TE Vwgh Beschluss 1999/3/25 98/20/0283

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Veröffentlicht am 25.03.1999
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §38 Abs5;
B-VG Art131 Abs1 Z2;
B-VG Art131 Abs2;
VwGG §26 Abs1 Satz1;
VwGG §26 Abs1 Z2;
VwGG §26 Abs1 Z4;
VwGG §26 Abs2;
VwGG §28 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Baur, Dr. Nowakowski, Dr. Hinterwirth und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Grubner, in der Beschwerdesache des Bundesministers für Inneres gegen Spruchpunkt II. des Bescheides des unabhängigen Bundesasylsenates vom 14. Mai 1998, Zl. 203.058/0-VI/17/98, betreffend Feststellung gemäß § 8 AsylG (mitbeteiligte Partei: JM, geboren am 1. Juli 1953, 1150 Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Mitbeteiligte, ein Staatsangehöriger des Irak, reiste am 6. April 1998 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 8. April 1998 Asyl. Mit Bescheid vom 23. April 1998 wies das Bundesasylamt diesen Antrag gemäß § 6 Z 2 AsylG als offensichtlich unbegründet ab. Es stellte weiters fest, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Mitbeteiligten in den Irak sei zulässig.

Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte - unter Wahrung der zweitägigen Berufungsfrist des § 32 Abs. 1 AsylG in der noch nicht durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Dezember 1998, G 210/98 u.a., bereinigten Fassung BGBl. I Nr. 41/1999 - Berufung.

In Spruchteil I des hinsichtlich seines zweiten Spruchteils mit der vorliegenden Beschwerde angefochtenen Bescheides wies die belangte Behörde die Berufung des Mitbeteiligten gemäß § 6 Z 2 AsylG ab. Hiegegen erhob der Mitbeteiligte, dem die Entscheidung am 18. Mai 1998 zugestellt wurde, die zur hg. Zl. 98/20/0349 protokollierte Beschwerde.

In Spruchteil II des angefochtenen Bescheides stellte die belangte Behörde fest, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak sei nicht zulässig. Dagegen richtet sich die vorliegende, auf § 38 Abs. 5 AsylG gestützte Amtsbeschwerde des Bundesministers für Inneres mit dem Antrag, diesen Spruchteil des Bescheides wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Zurückweisung der Beschwerde als verspätet, in eventu die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Mitbeteiligte hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der vorliegenden Amtsbeschwerde in dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Frist zur Erhebung einer Bescheidbeschwerde nach Art. 131 B-VG beträgt gemäß § 26 Abs. 1 erster Satz VwGG sechs Wochen. In den Fällen des Art. 131 Abs. 2 B-VG - um einen solchen Fall handelt es sich bei der vorliegenden Beschwerde - beginnt die Frist dann, wenn der Bescheid aufgrund der Verwaltungsvorschriften dem zur Erhebung der Beschwerde befugten Organ zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, sonst mit dem Zeitpunkt, zu dem dieses Organ von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat (§ 26 Abs. 1 Z 4 VwGG). Diese Regelung entspricht im Wesentlichen derjenigen des § 26 Abs. 1 Z 2 VwGG für Amtsbeschwerden des zuständigen Bundesministers nach Art. 131 Abs. 1 Z 2 B-VG.

Das AsylG enthält über die Dauer oder (anders als etwa § 292 BAO) den Beginn der Beschwerdefrist keine Vorschriften, weshalb sich die Frage nach dem Verhältnis des § 26 Abs. 1 Z 4 VwGG zu den in Ausführung des Art. 131 Abs. 2 B-VG ergangenen Bundes- oder Landesgesetzen im vorliegenden Fall nicht stellt (vgl. dazu aus der Sicht vor und nach der Einführung des Regelungsinhaltes des § 26 Abs. 1 Z 4 VwGG den Beschluss vom 7. Dezember 1967, Zl. 1321/67, und das Erkenntnis vom 12. Jänner 1971, Slg. Nr. 4169/F; auf Letzteres Bezug nehmend die Regierungsvorlage zur VwGG-Novelle 1976, BGBl. Nr. 316, 79 BlgNR 14. GP 7). Auch eine Zustellung des Bescheides an den beschwerdeberechtigten Bundesminister ist nicht gesetzlich vorgesehen. Sie ist - worauf es nach dem Beschluss vom 7. Dezember 1967, Zl. 1321/67, jedoch nicht ankäme - auch nicht erfolgt. Die Beschwerdefrist begann daher mit dem Zeitpunkt, zu dem der beschwerdeberechtigte Bundesminister von dem Bescheid Kenntnis erlangte.

In der Beschwerde wird dazu der Standpunkt vertreten, der beschwerdeberechtigte Bundesminister habe von dem Bescheid erst durch das Einlangen eines Berichtes des Bundesasylamtes am 4. Juni 1998 Kenntnis erlangt. Danach wäre die am 29. Juni 1998 überreichte Beschwerde rechtzeitig.

