regelungen können in den die einzelnen Gebiete der Verwaltung regelnden Bundes- oder Landesgesetzen nur dann getroffen werden, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes erforderlich sind.

Da die Vorschreibung des Kostenersatzes nach § 23 Abs. 8 WrWG im vorliegenden Anlassfall „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem VGW ist und es nicht um den Ersatz von erst im Beschwerdeverfahren angefallenen Barauslagen geht, betrifft die im Raum stehende Verfassungswidrigkeit nach Ansicht des VGW Art. 11 Abs. 2 B-VG, nicht jedoch (wie etwa im Anlassfall zu E3302/2017 betreffend aufschiebende Wirkung) auch oder in erster Linie Art. 136 Abs. 2 B-VG und die Verweisungen in §§ 38 und 17 VwGVG (vgl. etwa nur sg. VfGH 18.6.2014, G5/2014).

Nach der Rechtsprechung des VfGH folgen die Angelegenheiten des Verfahrensrechts einschließlich des Exekutionsrechts nach dem Adhäsionsprinzip grundsätzlich der Kompetenz in der jeweiligen materiellen Angelegenheit („Sachkompetenz“), wobei diese Adhäsionskompetenz durch die Inanspruchnahme der Bedarfskompetenz gemäß Art. 11 Abs. 2 B-VG durchbrochen wird. Soweit daher eine Regelung durch ein auf Art. 11 Abs. 2 B-VG gestütztes Bedarfsgesetz erfolgt, ist eine abweichende Regelungen in einem Materiengesetz nur zulässig, wenn bzw. soweit dies durch besondere Umstände erforderlich bzw. unerlässlich ist (vgl. etwa VfGH 30.11.2017, E3302/2017, uvm).

Mit § 23 Abs. 8 WrWG wurde betreffend den Kostenersatz für (der Sicherung des Verfalls dienende) Beschlagnahmen eine in mehrerer Hinsicht von § 64 Abs. 3 VStG abweichende Regelung getroffen. Dass mit dem Begriff „Kosten“ Barauslagen iSv § 64 Abs. 3 VStG bzw. § 76 AVG gemeint sind, erscheint evident und nicht weiter in Frage zu stellen. Als Vorbild diente hier offensichtlich die Bestimmung des § 50 Abs. 10 Glücksspielgesetz – GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. I Nr. 112/2012. Der VwGH hat in seiner einschlägigen Rechtsprechung bereits festgehalten, dass es sich bei § 50 Abs. 10 GSpG um eine lex specialis zu der im Verwaltungsstrafverfahren allgemein geltenden Bestimmung des § 64 Abs. 3 VStG handelt (vgl. VwGH 21.11.2018, Ro 2017/17/0026). Die in § 50 Abs. 10 GSpG in Abweichung von § 64 Abs. 3 VStG vorgesehene Vorschreibung von Barauslagen „allenfalls mittels gesonderten Bescheids“ (gemeint: dem Grunde und der Höhe nach gesondert von einem Strafbescheid) bei Solidarverpflichtung der Bestraften werden in den Materialien zur Novelle BGBl. I Nr. 112/2012 unter (inhaltlicher) Bezugnahme auf Art. 11 Abs. 2 B-VG im Wesentlichen damit begründet, dass das Interesse an einer effektiven Hereinbringung der bei der Glücksspielaufsicht regelmäßig anfallenden Barauslagen auch aufgrund regelmäßiger Involvierung mehrerer Bestrafter eine diesbezügliche Vereinfachung bei den Vorschreibungsmodalitäten unbedingt erfordere (vgl. RV 1960 BlgNR 24. GP, S. 51, 52). Auch wenn der Wortlaut des § 23 Abs. 8 WrWG („mit Bescheid“), welcher ebenso als bloße Rückverweisung auf § 64 Abs. 3 VStG oder § 76 AVG verstanden werden könnte, vergleichsweise wenig Aussagekraft hat und auch die Materialien diesbezüglich keine präzisierenden Ausführungen enthalten (vgl. EB zu LGBl. Nr. 26/2016, eRecht LG-02293-2015/0001, Blg. Nr. 3/2016, S. 9), ist die Bestimmung - bei nicht zu unterstellender Sinnlosigkeit gesetzlicher Anordnungen – allenfalls einer mit dem GSpG vergleichbaren Auslegung im Sinn einer bescheidmäßig (gänzlich) gesonderten Kostenvorschreibung zugänglich. Der Umstand, dass § 23 Abs. 8 WrWG anders als § 50 Abs. 10 GSpG keine Solidarverpflichtung vorsieht, ist eine einfachgesetzliche Vorgabe, die im Rahmen der Vollziehung zu berücksichtigen wäre.

Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen jedoch insofern, als § 23 Abs. 8 WrWG vom Regime der Bedarfsgesetzgebung noch deutlich weiter abweicht: Gemäß § 64 Abs. 3 VStG ist Voraussetzung für den Ausspruch des Barauslagenersatzes für Beschlagnahmen zur Sicherung des Verfalls eine zuvor oder zumindest gleichzeitig erfolgte Bestrafung (vgl. insbesondere auch VwGH 15.3.2013, 2008/17/0186; 26.2.2007, 2005/10/0011). Wurden die Kosten „durch Verschulden einer anderen Person verursacht“, ist Rechtsgrundlage der Vorschreibung nicht § 64 Abs. 3 VStG, sondern über Verweisung des § 24 VStG der inhaltlich gleich definierte § 76 Abs. 2 (zweiter Satz) AVG. Der Verschuldensbegriff des § 76 Abs. 2 AVG ist kein strafrechtlicher, sondern verweist auf einen kasuistisch geprägten und an § 1294 ABGB orientierten „Sorgfaltsmaßstab“, wobei es aber jedenfalls um eine subjektive Vorwerfbarkeit geht. Im Übrigen ist § 64 Abs. 3 VStG im Verhältnis zu § 76 AVG lex specialis (vgl. Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2, § 64 Rz 10 und 14; Hengstschläger/Leeb, AVG, § 76 Rz 46, www.rdb.at). Hieraus ist zu schließen, dass Barauslagen, welche durch Beschlagnahmen zur Sicherung der Verfallssanktion erwachsen sind, nach dem Willen des Bedarfsgesetzgebers in erster Linie den im Verwaltungsstrafverfahren Bestrafen aufzuerlegen sind, welche sie naheliegender Weise in der Regel auch „verschuldet“ (mit-)verursacht haben werden. In jedem Fall erscheint aber – schon nach dem Wortlaut der spezielleren Regelung des § 64 Abs. 3 VStG – vor dem Ersatzausspruch eine Prüfung geboten, ob es im betreffenden Zusammenhang Bestrafte gibt. Wenn nun die Ersatzverpflichtung des § 23 Abs. 8 WrWG darauf abstellt, ob ein Wettunternehmer seine „Tätigkeit nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend ausgeübt hat“, knüpft sie, soweit mit „gesetzlichen Bestimmungen“ überhaupt (nur) unter Strafsanktion stehende Verhaltensnormen gemeint sind (vgl. auch 4.2 und 4.4), an bloße „Verstöße“ gegen Rechtsvorschriften, sohin an die Verwirklichung objektiver Tatbestände (Tatbilder) unabhängig von der subjektiven Tatkomponente und insbesondere auch unabhängig von jedem wie auch immer gearteten Hindernis einer Bestrafung oder strafrechtlichen Verfolgung an. Auch auf ein „Verschulden“ iSv § 64 Abs. 3 zweiter Fall VStG bzw. § 76 Abs. 2 AVG stellt die Regelung nicht ab. Einer Auslegung im Sinn einer „Bestrafung“ oder eines subjektiven „Verschuldens“ steht neben dem Wortlaut auch der in den Materialien präzisierte Wille des Gesetzgebers entgegen, wonach § 23 Abs. 8 WrWG es der Behörde ermögliche, die Kosten für die genannten Maßnahmen (Beschlagnahme und Schließung) „den Verursacherinnen und Verursachern mit Bescheid vorzuschreiben“ (vgl. EB zu LGBl. Nr. 26/2016, eRecht LG-02293-2015/0001, Blg. Nr. 3/2016, S. 9). Auch die belangte Behörde ist im Anlassfall von diesem Verständnis ausgegangen, was sich sowohl aus der Begründung des angefochtenen Bescheides als auch aus dem Umstand ergibt, dass dieser (lediglich) an eine juristische Person gerichtet wurde.

