TE Vfgh Erkenntnis 2014/12/9 G160/2014 ua

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Veröffentlicht am 09.12.2014
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art18 Abs1
FremdenpolizeiG 2005 §46a Abs1a, Abs2
AVG §8

Leitsatz

Kein Verstoß einer Regelung des FremdenpolizeiG 2005 über die Feststellung der Duldung des Aufenthalts von Fremden gegen das Rechtsstaatsprinzip und den Gleichheitsgrundsatz; ex lege-Eintritt einer Duldung mit Vorliegen der tatsächlichen Unmöglichkeit einer Abschiebung; Antragsrecht eines Fremden auf Ausstellung einer Karte für Geduldete; Eintritt der Duldung als Tatbestandsmerkmal für die Ausstellung der Karte im Rechtsmittelweg überprüfbar

Spruch

§46a Abs1a des Bundesgesetzes über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel (Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG), BGBl I Nr 100 idF BGBl I Nr 38/2011, war nicht verfassungswidrig.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.       Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren

1.       Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl B1353/2013 eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde einer slowakischen Staatsangehörigen anhängig. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 25. September 2008 wurde über sie wegen mehrfacher strafgerichtlicher Verurteilungen ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt. Der gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung wurde mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien (im Folgenden: UVS Wien) vom 6. April 2009 keine Folge gegeben. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 2009 sowie mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. November 2009 wurde jeweils die Behandlung der Beschwerden abgelehnt.

2.       Der am 5. Juli 2010 gestellte Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 12. Jänner 2011 abgewiesen. Der gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung wurde mit Bescheid des UVS Wien vom 12. September 2011 insofern Folge gegeben, als die Dauer des verhängten Aufenthaltsverbotes mit acht Jahren festgesetzt wurde. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Dezember 2011 sowie mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Jänner 2012 wurde jeweils die Behandlung auch der gegen diese Bescheide gerichteten Beschwerden abgelehnt.

3.       Am 15. Dezember 2010 stellte die Erstbeschwerdeführerin einen Antrag auf Feststellung des Status einer Geduldeten im Sinne des §46a Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I 100 idF BGBl I 38/2011 (im Folgenden: FPG). Dieser Antrag wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 26. November 2011 abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass keiner der Sachverhalte nach §46a Abs1 und Abs1a FPG vorliege. Ab der Entlassung aus der Strafhaft sei eine Abschiebung tatsächlich möglich.

3.1.    Der gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung wurde mit Bescheid des UVS Wien vom 17. September 2012 keine Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch zu lauten habe: "Ihr Antrag vom 15.12.2010 betreffend Feststellung des Status einer Geduldeten im Sinne des §46a FPG wird zurückgewiesen". Begründend wurde ausgeführt, dass der Antrag auf Feststellung des Status einer Geduldeten im Sinne des §46a FPG zurückgewiesen hätte werden müssen, da das Gesetz diesbezüglich kein Antragsrecht vorsehe.

4.       Der Beschwerdeführer im Verfahren zu B751/2013 ist Staatsangehöriger Pakistans. Die Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz erwuchs am 28. September 2008 in Rechtskraft. Während einer Einvernahme vor der Bundespolizeidirektion Wien am 28. Juli 2009 füllte der Beschwerdeführer ein Formblatt für die Erlangung eines Heimreisezertifikats aus. Nach einer Übermittlung der Fingerabdrücke des Beschwerdeführers seitens des Bundeskriminalamts auf Anfrage der Bundespolizeidirektion Wien ersuchte diese die Konsularabteilung der Botschaft der Islamischen Republik Pakistan mit Schreiben vom 13. August 2009 um Ausstellung eines Heimreisezertifikats für den Beschwerdeführer, da dessen Abschiebung beabsichtigt sei. Mit Schreiben vom 13. November 2009 teilte die Botschaft der Islamischen Republik Pakistan der Bundespolizeidirektion Wien mit, dass keine Informationen über den Beschwerdeführer gefunden worden seien.

4.1.    Am 9. April 2010 wurde der Beschwerdeführer von Sicherheitsorganen aufgegriffen. Nachdem eine Abfrage im elektronischen kriminalpolizeilichen Informationssystem (EKIS) ergeben hatte, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers rechtskräftig abgeschlossen war, gingen die Sicherheitsorgane davon aus, dass er sich rechtswidrig im Bundesgebiet aufhalte. Er wurde wegen Verdachts einer Verwaltungsübertretung gemäß §120 FPG festgenommen und der Bundespolizeidirektion Wien vorgeführt. Diese ordnete mit Bescheid vom 10. April 2010 die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers an. Am 12. April 2010 übermittelte die Bundespolizeidirektion Wien eine Kopie des pakistanischen Führerscheins des Beschwerdeführers an die Botschaft der Islamischen Republik Pakistan und ersuchte um Ausstellung eines Heimreisezertifikats für den Beschwerdeführer. Am 9. Juni 2010 wurde dem Beschwerdeführer mündlich mitgeteilt, dass die Dauer der Schubhaft auf sechs Monate verlängert werde, da nach wie vor kein Heimreisezertifikat vorliege. Am 16. September 2010 wurde der Beschwerdeführer mit der Begründung aus der Schubhaft entlassen, dass nach wie vor kein Heimreisezertifikat vorliege und eine weitere Anhaltung in Schubhaft unverhältnismäßig wäre. Zwischen 2010 und 2012 wurde der Beschwerdeführer wiederholt aufgegriffen und wegen Verdachts der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach §120 FPG festgenommen.

4.2.    Die Bundespolizeidirektion Wien bzw. die Landespolizeidirektion Wien richtete bis zum 24. Mai 2013 wiederholt schriftliche Urgenzen an die Botschaft der Islamischen Republik Pakistan. Die Botschaft der Islamischen Republik Pakistan forderte die Behörden im Heimatstaat des Beschwerdeführers wiederholt auf, dessen Identität zu bestätigen.

4.3.    Am 25. Februar 2013 beantragte der Beschwerdeführer bei der Landespolizeidirektion Wien die Ausstellung einer Karte für Geduldete nach §46a Abs2 FPG und brachte vor, dass er im Zusammenhang mit der Beschaffung des Heimreisezertifikats stets kooperativ gewesen und eine Abschiebung aus tatsächlichen, von ihm nicht zu vertretenden Gründen unmöglich sei. Die Landespolizeidirektion Wien wies den Antrag mit Bescheid vom 23. März 2013 (offenbar fälschlich datiert mit "23. 2. 2013") mit der Begründung ab, dass der Beschwerdeführer bei der Beschaffung des Heimreisezertifikats nur ungenügend mitgewirkt habe, insbesondere dadurch, dass er nicht immer ordnungsgemäß gemeldet gewesen sei, sich mit einem gefälschten Dokument ausgewiesen habe und im Jahr 2011 einer Ladung zur Ausfüllung eines Formblattes zur Erlangung des Heimreisezertifikates nicht nachgekommen sei. Weiters habe er sich im Zuge einer Anhaltung dahingehend geäußert, dass er gerne in Österreich bleiben würde.

