TE Lvwg Erkenntnis 2019/7/1 VGW-031/029/13103/2018

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Veröffentlicht am 01.07.2019
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Entscheidungsdatum

01.07.2019

Index

90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §4 Abs1 lita
StVO 1960 §4 Abs1 litc
StVO 1960 §4 Abs5
StVO 1960 §99 Abs2 lita
StVO 1960 §99 Abs3 litb

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Schweiger über die Beschwerde des Herrn A. B. vom 23.09.2018 gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat ... für die Bezirke ..., vom 14.09.2018, Zl. ..., wegen Übertretung des 1. § 4 Abs. 5 StVO, 2. § 4 Abs. 1 lit.a StVO sowie 3. § 4 Abs. 1 lit.c StVO, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Angabe des Tatortes statt „...markt unbekannt, ...markt#H.-gasse“ jeweils lautet: „...markt – Kreuzung H.-gasse“.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von insgesamt EUR 80,-- (das sind 20% der verhängten Geldstrafen) zu leisten.

V. Gemäß § 25a VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 23.05.2018, um 16:07 Uhr, in Wien, ...markt unbekannt, ...markt#H.-gasse, mit dem PKW mit dem Kennzeichen W-1... 1. mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden zu sein und nicht ohne unnötigen Aufschub die nächst Polizeidienststelle verständigt zu haben, obwohl er und der andere Unfallbeteiligte einander ihre Namen und Anschriften nicht nachgewiesen hätten, 2. als Lenker das Fahrzeug nicht angehalten zu haben, und 3 an der Sachverhaltsfeststellung nicht mitgewirkt zu haben, da er es durch Verlassen der Unfallstelle unmöglich gemacht habe, dass seine geistige und körperliche Verfassung festgestellt werde.

Wegen Übertretungen 1. des § 4 Abs. 5 StVO, 2. des § 4 Abs. 1 lit. a StVO und 3. des § 4 Abs. 1 lit. c StVO wurden über den Beschwerdeführer Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen im Fall der Uneinbringlichkeit verhängt, und zwar zu 1. gemäß § 99 Abs. 3 lit. b StVO 100,-- Euro, 1 Tag, sowie zu 2. und 3. jeweils gemäß § 99 Abs. 2 lit. a StVO 150,-- Euro, 1 Tag und 12 Stunden. Ferner wurde ein Kostenbeitrag gemäß § 64 VStG von insgesamt 40,-- Euro vorgeschrieben.

Mit der verfahrensgegenständlichen Beschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen dieses Straferkenntnis dem Grunde und der Höhe nach.

Dem Verfahren liegt eine Anzeige eines Beamten der Landespolizeidirektion Wien zugrunde, basierend auf den Angaben des Aufforderers C., Lenker des Rettungswagen mit dem Kennzeichen W-2..., des Lenkers eines Kfz Marke D. mit dem Kennzeichen BN-... und des unbeteiligten Fussgängers E., welche von den Beteiligten im Zuge der polizeilichen Sachverhaltsaufnahme an Ort und Stelle am Einsatzort in Wien, ...markt, Kreuzung H.-gasse, am 23.05.2018, um 16: 10 Uhr, getätigt wurden. Die Ergebnisse der polizeiliche Sachverhaltsaufnahme an Ort und Stelle sind im aktenkundigen Verkehrsunfallbericht samt Lichtbildbeilage dokumentiert.

In gegenständlicher Beschwerdesache wurde am 1.7.2019 vor dem Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. An der Verhandlung hat der Beschwerdeführer als Partei persönlich teilgenommen und sich mündlich zu den wider ihn erhobenen Tatvorwürfen gerechtfertigt. Einvernommen wurden die Zeugen F. und E.. Auf die Einvernahme des entschuldigt nicht erschienen Zeugen C. wurde vom Beschwerdeführer ausdrücklich verzichtet. Zur Verhandlung wurde ein Amtssachverständiger für Verkehrstechnik der Magistratsabteilung 46 des Magistrats der Stadt Wien beigezogen.

Folgender Sachverhalt steht fest:

in Wien, ...markt besteht an der (in Fahrtrichtung J.) von rechts einmündenden H.-gasse eine Richtungsfahrbahn mit drei durch Bodenmarkierungen (Pfeile) zum Geradeausfahren bestimmte Fahrstreifen. Die Kreuzung ...markt/H.-gasse ist durch eine Verkehrslichtsignalanlage geregelt. Vor der (in etwa im rechten Winkel verlaufenden) Einmündung der H.-gasse quert (direkt vor der Kreuzung) ein Schutzweg – und (aus der Sicht des ankommenden Verkehrs) davor eine Haltelinie alle drei (Geradeaus-)Fahrspuren des ...marktes.

