TE Bvwg Beschluss 2018/8/20 W235 2194676-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.08.2018
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Entscheidungsdatum

20.08.2018

Norm

AsylG 2005 §35
AsylG 2005 §35 Abs1
AsylG 2005 §35 Abs4
AVG §13 Abs3
BFA-VG §22b
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.8
FPG §11
FPG §11a Abs1
FPG §11a Abs2
FPG §26
IPRG §6
VwGVG §14 Abs1
VwGVG §15 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W235 2194676-1/3E

W235 2194678-1/3E

W235 2194677-1/3E

W235 2194679-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Amman vom 28.03.2018, Zl. Amman-ÖB/KONS/0098/2018, aufgrund des Vorlageantrages vom 29.03.2018 von 1. XXXX , geb. XXXX , 2. mj. XXXX , geb. XXXX , 3. mj. XXXX , geb. XXXX , sowie 4. mj. XXXX , geb. XXXX , 2., 3. und 4. gesetzlich vertreten durch: XXXX , alle StA. Syrien, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Amman vom 25.01.2018, Zl. Amman-ÖB/KONS/0415/2017, beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 11a FPG iVm § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die nunmehrigen Beschwerdeführer - behauptetermaßen eine Mutter (= Erstbeschwerdeführerin) mit ihren drei minderjährigen Kindern (= Zweit- bis Viertbeschwerdeführer) syrischer Staatsangehörigkeit - stellten am XXXX .08.2016 in elektronischer Form Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln nach § 35 AsylG und wurden bei der Vertretungsbehörde am XXXX .11.2016 persönlich vorstellig. Im Antrag auf Einreise vom XXXX .08.2016 wurde vorgebracht, dass es sich bei den Antragstellern um die Ehefrau und die minderjährigen Kinder des syrischen Staatsangehörigen XXXX , geb. XXXX , handle, dem mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .03.2016, Zl. XXXX , der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden war (= Bezugsperson).

Neben den vorgesehenen ausgefüllten Befragungsformularen für die Anträge nach § 35 AsylG und der Vollmacht für die ausgewiesene Vertretung wurden folgende Unterlagen als Anlage per Email übermittelt:

* erste und letzte Seites des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .03.2016, Zl. XXXX , mit welchem der Bezugsperson der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde;

* Kopie der Aufenthaltsberechtigungskarte der Bezugsperson;

* Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom XXXX .07.2016 betreffend die Bezugsperson;

* kaum leserliche Fotografie eines Schreibens von UNHCR vom XXXX .01.2015 zum Teil in englischer, zum Teil in arabischer Sprache;

* elf Fotografien von Schriftstücken in Arabisch

* zwei Familienfotos

Ein Vorbringen, worum es sich bei den fotografierten Schriftstücken handelt, wurde nicht erstattet. Ausgeführt wurde lediglich (ohne näheren Verweis) wie folgt:

"Dokumente die Antragsteller betreffend:

* Die Familie ist derzeit nicht im Besitz von Reisepässen.

* UNHCR-Registrierung

* Bestätigung über Beantragung eines syrischen Ausweises der Ehefrau

* Familienbuch

* Vollmacht

* Familienfotos

Die Originale der Dokumente befinden sich bei den Antragstellern und können im Rahmen der persönlichen Vorsprache vorgewiesen werden."

1.2. Mit Mitteilung gemäß § 35 Abs. 4 AsylG vom 06.06.2017 gab das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bekannt, dass in den gegenständlichen Fällen eine Gewährung des Status von subsidiär Schutzberechtigten oder von Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Einreise der Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geboten erscheine und gemäß § 6 IPRG eine Bestimmung fremden Rechts nicht anzuwenden sei, wenn seine Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar sei. An seiner Stelle sei erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden.