Mit Berufungsbescheid vom 14. Mai 2013 bestätigte die Landespolizeidirektion Wien, Büro II. Instanz, den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, dass der Antrag gemäß §46a Abs1a FPG zurückgewiesen werde. Begründend führte die Landespolizeidirektion Wien unter Berufung auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Mai 2012, 2012/21/0053, aus, dass durch das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011, BGBl I 38/2011, die Antragsmöglichkeit in Bezug auf die Ausstellung der Karte für Geduldete beseitigt worden sei. Es sei die zum Entscheidungszeitpunkt geltende Rechtslage anzuwenden, zumal hinsichtlich §46a FPG keine Übergangsregelungen vorgesehen seien. Demnach sei der Antrag des Beschwerdeführers mangels Antragsmöglichkeit richtigerweise zurückzuweisen gewesen.

5.       Bei der Behandlung der gegen diese Bescheide gerichteten Beschwerden sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §46a Abs1a des Bundesgesetzes über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel (Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG), BGBl I 100 idF BGBl I 38/2011, entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 23. Juni 2014 beschlossen, diese Gesetzesbestimmungen von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.

6.       Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:

"3.1. Gemäß §46a Abs1a FPG ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet geduldet, wenn die Behörde von Amts wegen feststellt, dass die Abschiebung des Betroffenen aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen nicht möglich ist, es sei denn, dass nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §5 AsylG 2005 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt. Gemäß Abs2 leg.cit. ist dem Fremden eine Karte für Geduldete auszustellen, wenn dessen Aufenthalt im Bundesgebiet geduldet ist. Der Verfassungsgerichtshof versteht diese Bestimmung auf Grund ihres Wortlautes vorläufig dahin, dass die tatsäch-liche Unmöglichkeit einer Abschiebung erst zu dem Zeitpunkt feststeht (und daher auch erst dann festgestellt werden kann), zu welchem davon ausgegangen werden muss, dass die tatsächlichen Hindernisse einer Abschiebung auf Dauer entgegenstehen, etwa weil die Weigerung des potentiellen Empfangsstaates, ein Heimreisezertifikat auszustellen, zumindest auf absehbare Zeit endgültig ist.

3.2. Gemäß §120 Abs1a FPG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von € 500,– bis zu € 2.500,–, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Eine Verwaltungsübertretung liegt gemäß §120 Abs5 Z2 FPG nicht vor, solange der Fremde im Sinne des §46a FPG geduldet ist. Dies dürfte u.a. zur Folge haben, dass der Fremde während des Verfahrens zur Erlangung des zur Abschiebung nötigen Heimreisezertifikates wegen rechtswidrigen Aufenthaltes im Inland nach §120 Abs1a FPG strafbar bleibt und die Wirkung der Straflosigkeit nach §120 Abs5 Z2 FPG erst dann eintritt, wenn festgestellt wurde, dass die Abschiebung tatsächlich unmöglich ist. Denn nach dem Wortlaut des §46a Abs1a FPG setzt der Eintritt der Duldung die von Amts wegen vorgenommene Feststellung der tatsächlichen Unmöglichkeit einer Abschiebung voraus.

3.3. Ein Antragsrecht in Bezug auf diese Feststellung sieht das Gesetz aber nicht vor (vgl. auch VwGH 16.5.2012, 2012/21/0053). Diese Rechtslage dürfte mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips nicht in Einklang stehen:

3.3.1. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 13.223/1992 unter Hinweis auf seine Rechtsprechung betont hat (VfSlg 8279/1978 mit Bezugnahme auf VfSlg 2929/1955; s. auch VfSlg 2455/1952), gipfelt der Sinn des rechtsstaatlichen Prinzips darin, dass alle Akte staatlicher Organe im Gesetz und mittelbar letzten Endes in der Verfassung begründet sein müssen und ein System von Rechtsschutzeinrichtungen die Gewähr dafür bietet, dass nur Akte in ihrer rechtlichen Existenz als dauernd gesichert erscheinen, die in Übereinstimmung mit den sie bedingenden Akten höherer Stufe erlassen wurden (vgl. auch VfSlg 11.196/1986, 12.683/1991).

3.3.2. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in VfSlg 13.223/1992 ausge-sprochen, dass es mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht vereinbar und daher von Verfassungs wegen verpönt ist, wenn staatliche Entscheidungen der zwingend vorgesehenen Rechtskontrolle dadurch entzogen werden, dass die Erlassung der verfassungsgesetzlich vorgesehenen Rechtssatzform des Bescheides ausgeschlossen wird. Wie schon in der bisherigen Rechtsprechung zum Ausdruck kam, muss die Anrufung des Verfassungsgerichtshofes der Bevölkerung als das letzte Mittel, ihre verfassungsmäßigen Rechte geltend zu machen, gewahrt sein (vgl. VfSlg 1524/1946, 1542/1946, 8888/1980).

Aus diesen Gründen sind Parteien nach der Rechtsprechung des Verfassungs-gerichtshofes (zB VfSlg 8047/1977, 9993/1984) nicht nur dann berechtigt, die bescheidmäßige Feststellung strittiger Rechtsverhältnisse zu begehren, wenn derartige Feststellungsbescheide im Gesetz ausdrücklich vorgesehen sind, sondern immer auch dann, wenn der Bescheid im Einzelfall notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung ist. Ein Feststellungsantrag ist insbesondere dann ein notwendiges und verfassungsrechtlich auch gebotenes Mittel der Rechtsverteidigung, wenn die Partei ansonsten bei ungeklärter Rechtslage der Gefahr einer Bestrafung ausgesetzt wäre.