Am 23.05.2018, gg. 16:07 Uhr, fuhr der Beschwerdeführer mit dem PKW Marke I., mit dem Kennzeichen W-1..., auf den ...markt auf dem äußersten rechten Fahrstreifen in Richtung J.. An der Kreuzung ...markt/H.-gasse fuhr der Beschwerdeführer trotz Bestehen eines Rückstaus infolge von Verkehrsaufkommens in die Kreuzung ein und kam der Beschwerdeführer, als die Verkehrsampel für seine Fahrtrichtung bereits Rotlicht zeigte mit seinem Fahrzeug mit dem Heck noch auf dem Schutzweg, mit dem vorderen Teil der Karosserie seines Fahrzeuges schon auf dem Kreuzungsplateau zu stehen. Der Beschwerdeführer konnte mit seinem Fahrzeug infolge des nach Aufleuchten des Grünlichtes für den aus der H.-gasse in den ...markt einmündenden Querverkehrs den Kreuzungsbereich nicht verlassen. Er versuchte (trotz Rotlichts für seine Fahrtrichtung) zunächst vor dem vom Aufforderer C. gelenkten Rettungsfahrzeug mit dem Kennzeichen W-2..., welches bei Grünlicht von der H.-gasse in den ...markt rechtsabbiegend eingefahren war, seine Fahrt Richtung J. fortzusetzen. Nachdem der Beschwerdeführer sein Fahrzeug in Bewegung gesetzt hatte, brachte er dies wieder – noch immer im Kreuzungsbereich – zum Stillstand, zumal der Aufforderer C. mit dem von ihm gelenkten Rettungswagen seine Fahrt ununterbrochen fortsetzte und den Beschwerdeführer nicht passieren ließ. Hinter dem Rettungswagen fuhr der Zeuge F. mit dem von ihm gelenkten Fahrzeug Marke D. mit dem Kennzeichen BN .... Nach Passieren des Rettungsfahrzeuges hat der Beschwerdeführer durch neuerliches In-Bewegung-Setzen seines Fahrzeuges versucht, sich vor dem Fahrzeug des Zeugen F. die Durchfahrt zwischen den aus der H.-gasse in den ...markt einbiegenden Fahrzeugen des Querverkehrs zu erzwingen. Der Zeuge F. wandte seine Aufmerksamkeit dadurch auf das Fahrzeug des Beschwerdeführers, welches in der Folge erneut angehalten wurde. Während dessen bremste der Aufforderer C. sein Rettungsfahrzeug vor dem Fahrzeug des Zeugen F. fahrend bis zum Stillstand ab. Der Zeuge F. vollführte ebenfalls ein Bremsmanöver, dennoch kam es zur Kollision des Fahrzeuges des Zeugen F. mit dem Rettungsfahrzeug. Am Fahrzeug des Zeugen F. entstand ein Schaden in Form eines Bruches der vorderen Kunststoffstoßstange sowie des Scheibenwischer-Wasserbehälters.

Der Lenker des Rettungsfahrzeuges sowie der Zeuge F. fuhren mit ihren Fahrzeugen in der Folge an den äußerst linken Fahrbahnrand des ...markt des nahe der gegenständlichen Kreuzung. Der Beschwerdeführer hat die Kollision bemerkt, ebenso dass der als Fußgänger am gegenständlichen Verkehrsgeschehen unbeteiligte Zeuge E. Fotos mit dem Handy von seinem Fahrzeug gemacht hat. Der Beschwerdeführer nahm auch wahr, dass das Rettungsfahrzeug und das Fahrzeug des Zeugen F. am linken Fahrbahnrand nahe der Kreuzung angehalten wurden.

Der Beschwerdeführer war der Ansicht, dass dieses Verkehrsgeschehen mit ihm nicht im Zusammenhang stehe und ist er ohne anzuhalten weitergefahren.

Seitens des Lenkers des Rettungsfahrzeuges wurde die Polizei gerufen und hat an Ort und Stelle eine polizeiliche Sachverhaltsaufnahme – in Abwesenheit des Beschwerdeführers - stattgefunden.

Eine Meldung bezüglich des gegenständlichen Sachverhaltes bei einer Polizeidienststelle hat der Beschwerdeführer nicht erstattet.