Die belangte Behörde hält dem u.a. entgegen, Bedienstete des Bundesasylamtes hätten den Bescheid - einer internen Dienstanweisung folgend - schon am 14. Mai 1998, dem Tag seiner Zustellung an das Bundesasylamt, umgehend "in das AIS (das vom Bundesministerium für Inneres betriebene zentrale Asylinformationssystem) eingetragen" (Seite 4 der Gegenschrift). Bei Berechnung der Beschwerdefrist ab dem 14. Mai 1998 ist die Beschwerde verspätet.

Der beschwerdeführende Bundesminister hat zu diesem Teil der Gegenschrift aufgrund einer Berichterverfügung vom 22. Februar 1999 eine Stellungnahme überreicht, in der er den Standpunkt vertritt, die Eintragung in der Datenbank könne nicht als "Nachricht an ihn" gedeutet werden, und hilfsweise ausführt, selbst im gegenteiligen Falle sei der Informationsgehalt der Nachricht nicht aussagekräftig genug, um eine seriöse Beschwerdeführung zu rechtfertigen.

Der Behandlung dieser beiden - nicht von vornherein von der Hand zu weisenden - Argumente ist vorauszuschicken, dass sich der Verwaltungsgerichtshof mit dem Beginn der Frist für Amtsbeschwerden nach Art. 131 Abs. 1 Z 2 und Art. 131 Abs. 2 B-VG in den letzten Jahren fast ausschließlich im Zusammenhang mit dem - meist vom Mitbeteiligten vorgetragenen - Argument auseinanderzusetzen hatte, es sei verfassungswidrig, dass die Frist erst mit dem für die Partei im Vorhinein nicht erkennbaren und in den einzelnen Fällen der Amtsbeschwerde in unterschiedlicher Weise, etwa von einer dem beschwerdeberechtigten Bundesminister untergeordneten Behörde, beeinflussbaren Zeitpunkt der Kenntniserlangung durch den beschwerdeberechtigten Bundesminister beginne. Zur Behandlung solcher Argumente durch den Verwaltungsgerichtshof ist vor allem auf die Erkenntnisse vom 2. März 1992, Zl. 91/19/0321, Slg. Nr. 13.591/A, und vom 24. Juni 1996, Zl. 96/10/0032, zu verweisen. Im zuletzt genannten, eine Amtsbeschwerde nach § 170 Abs. 8 ForstG betreffenden Erkenntnis sah die anzuwendende Regelung eine Pflicht der Behörden vor, die Bescheide dem beschwerdeberechtigten Bundesminister binnen zwei Wochen nach Rechtskraft unter Anschluss der Entscheidungsunterlagen vorzulegen. Auf den Fall des Erkenntnisses vom 2. März 1992 traf dies - wie auch im vorliegenden Fall - nicht zu. Zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit führte der Verwaltungsgerichtshof hier u.a. aus, dem beschwerdeberechtigten Bundesminister müsse "unterstellt werden

..., solche organisatorische Maßnahmen getroffen zu haben, die vorhersehbarerweise die Zurkenntnisbringung derjenigen Bescheide, gegen welche ihm ein Beschwerderecht an den Verwaltungsgerichtshof zusteht, in einem der Rechtsstaatlichkeit nicht abträglichen Zeitraum sicherstellen". In jüngster Zeit wurde verfassungsrechtlichen Einwänden von Mitbeteiligten auch mit dem Argument begegnet, es handle sich um ein objektives Beschwerderecht, wobei es auch die Verfahrensparteien in der Hand hätten, durch die Übersendung des Bescheides an den beschwerdeberechtigten Bundesminister darauf Einfluss zu nehmen, wann dieser die die Beschwerdefrist für ihn auslösende Kenntnis von der Entscheidung erlange (Erkenntnis vom 30. September 1998, Zl. 97/02/0450).