3.3.2.1. Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass §46a Abs1a iVm dem Strafausschließungsgrund des §120 Abs5 Z2 FPG die Rechtsver-hältnisse jener Gruppe von Fremden regeln soll, die aus Gründen, auf die sie keinen Einfluss haben, am – infolge des Ausreisegebotes der Rückkehrent-scheidung an sich gebotenen – Verlassen des Bundesgebietes gehindert sind, und zwar solange dieses Hindernis andauert. Ein solcher Fremder, der sich im Inland nicht rechtmäßig aufhält, weil sein Abschiebungsverfahren im Gang ist, läuft nämlich gleichwohl Gefahr, auch dann wegen der Verwaltungsübertretung des rechtswidrigen Aufenthaltes im Bundesgebiet gemäß §120 Abs1a FPG belangt und zumindest vorübergehend festgenommen zu werden, wenn und solange eine Abschiebung insbesondere auch aus Gründen, die beim Herkunftsstaat liegen, gar nicht möglich ist, jedoch von der Behörde keine formelle Feststellung darüber getroffen wurde und auch eine Karte für Geduldete mangels einer solchen Feststellung noch nicht ausgestellt worden ist. Denn so lange dürfte der Fremde zumindest nicht in der Lage sein, einem einschreitenden Amtsorgan an Ort und Stelle urkundlich nachzuweisen, dass sein (rechtswidriger) Aufenthalt (insoweit) unverschuldet und er daher geduldet ist.

3.3.2.2. Ein solcher Fremder dürfte ferner dem Risiko ausgesetzt sein, von der Fremdenpolizei aufgegriffen und (zur Sicherung der Abschiebung) auch dann in Schubhaft genommen zu werden, wenn die Voraussetzungen für eine Fest-stellung iSv §46a Abs1a FPG längst vorliegen, eine solche Feststellung aus welchen Gründen aber immer von Amts wegen noch nicht getroffen wurde.

3.3.3. In solchen Konstellationen dürfte sich aber ein Antrag auf Feststellung des Status eines Geduldeten im Sinne des §46a FPG als verfassungsrechtlich ge-botenes Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erweisen, weil für den Betroffenen die dargestellten Folgen des Ausgeliefertseins an eine unge-klärte Rechtslage, verbunden mit den Gefahren einer Bestrafung und der Ver-hängung von Schubhaft, nach vorläufiger Ansicht des Verfassungsgerichtshofes nicht zumutbar sein dürften. Der Wortlaut des §46a Abs1a FPG, wonach Fremde geduldet sind, wenn die Behörde (offenbar nur) von Amts wegen fest-stellt, dass die Abschiebung des Betroffenen aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen nicht möglich ist, dürfte jedoch der Zulässigkeit eines solchen Feststellungsantrages entgegenstehen.

3.3.4. Der Behörde ist in §46a Abs2 FPG zwar die Pflicht auferlegt, Fremden, deren Aufenthalt im Bundesgebiet geduldet ist, zur Erleichterung des jederzeitigen Nachweises dieses Umstandes eine Karte für Geduldete auszustellen; selbst wenn man annimmt, dass dieser Pflicht zur Ausstellung der Karte ein korrespondierendes, grundsätzlich mit Bescheid zu erledigendes (Antrags-)Recht der Fremden gegenübersteht, dürfte dieses kein ausreichender Ersatz für das Fehlen eines Feststellungsrechtes auf Eintritt der Duldung darstellen, da das Recht auf Ausstellung einer Karte für Geduldete seinerseits von der vorherigen – nicht bescheidförmig, sondern anscheinend durch einen behördeninternen Akt vorzunehmenden – amtswegigen Feststellung der Duldung im Sinne des §46a Abs1a FPG abzuhängen scheint (vgl. VwGH 25.10.2012, 2011/21/0256).

3.3.5. Der Mangel eines Antragsrechts auf Feststellung der tatsächlichen Unmög-lichkeit der Abschiebung und die nicht in Bescheidform ergehende behördliche Entscheidung über die Zuerkennung des Status des Geduldeten haben anscheinend zur Folge, dass u.a. hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für die Anwendung des §120 Abs5 Z2 FPG kein Rechtsschutzweg eröffnet ist. Dies scheint aber selbst unter der Annahme, dass der Gesetzgeber der Behörde insoweit Ermessen einräumen hätte wollen, eine Rechtmäßigkeitskontrolle dieser Ermessensübung auf Ermessensmissbrauch oder Ermessensüber-schreitung auszuschließen. Angesichts der mit der Anerkennung als Geduldeter für den Fremden verbundenen weitreichenden Rechtsfolgen scheint §46a Abs1a FPG daher gegen das Rechtsstaatsprinzip zu verstoßen.

3.3.6. Es wird aber im Gesetzesprüfungsverfahren zu erörtern sein, ob das Vorliegen der Voraussetzungen der Duldung zumindest insoweit einer rechts-staatlichen Kontrolle unterliegt, als die Behörde diese als Tatbestandsvoraussetzungen im Verfahren zur Ausstellung einer Karte für Geduldete zu prüfen und darüber eine bescheidmäßige Erledigung zu ergehen hat, die ihrerseits einer Prüfung ob ihrer Rechtmäßigkeit unterzogen werden kann.

3.4. §46a Abs1a FPG idF BGBl I 38/2011 dürfte aber auch gegen den Gleichheitssatz verstoßen.

3.4.1. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Recht-sprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Inter-nationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskri-minierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unter-scheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleich-behandlung nicht unverhältnismäßig ist.

3.4.2. §46a Abs1a FPG idF BGBl I 38/2011 bestimmt, dass eine Duldung wegen Vorliegens eines tatsächlichen Abschiebungshindernisses erst mit der behörd-lichen Feststellung der Unmöglichkeit der Abschiebung eintritt. Damit dürfte innerhalb der Gruppe jener Fremden, die unverschuldet aus tatsächlichen Gründen nicht abgeschoben werden können, zwischen jenen unterschieden werden, in deren Angelegenheit die Behörde eine solche Feststellung vorgenommen hat, und jenen, in deren Angelegenheit die Behörde eine solche Fest-stellung nicht getroffen hat, obwohl sich die beiden Gruppen nicht durch die behördlich festzustellende Unmöglichkeit der Ausreise, sondern nur dadurch unterscheiden, dass die Behörde in einem Fall tätig wird und in dem anderen Fall nicht. Dies scheint dazu zu führen, dass die Angehörigen der zweiten Gruppe nicht geduldet sind und daher von den Rechtsfolgen, die an eine Duldung geknüpft sind, ausgeschlossen werden (zB Strafausschließungsgrund gemäß §120 Abs5 FPG, Zugang zum Arbeitsmarkt gemäß §4 Abs1 Z1 AuslBG, Aussicht auf Aufenthaltsbewilligung gemäß §69a Abs1 Z1 NAG idF BGBl I 87/2012), ohne dass erkennbare objektive Abgrenzungskriterien zur ersten Gruppe dafür dem Gesetz zu entnehmen wären.