Im Ergebnis räumt § 23 Abs. 8 WrWG der Behörde die Möglichkeit ein, Barauslagenersätze für Beschlagnahmen zur Sicherung der Verfallssanktion einem beliebigen beteiligten Wettunternehmer auch schon vor und gänzlich unabhängig von der Einleitung, der Fortführung oder dem Ergebnis eines gegen ihn oder sein strafrechtlich verantwortliches Organ geführten Strafverfahrens aufzuerlegen. Daraus resultiert zum einen, dass sich Einwände und Ermittlungen in parallel, früher oder überhaupt erst zu einem späteren Zeitpunkt geführten Verwaltungsstrafverfahren im Kostenersatzverfahren nicht auswirken bzw. von vornherein nicht zu berücksichtigen sind. Zum anderen kommt es mangels Abstellens auf eine Bestrafung regelmäßig - wie auch im Anlassfall - zur Vorschreibung von Barauslagenersätzen unmittelbar an juristische Personen/Personengesellschaften, welche als solche nicht „bestraft“ werden, sondern allenfalls nach § 9 Abs. 7 VStG für ihren - zur Tatzeit - verantwortlichen Organen auferlegte Geldstrafen und Verfahrenskosten haften können. Aufgrund welcher besonderen Umstände im Wettenrecht eine gänzliche (nicht nur bescheidmäßige sondern auch inhaltliche) Lösung des Kostenersatzes vom Strafverfahren unerlässlich wäre, ist für das VGW nicht ersichtlich. Nach der vorangegangenen Rechtslage des erst mit 13.5.2016 außer Kraft getretenen Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens (LGBl. Nr. 388/1919 in der Letztfassung LBGl. Nr. 26/2015) richtete sich der Barauslagenersatz nach § 64 Abs. 3 VStG. In den oben zitierten Erläuterungen zum am 14.5.2016 unmittelbar anschließend in Kraft getretenen § 23 Abs. 8 WrWG sind auch keine Gründe für die gegenständlichen (oder überhaupt) Abweichungen von der Bedarfsgesetzgebung der Verwaltungsverfahrensgesetze dargelegt. Zu bemerken ist insbesondere, dass gerade die offensichtlich als Vorbild herangezogene Regelung des § 50 Z 10 GSpG, welche Bestandteil eines vom gesetzlichen Schutzinteresse her durchaus vergleichbaren Aufsichtsregimes ist, den Ersatz von Barauslagen für Beschlagnahmen – und zwar trotz der dort getroffenen Vereinfachungen – im Einklang mit § 64 Abs. 3 VStG an eine Bestrafung knüpft. Der VfGH wird daher um Prüfung ersucht, ob die aufgezeigten Abweichungen des § 23 Abs. 8 WrWG von § 64 Abs. 3 VStG (und § 76 Abs. 2 AVG) in Art. 11 Abs. 2 letzter Halbsatz B-VG Deckung finden.

Nur nebenbei sei in diesem Zusammenhang bemerkt, dass die belangte Behörde ursprünglich auch davon ausgegangen ist, dass auf der Grundlage des § 24 Abs. 2 WrWG gegenüber dem Eigentümer beschlagnahmter Gegenstände jederzeit und unabhängig von den geführten Strafverfahren ein „objektiver Verfall“ verfügt werden könne. Dem steht jedoch die gefestigte Rechtsprechung des VwGH entgegen, wonach der Verfall nach § 24 Abs. 2 WrWG im Hinblick auf die Einordnung unter der Überschrift „Strafbestimmungen“ und das gleichzeitige Anknüpfen an Verstöße gegen das WrWG als materienspezifische Strafsanktion festgelegt ist. Der von der Behörde damals ins Treffen geführte Wortlaut („auch unabhängig von einer Bestrafung“) ist daher letztlich iSd § 17 Abs. 3 VStG zu verstehen, wonach ein selbständiger („objektiver“) Verfall nur dann ausgesprochen werden kann, wenn eine Strafverfolgung oder Bestrafung eines Beschuldigten im Einzelfall nicht möglich war oder gewesen wäre (vgl. VwGH 16.12.2016, Ra 2016/02/0228; 4.7.2018, Ra 2018/02/0214; 6.3.2018, Ra 2018/02/0080; Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2, § 17 Rz 14, www.rdb.at; Raschauer/Wessely, Kommentar zum Verwaltungsstrafgesetz, § 17 Rz 12, www.lexisnexis.com); ein vom Beschuldigten verschiedener Eigentümer hätte in einem solchen Strafverfahren die Stellung eines Verfallsbeteiligten (§ 17 Abs. 1 VStG). Der gegenständlich angefochtene Bescheidspruchpunkt 1 wird demnach im vorliegenden Fall ersatzlos aufzuheben sein.