In der bezughabenden Stellungnahme wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren nicht vorliegen würden, weil eine Einreise der Beschwerdeführer nicht geboten erscheine, da kein aufrechtes Familienleben mehr mit der Bezugsperson vorliege und auch nicht mehr im Herkunftsland bestanden habe. Zudem werde von einem Verstoß gegen den ordre public Grundsatz ausgegangen, da es sich bei der Erstbeschwerdeführerin um die erste Ehefrau der Bezugsperson in Österreich handle. Der in Österreich asylberechtigte XXXX verwirkliche sein Familienleben mit seiner zweiten Frau XXXX und zwei gemeinsamen, in Österreich geborenen Kindern. Im Sinne des vollen Beweises nach dem AVG müsse das behauptete Familienverhältnis nicht nur glaubhaft, sondern als erwiesen anzusehen sein. Da eine Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens nicht nachgewiesen werden habe können und die behauptete Gültigkeit der Ehe nicht vorliege, da diese als Doppelehe gegen den ordre public Grundsatz verstoße, hätten sich im vorliegenden Fall gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten Familienverhältnisses ergeben. Des Weiteren wurde auszugsweise aus einer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme der Bezugsperson vom XXXX .05.2017 zitiert, der zu entnehmen ist, dass die Bezugsperson am XXXX .02.2015 seine zweite Ehe in XXXX (Syrien) eingegangen sei und mit ihrer zweiten Ehefrau zwei Kinder habe. Die Erstbeschwerdeführerin habe die Bezugsperson im Jahr 2006 geheiratet. Die Bezugsperson sei mit der Erstbeschwerdeführerin zwar verheiratet, sie seien jedoch seit ca. vier Jahren voneinander getrennt. Demnach bestehe zwischen den Beschwerdeführern und der Bezugsperson seit vier Jahren kein aufrechtes Familienleben nach Art. 8 EMRK. Die Bezugsperson habe erneut geheiratet und verwirkliche gegenwärtig ein Familienleben mit ihrer zweiten Gattin und den beiden in Österreich geborenen gemeinsamen Kindern. Im Zusammenhang mit der Prüfung der Gültigkeit einer im Ausland, nach ausländischem Recht geschlossenen Ehe, sei die Einhaltung des Grundsatzes des ordre public zu beachten. Unter Hinweis auf § 6 IPRG folgerte die Behörde, dass unter den Grundwerten die unverzichtbaren Wertvorstellungen zu verstehen seien, die das österreichische Recht prägen würden. Eine schlichte Ungerechtigkeit des Ergebnisses genüge ebenso wenig wie der bloße Widerspruch zu zwingenden österreichischen Vorschriften. Ein Verstoß gegen den ordre public Grundsatz werde bei Zwangsehen, Telefonehen, Doppelehen, Stellvertreterehen oder Kinderehen sowie bei Scheidung mittels einseitiger Verstoßung der Ehefrau angenommen. Daher gelange die Behörde zu der Ansicht, dass die Zuerkennung des Status im Sinne des § 35 Abs. 4 AsylG nicht wahrscheinlich sei.

Dies teilte die Österreichische Botschaft Amman den Beschwerdeführern mit Schreiben vom 05.07.2017 mit und forderte sie zur Abgabe einer Stellungnahme auf.