3.4.3. Der Verfassungsgerichtshof vermag aber vorläufig auch keine sachliche Rechtfertigung dafür zu erkennen, dass die Duldung erst mit der definitiven Unmöglichkeit der Abschiebung in den Aufnahmestaat wirksam wird. Vielmehr dürfte bei der in Rede stehenden Personengruppe eine Abschiebung auch schon davor, nämlich im gesamten Zeitraum bis zur Ausstellung eines Heimreise-zertifikates durch den Aufnahmestaat, in ganz gleicher Weise aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, unmöglich sein. Diese nicht vom Fremden zu vertretende Unmöglichkeit dürfte überhaupt nur dann und zu jenem Zeitpunkt wegfallen, zu dem der Aufnahmestaat ein entsprechendes Heimreisezertifikat tatsächlich ausstellt. Es scheint keinen sachlichen Grund dafür zu geben, Fremde während dieses Zeitraums der von ihnen nicht zu vertretenden Unmöglichkeit der Abschiebung, also bei einer im wesentlichen Punkt identen Sachlage, den oben dargestellten Risiken auszusetzen und die Duldung und damit auch den Schutz vor Festnahme in Schubhaft und verwaltungsstrafrechtlicher Verfolgung erst eintreten zu lassen, sobald die Abschiebung von der Behörde als unmöglich beurteilt wird.

3.4.4. In sich unsachlich, weil einander anscheinend diametral widersprechende Anordnungen treffend, scheint ferner die Regelung des vorletzten und letzten Satzes des §46a Abs1a FPG zu sein: Denn es wird darin einerseits angeordnet, dass die für die Duldung festgesetzten Auflagen dem Fremden 'mit Verfahrens-anordnung (§63 Abs2 AVG)' mitzuteilen sind (was zur Folge hat, dass diese Anordnungen iSd §63 Abs2 AVG (nunmehr §7 Abs1 VwGVG) erst in der Berufung (nunmehr Beschwerde) gegen den die Angelegenheit erledigenden Bescheid bekämpfbar (gewesen) wären, der aber im Falle der Ausstellung der Karte für Geduldete anscheinend gar nicht erlassen werden soll; siehe Pkt. 3.3.5.) während andererseits im letzten Satz der Norm gleichzeitig §56 FPG für sinngemäß anwendbar erklärt wird, wonach Auflagen aber von vornherein mit Mandatsbescheid festzusetzen wären.

3.5. §46a Abs1a FPG scheint aber auch gegen das in Art18 Abs1 B-VG ver-ankerte Legalitätsprinzip zu verstoßen.

3.5.1. Das Legalitätsprinzip gebietet, dass Gesetze einen Inhalt haben müssen, durch den das Verhalten der Behörde vorherbestimmt ist. Es ist jedoch ver-fassungsgesetzlich zulässig, wenn der einfache Gesetzgeber einer Verwaltungs-behörde ein Auswahlermessen einräumt und die Auswahlentscheidung an – die Behörde bindende – Kriterien knüpft (vgl. zB VfSlg 5810/1968, 12.399/1990, 12.497/1990, 16.625/2002). Dass der Gesetzgeber bei der Beschreibung und Formulierung dieser Kriterien unbestimmte Gesetzesbegriffe verwendet, dadurch zwangsläufig Unschärfen in Kauf nimmt und von einer exakten Determinierung des Behördenhandelns Abstand nimmt, kann im Hinblick auf den Regelungsgegenstand erforderlich sein, steht aber grundsätzlich in Einklang mit Art18 Abs1 B-VG (vgl. die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zum 'differenzierten Legalitätsprinzip', VfSlg 13.785/1994 mwN).

3.5.2. Die Grenze zwischen einer noch ausreichenden materiellen Bestimmtheit des behördlichen Handelns und einer formalen Delegation wird in einzelnen Fällen nicht immer leicht zu bestimmen sein. Entscheidungskriterium ist hier stets die Frage, ob die getroffene behördliche Entscheidung auf ihre inhaltliche Gesetzmäßigkeit überprüft werden kann. Dabei sind in Ermittlung des Inhalts des Gesetzes alle zur Verfügung stehenden Auslegungsmöglichkeiten auszuschöpfen: Nur wenn sich nach Heranziehung aller Interpretationsmethoden immer noch nicht beurteilen lässt, was im konkreten Fall rechtens ist, verletzt die Norm die in Art18 B-VG statuierten rechtsstaatlichen Erfordernisse.

3.5.3. Bei §46a Abs1a FPG scheint es dem Verfassungsgerichtshof unter Heran-ziehung aller Interpretationsmethoden nicht möglich, auf Grund des Gesetzes zu bestimmen, nach welchen Kriterien und – vor allem – wann die Behörde festzu-stellen hat, dass die Abschiebung des Betroffenen aus tatsächlichen vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. In §46a Abs1b leg.cit. ist nur eine Reihe von Ursachen für Abschiebungshindernisse genannt, die vom Fremden zu vertreten sind und bei deren Vorliegen die Behörde nicht feststellen darf, dass die Abschiebung nicht möglich ist.

3.5.4. Der verbleibende Handlungsspielraum der Behörde hinsichtlich des 'Ob' und des 'Wann' der Feststellung ist jedoch immer noch so groß, dass es dem Verfassungsgerichtshof unmöglich erscheint, eine im Rahmen dieses Spielraumes getroffene Entscheidung auf ihre Gesetzmäßigkeit hin zu überprüfen.

3.5.5. Ein diesen Spielraum einschränkendes Kriterium scheint zu fehlen. §46a Abs1a FPG ordnet nicht einmal an, dass die Behörde beim Vorliegen von Gründen, die eine Abschiebung unmöglich machen, sogleich eine entsprechende Feststellung und in welcher Form – etwa durch Bescheid oder durch Aktenver-merk – sie diese zu treffen hat. Ungeachtet der Regelung, welche Rechtsfolgen die Feststellung der Behörde auslöst (vgl. u.a. §46a Abs2 FPG), bleibt völlig ungeregelt, auf Grund welcher Tatbestandsvoraussetzungen und auf welche Weise eine derartige Feststellung zu erfolgen hat.

3.5.6. Das führt anscheinend auch dazu, dass es trotz eines bereits erfolgten Eintritts der Unmöglichkeit der Abschiebung dem Belieben der Behörde über-lassen bleibt, den Zeitpunkt, zu dem die Duldung festgestellt und damit (unter anderem) der Strafausschließungsgrund des §120 Abs5 FPG für die Betroffenen wirksam wird, weitgehend frei zu bestimmen. In vielen Fällen dürfte es nämlich weitgehend von einer subjektiven Bewertung des Verhaltens des Aufnahme-staates durch die Behörde abhängen, ob und ab welchem Zeitpunkt in Bezug auf eine Person genau feststeht, dass deren Abschiebung aus Gründen, die im Verhalten des potentiellen Aufnahmestaates liegen, nicht möglich ist; dies scheint letztlich davon abzuhängen, um welchen Staat es sich handelt, sodass die Unmöglichkeit der Abschiebung auf verschiedene Weise und oft erst nach unter-schiedlich langer Verfahrensdauer zum Ausdruck kommen wird. Daher dürfte es rechtsstaatlich geboten sein, ein klar definiertes Kriterium, das anscheinend auch im fruchtlosen Ablauf einer Frist bestehen könnte, für die Zulässigkeit der Fest-stellung zu normieren, da andernfalls die Vollziehung anscheinend der Willkür der Behörde überantwortet ist."