Verfassungsrechtliche Bedenken - allerdings nicht des Mitbeteiligten, sondern der belangten Behörde - stehen auch im vorliegenden Fall (und in einer Reihe weiterer derzeit anhängiger Fälle von Amtsbeschwerden nach § 38 Abs. 5 AsylG) im Vordergrund der Argumentation, mit der der Auffassung des beschwerdeführenden Bundesministers, die Beschwerde sei rechtzeitig, in der Gegenschrift entgegengetreten wird. Auf diese Bedenken ist hier nur insoweit einzugehen, als darauf zu verweisen ist, dass der Verwaltungsgerichtshof in dem Erkenntnis vom 12. Jänner 1971, Slg. Nr. 4169/F, im Zusammenhang mit der Frage, ob durch die Neueinführung der heute in § 26 Abs. 1 Z 4 VwGG enthaltenen Regelung mit der Novelle BGBl. Nr. 459/1969 der Regelung des § 292 letzter Satz BAO derogiert worden sei, die Nachteiligkeit der neuen Regelung für die mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mit Nachdruck hervorgehoben und es im Hinblick auf die "wesentliche Schlechterstellung", die damit "eindeutig und offenkundig" verbunden wäre, für "schlechterdings ausgeschlossen" erklärt hat, dass der Gesetzgeber für den Bereich der BAO, wo er "in besonderer Weise den Gedanken des Rechtsschutzes im Auge" gehabt habe, ein derartiges Ergebnis gewollt haben könnte. Die schon zitierte Bezugnahme auf dieses Erkenntnis in der Regierungsvorlage zur VwGG-Novelle 1976 scheint darauf hinzudeuten, dass der Gesetzgeber von einer allgemeinen Berücksichtigung der darin hervorgehobenen Gesichtspunkte bewusst Abstand genommen hat (vgl. hingegen an Sonderregelungen aus jüngerer Zeit etwa § 91 Sicherheitspolizeigesetz, § 14 Produktsicherheitsgesetz und die - ähnlich wie im ForstG - auch in verschiedenen anderen Gesetzen normierten Vorlagepflichten). Die Überschreitung verfassungsrechtlich vorgegebener Grenzen ist darin nicht ohne weiteres zu erkennen (vgl. zur Frage des verfassungsrechtlichen Schutzes der Rechtskraft etwa Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 1404 f, und Barfuß, JBl. 1974, 293), wiewohl im vorliegenden Zusammenhang darauf hinzuweisen ist, dass der beschwerdeberechtigte Bundesminister durch die bestehende Regelung zumindest dem ersten Anschein nach nicht daran gehindert wäre, in Hinkunft auch Altbestände an Bescheiden der belangten Behörde, mit denen etwa Asyl gewährt wurde und die ihm bisher nicht zur "Kenntnis" gelangt sind, nach bestimmten Kriterien - etwa bezogen auf jeweils aktuelle Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes - für die Erhebung von Amtsbeschwerden auswerten zu lassen. Die Konsequenzen eines solchen Vorgehens könnten aufgrund der Art der damit verbundenen Rückwirkungen weitergehend sein als in den Fällen, zu denen der Verwaltungsgerichtshof bisher Stellung zu nehmen hatte.

Einer näheren Auseinandersetzung damit bedarf es vorerst nicht, weil der beschwerdeführende Bundesminister nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes organisatorische Maßnahmen im Sinne des Erkenntnisses vom 2. März 1992, Slg. Nr. 13.591/A, getroffen hat, die tatsächlich dazu führen, dass ihm die Bescheide der belangten Behörde - zumindest in der Regel - schon am Tag der Zustellung an das Bundesasylamt zur Kenntnis gelangen, und als deren Folge sich die vorliegende Beschwerde nach § 26 Abs. 1 Z 4 VwGG als verspätet erweist.

1. Zur Zurechenbarkeit des Inhalts der Datenbank:

Sowohl die belangte Behörde als auch der beschwerdeführende Bundesminister haben Ausdrucke eines den Mitbeteiligten betreffenden Datensatzes aus dem "Asylwerberinformationssystem" vorgelegt, in denen die mit 14. Mai 1998 datierte Eintragung der angefochtenen Entscheidung aufscheint. Der Ausdruck endet jeweils mit der Angabe des Datums und der Uhrzeit seiner Erstellung und den Worten "Bundesministerium für Inneres, EDV-Zentrale".

In seiner Stellungnahme vom 26. Februar 1999 führt der beschwerdeführende Bundesminister dazu Folgendes aus:

"Beim Asylwerberinformationssystem handelt es sich um eine vom Bundesministerium für Inneres betriebene Datenbank, deren operative Gestion (das heißt die konkreten Eintragungen) ausschließlich dem Bundesasylamt obliegt. Das Bundesministerium für Inneres beschränkt sich, neben der reinen Systemerhaltung, auf Einsichtnahme in die personenbezogenen Datenstammsätze in Einzelfällen. Somit kann die Eintragung (durch das Bundesasylamt) der Tatsache der Erlassung eines Bescheides durch die belangte Behörde in keiner Weise als 'Nachricht' des Bundesasylamtes an das Bundesministerium für Inneres gedeutet werden, da Neueintragungen weder irgendwie hervorgehoben sind, noch das System irgendwelche (optische, akustische) Anzeichen von geänderten Eintragungen dem Bundesministerium für Inneres zu erkennen gibt. Eine solche Eintragung kann somit keinesfalls etwa mit einer sogenannten 'E-Mail' verglichen werden. Dabei darf auch nicht außer Betracht bleiben, daß dieses System mittlerweile mehr als hunderttausend (!) Stammdatensätze umfaßt, deren laufende Durchsuchung auf allfällige rezente Eintragungen von Bescheiderlassungen vonseiten der belangten Behörde eine administrative Unmöglichkeit darstellte. Bei der auch in der Gegenschrift der belangten Behörde angesprochenen 'DGA' handelt es sich zudem um ein sogenanntes 'Textfeld' und kein sogenanntes 'Datenfeld'. Diese technische Unterscheidung hat zur Konsequenz, daß es nicht möglich ist, in dieser 'DGA' enthaltene Daten elektronisch zu suchen, das heißt, sich zu einem bestimmten Zeitpunkt alle Neueintragungen, die lauten sollten: 'Bescheid des UBAS' ausdrucken zu lassen.