4.2 Gleichheitssatz (Art. 7 Abs. 1 B-VG; Art. 2 StGG):

Der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz bindet den Gesetzgeber insofern, als dieser nur sachlich gerechtfertigte Differenzierungen ausgehend von wesentlichen Unterschieden im Tatsächlichen vornehmen darf und an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen hat. Im Fall differenzierender Regelungen ist ein Normenvergleich dahingehend durchzuführen, ob die jeweils erfassten Sachverhalte so unterschiedlich sind, dass sie die unterschiedlichen Rechtsfolgen zu tragen vermögen (vgl. etwa VfGH 4.10.2018, E1818/2018). Auch unter diesem Aspekt erscheint nicht ersichtlich, inwiefern sich die dem Wiener Wettenrecht unterliegenden Sachverhalte von anderen den allgemeinen Bestimmungen des § 64 Abs. 3 VStG unterliegenden Sachverhalten oder auch von Sachverhalten der Glücksspielaufsicht derart unterscheiden, dass bei der Vorschreibung des Barauslagenersatzes die Ergebnisse einschlägiger Strafverfahren und ein hierdurch hauptdefinierter Adressatenkreis gänzlich außer Acht bleiben können. Wie bereits unter 4.1 festgehalten wurde, ist auch den Gesetzesmaterialen keine entsprechende Argumentation zu entnehmen. Umgekehrt erfordert der Gleichheitssatz differenzierende Regelungen von Sachverhalten, die sich in wesentlichen Aspekten unterscheiden (vgl. etwa VfGH 1.12.2018, G308/2018). In diesem Licht erscheint es problematisch, bei Gesamtsachverhalten, an welchen bestrafte und (aus welchen Gründen auch immer) nicht strafbare Personen beteiligt sind, die Auswahl des Ersatzverpflichteten von vornherein dem Belieben der Behörde zu überlassen. Im vorliegenden Anlassfall wurde augenscheinlich aus verfahrensökonomischen Gründen oder aufgrund des gleichzeitig unter Spruchpunkt 1 (gemäß den abschließenden Anmerkungen zu 4.1 verfehlt) ausgesprochenen „objektiven Verfalls“ die Eigentümerin der Wettterminals als juristische Person - unabhängig von ihren aktuellen Vertretungsverhältnissen - herangezogen, während ihr im parallel geführten Strafverfahren wegen unbefugter Wettkundenvermittlung lediglich eine Haftungsfunktion nach § 9 Abs. 7 VStG für Geldstrafe und Verfahrenskosten des zum Tatzeitpunkt strafrechtlich verantwortlichen Organs Person zukam. Ebenso könnte nach dem Wortlaut des § 23 Abs. 8 WrWG anstelle eines rechtmäßig Bestraften eine beteiligte Person herangezogen werden, die aus subjektiven Gründen gar nicht strafbar (und auch zu keinem „schuldhaften“ Verhalten iSd § 64 Abs. 2 zweiter Fall bzw. § 76 Abs. 2 AVG fähig) ist. Wie der Anlassfall zeigt, kann auch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Behörde für den Kostenersatz in der jeweiligen Situation ohnedies einen oder mehrere Bestraften heranzieht und es sich bei anderen bescheidmäßig zum Ersatz Verpflichteten um zu vernachlässigende Härtefälle handelt (vgl. etwa VfGH 14.6.2018, G57/2918 ua; 28.9.2017, G31/2017). Insofern erscheint mit § 23 Abs. 8 WrWG keine den Anforderungen des Gleichheitssatzes genügende differenzierende Regelung getroffen.