In der Beweiswürdigung waren folgende Erwägungen maßgeblich:

Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich im Wesentlichen auf die Angaben des Zeugen Dipl.Ing. F.. Dieser hat im Rahmen seiner Einvernahme in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien einen uneingeschränkt glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Der Zeuge hat ruhig und besonnen spontan und augenscheinlich nach Maßgabe seiner Erinnerungen die an ihn gestellten Fragen beantwortet. Er hat den Sachverhaltsablauf schlüssig und in Übereinstimmung mit den Anzeigenangaben anhand der allgemeinen Lebenserfahrung nachvollziehbar dargestellt, ohne dass sich dabei zu irgendeiner Zeit in den Anhaltspunkt dafür gezeigt hätte, dass der Zeuge den Beschwerdeführer hätte wahrheitswidrig belasten wollen.

Übereinstimmend damit hat auch der das gegenständliche Verkehrsgeschehen zufällig als in Richtung Kreuzung gehender Fußgänger aus einer von 30 m sich stetig verringernden Entfernung beobachtet habende Zeuge E. berichtet, dadurch auf das in Rede stehende Geschehen aufmerksam geworden zu sein, dass bei starkem Verkehrsaufkommen in Kreuzungsbereich Fahrzeuge immer wieder angefahren sind und zum Stillstand abgebremst worden sind. Der Zeuge hat weiters beobachtet im Zuge dessen den Zusammenstoß zwischen den beiden aus der H.-gasse einbiegenden Fahrzeugen bemerkt zu haben. Der Zeuge hat des Weiteren aufgrund seiner damaligen Eindrücke vor Ort das Fahrzeug des Beschwerdeführers, welches zur Zeit des Zusammenstoßes auf dem ...markt im Bereich der Kreuzung mit der einmündenden H.-gasse in Längsrichtung im Stillstand war, mit dem Zusammenstoß in Beziehung gebracht und offenbar aus eigenem ein Foto des Fahrzeuges des Beschwerdeführers gemacht. Auch der Zeuge hat im Rahmen seiner Einvernahme verlässlich und besonnen gewirkt und diejenigen gestellten Fragen spontan und augenscheinlich und Wahrheitsfindung bemüht beantwortet.

Letztlich hat auch der Beschwerdeführer selbst die Fahrsituation im Wesentlichen ebenso beschrieben. Er hat selbst angegeben, bemerkt zu haben, dass er mit seinem Fahrzeug teilweise auf dem Schutzweg, mit dem vorderen Teil des Fahrzeuges schon am Kreuzungsplateau stand, während die Verkehrsampel für seine Fahrtrichtung schon Rotlicht zeigte, weiters dass vor ihm aus der H.-gasse kommend das Rettungsfahrzeug und dahinter der Zeuge F. mit seinem Fahrzeug seine gedachte Fahrlinie kreuzten, schließlich dass er bereits vor dem Rettungsauto versucht habe, durch kurzes in Bewegung setzen seines Fahrzeuges trotz bereits im Fluss befindlichen Querverkehrs seine Fahrt geradeaus fortzusetzen. Schließlich hat der Beschwerdeführer eingeräumt, den Zusammenstoß des Rettungsfahrzeuges (zu diesem Zeitpunkt bereits schräg über den zweiten und dritten Fahrstreifen links vor ihm) und des Fahrzeuges des Zeugen F. (zu dieser Zeit direkt vor ihm) bemerkt, aber nicht mit ihm in Zusammenhang gebracht zu haben, sodass er weiter gefahren sei. Dass er eine Meldung des Verkehrsunfalles bei einer Polizeidienststelle erstattet hätte, hat der Beschwerdeführer nicht mal behauptet.

Die Feststellungen der örtlichen Verhältnisse beruhen neben den wesentlichen übereinstimmenden Schilderungen der Beteiligten insbesondere auf einem vom Amtssachverständigen zur Verhandlung vorgelegten Luftbildausdruck des Online Stadtplanes Wien (https://www.wien.gv.at).

Rechtlich ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt:

Gemäß § 4 Abs. 1 StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhange steht,

a) wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten,

(…)

c) an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.