1.3. Am 11.07.2017 langte eine Stellungnahme der Beschwerdeführer durch ihre ausgewiesene Vertreterin bei der Botschaft ein, in welcher im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass die Erstbeschwerdeführerin gemeinsam mit der Bezugsperson vor deren Ausreise ein Familienleben begründet habe, indem sie geheiratet und einen gemeinsamen Haushalt gegründet und auch drei gemeinsame Kinder (= Zweit- bis Viertbeschwerdeführer) hätten. Die Ehegatten würden zwar seit dem Jahr 2013 getrennt leben, seien jedoch nicht geschieden. Es bestehe regelmäßiger Kontakt; jeden zweiten Tag würden sie miteinander telefonieren. Nach der Trennung sei die Bezugsperson eine Beziehung mit ihrer aktuellen Partnerin, mit der sie zwei (weitere) Kinder habe, eingegangen und gemeinsam nach Österreich eingereist. Das Familienleben mit den Beschwerdeführern solle fortgesetzt werden, damit ein regelmäßiger persönlicher dem Alter entsprechender Kontakt zu den Kindern bestehen könne. Es stehe unstrittig fest, dass die Bezugsperson trotz Trennung nach wie vor mit der Erstbeschwerdeführerin verheiratet sei. Das Bundesamt habe auch nicht bestritten, dass die Zweit- bis Viertbeschwerdeführer die leiblichen Kinder der Bezugsperson seien, die während aufrechter Ehe geboren seien und in der Vergangenheit ein gemeinsamer Haushalt bestanden habe. Das Verbot der Doppelehe führe im Ergebnis dazu, dass die jeweils zweite Ehe als nicht rechtlich existent zu betrachten sei, da diese als Verstoß gegen den ordre public Grundsatz erachtet werde. Festzuhalten sei, dass die Bezugsperson und die Erstbeschwerdeführerin nicht beabsichtigen würden, das Familienleben als Ehegatten fortzusetzen, jedoch aufgrund der gemeinsamen Kinder ein regelmäßiger, altersgemäßer und persönlicher Kontakt gewünscht werde, sodass die Kinder mit beiden Elternteilen aufwachsen könnten. Demnach liege kein Verstoß gegen den ordre public Grundsatz vor, da die Bezugsperson nicht beabsichtige, zwei Ehefrauen zu haben mit denen sie gleichermaßen eine Lebens-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft teile. Es werde beabsichtigt, dass gemeinsam Verantwortung für die Kinder übernommen werde und eine angemessene Beziehung zwischen den getrennten Elternteilen bestehe. Dass die Erstbeschwerdeführerin und die Bezugsperson keine eheliche Gemeinschaft mehr führen würden, ergebe sich aus den Angaben der zweiten Ehegattin der Bezugsperson im Rahmen ihres eigenen Verfahrens. Zudem wurde auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes und die UN-Kinderrechtskonvention hingewiesen und ausgeführt, dass es hinsichtlich der abweisenden Entscheidung des Bundesamtes keine Rechtsgrundlage gebe, da die Zweit- bis Viertbeschwerdeführer die unbestrittenen leiblichen Kinder der Bezugsperson seien. Zudem würden sich die Beschwerdeführer zur Durchführung eines DNA-Tests bereit erklären. Für die minderjährigen und unverheirateten Kinder seien die Voraussetzungen zur Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG iVm § 26 FPG erfüllt. Zudem sei der Kindesmutter die Einreise aus grundrechtlichen Erwägungen im Sinne des Art. 8 EMRK zu gewähren.

2. Mit Bescheid der Österreichischen Botschaft Amman vom 25.01.2018, Zl. Amman-ÖB/KONS/0415/2017 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Gewährung desselben Schutzes wie jener der in Österreich aufhältigen Bezugsperson nicht wahrscheinlich sei, da die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens nicht nachgewiesen werden habe können und die behauptete Gültigkeit der Ehe nicht vorliege, da diese gegen den ordre public Grundsatz der Doppelehe verstoße.

3. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer im Wege ihrer ausgewiesenen Vertretung am 22.02.2018 Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge von Verfahrensfehlern. Im Wesentlichen wurde der Inhalt der Stellungnahme vom 11.07.2017 wiedergegeben und darauf hingewiesen, dass die Behörde zur Prüfung, inwiefern eine Ablehnung des Antrages der Erstbeschwerdeführerin - ungeachtet der Mängel der Ehe der Eltern - das Recht auf Privat- und Familienleben gemäß 8 EMRK verletzten würde, da die minderjährigen Zweit- bis Viertbeschwerdeführer dadurch dauerhaft von einem ihrer beiden Elternteile getrennt leben müssten. Ergänzend wurde vorgebracht, dass die belangte Behörde das Ermittlungsverfahren mangelhaft geführt und mit Willkür belastet habe. Die unterlassene Auseinandersetzung mit den in der Stellungnahme vorgebrachten Argumenten, Beweismitteln und Anträgen stelle eine Verletzung des Rechts auf Parteiengehör bzw. einen Begründungsmangel dar, weshalb der Bescheid rechtswidrig sei.