7.       Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie beantragt, der Verfassungsgerichtshof wolle aussprechen, dass die in Prüfung gezogene Bestimmung nicht verfassungswidrig war, und den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken wie folgt entgegentritt:

"1. Zu den Bedenken im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip:

1.1. Der Verfassungsgerichtshof hegt das Bedenken, dass die in Prüfung gezogene Bestimmung gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoße, da nach dieser ein Antragsrecht von Fremden auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen ihrer Duldung nicht vorgesehen sei. Fremde, hinsichtlich derer die Voraussetzungen der Duldung gemäß §46a Abs1a FPG vorliegen, deren Duldung aber noch nicht formell festgestellt worden sei (und für die demgemäß eine Karte für Geduldete noch nicht ausgestellt worden sei), seien dem Risiko ausgesetzt, gemäß §120 Abs1a FPG belangt und zumindest vorübergehend festgenommen zu werden, da sie ihre Duldung einem einschreitenden Amtsorgan gegenüber nicht an Ort und Stelle nachweisen könnten. Weiters seien Fremde in diesen Fällen dem Risiko ausgesetzt, in Schubhaft genommen zu werden. In diesen Konstellationen erscheine ein Antrag auf Feststellung des Status eines Geduldeten als verfassungsrechtlich gebotenes Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.

1.2. Die Bundesregierung geht von folgender Rechtslage aus:

1.2.1. Gemäß §46a Abs2 FPG hat die Behörde Fremden, deren Aufenthalt im Bundesgebiet geduldet ist, eine Karte für Geduldete auszustellen. Während das Gesetz die Ausstellung der Karte bis zum FrÄG 2011 dem Ermessen der Behörde überließ (vgl. die Formulierung 'Die Behörde kann...' in §46a Abs2 FPG idF FrÄG 2009), ist seit dem FrÄG 2011 eine entsprechende Pflicht der Behörde vorgesehen (vgl. die Formulierung 'Die Behörde hat...'). Dem entsprechend wird in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage eines FrÄG 2011 ausgeführt, dass 'die Behörden nunmehr Geduldeten eine Duldungskarte jedenfalls auszustellen haben, wenn die Vorrausetzungen vorliegen und die Bestimmung nicht mehr – wie bisher – der Behörde ein Ermessen über die Ausstellung einräumt.' (1078 BlgNR XIV. GP, 28).

Diese Pflicht zur Ausstellung einer Karte für Geduldete dient nicht nur der Wahrung öffentlicher Interessen, sondern auch der Interessen des geduldeten Fremden. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum FrÄG 2009 wird dazu ausgeführt, dass die Karte Probleme vermeiden soll, 'die mit einer Nichtfeststellbarkeit der Identität einhergehen, was sowohl im Sinne des Fremden, als auch im Interesse der Behörde ist.' (330 BlgNR XXIV. GP, 30). Die Karte für Geduldete soll somit sicherstellen, dass sich Fremde ausweisen und ihren Status als Geduldete rasch glaubhaft machen können.

Hat eine Person ein Interesse an der Erfüllung einer Pflicht, ein Interesse, das für die gesetzliche Festlegung der verpflichtenden Norm maßgebend war, so streitet im demokratischen Rechtsstaat eine Vermutung für ihre Befugnis zur Rechtsverfolgung (VwSlg. 16.759 A/2005; Grabenwarter, Subjektive Rechte und Verwaltungsrecht, 16. ÖJT 1/1 [2006] 20 ff; Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht [3. Aufl. 2009] 376 mwN; 'Schutznormtheorie'). Da die behördliche Pflicht zur Ausstellung einer Karte für Geduldete auch dem Schutz der Interessen spezifischer Einzelpersonen dient, ist von einem Recht eines Fremden auf Ausstellung einer Karte für Geduldete auszugehen. Dieses subjektive öffentliche Recht begründet in Verbindung mit §8 AVG die Parteistellung des Fremden in einem Verfahren über die Ausstellung der Karte – und damit einen Anspruch auf eine meritorische Entscheidung über dieses Recht, aus dem ein Antragsrecht erfließt.

1.2.2. Wird von einem Fremden die Ausstellung einer Karte für Geduldete beantragt, ohne dass bis zu diesem Zeitpunkt bereits eine (amtswegige) Feststellung über die Duldung getroffen wurde, ist diese Frage im Rahmen der Entscheidung über den Antrag auf Ausstellung der Karte für Geduldete zu beurteilen. Das Vorliegen der Voraussetzungen der Duldung bildet eine Tatbestandsvoraussetzung für die Ausstellung der Karte für Geduldete. Liegen die Voraussetzungen für eine Duldung vor, hat die Behörde eine Karte für Geduldete auszustellen; dem Antrag wird also faktisch entsprochen.

Diese Ausstellung der Karte erfolgt als Ergebnis eines verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahrens; die Karte ist insofern als Beurkundung zu verstehen, der die rechtliche Bedeutung eines Bescheides zukommt, ohne dass daneben ein gesonderter Bescheid über die Duldung ergeht (vgl. etwa zur Ausstellung des Führerscheins ohne gesonderte bescheidmäßige Erteilung der Lenkerberechtigung VwGH 17.12.2002, 2001/11/0051; Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 1996, 503).

Kommt die Behörde zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen der Duldung nicht vorliegen, ist der Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete mit Bescheid abzuweisen. Dieser Bescheid kann vom Antragsteller vor den Verwaltungsgerichten und dem Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof bekämpft werden, wobei auch die Rechtmäßigkeit der Beurteilung der Behörde über das Vorliegen der Voraussetzungen einer Duldung überprüft werden kann.

Auf diesem Weg können Fremde, die jederzeit die Ausstellung einer Karte für Geduldete beantragen können, die Frage der Duldung im Rechtsweg überprüfen lassen. Die Bundesregierung geht daher davon aus, dass ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip nicht vorliegt.

2. Zu den Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitssatz:

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hegt das Bedenken, dass die in Prüfung gezogene Bestimmung in verschiedener Hinsicht gegen den Gleichheitssatz verstoße.

2.2. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Duldung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen, wie schon nach §46a FPG idF FrÄG 2009, auch gemäß §46a Abs1a FPG idF FrÄG 2011 ex lege eintritt.

Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des §46a Abs1a FPG in der in Prüfung gezogenen Fassung des FrÄG 2011. In der Regierungsvorlage zu diesem Gesetz war noch ausdrücklich vorgesehen, dass eine Duldung 'auf Antrag oder von Amts wegen' festzustellen sei (1078 BlgNR XXIV. GP, 23). Dazu führen die Erläuterungen zur Regierungsvorlage aus, dass damit 'selbstverständlich [...] der bisherige 'Automatismus' in solchen Fällen beseitigt [ist], allerdings zu Gunsten von mehr Rechtssicherheit.' (1078 BlgNR XXIV. GP, 27). Das Antragsrecht auf Feststellung der Duldung sollte gleichsam einen Ausgleich für den Entfall des 'Automatismus' – womit der ex lege-Eintritt der Duldung gemeint ist – darstellen; zweiteres war also gleichsam mit ersterem verknüpft.

Das in der Regierungsvorlage enthaltene Antragsrecht ist jedoch nicht Gesetz ge-worden, dafür aber die Regelung, dass die Feststellung der Duldung (nur) von Amts wegen erfolgt. Vor dem Hintergrund dieser Entstehungsgeschichte ist jedoch nicht davon auszugehen, dass der 'Automatismus' tatsächlich entfallen sollte, da der Entfall des 'Automatismus' von Anfang an wie dargelegt unter der Prämisse eines Antragsrechts des Fremden auf Feststellung der Duldung stand. Die Duldung eines Fremden tritt daher auch gemäß §46a Abs1a FPG bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ex lege ein.

Auch aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich nichts anderes. §46a Abs1a FPG idF FrÄG 2011 sieht eine 'Feststellung' der Behörde über das Vorliegen der Duldungsvoraussetzungen vor. Nach herkömmlicher rechtswissenschaftlicher Terminologie werden durch einen Feststellungsbescheid weder Leistungspflichten begründet noch Rechtsverhältnisse gestaltet. Vielmehr soll lediglich über das Bestehen von Rechtsverhältnissen bzw. das Vorliegen rechtserheblicher Tatsachen abgesprochen werden, die auch ohne diese Feststellung bestehen bzw. vorliegen würden (vgl. zu den Begriffen des Rechtsgestaltungs- und Feststellungsbescheides Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht, 9. Aufl. 2011, 242 f).

Zusammengefasst geht die Bundesregierung daher davon aus, dass die Duldung gemäß §46a Abs1a FPG idF FrÄG 2011 bei Vorliegen der gesetzlichen Voraus-setzungen ex lege eintritt und die Behörde diesen Umstand lediglich deklaratorisch festzustellen hat. Vor diesem Hintergrund gehen die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes im Hinblick auf den Gleichheitssatz aber ins Leere.

2.3. Der Verfassungsgerichtshof hegt zunächst das Bedenken, dass innerhalb der Gruppe von Fremden, die aus tatsächlichen Gründen nicht abgeschoben werden können, zwischen jenen differenziert werde, die aufgrund einer behördlichen Feststellung gemäß §46a Abs1a FPG geduldet seien, und jenen, bei denen dies (mangels einer solchen Feststellung) nicht der Fall sei.

2.3.1. Ausgehend davon, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des §46a Abs1a FPG die Duldung ex lege eintritt, kann es zu einer solchen Unterscheidung von vorneherein nicht kommen. Auf eine behördliche Feststellung kommt es für die Duldung nämlich nicht an.

2.3.2. Selbst wenn aber – entgegen der hier vertretenen Rechtsauffassung – die Duldung von Fremden erst mit der behördlichen Feststellung der Unmöglichkeit der Abschiebung beginnen würde, läge ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht vor. Eine Vielzahl von Rechtsvorschriften knüpft den Eintritt von Rechtsfolgen an die Erlassung eines Bescheides. Der Bescheid ändert die individuelle Rechtsstellung der Partei. Es liegt aber in der Natur der Sache, dass die Rechtsstellung jener Personen, denen gegenüber ein Bescheid erlassen wurde, sich von der Rechtsstellung jener anderen Personengruppe [unter]scheidet, die zwar ebenfalls die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen, denen gegenüber ein solcher Bescheid jedoch – sei es aus Gründen, die in der Ingerenz des Rechtsunterworfenen liegen, sei es aus Gründen, die die Behörde zu verantworten hat – noch nicht erlassen wurde.

2.4. Der Verfassungsgerichtshof hält es ferner für bedenklich, dass die Duldung erst mit der von der Behörde festzustellenden Unmöglichkeit der Abschiebung beginne und nicht bereits im gesamten Zeitraum bis zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates durch den Aufnahmestaat wirksam sei.

Die Bundesregierung verweist auch in diesem Zusammenhang darauf, dass die Duldung eines Fremden bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ex lege und nicht erst mit der Feststellung der Behörde eintritt. Wann dies der Fall ist, hängt zwangsläufig von den Umständen des Einzelfalles ab. Was im Besonderen den Zeitraum bis zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates angeht, wird dieser in der Regel einen Zeitraum darstellen, in dem die Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Dies kann aber nicht in jedem Einzelfall gelten, jedenfalls nicht in den von §46a Abs1b Z2 und 3 FPG ausdrücklich genannten Fällen, in denen der Fremde entweder einen Ladungstermin zur Einholung eines Ersatzreisedokuments nicht befolgt oder an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments notwendigen Schritten nicht mitwirkt.

2.5. Der Verfassungsgerichtshof äußert ferner das Bedenken, dass die in Prüfung gezogene Bestimmung in sich unsachlich sei, da die Anordnung der Mitteilung von Auflagen mit Verfahrensanordnung im vorletzten Satz des §46 Abs1a FPG damit in Widerspruch stünde, dass ein Bescheid 'im Falle der Ausstellung der Karte für Geduldete anscheinend gar nicht erlassen werden soll' […].

2.5.1. Dieses Bedenken des Verfassungsgerichtshofes beruht offenbar auf der Annahme, dass aufgrund der in Prüfung gezogenen Bestimmung die Feststellung der Unmöglichkeit der Abschiebung stets nur in der Form eines behördeninternen Aktes erfolge […], die Erlassung eines Bescheides nicht vorgesehen und insofern für die Festsetzung von Verfahrensanordnungen kein Raum sei.