Um es metaphorisch auszudrücken, handelt es sich aus der Sicht der Administration im Bundesministerium für Inneres beim AIS somit in keiner Weise um etwas einem Briefkasten Vergleichbares, sondern mehr um eine Bibliothek, in deren Bänden sich laufend kleine Textveränderungen ereignen, die jedoch von außen nicht wahrnehmbar sind.

Der beschwerdeführende Bundesminister hielte es daher für unbillig, und die Grenzen jeder zumutbaren juristischen Fiktion sprengend, davon auszugehen, daß eine von der Behörde erster Instanz vorgenommene Eintragung im AIS bloß deshalb, weil auch das Bundesministerium für Inneres Zugang zu dieser Datenbank hat, letztgenannter Behörde bereits 'zu Bewußtsein' gekommen sein soll."

Diesen Ausführungen ist hier insofern, als sie sich abschließend auf die Frage eines bloßen "Zugangs" zu einer Datenbank beziehen, nicht entgegenzutreten. Eine solche Fallgestaltung könnte mit der Möglichkeit der Einsicht in die Akten einer Unterbehörde verglichen werden, was - solange von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht wird - nicht als Erlangung von "Kenntnis" einzustufen wäre. Ob der jederzeitige Zugriff auf eine fremde Datenbank, sozusagen "vom eigenen Schreibtisch aus" und ohne Befassung des Betreibers der Datenbank (was wieder mit der Einholung einer telefonischen Auskunft aus einem fremden Akt verglichen werden müsste), in dieser Hinsicht nicht doch eine andere Beurteilung nahelegen könnte, braucht aus Anlass des vorliegenden Falles nicht weiter geprüft zu werden. Im vorliegenden Fall handelt es sich um Daten aus der EDV-Zentrale des beschwerdeführenden Bundesministers, die diesem nach Ansicht des Gerichtshofes zuzurechnen sind. Der Vorgang entspricht in etwa dem eines laufenden Eingangs nach bestimmten Gesichtspunkten angefertigter Aktenexzerpte beim beschwerdeführenden Bundesminister. Dass die jeweils neuen Eintragungen dabei nicht besonders hervorgehoben sind und bestimmte Suchmöglichkeiten nach dem derzeitigen Stand des Systems nicht gegeben sind, ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nur mehr eine Frage der Organisation und Verwaltung vorhandenen Wissens.

Unter diesem Gesichtspunkt ist auch dem Vergleich mit der "Bibliothek, in deren Bänden sich laufend kleine Textveränderungen ereignen", nicht zu widersprechen. Auch der jeweils aktuelle Stand einer durch diese Eigenschaft ausgezeichneten Bibliothek verkörpert das in ihr enthaltene Wissen. Entscheidend ist die Zurechenbarkeit der "Bibliothek" als solcher. Dass diese bei einer Datenbank des beschwerdeberechtigten Bundesministers im vorliegenden Anwendungszusammenhang gegeben ist, erscheint dem Gerichtshof nicht zweifelhaft.

2. Zum Inhalt der Eintragung:

Die von der belangten Behörde und dem beschwerdeführenden Bundesminister vorgelegten Ausdrucke vom 1. Oktober 1998 und vom 25. Februar 1999 umfassen jeweils folgende Datengruppen:

Datengruppe 1 "Stammdaten" (Personalien, Datum der Asylantragstellung, Datum und Art der Einreise, Stand des Verfahrens);

Datengruppe 2 "Dokumente" (keine Eintragung);

Datengruppe 3 "Wohnadressen" (Eintragung als "externer Asylwerber", eines Datums und einer Adresse);

Datengruppe 4 "Eltern/Begleitpersonen";

Datengruppe 5 "Integration" (keine Eintragung);

Datengruppe 6 "Ausbildung" (Schulbesuche, Militärdienst, beruflicher Werdegang);

Datengruppen 7 "Auswanderung", 8 "Anmerkungen III/14" und (nur in einem der Ausdrucke) 9 "Anmerkungen III/15" (jeweils keine Eintragung);

Datengruppe A "Verfahrensrechtliche Daten" (siehe unten);

Datengruppe C "Einvernahme 1" (im vorliegenden Fall Volltext der Niederschrift über den ersten Teil der Einvernahme des Mitbeteiligten vor dem Bundesasylamt am 16. April 1998; betrifft vor allem Angaben zur Person und über den Reiseweg);

Datengruppe D "Einvernahme 2" (Volltext der Niederschrift über den zweiten Teil der Einvernahme am 16. April 1998; betrifft die Fluchtgründe);

Datengruppe E "Fremdenbehördliche Daten" (keine Eintragung).