Gemäß § 4 Abs. 5 StVO haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die im Abs. 1 genannten Personen die nächste Polizeidienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs. 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Gemäß § 99 Abs. 2 lit. a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis 2 180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von 24 Stunden bis sechs Wochen, der Lenker eines Fahrzeuges zu bestrafen, dessen Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sofern er den Bestimmungen des § 4 Abs. 1 und 2 zuwiderhandelt, insbesondere nicht anhält, nicht Hilfe leistet oder herbeiholt oder nicht die nächste Polizeidienststelle verständigt,

Gemäß § 99 Abs. 3 lit. b StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe StVO bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer in anderer als der in Abs. 2 lit. a bezeichneten Weise gegen die Bestimmungen des § 4 verstößt, insbesondere die Herbeiholung einer Hilfe nicht ermöglicht, den bei einem Verkehrsunfall entstandenen Sachschaden nicht meldet oder als Zeuge eines Verkehrsunfalles nicht Hilfe leistet,

Als Verkehrsunfall ist jedes plötzliche, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängende Ereignis anzusehen, welches sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zuträgt und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat (vgl die bei Messiner, Straßenverkehrsordnung10, S 99, zitierte Rechtsprechung). Unter Straßenverkehr ist die räumliche Fortbewegung von Personen oder Sachen ohne oder mit technischen Hilfsmitteln sowie die Gesamtheit der diesem Zweck dienenden Einrichtungen zu verstehen (siehe VwGH 15.11.2000, 2000/03/0264 mit Hinweis VfGH E 1.3.1968, B 445/67).

Der in § 4 Abs. 1 StVO 1960 genannte Personenkreis beschränkt sich nicht nur auf jene Personen, die sich rechtswidrig und schuldhaft verhalten haben (Hinweis E 6.7.1984, 82/02/0063); vielmehr umfasst dieser Kreis alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht. Darunter sind alle Personen zu verstehen, deren Verhalten örtlich und zeitlich unmittelbare Bedingung für das Entstehen des Verkehrsunfalles ist, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob dieses Verhalten, das ein Tun oder Unterlassen sein kann, rechtswidrig und schuldhaft ist (siehe VwGH 10.09.2004, 2004/02/0193).

Mit einem Verkehrsunfall in ursächlichen Zusammenhang steht auch das Verhalten von Personen, die nicht unmittelbar vom Verkehrsunfall betroffen sind, die aber den oder die unmittelbar Betroffenen zu einem Verhalten veranlasst haben, das zum Verkehrsunfall geführt hat (VwGH 22.03.2000, 99/03/0469).

Voraussetzung für die Anhalte- und Meldepflicht des § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960 und des § 4 Abs. 5 leg. cit. ist als objektives Tatbildmerkmal der Eintritt wenigstens eines Sachschadens und in subjektiver Hinsicht das Wissen von dem Eintritt eines derartigen Schadens, wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermochte (vgl. VwGH 05.05.2017, Ra 2016/02/0036, mit Hinweis auf VwGH 29.6.1994, 92/03/0269).

Der Lenker eines Fahrzeuges hat bei und nach riskanten Fahrmanövern, bei welchen die dringende Gefahr besteht, dass es zu einer Kollision mit einem anderen Straßenverkehrsteilnehmer kommen kann, den Geschehnissen um sein Fahrzeug die volle Aufmerksamkeit zuzuwenden und sich zu vergewissern, ob sein Fahrverhalten für einen Verkehrsunfall ursächlich gewesen ist. Unterlässt er dies, so ist sein Nichtwissen von einem von ihm derart verursachten Unfall verschuldet (vgl. VwGH 05.05.2017, Ra 2016/02/0036, 17.11.2014, 2012/02/0237).

Das sofortige Anhalten hat den Zweck, dass der Lenker, nach dem er sich vom Ausmaß des Verkehrsunfalles überzeugt hat, die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen, so insbesondere die nach § 4 Abs 1 lit b und § 4 Abs 1 lit c und § 4 Abs 2 und § 4 Abs 5 StVO trifft (VwGH 20.04.2001, 99/02/0176, mit Hinweis E auf VwGH 17.6.1992, 91/03/0286).

Eine Mitwirkungspflicht iSd § 4 Abs 1 lit c StVO besteht immer dann, wenn es zu einer amtlichen Aufnahme des Tatbestandes kommt oder zu kommen hat. Dies ist immer der Fall, wenn es sich um einen Unfall handelt, bezüglich dessen eine Verständigungspflicht iSd § 4 Abs 2 StVO besteht (Hinweis E 22.4.1998, 97/03/0353, 0367); darüber hinaus aber auch dann, wenn ein am Unfall Beteiligter die Intervention eines Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes verlangt oder wenn ein am Unfallort etwa zufällig anwesendes Sicherheitsorgan aus eigenem Antrieb eine Tatbestandsaufnahme vornimmt oder deren Vornahme veranlasst (VwGH 20.10.1999, 99/03/0252).