2.5.2. Die Bundesregierung geht allerdings, wie zuvor dargelegt, davon aus, dass die Duldung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ex lege eintritt und dass die Duldung eine Tatbestandsvoraussetzung im Verfahren zur Ausstellung einer Karte für Geduldete darstellt. Wie die Behörde das Vorliegen oder Nichtvorliegen dieser Tatbestandsvoraussetzungen zu beurteilen hat, ist im Gesetz nicht näher geregelt. Dass diese Beurteilung ausschließlich in Form eines eigenen (behördeninternen) Aktes erfolgen müsse, ist im Gesetz jedenfalls nicht vorgesehen.

Soll die Duldung mit Auflagen verbunden werden, hat die Behörde von Amts wegen ein Verfahren zur Feststellung der Duldung einzuleiten, im Zuge dessen sie Auflagen mit Verfahrensanordnung mitteilen kann. Eine solche Verfahrensanordnung kann gemäß §7 Abs1 VwGVG in der Beschwerde gegen den in diesem Verfahren ergehenden Feststellungsbescheid bekämpft werden. Stellt hingegen ein Fremder einen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete, kann die Behörde die Auflagen mit Verfahrensanordnung in dem auf Grund eines solchen Antrages eingeleiteten Verfahren mitteilen. In einem solchen Fall kann die Behörde dem Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete nicht bloß faktisch entsprechen, sondern hat zusätzlich einen Bescheid zu erlassen, sodass die Auflagen in der Beschwerde gegen diesen Bescheid bekämpft werden können. Es besteht nämlich keine Regelung, dass einem Antrag in jedem Fall nur durch faktische Ausfolgung einer Karte für Geduldete stattzugeben ist, sodass die Erlassung eines Bescheides ausgeschlossen wäre.

2.6. Der Verfassungsgerichtshof hält es überdies für unsachlich, dass einerseits gemäß §46a Abs1a FPG die Festsetzung von Auflagen mit Verfahrensanordnung mitzuteilen sei, während gleichzeitig §56 FPG für sinngemäß anwendbar erklärt werde, wonach Auflagen mit Mandatsbescheid festzusetzen seien. Diese Anordnungen würden sich diametral widersprechen.

2.6.1. Die Regelung, dass Auflagen während der Frist für die freiwillige Ausreise mittels Mandatsbescheides festzusetzen sind, wurde erst durch das Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl I Nr 87/2012, in §56 Abs1 FPG eingefügt. Diese Änderung ist mit 1. Jänner 2014 in Kraft getreten (§126 Abs12 FPG) und ist daher für die Anlassfälle nicht präjudiziell.

2.6.2. Der Vollständigkeit halber merkt die Bundesregierung aber an, dass auch nach geltender Rechtslage ein Widerspruch nicht vorliegt. Die in §46a Abs1a letzter Satz FPG angeordnete 'sinngemäße' Geltung des §56 FPG kann nämlich so verstanden werden, dass sie sich nicht auf die Verpflichtung zur Erlassung des Bescheides in Form eines Mandatsbescheides bezieht.

3. Zu den Bedenken im Hinblick auf das Legalitätsprinzip:

3.1. Der Verfassungsgerichtshof hegt ferner das Bedenken, dass die in Prüfung gezogene Bestimmung zu unbestimmt sei und daher gegen das Legalitätsprinzip verstoße.

3.2. Auch dies trifft nach Auffassung der Bundesregierung nicht zu:

3.2.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes verlangen unterschiedliche Regelungsbereiche einen unterschiedlichen Grad an Vorherbestimmung (grundlegend VfSlg 13.785/1994; sog. 'differenziertes Legalitätsprinzip'). Selbst in sog. eingriffsnahen Bereichen wie dem Fremdenrecht ist dem Gesetzgeber die Verwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe, wie sie in der Wendung 'vom Fremden nicht zu vertretende Gründe' vorkommen, nicht verboten (VfSlg 10.737/1985).

3.2.2. Der Verfassungsgerichtshof weist auch selbst darauf hin, dass §46a Abs1b FPG mehrere Fälle nennt, in denen ein Abschiebungshindernis jedenfalls vom Fremden zu vertreten ist. Diese Fälle werden in den Materialien zum FrÄG 2009 und FrÄG 2011 weiter konkretisiert (vgl. ErlRV 330 BlgNR XXIV. GP, 29 f; AB 1160 BlgNR XXIV. GP, 9). Diese Bestimmung spezifiziert, in welchen Fällen im Umkehrschluss von einer nicht vom Fremden zu vertretenden objektiven Unmöglichkeit auszugehen ist.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass §46a Abs1a FPG selbst keine Ermächtigung zu einem Rechtseingriff enthält. Vielmehr begründet die Duldung auch einen Strafausschließungsgrund (vgl. §120 Abs5 Z2 FPG, wonach eine Verwaltungsübertretung nach §120 Abs1 FPG nicht vorliegt, solange der Fremde geduldet ist), hat in diesem Kontext also einen eingriffsbegrenzende Funktion.

Hervorzuheben ist ferner, dass eine genauere gesetzliche Vorherbestimmung der Kriterien nicht sachadäquat wäre. Es erscheint nämlich geradezu unmöglich, sämtliche Fälle, in denen eine Abschiebung aus vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen unmöglich ist, vorherzusehen und gesetzlich zu normieren. Eine weitergehende Determinierung wie etwa eine taxative Aufzählung der vom Fremden nicht zu vertretenden Gründe wäre zwangsläufig unvollständig und für den Fremden eher von Nachteil. Die Gesetzgebung hat aber in §46a Abs1b FPG – insbesondere durch die Berücksichtigung der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes – ohnedies jene Fälle geregelt, die in Zusammenhang mit dem Vorliegen eines Abschiebungshindernisses typischer Weise auftreten.

3.3. Die Bundesregierung geht daher davon aus, dass §46a Abs1a FPG – in Verbindung mit Abs1b dieser Bestimmung – dem Legalitätsprinzip des Art18 B-VG entspricht.

4. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass §46a Abs1a des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl I Nr 100/2005, idF des Bundesgesetzes BGBl I Nr 38/2011, nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig war."

8.       Die im zu B1353/2012 protokollierten Anlassfall beschwerdeführende Partei erstattete eine Äußerung, in der sie sich den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes anschließt und der Rechtsansicht der Bundesregierung entgegenhält, dass diese nicht von den Behörden im Anlassfall geteilt worden sei.

II.      Rechtslage

1.       Die Entwicklung des §46a FPG stellt sich wie folgt dar:

1.1.    Die in §46a FPG vorgesehene Duldung von Fremden im Bundesgebiet wurde durch das BGBl I 122/2009 eingeführt. Sie ersetzte den zuvor in §46 Abs3 FPG vorgesehenen Abschiebungsaufschub.