Im Zuge der Beschwerde wurden folgende Unterlagen (in Kopie) vorgelegt:

* (bereits vorgelegte) erste und letzte Seites des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .03.2016 , Zl. XXXX , mit welchem der Bezugsperson der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde;

* (bereits vorgelegte) Kopie der Aufenthaltsberechtigungskarte der Bezugsperson und

* (bereits vorgelegter) Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom XXXX .07.2016 betreffend die Bezugsperson

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 28.03.2018, Zl. Amman-ÖB/KONS/0098/2018, wies die Österreichische Botschaft Amman die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab. In der Begründung wurde nach Wiederholung des Verfahrensganges und Verweis auf die Bindungswirkung der Vertretungsbehörde an die Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl weiters ausgeführt, dass unstrittig sei, dass die Beschwerdeführer einen Antrag nach § 35 Abs. 1 AsylG gestellt hätten und dass eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ergangen sei. Zudem sei die Stellungnahme der Beschwerdeführer ordnungsgemäß dem Bundesamt zur Abgabe einer neuerlichen Wahrscheinlichkeitsprognose weitergeleitet worden. Unabhängig von der Bindungswirkung vertrete die Vertretungsbehörde die Ansicht, dass die Erstbeschwerdeführerin keine Familienangehörige im Sinne des Asylgesetzes sei, da eine Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens nicht nachgewiesen werden habe können. Da die Bezugsperson ihr Familienleben in Österreich mit ihrer zweiten Ehefrau und ihren gemeinsamen Kindern verwirkliche, liege ein Familienleben zwischen der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht vor. Da Doppelehen - ebenso wie Zwangs-, Telefon-, und Stellvertreterehen sowie Kinderehen - gegen den ordre public Grundsatz verstoßen würden, sei das fremde Recht gemäß § 6 IPRG nicht anzuwenden, da die Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar sei.

5. Am 29.03.2018 stellten die Beschwerdeführer durch ihre ausgewiesene Vertretung gemäß § 15 VwGVG einen Vorlageantrag, in welchem im Wesentlichen auf die Stellungnahme vom 11.07.2017 sowie auf die Beschwerde vom 22.02.2018 verwiesen bzw. das bisherige Vorbringen wiederholt wurde.

6. Mit Verfahrensanordnung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.06.2018 erging ein Verbesserungs- bzw. Mängelbehebungsauftrag, in welchem den Beschwerdeführern mitgeteilt wurde, dass nicht sämtliche im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache angeschlossen waren. Der Verfahrensanordnung wurden die entsprechenden arabischsprachigen Unterlagen (elf Seiten), die nicht in die deutsche Sprache übersetzt wurden, beigelegt und wurde den Beschwerdeführern auf Grundlage der Bestimmung des § 11a Abs. 1 FPG die Möglichkeit eingeräumt, diesen Mangel binnen einer Frist von drei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens zu beheben. Gleichzeitig erging der Hinweis, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf der Frist zurückgewiesen werden wird und wurde weiters darauf verwiesen, dass das Anbringen bei rechtzeitiger Behebung des Mangels als ursprünglich richtig eingebracht gelte.

Bis zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt sind keine Übersetzungen der vorgelegten Unterlagen eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführer stellten am XXXX .08.2016 bei der Österreichischen Botschaft Amman unter Anschluss diverser Unterlagen Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 AsylG.

Als Bezugsperson wurde der syrische Staatsangehörige XXXX , geb. XXXX .11.1983 , genannt. Der Bezugsperson wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .03.2016 der Status eines Asylberechtigten in Österreich zuerkannt.

Nach Prüfung des Sachverhaltes wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mitgeteilt, dass eine Gewährung des Status der Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da ein bestehendes Familienleben nicht vorliege und die Bezugsperson in Österreich mit ihrer zweiten Ehefrau und ihren gemeinsamen beiden Kindern ein Familienleben führe und eine Doppelehe im Sinne des § 6 IPRG nicht mit der österreichischen Rechtsordnung vereinbar sei.

Mit Bescheid der Österreichischen Botschaft Amman vom 25.01.2018 wurde die Erteilung der Einreisetitel gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG abgewiesen.

Da in der dagegen erhobenen Beschwerde nicht sämtliche im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache angeschlossen waren, wurde von Seiten des Bundesverwaltungsgerichtes ein Verbesserungsauftrag hierzu erteilt.