Die Datengruppe A "Verfahrensrechtliche Daten" hat - abgesehen von hier weggelassenen, den jeweiligen Verfasser der Eintragung kennzeichnenden Zusätzen - folgenden Inhalt (im Original ohne Unterstreichung):

"Datengruppe A (DGA) Verfahrensrechtliche Daten 08.04.1998 Pers.Blatt d. BH Neusiedl/See ha. eingelangt.

08.04.1998 Ladungsbescheid f.d. 16.04.1998 der BH Neusiedl/See zur Ausfolgung mittels Telefax übermittelt.

08.04.1998 Ladung v. BH Neusiedl/See nach Übernahme mit FAX ha. eingelangt.

09.04.1998 Bekanntgabe der Adresse durch Caritas Wien. Akt in Terminmappe 16.

16.04.1998 Der AW hat der Ladung Folge geleistet.

16.04.1998 Dem AW wurde das Merkblatt in arabischer Sprache und ein Informationsblatt über die Amtsstunden der Flüchtlingsberaterin ausgefolgt.

16.04.1998 Der AW wurde ha. erkennungsdienstlich behandelt. 23.04.1998 Bescheid gem. §§ 6 und 8 neg. erstellt und mit RsA zugestellt.

23.04.1998 2 NS und 1 Bescheid an BH Neusiedl/See. Frist 01.05.1998 Berufung beim BAT eingelangt per Post am 28.4.1998 weitergeleitet an BAE am 29.4.1998

30.04.1998 Berufung vom BAT ha. eingelangt

05.05.1998 Rückschein ha. eingelangt.

05.05.1998 Akt und Berufung an UBAS.

14.05.1998 Bescheid des UBAS § 6/Abweisung, § 8 Stattgebung, Zahl 203.058/0-VI/17/98, vom 14.05.1998 vom UBAS ha. eingelangt. 22.05.1998 Rückschein vom UBAS mit FAX ha. eingelangt. 25.05.1998 Akt vom UBAS ha. eingelangt.

03.06.1998 Kopienakt und Ersuchen um Erhebung einer Amtsbeschwerde an BMI, III/13, nachr. an BAA.

02.07.1998 Amtsbeschwerde § 8 - Parteiengehör vom BAA ha. eingelangt.

17.07.1998 Aktenanforderung durch UBAS, da

Verfassungsgerichtshofbeschwerde

vorliegt.

17.07.1998 Akt an UBAS.

(...)

Verfahrensablauf:

Verfahrensstand                             Datum        Durchführd

Asylantrag eingebracht                      08.04.1998   08.04.1998

§ 6 - Bescheid 1. Instanz negativ           23.04.1998   23.04.1998

§ 8 - negativ                               23.04.1998   23.04.1998

§ 6 - Berufung                              30.04.1998   05.05.1998

§ 8 - Berufung                              30.04.1998   05.05.1998

§ 6 - Bescheid 2. Instanz rechtskräftig n   18.05.1998   25.05.1998

§ 8 - 2. Instanz positiv                    18.05.1998   25.05.1998

§ 6 - Bescheid 2. Instanz rechtskräftig n   18.05.1998   25.05.1998

§ 8 - rechtskräftig positiv                 18.05.1998   25.05.1998

§ 6 - Bescheid 2. Instanz rechtskräftig n   18.05.1998   25.05.1998

§ 8 - 2. Instanz positiv                    18.05.1998   25.05.1998"

Beim Datum 18. Mai 1998 handelt es sich um das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides an den Mitbeteiligten. Dass die auf das Einlangen des angefochtenen Bescheides beim Bundesasylamt bezogene Eintragung noch am 14. Mai 1998 erfolgte, ist unstrittig.

Mit der Frage, was Kenntnis "von dem Bescheid" im Sinne des § 26 Abs. 1 Z 4 (und der insoweit gleichlautenden Vorschrift des § 26 Abs. 1 Z 2) VwGG bedeutet, hat sich der Verwaltungsgerichtshof in den Entscheidungen aus jüngerer Zeit, in denen zum Fristbeginn bei Beschwerden nach Art. 131 Abs. 1 Z 2 und Art. 131 Abs. 2 B-VG Stellung genommen wurde, nur im Fall des Erkenntnisses vom 16. April 1997, Zl. 96/03/0306, näher auseinandergesetzt. Der Mitbeteiligte hatte in diesem Fall damit argumentiert, es habe sich um eine "richtungweisende Grundlagenentscheidung" des belangten Verwaltungssenates gehandelt, von der die befassten Ministerialbeamten "zumindest" ab dem Zeitpunkt ihrer Zustellung an den Rechtsvertreter des Mitbeteiligten (ebenfalls) Kenntnis gehabt haben "müßten", und die Entscheidung sei in einem Zeitungsartikel erwähnt worden und Gegenstand eines Diskussionsbeitrages in einer Fernsehsendung gewesen, bevor sie dem beschwerdeberechtigten Bundesminister von der Landesregierung übersandt worden sei. Dass der Verwaltungsgerichtshof diese Argumente verwarf und die Beschwerdefrist mit dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung durch Übersendung des Bescheides beginnen ließ, ist für den vorliegenden Fall nicht weiter von Bedeutung, betrifft aber die Erfordernisse einer gewissen Authentizität der Information und der Nachweisbarkeit ihres Zuganges sowie - falls es daran in den damals behaupteten Medienberichten gefehlt haben sollte - ihrer inhaltlichen Bezugnahme auf eine bestimmte Verwaltungssache. Probleme dieser Art wirft der vorliegende Fall nicht auf.