Die Mitwirkungspflicht besteht auch bei bloßen Sachschäden, wenn von einem der Beteiligten ein Straßenaufsichtsorgan zur Unfallaufnahme angefordert wird. Lit c und Abs 5 enthalten verschiedene und voneinander unabhängige Verpflichtungen, weshalb sich die Tatbestände einander nicht ausschließen. VwGH 15. 6. 1972, 2351/71 (s auch VwGH 9. 11. 1988, 88/03/0047; 20. 10. 1999, 99/03/0252).

Der Beschwerdeführer hat, nachdem er trotz Rückstaus noch in die Kreuzung eingefahren war und diese nicht mehr vor Aufleuchten des Grünlichts für den Querverkehr aus der H.-gasse verlassen konnte, durch sein Fahrverhalten, nämlich wiederholtes In-Bewegung-Setzen seines Fahrzeuges unmittelbar vor bei Grünlicht für ihre Fahrtrichtung regelkonform querenden Fahrzeugen um sich die Durchfahrt zu erzwingen, die Aufmerksamkeit der Lenker, u. a. des Aufforderers C. als auch des Zeugen F. auf sich gezogen. Der Beschwerdeführer ist sowohl von dem vom Aufforderer C. gelenkten Rettungsfahrzeug als auch vor dem vom Zeugen F. gelenkten Fahrzeug mit seinem Fahrzeug solcherart kurz „angefahren“, um erst wieder abzubremsen, nachdem sich ergab, dass die genannten Lenker der querenden Fahrzeuge ihre Fahrzeug nicht anhielten, um das vom Beschwerdeführer zu erzwingen versuchte Passieren zu ermöglichen. Insbesondere hat der Beschwerdeführer, nachdem er bereits vor dem vom Aufforderer C. gelenkten Rettungsfahrzeug erfolglos versucht hat seine Durchfahrt zu erzwingen, auch vor dem hinter dem Rettungsfahrzeug fahrenden Folgefahrzeug des Zeugen F. erneut durch kurzes „Anfahren“ versucht, den Zeugen F., der bei Grünlicht in die Kreuzung eingefahren war, zum Anhalten im Kreuzungsbereich zu veranlassen. Der Zeuge F. hat dies wahrgenommen und dementsprechend seine Aufmerksamkeit auf das im Kreuzungsbereich befindliche Fahrzeug des Beschwerdeführers, der ihm den Vorrang zu nehmen beabsichtigte, gerichtet. Dadurch hat der Zeuge F. für einen kurze Zeitspanne seinen Blick von dem vor ihm fahrenden Rettungsfahrzeug abgewandt und hat dies zu einer - wenn auch allenfalls geringfügigen - verzögerten Reaktion des Zeugen F. beigetragen, sodass er sein Fahrzeug nach dem plötzlichen – auch welchen Gründen auch immer erfolgten – Anhalten des Rettungsfahrzeuges nicht mehr so rechtzeitig abbremsen konnte, dass es zu keiner Kollision mit dem Vorderfahrzeug gekommen wäre. Dies alles in unmittelbaren zeitlicher Abfolge und auf engstem Raum auf dem Kreuzungsplateau ...markt/H.-gasse.

Insofern war das Verhalten des Beschwerdeführers eine unmittelbare Vorbedingung für den Verkehrsunfall.

Ein Verkehrsunfall liegt gegenständlich insofern vor, als durch das durch den Zusammenstoß der von den genannten Beteiligten C. und F. gelenkten Fahrzeuge am Fahrzeug des Zeugen F. die Stoßstange und ein Flüssigkeitsbehälter zu Bruch gingen und ersetzt werden mussten.

Den Beschwerdeführer trafen daher in Bezug auf den gegenständlichen Verkehrsunfall die Pfichten iSd § 4 StVO von Personen, die mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehen.

Der Beschwerdeführer hatte sich unter den gegebenen Umständen zu vergewissern, ob sein Fahrverhalten für einen Verkehrsunfall ursächlich gewesen ist (vgl. VwGH 07.03.2016, Ra 2016/02/0020).