Schließlich beinhaltet der Gleichheitssatz auch ein allgemeines Sachlichkeitsgebot dahingehend, dass zur Erreichung gesetzlicher Zielsetzungen keine sachlich unbegründeten bzw. unverhältnismäßigen Maßnahmen eingesetzt werden dürfen (vgl. etwa VfGH 26.9.2019, G117/2019). Die der Behörde durch § 23 Abs. 8 WrWG eingeräumte Wahlfreiheit hinsichtlich Vorschreibungszeitpunkt und Adressaten erscheint insofern unverhältnismäßig, als auch das im Bereich der Wettaufsicht (ebenso wie in der Glücksspielaufsicht) evident hohe Interesse an der Hereinbringung der bei Kontrollen regelmäßig anfallenden Barauslagen keinen sachlichen Grund erkennen lässt, der eine Vorschreibung allenfalls schon vor der Abführung der Strafverfahren und unter Außerachtlassung der dortigen Ermittlungen und Einwände rechtfertigt. Auch erscheint es nicht erforderlich und schlüssig, dass die Behörde – anders als gemäß § 64 Abs. 3 VStG und auch § 50 Abs. 10 GSpG – angehalten ist, eine Vorbeurteilung objektiver Tatbestände vorzunehmen und daran Rechtsfolgen zu knüpfen, wenn ohnedies Strafverfahren unter Prüfung aller Tatbestandsmerkmale zu führen sind. Anders als bei den Maßnahmen (Beschlagnahme bzw. Schließung) als solchen, welche entsprechend den damit verfolgten gesetzlichen Schutzinteressen überhaupt nur einen Verdacht der Verwirklichung bestimmter Straftatbestände voraussetzen, lässt die Verpflichtung zum Kostenersatz eine erhöhte Dringlichkeit nicht erkennen.

Fraglich erscheint nebenbei auch, ob es überhaupt als sachlich gerechtfertigt anzusehen ist, Kostenersätze für Beschlagnahmen zur Sicherung der Verfallsstrafe mit jenen für administrative Präventionsmaßnahmen wie Betriebsschließungen (vgl. die Vorbildregelungen des § 56a GspG oder des § 360 Abs. 2 GewO 1994; VwGH 24.10.2019, Ra 2019/15/0075) zu verknüpfen und beides derselben weiten Voraussetzung zu unterstellen, zumal die damit jeweils inhaltlich überschrittenen Regelungen des § 64 Abs. 3 VStG und des § 76 Abs. 2 zweiter Satz AVG zueinander im Verhältnis von besonderer und allgemeiner Norm stehen (vgl. 4.1 und Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2, § 64 Rz 10, www.rdb.at).

Unverhältnismäßig erscheint letztlich auch der weite Wortlaut („nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend ausgeübt“), welcher grundsätzlich die Missachtung sämtlicher bei der Ausübung wettunternehmerischer Tätigkeiten zu beachtender Gesetzesvorschriften erfasst, wie beispielsweise auch Übertretungen von arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen oder überhaupt nicht als Verwaltungsübertretung definiertes Fehlverhalten, etwa im Bereich des Unternehmens- und Wettbewerbsrechts. Den Kostenersatz für Beschlagnahmen (und Schließungen) an eine solche Reichweite von Verfehlungen zu knüpfen, erscheint jedenfalls sachlich unbegründet.