Im Beschluss vom 9. Februar 1951, Slg. Nr. 1921/A, auf den der beschwerdeführende Bundesminister in der Berichterverfügung vom 22. Februar 1999 hingewiesen wurde, hatte sich der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit einer Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 2 VwGG u.a. mit dem Argument des beschwerdeführenden Bundesministers auseinanderzusetzen, die Frist beginne nicht schon mit dem Einlangen einer unbeglaubigten Fotokopie des Bescheides. Der Verwaltungsgerichtshof begegnete diesem Argument mit den nachfolgend wiedergegebenen Ausführungen, von denen im vorliegenden Zusammenhang vor allem die im Folgenden unterstrichenen Sätze von Interesse sind:

"Die weitere Frage ist die, welche Bedeutung dem Ausdruck 'von dem Bescheid Kenntnis erlangen', zukommt. Nach der sprachlichen Diktion dieser Bestimmung kann diese Formulierung nur die Bedeutung haben, an den Moment anzuknüpfen, in dem die Tatsache der Setzung eines Verwaltungsaktes im Sinne eines Bescheides dem Beschwerdeführer zum Bewußtsein kommt. Wie dies geschieht, ist für das Gegebensein dieser Tatsache ohne Bedeutung. Es ist daher nicht notwendig, daß der Bescheid dem Beschwerdeführer in der Urschrift oder in einer beglaubigten Abschrift vorliegt. Ist der Beschwerdeführer der Auffassung, daß ein Bescheid vorliegt, dann muß er, um die Beschwerdemöglichkeit zu wahren, binnen sechs Wochen die Beschwerde erheben. Es wäre unter diesem Gesichtspunkt Sache des bf. BM, binnen sechs Wochen, gerechnet vom 1.XII.49 (Einlangen der Note mit der unbeglaubigten Kopie), die Beschwerde zu ergreifen. Diese Beschwerde hätte es nach Einholung der Originalakten ergänzen oder verbessern können. Es hätte aber auch die Einsicht in diese Akten innerhalb der Beschwerdefrist vornehmen können. Der Zeitpunkt des Einlangens der Originalakten kann daher nicht als das maßgebliche tempus scientiae gewertet werden."

Zu dieser Entscheidung führt der beschwerdeführende Bundesminister in seiner Stellungnahme vom 26. Februar 1999 - abgesehen von der Wiederholung des schon behandelten Hinweises auf das Fehlen eines bemerkbaren "Einganges" - aus, der damals entschiedene Fall sei mit dem vorliegenden auch insofern nicht vergleichbar, als die vorliegende Eintragung in das "Asylwerberinformationssystem" keine Rückschlüsse auf die Begründung des Bescheides zulasse. Der Beschluss von 1951 setze voraus, dass genügend Information vorliege, um zumindest "die Abfassung einer rudimentären und verbesserungsfähigen Beschwerde" zu ermöglichen.

Letzterem ist vorerst zu entgegnen, dass die Kenntnis der Bescheidbegründung im damals entschiedenen Fall - vorbehaltlich allfälliger Abweichungen der unbeglaubigten Kopie vom Original - zwar gegeben war, der Beginn des Fristenlaufes eine solche Kenntnis nach der Auslegung der Gesetzesbestimmung durch den Verwaltungsgerichtshof ("Tatsache der Setzung eines Verwaltungsaktes im Sinne eines Bescheides"; "Auffassung, daß ein Bescheid vorliegt") aber nicht voraussetzte. Maßgeblich war - dem Wortlaut dieser Ausführungen nach - auch nicht die Kenntnis des Spruchs des Bescheides, sondern nur die der Tatsache seiner Erlassung.