Die gegenüber der Regierungsvorlage unveränderte, durch BGBl I 122/2009 als §46a FPG eingeführte Bestimmung zur Duldung von Fremden lautete:

"Duldung

§46a. (1) Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist geduldet, solange deren Abschiebung gemäß

1. §§50 und 51 oder

2. §§8 Abs3a und 9 Abs2 AsylG 2005 unzulässig ist oder

3. aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen unmöglich scheint,

es sei denn, dass nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §5 AsylG 2005 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt.

(2) Die Behörde kann Fremden, deren Aufenthalt im Bundesgebiet geduldet ist, eine Karte für Geduldete ausstellen. Die Karte dient dem Nachweis der Identität des Fremden und hat insbesondere die Bezeichnungen 'Republik Österreich' und 'Karte für Geduldete', weiters Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des Geduldeten sowie die Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Namen des Genehmigenden zu enthalten. Die nähere Gestaltung der Karte legt der Bundesminister für Inneres durch Verordnung fest.

(3) Die Karte für Geduldete gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs1 über Antrag des Fremden für jeweils ein weiteres Jahr verlängert. Die Karte ist zu entziehen, wenn

1. deren Gültigkeitsdauer abgelaufen ist;

2. eine Duldung im Sinne des Abs1 nicht oder nicht mehr vorliegt;

3. das Lichtbild auf der Karte den Inhaber nicht mehr zweifelsfrei erkennen lässt oder

4. andere amtliche Eintragungen auf der Karte unlesbar geworden sind.

Der Fremde hat die Karte unverzüglich der Behörde vorzulegen, wenn die Karte entzogen wurde oder Umstände vorliegen, die eine Entziehung rechtfertigen würden. Wurde die Karte entzogen oder ist diese vorzulegen, sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und die Behörde ermächtigt, die Karte abzunehmen. Abgenommene Karten sind unverzüglich der Behörde vorzulegen, in deren örtlichen Wirkungsbereich das Organ eingeschritten ist. Diese hat die Karte an die zuständige Behörde weiterzuleiten."

1.2.    In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (RV 330 BlgNR 24. GP, 5 und 29) wurde dazu Folgendes ausgeführt:

"Da es […] künftig die Möglichkeit geben soll, subsidiär Schutzberechtigten ihren Status abzuerkennen, auch wenn eine Abschiebung in ihren Herkunftsstaat nicht zulässig ist, wird normiert, dass der Aufenthalt dieser Personen im Bundesgebiet geduldet ist. Ihnen ist eine Karte für Geduldete, die lediglich dem Nachweis der Identität dient und mit der ansonsten keine weiteren Rechte verbunden sind, auszustellen (§46a). […]

Insbesondere im Hinblick auf die mit vorliegendem Entwurf vorgeschlagenen Ausschluss- und Aberkennungsmöglichkeiten betreffend den Status des subsidiär Schutzberechtigten (§§8 Abs3a und 9 Abs2 AsylG 2005) und zur systematischen Neustrukturierung soll ein neuer §46a eingeführt werden. Dieser bestimmt in seinem Abs1, dass der Aufenthalt von Personen geduldet ist, solange deren Abschiebung gemäß §§50 und 51 FPG (Z1) oder §§8 Abs3a und 9 Abs2 (Z2) unzulässig ist oder aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen unmöglich scheint (Z3). Die Unzulässigkeit der Abschiebung bezieht sich naturgemäß nur auf den Entscheidungszeitpunkt. Die Abschiebung ist daher solange unzulässig, als sich die Umstände nicht entscheidungsrelevant geändert haben. Diese Prüfung ist in den in Abs1 genannten Fällen von der zuständigen Fremdenpolizeibehörde von Amts wegen wahrzunehmen. Die asylgesetzlichen Bestimmungen sind auf Fremde, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wurde (§9 Abs2 AsylG 2005) oder von dem der Fremde ausgeschlossen wurde (§8 Abs3a AsylG 2005), nicht mehr anwendbar. Die tatsächliche Unmöglichkeit soll naturgemäß nur dann zu einer Duldung führen, wenn die Hinderungsgründe nicht im Einflussbereich des Fremden liegen. Abs1 Z3 wird demnach beispielsweise auf Fremde, die ihren Herkunftsstaat verheimlichen um die Abschiebung zu verhindern, nicht anwendbar sein. §31 Abs1a bestimmt ausdrücklich, dass es sich bei einer Duldung nicht um einen rechtmäßigen Aufenthalt handelt. Die Duldung soll damit klarerweise kein Aufenthaltsrecht darstellen, sondern lediglich zum Ausdruck bringen, dass der Fremde nicht abgeschoben werden kann. […]

Abs2 bestimmt, dass diesen Fremden eine entsprechende 'Karte für Geduldete' ausgestellt werden kann. Eine Verpflichtung zur Ausstellung wird insbesondere dann nicht bestehen, wenn der Fremde an den für die Ausstellung der Karte notwendigen Verfahrenshandlungen nicht mitwirkt oder klar ist, dass der Aufenthalt des Fremden nur für einen sehr kurzen Zeitraum geduldet sein wird. Etwa weil das tatsächliche Abschiebehindernis in Kürze wegfallen wird. Abs2 regelt weiters, dass die Karte dem Nachweis der Identität des Fremden dient und welche Informationen die Karte zu enthalten hat. In einer Zusammenschau der §§31 Abs1a und 46 Abs1 ist auch evident, dass diese Karte kein Recht dokumentiert. Zur näheren Gestaltung der Identitätskarte sieht Abs2 zudem eine Verordnungsermächtigung für den Bundesminister für Inneres vor. Insbesondere wird in dieser Verordnung auch die Ersichtlichmachung von Auflagen gemäß §47 auf der Karte vorgesehen werden können.

Abs3 regelt die Gültigkeitsdauer und normiert die Entziehungsgründe. Die Karte ist naturgemäß insbesondere dann zu entziehen, wenn die Voraussetzungen für die Duldung nicht mehr vorliegen (Z2). Die vorgesehene Verlängerung der Karte ist auf Grund der technischen Gegebenheiten als Neuausstellung des Dokuments zu verstehen. Für die Karte ist eine Gebühr in der Höhe von 26,30 Euro zu entrichten. Siehe dazu §14 Tarifpost 8 Abs5c Z1 GebG.

Mit der Einführung dieser Karte soll gewährleistet werden, dass diese Fremden zumindest über ein Identitätsdokument verfügen und damit nicht ohne gültigen Ausweis von der Fremdenpolizeibehörde aufgegriffen werden. Dies vermeidet Probleme, die mit einer Nichtfeststellbarkeit der Identität einhergehen, was sowohl im Sinne des Fremden, als auch im Interesse der Behörde ist. Siehe dazu auch die in §94a vorgeschlagene Identitätskarte für Fremde."

2.       Durch das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011,

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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