Dem Beschwerdeführer hat sehr wohl eine Reihe von objektiven Umständen wahrgenommen, etwa die Kollision der vor ihm querenden Fahrzeuge, vor bzw. zwischen denen er wiederholt sich die Durchfahrt zu erzwingen suchte, dass diese beiden Fahrzeuge am Fahrbahnrand angehalten wurden, dass ein unbeteiligter Fußgänger, der das Geschehen vom Gehsteig aus beobachtete, von seinem – des Beschwerdeführers - Fahrzeug Fotos zu Beweissicherungszwecken gemacht hat.

Wenn der Beschwerdeführer alle diese Umstände ignorierte und das auf engem Raum im Kreuzungsbereich, den er mit seinem dort stehenden Fahrzeug für den Querverkehr einengte, direkt vor seinem Fahrzeug stattfindende Verkehrsgeschehen aus nicht nachvollziehbaren Gründen nicht auf sich bezogen hat, hat er seine ihn aus § 4 StVO resultierenden Pflichten schuldhaft verletzt, indem er nicht angehalten und sich somit nicht von der Notwendigkeit weiterer Maßnahmen überzeugt hat, dementsprechend auch an der aufgrund des Verlangens eines Unfallbeteiligten durchgeführten polizeilichen Sachverhaltsaufnahme an Ort und Stelle nicht mitwirken konnte.

§ 4 Abs 1 lit a und lit c StVO schließen einander nicht aus. Wer nach einem Verkehrsunfall die Fahrt fortsetzt, ohne anzuhalten, übertritt sowohl § 4 Abs 1 lit a als auch § 4 Abs 1 lit c StVO (VwGH 09.11.1988, 88/03/0047).

Schließlich hat es der Beschwerdeführer auch unterlassen hat, - obzwar ein Identitätsaustausch unterblieben ist - eine Meldung bezüglich des Verkehrsunfalls bei der nächsten Polizeidienststelle zu erstatten.

Zur Strafzumessung ergibt sich:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Das rechtlich geschützte Interesse an der zeitnahen Feststellung des Sachverhaltes und der Identität der Beteiligten an einem Verkehrsunfall ist, wie sich aus dem jeweils genannten gesetzlichen Strafdrohungen ergibt, hoch. Diese rechtlich geschützten Interessen wurde durch die Taten in erheblichem Ausmaß beeinträchtigt, zumal der Beschwerdeführer schlicht keiner der ihn aus den übertretenen Bestimmungen erwachsenden Pflichten eines an einem Verkehrsunfall beteiligten Kraftfahrzeuglenkers nachgekommen ist.

Im Verfahren ist nicht vorgekommen, dass es dem Beschwerdeführer aus besonderen Gründen nur der Aufbietung ganz außergewöhnliche Aufmerksamkeit möglich gewesen wäre, sich rechtskonform zu verhalten.

Bei der Strafbemessung war, was bereits die belangte Behörde in ausreichendem Ausmaß getan hat, die laut Aktenlage gegebene verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers mildernd zu berücksichtigen. Besondere Erschwerungsgründe liegen nicht vor.

Unter den gegebenen, für die Strafbemessung maßgeblichen, angeführten Umständen erscheinen die von der belangten Behörde im unteren Bereich des jeweils anzuwendenden Strafsatzes festgesetzten Strafen tat- und schuldangemessen. Die Geldstrafen erscheinen im Hinblick auf das durchschnittliche Einkommens- und Vermögenslage des Beschwerdeführers (dieser bezieht laut eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung ein Nettomonatseinkommen von € 1500 Euro monatliches Nettoeinkommen und besitzt ein hypothekarisch belastetes Einfamilienhaus) nicht zu hoch. Sorgepflichten wurde nicht geltend gemacht.

Unzulässigkeit der Revision:

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die (ordentliche) Revision zulässig, wenn eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, insbesondere weil das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt (VwGH 18.06.2014, Ra 2014/01/0029). Die Rechtsfrage muss eine solche sein, durch deren Lösung im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ein Eingriff in subjektive Rechte des Revisionswerbers im Sinne des Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG zumindest möglich ist.

Die ordentliche Revision ist im vorliegenden Fall unzulässig, zumal sich die Entscheidung im Wesentlichen auf eine Würdigung des Sachverhalts im Einzelfall gründet und die Rechtsfrage der oben zitierten umfangreichen, ständigen und nicht uneinheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur folgend gelöst wurde.

Schlagworte

Verkehrsunfall; Sachschaden; ursächlicher Zusammenhang; Verursachung; Verschulden; Anhaltepflicht; Mitwirkungspflicht; Verständigungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.031.029.13103.2018

Zuletzt aktualisiert am

04.09.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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