Trotz Mängelbehebungs- bzw. Verbesserungsauftrag vom 29.06.2018 wurden die konkret genannten Unterlagen bis dato nicht in deutscher Übersetzung vorgelegt.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich zweifelsfrei aus den Akten der Österreichischen Botschaft Amman. Hieraus ergibt sich insbesondere ebenso die Feststellung, dass keine Übersetzung der erwähnten arabischsprachigen Unterlagen (elf Seiten) vorgelegt wurde. Diese Tatsachen wurden den Beschwerdeführern im Wege ihrer ausgewiesenen Vertretung zur Kenntnis gebracht, wobei dem Verbesserungs- bzw. Mängelbehebungsauftrag bis zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt nicht nachgekommen wurde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:

3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des FPG lauten:

§ 11 Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

(1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragsteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragsteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.

(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.

(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.

§ 11a Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

(1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinne des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des BFA-VG lauten:

§ 22b Beschwerden gegen Bescheide in Verfahren vor den Vertretungsbehörden zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde gemäß dem 11. Hauptstück des FPG

(1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 15 Abs. 4 gilt.

3.3. Im vorliegenden Fall wurden der eingebrachten Beschwerde nicht sämtliche im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung beigefügt und findet sich für elf Seiten der im Zuge der Antragstellung eingebrachten Dokumente in arabischer Sprache im gesamten Botschafts- bzw. Verwaltungsakt keine Übersetzung.

Aus diesem Grund wurde in der Folge ein Verbesserungsauftrag des Bundesverwaltungsgerichtes mit einem Hinweis auf entsprechende Säumnisfolgen erteilt. Diesem Mängelbehebungsauftrag wurde nicht nachgekommen.

Unter Beachtung der Entscheidung des VwGH Ra 2015/21/0086 vom 03.09.2015 handelt es sich bei dem den Beschwerdeführern nach Beschwerdeeinbringung übermittelten Verbesserungsauftrag vom 29.06.2018, in dem ihnen mitgeteilt wurde, dass nicht sämtliche im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache angeschlossen wären, um einen konkreten Vorhalt und hatten diese Gelegenheit, die Mängel zu beheben. Zudem wurde konkret darauf hingewiesen, welche Unterlagen unter Beifügung einer Übersetzung in die deutsche Sprache nachzureichen sind, indem den Beschwerdeführern bzw. deren ausgewiesener Vertretung die betreffenden elf Seiten zeitgleich mit der Verfahrensanordnung in Kopie übermittelt wurden.

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Beschwerdeführer die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Kommt ein Beschwerdeführer seiner Verpflichtung, seiner Beschwerde gegen den Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde die von ihm im Verfahren vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen, nicht nach, so leidet seine Beschwerde an einem Formgebrechen (vgl. VwGH vom 21.11.2000, Zl. 97/05/0213).

Nachdem die Beschwerdeführer trotz begründeten Verbesserungsauftrages der Mängelbehebung nicht nachgekommen sind und auch kein Vorbringen erstattet wurde, aus welchen (nachvollziehbaren) Gründen die Beibringung der beauftragten Übersetzung nicht möglich ist, es sich bei den in Rede stehenden Unterlagen nicht offensichtlich um für das Verfahren belanglose Dokumente handelt und auch nicht um Fristerstreckung ersucht wurde, war die Beschwerde zurückzuweisen.

Allerdings ist anzumerken, dass es den Beschwerdeführern jederzeit freisteht, neuerliche Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln bei der zuständigen Behörde einzubringen.

3.3. Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieser Beschluss ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.

4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Fallgegenständlich erfolgte die Zurückweisung der Beschwerde mangels Erfüllen des in § 11a Abs. 1 FPG für Visabeschwerdeverfahren normierten formalen Erfordernisses, wonach der Beschwerde sämtliche im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen sind. Aufgrund des eindeutigen Wortlautes der zitierten Bestimmung war die gegenständliche Entscheidung sohin von keiner Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängig. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

angemessene Frist, Beschwerdevorentscheidung, Bindungswirkung,
Doppelehe, Ehe, Einreisetitel, Familienangehöriger, Familienleben,
Familienverfahren, Frist, Mängelbehebung, mangelhafter Antrag,
Mangelhaftigkeit, ordre public, Privat- und Familienleben, Prognose,
Verbesserungsauftrag, Vorlageantrag, Wahrscheinlichkeit,
Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W235.2194676.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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