4.3 Eigentumsrecht (Art. 5 StGG, Art. 1 1. ZP-MRK):

Nach ständiger Rechtsprechung des VfGH stellen Vermögensbelastungen wie unter anderem auch die Vorschreibung von Verfahrenskosten Eingriffe in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Eigentumsrecht dar (vgl. etwa VfGH 19.6.2002, B1268/01). Auch für Eigentumsbeschränkungen durch den Gesetzgeber gelten das Erfordernis eines nachweislichen öffentlichen Interesses und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit betreffend die Eignung der gesetzlichen Maßnahme zur Zielerreichung, das Nichtvorliegen eines gelinderen Mittels sowie ein angemessenes Verhältnis zwischen dem Eingriff und dem in Rede stehenden öffentlichen Interesse (vgl. etwa VfGH 11.12.2019, G40/2019 ua; 9.10.2018, G9/2018 ua). Unter den beiden letzten Aspekten bestehen von Seiten des VGW im Wesentlichen gleichartige Bedenken wie bereits unter 4.1 und 4.2 ausgeführt, dies insbesondere dahingehend, dass das öffentliche Interesse an der Hereinbringung der Barauslagen für Beschlagnahmen auch bei Ermittlung der einschlägig „Bestraften“ bzw. subjektiv schuldhaft handelnden Beteiligten hinreichend gewahrt erscheint und das bloße Abstellen auf eine Verursachung durch Verwirklichung objektiver Tatbestände (mit allen vorangehend dargelegten verfahrensrechtlichen Konsequenzen) als unverhältnismäßig anzusehen ist.

4.4 Legalitätsprinzip/Bestimmtheitsgebot (Art. 18 B-VG):

Das Legalitätsprinzip impliziert unter anderem auch die Verpflichtung des Gesetzgebers, das Handeln der Verwaltungsorgane hinreichend genau zu determinieren, widrigenfalls die betreffende Regelung verfassungswidrig ist (vgl. etwa VfGH 4.10.2018, G48/2018 ua). Zu bemerken ist in diesem Zusammenhang auch, dass § 23 Abs. 8 WrWG, jedenfalls was den Kostenersatz für Beschlagnahmen zur Sicherung der Verfallssanktion betrifft, in einem (grundsätzlich höheren Bestimmtheitsanforderungen unterliegenden) straf(verfahrens)rechtlichen Regelungszusammenhang steht und Regelungen über Kostenersätze im allgemeinen als „eingriffsnah“ in Bezug auf das Eigentumsgrundrecht anzusehen sind (vgl. etwa VfGH 4.10.2018, G48/2018 ua; 14.10.1999, G36/99 mwV). Ferner erfordert die Vorschreibung von Kostenersätzen nicht wesensnotwendig - etwa aus Raschheits- oder Effizienzgründen - eine erhöhte Flexibilität in Form eingeschränkter gesetzlicher Determinierung (vgl. etwa VfGH 11.3.1999, V40/98 ua).

Geht man nicht entsprechend den Ausführungen unter 4.2 davon aus, dass § 23 Abs. 8 WrWG mit seinem weiten Wortlaut („nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend“) überhaupt in unsachlicher Weise an jegliche bei der Tätigkeitsausübung relevante Verhaltensnorm anknüpft, bestehen in eventu Bedenken, ob die Regelung in Bezug auf Umfang und Reichweite dieser „gesetzlichen Bestimmungen“ hinreichend determiniert ist. Nach Ansicht des VGW erscheint ein interpretativer Bezug - etwa auf die in Abs. 2 genannten Verstöße - nicht zureichend gegeben: Zum einen impliziert gerade der von Abs. 2 („gegen dieses Landesgesetz“) abweichende und explizit allgemein gehaltene Wortlaut („nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend“) einen anderen Inhalt. Zum anderen geht es in Abs. 2 (ebenso wie in Abs. 3) ausdrücklich um einen „Verdacht“ betreffend bestimmte Verstöße nach dem WrWG und besteht aus der Sicht des Normadressaten auch insofern kein zureichender sprachlicher Zusammenhang mit Abs. 8. Bejaht man im Interpretationsweg eine alleinige Bezugnahme des Abs. 8 auf die Vorschriften des WrWG, bleibt wiederum offen, ob es nur um explizit unter Strafdrohung gestelltes Fehlverhalten geht. Bei § 64 Abs. 3 VStG und § 50 Abs. 10 GSpG stellen sich derartige Fragen von Vornherein nicht, da diese Bestimmungen bei der Ersatzverpflichtung ohnedies (in erster Linie) auf einschlägig Bestrafte abstellen.