Der Verwaltungsgerichtshof ist jedoch der Meinung, dass dieser (zu § 26 Abs. 2 lit. b VwGG 1945 in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 61/1952 ergangene) Beschluss der hier zu treffenden Entscheidung nicht völlig losgelöst von der - reichhaltigeren - Rechtsprechung zu vergleichbaren Fällen des Fristbeginns bei Parteibeschwerden zugrunde zu legen ist. In dieser Hinsicht war schon im Erkenntnis vom 11. November 1930, Slg. Nr. 16.380/A, zu § 33 Abs. 2 lit. b VwGG 1930 und im Erkenntnis vom 12. Juli 1948, Slg. (NF) Nr. 494/A, zu derselben Bestimmung, auf die sich auch der zuvor zitierte Beschluss von 1951 bezog, zwischen der Kenntnis von der "Tatsache der Erlassung des Bescheides" und der Kenntnis seines "näheren" (Erkenntnis vom 11. November 1930) bzw. "rechtlichen" (Erkenntnis vom 12. Juli 1948) Inhaltes unterschieden und für den Fristbeginn Letztere vorausgesetzt worden. Im Beschluss vom 14. Dezember 1950, Slg. Nr. 1823/A, hatte diese Rechtsprechung insofern eine Wendung genommen, als die unzureichende "Kenntnis" (wieder gestützt auf die Unterscheidung zwischen dem Vorhandensein eines Bescheides und seinem Inhalt) nun als Argument dafür diente, eine dennoch erhobene Beschwerde ohne Verbesserungsverfahren zurückzuweisen. In anderen Entscheidungen aus dieser Zeit wurden Beschwerden ohne weiteres als verspätet zurückgewiesen, weil die angefochtenen Entscheidungen schon in anderen Verfahren, an denen der Beschwerdeführer jeweils beteiligt gewesen war, zu Zeitpunkten, ab denen die Beschwerdefrist bereits verstrichen war, eine Rolle gespielt hatten (vgl. dazu die Beschlüsse vom 11. Juni 1948, Zlen. 275, 276/47, vom 14. Oktober 1948, Zlen. 1373/47 und 27/48, und vom 11. Dezember 1951, Zl. 1904/48).

Seit der VwGG-Novelle 1952, BGBl. Nr. 61, besteht im Gesetz ein Formulierungsunterschied, wonach der Beginn der Frist für die Amtsbeschwerde die Kenntnis "von dem Bescheid" voraussetzt, während die Zustellungsfiktion im Sonderfall des § 26 Abs. 2 VwGG auf die Kenntnis "von seinem Inhalt" abstellt. Der Gerichtshof teilt die Auffassung von Ringhofer (Der Verwaltungsgerichtshof (1955), 179), dass daraus für die seither bestehende Rechtslage nicht abzuleiten ist, in den Fällen der Amtsbeschwerde setze die Kenntnis "von dem Bescheid" nicht die Kenntnis davon voraus, "was darin verfügt oder entschieden wird", und der "wesentliche Inhalt des Bescheides" müsse in diesen Fällen nicht bekannt sein. Insoweit sich der Beschluss vom 9. Februar 1951, Slg. Nr. 1921/A, in diesem Sinne deuten ließe, ist daran für § 26 Abs. 1 Z 4 VwGG nicht anzuknüpfen. Die bloße Kenntnis davon, dass (sowie allenfalls unter welcher Zahl und mit welchem Datum) eine bestimmte Verwaltungssache bescheidmäßig erledigt wurde, ist auch im Zusammenhang mit dem Fristbeginn für die Amtsbeschwerde keine ausreichende "Kenntnis von dem Bescheid".

Daraus ist aber nicht zu schließen, dass es in jedem Fall und im Besonderen in den Fällen der Amtsbeschwerde auch stets einer Kenntnis der Bescheidbegründung bedürfe und nur die Kenntnis dessen, was in einem Bescheid bloß überflüssiges Beiwerk ("unwesentlich") ist, jeweils nicht erforderlich sei. Unter dem maßgeblichen "rechtlichen Inhalt" eines Bescheides ist vielmehr im Sinne der ersten der von Ringhofer gebrauchten Formulierungen sein

normativer Gehalt zu verstehen ("was darin ... entschieden wird").

Für die Prüfung der Frage, ob dieser zu akzeptieren ist, und nicht nur für die Arbeit am Beschwerdeschriftsatz, steht die Beschwerdefrist zur Verfügung.

In Bezug auf die Kenntnis der Bescheidbegründung ist auch auf § 28 Abs. 4 VwGG zu verweisen, wonach es dem Beschwerdeführer in den Fällen, in denen ihm der Bescheid nicht zugestellt wurde, frei steht, die Beschwerde ohne jede Begründung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) einzubringen und diese Begründung erst im Vorverfahren nachzutragen. Bei der Einschränkung dieser für Amtsbeschwerden nach der VwGG-Novelle 1964, BGBl. Nr. 216, noch in einem weiteren Umfang bestehenden Erleichterung (vgl. dazu 356 BlgNR 10. GP 7) auf die Fälle, in denen der Bescheid dem Beschwerdeberechtigten nicht zugestellt wurde, wurde in der Regierungsvorlage zur VwGG-Novelle 1976, BGBl. Nr. 316, deutlich zum Ausdruck gebracht, von den Amtsbeschwerdeberechtigten könne erwartet werden, die Akten von Unterbehörden, insoweit dies zur Abfassung der Beschwerdeschrift erforderlich sei, "innerhalb der Beschwerdefrist" anzufordern (79 BlgNR 14. GP 10). Durch die in der Novelle 1976 getroffene Regelung wurde auch klargestellt, dass nicht die mangelnde Kenntnis des vorangegangenen Verfahrens, sondern nur die weniger genaue und verlässliche Kenntnis des Bescheides selbst der Erleichterung des § 28 Abs. 4 VwGG zugrunde liegen kann (vgl. auch in diesem Zusammenhang die zitierten Erläuterungen der beiden Novellen). Die Möglichkeit der Aktenanforderung besteht im Prinzip auch in Fällen der zuletzt genannten Art. Wenn die - sehr weitgehende - Begründungserleichterung des § 28 Abs. 4 VwGG dessen ungeachtet ihren Sinn haben soll, so dürfen an die fristauslösende "Kenntnis" daher keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden.