5. Umfang der Anfechtung:

Für den Anlassfall präjudiziell ist, wie eingangs dargelegt, nur die Regelung betreffend den Ersatz von Kosten, die durch Beschlagnahmen nach § 23 Abs. 2 WrWG erwachsen. Zur Beseitigung einer allfälligen Verfassungswidrigkeit (gemäß den Bedenken des VGW) würde es im gegebenen Zusammenhang ausreichen, die im Antragspunkt 1 bezeichnete Wortfolge „oder die Beschlagnahme nach Abs. 2“ aus § 23 Abs. 8 WrWG zu eliminieren. Die Wortfolge ist nach Ansicht des VGW auch vom verbleibenden Rest der Regelung dahingehend trennbar, dass dieser keine Bedeutungsänderung erfährt. Im Ergebnis würde für den Ersatz von Barauslagen betreffend Beschlagnahmen zur Sicherung des Verfalls (§ 24 Abs. 2 WrWG), vorbehaltlich einer Neuregelung durch den Gesetzgeber, wieder § 64 Abs. 3 VStG gelten.

Die in den Eventualanträgen angeführten Varianten wurden für den Fall aufgenommen, dass die beiden Regelungsgegenstände (Kostenersatz für Schließungen bzw. Beschlagnahmen) aufgrund ihrer strukturellen bzw. inhaltlichen Verflechtung als „normative Einheit“ bzw. aus sonstigen Gründen als nicht trennbar erachtet werden, wobei das VGW nicht verkennt, dass diese Varianten auch in die gegenständlich nicht präjudizielle Regelung über den Kostenersatz für Schließungen eingreifen würden. Zur letztgenannten Regelung wäre im Licht des Gleichheitssatzes und des Bestimmtheitsgebots ergänzend anzumerken, dass nach der derzeitigen Rechtslage nicht ersichtlich erscheint, wo der Unterschied zwischen einer „Schließung der Betriebsstätte“ und „Maßnahmen gemäß Abs. 3“ liegen soll; allenfalls handelt es sich um ein Redaktionsversehen. Im Übrigen stehen diesbezüglich gleichartige Bedenken im Raum, wie im Zusammenhang mit dem Ersatz von Beschlagnahmekosten, dies mit dem Unterschied, dass es sich um keine strafverfahrensrechtliche Regelung handelt und es daher nur um Abweichungen von bzw. Ungleichbehandlungen in Bezug auf § 76 Abs. 2 zweiter Satz AVG (Entfall des „Verschuldenskriteriums“) geht. Die Unbestimmtheit der Wortfolge „entgegen den gesetzlichen Bestimmungen“ betrifft als gemeinsame Voraussetzung beide Ersatzregelungen in gleicher Weise, weshalb die diesbezüglich dargelegten Bedenken hier ebenso zutreffen. Mit der Antragsvariante 2 würde das in mehrfacher Hinsicht als verfassungswidrig beanstandete Anknüpfungskriterium der Verwirklichung (nicht näher definierter) objektiver Tatbestände aus der Regelung eliminiert, jedoch (bei einer an § 50 Abs. 10 GSpG angelehnten Auslegung) die Möglichkeit zur separaten Vorschreibung des Barauslagenersatzes dem Grunde und der Höhe nach erhalten bleiben. Ergänzend würden in Bezug auf Adressatenkreis und inhaltliche Voraussetzungen § 64 Abs. 3 VStG (betreffend Beschlagnahmen) bzw. § 76 Abs. 2 zweiter Satz AVG (betreffend Schließungen) gelten. Die Antragsvarianten 3 und 4 dienen lediglich einer im vorgenannten Fall allenfalls gleichzeitig gebotenen Beseitigung der angesprochenen „doppelten“ Bezugnahme auf die Maßnahme der Schließung. Die Antragsvariante 5 erfolgte aus prozessualer Vorsicht für den Fall, dass eine Herauslösung bzw. Eliminierung von Wortfolgen als überhaupt nicht möglich oder zielführend anzusehen wäre.

Schlagworte

Normprüfungsantrag; Gesetzesprüfung; Kostenersatz; Barauslagen; Beschlagnahme; Verfall; Beschlagnahme zur Sicherung der Verfallssanktion; Bedarfskompetenz; Gleichheitssatz; Eigentumsrecht; Bestimmbarkeit

Anmerkung

VfGH v. 7.10.2020, G 221/2020; Abweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.002.V.079.15862.2017.2

Zuletzt aktualisiert am

29.10.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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