Zu erwähnen sind schließlich auch Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes, auf die sich der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit dem Fristbeginn bei Maßnahmenbeschwerden (§ 26 Abs. 1 Z 5 VwGG 1985 in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 330/1990) - wenngleich nur in allgemein gehaltener Form - berief (Erkenntnis vom 21. Februar 1985, Zl. 82/16/0155). Erforderlich war danach zwar "ausreichende Kenntnis" im Sinne der abstrakten Erfüllbarkeit der Inhaltserfordernisse einer Beschwerde, doch wurde im Falle einer Festnahme die Kenntnis davon, dass diese ohne richterlichen Befehl erfolgt sei, vom Verfassungsgerichtshof nicht als erforderlich angesehen. Dem Beschwerdeführer wurde vielmehr entgegengehalten, er habe sich "innerhalb der Beschwerdefrist von sechs Wochen, gerechnet vom Tage seiner Anhaltung, schlüssig zu werden, ob er sie hinnehmen oder bekämpfen wolle", und es sei "seine Sache, sich innerhalb der vom Gesetze eingeräumten Frist eine entsprechende Kenntnis über alle Umstände, die für die Beschwerdeführung erforderlich sind, zu verschaffen". Maßgeblich sei die Kenntnis von der "Maßnahme als solcher", nicht aber auch ihrer Rechtswidrigkeit (VfSlg. Nr. 3692/1960 u.a.). Für die Fälle der Maßnahmenbeschwerde nach § 26 Abs. 1 Z 5 VwGG 1985 in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 330/1990 galt die Begründungserleichterung des § 28 Abs. 4 VwGG nicht (was übrigens für die Weisungsbeschwerde nach wie vor zutrifft), weshalb die Anforderungen an die "Kenntnis" - übertragen auf den jeweiligen Gegenstand der Beschwerde - im vorliegenden Zusammenhang jedenfalls nicht strenger sein können.

Im vorliegenden Fall (und in vergleichbaren Fällen der Amtsbeschwerde nach § 38 Abs. 5 AsylG) ist darüber hinaus - im Unterschied zu anderen Fällen der Amtsbeschwerde - auch noch zu berücksichtigen, dass die Information über den anzufechtenden Bescheid aufgrund der vom beschwerdeberechtigten Bundesminister geführten Datenbank nie isoliert erfolgt, sondern stets im Zusammenhang mit einem schon bestehenden Datenbestand zu lesen ist, der den gesamten Verlauf des Verfahrens wiedergibt und die erstinstanzlichen Niederschriften sogar im Volltext enthält. Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid entschieden hatte ("§ 6 Abweisung, § 8 Stattgebung" mit Angabe von Zahl und Datum der Entscheidung), war der Eintragung vom 14. Mai 1998 - anders, als dies in Verwaltungssachen anderer Art bei einer derart kurz gehaltenen Eingabe unter Umständen der Fall wäre - mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, um den "rechtlichen Inhalt" der Entscheidung (im oben erläuterten Sinn) erfassbar zu machen, was wohl auch die Erklärung dafür ist, dass diese - vom beschwerdeberechtigten Bundesminister ja beeinflussbare - Form der Eingabe gewählt wurde. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher keine Bedenken, den Lauf der Frist für die Amtsbeschwerde in derartigen Fällen mit der Eintragung der Entscheidung in die Datenbank des beschwerdeberechtigten Bundesministers beginnen zu lassen und den Beschwerdeführer vor dem Hintergrund der Begründungserleichterung des § 28 Abs. 4 VwGG in Bezug auf die Klärung der Frage, ob ein bestimmter Bescheid bekämpft werden soll, in diesen Fällen auf die auch dafür zu nützende Beschwerdefrist zu verweisen.

Da sich die vorliegende Beschwerde danach als verspätet erweist, war sie gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 25. März 1999

Schlagworte

Versäumung der Einbringungsfrist siehe VwGG §26 Abs1 Z1 (vor der WV BGBl. Nr. 10/1985: lita) sowie Mangel der Rechtsfähigkeit Handlungsfähigkeit Ermächtigung des Einschreiters

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998200283.X00

Im RIS seit

21.02.2002

Zuletzt aktualisiert am

22.12.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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