TE OGH 2010/4/22 8Ob82/09f

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Veröffentlicht am 22.04.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Werner Pennerstorfer, Rechtsanwalt, 3100 St. Pölten, Wiener Straße 12, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der M***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Mag. Oliver Simoncic, Rechtsanwalt in St. Pölten, gegen die beklagte Partei I*****GmbH (vormals H***** GmbH), *****, vertreten durch Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, wegen 2.346.425,84 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 16. März 2009, GZ 4 R 24/09t-11, mit dem das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 31. Oktober 2008, GZ 4 Cg 35/08k-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Auf Basis einer Grundsatzvereinbarung kaufte H***** S***** (im Folgenden Vorbehaltskäufer) am 29. 7. 1998 von der H***** GmbH mehrere Liegenschaften, die früher zu den „F*****-Betrieben“ gehörten. Im Zusammenhang mit dem Liegenschaftskauf vereinbarten die Vertragsparteien die Zahlung von 10 Mio S, die offiziell nicht aufscheinen sollte. Mit Kaufvertrag vom 1. 8. 1998 kaufte der Vorbehaltskäufer von der Beklagten auch die in der Kaufvertragsurkunde Beilage ./B aufgelisteten Gegenstände, die sich auf den gekauften Liegenschaften befanden; der Kaufpreis betrug brutto 36 Mio S. Dazu wurde vereinbart, dass die Gegenstände bis zur vollständigen Einlösung des über den Kaufpreis gegebenen Wechsels im ausschließlichen Eigentum der Beklagten verbleiben sollen. Der Beklagten war bewusst, dass der Vorbehaltskäufer die Fahrnisse erwarb, um diese weiter zu veräußern. Mangels vollständiger Zahlung des Kaufpreises trat die Beklagte mit Schreiben vom 26. 2. 1999 vom Kaufvertrag zurück. Nach einem fehlgeschlagenen Versuch, die Fahrnisse an einen deutschen Interessenten weiter zu veräußern, schloss der Vorbehaltskäufer im März 1999 (spätestens am 23. 3. 1999) mit der späteren Gemeinschuldnerin eine mündliche Vereinbarung über den Verkauf der Gegenstände um einen Kaufpreis von brutto 36 Mio S, wobei die Gegenstände bereits seit Aufnahme des Betriebs von der späteren Gemeinschuldnerin verwendet worden waren. Auch in diesem Zusammenhang wurde ein Eigentumsvorbehalt zu Gunsten des Vorbehaltskäufers als Verkäufer vereinbart. Die Beklagte hatte von diesem Verkaufsvorgang keine Kenntnis. Am 27. 4. 1999 vereinbarten der Vorbehaltskäufer und die Beklagte neuerlich, die im Kaufvertrag vom 1. 8. 1998 aufgelisteten Gegenstände an den Vorbehaltskäufer zu einem Kaufpreis von brutto 36 Mio S unter Anrechnung der bereits geleisteten Kaufpreiszahlungen zu verkaufen. Wiederum wurde vereinbart, dass die Kaufgegenstände bis zur vollständigen Zahlung im ausschließlichen Eigentum der Beklagten verbleiben sollen. Da der offene Kaufpreis vom Vorbehaltskäufer wiederum nicht vollständig gezahlt wurde, trat die Beklagte mit Schreiben vom 16. 6. 1999 vom Kaufvertrag vom 27. 4. 1999 zurück. Insgesamt leistete der Vorbehaltskäufer für die in Rede stehenden Gegenstände Zahlungen von 22.523.197,67 S.

Mit Beschluss des Landesgerichts St. Pölten vom 3. 4. 2000, 27 S 118/00i, wurde über das Vermögen der M***** GmbH & Co KG das Konkursverfahren eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Ebenso wurde mit Beschluss des Landesgerichts St. Pölten vom 25. 9. 2000, 27 S 313/00s, über das Vermögen des Vorbehaltskäufers das Konkursverfahren eröffnet und ebenfalls der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Am 15. 1. 2008 schloss der Kläger als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Gemeinschuldnerin mit sich selbst als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Vorbehaltskäufers einen Abtretungsvertrag über die Forderung der Konkursmasse des Vorbehaltskäufers gegen die Beklagte auf Rückzahlung des aufgrund des (aufgelösten) Kaufvertrags vom 1. 8. 1998 geleisteten Teilkaufpreises. Diese Abtretung wurde konkursgerichtlich genehmigt. Am 27. 4. 2000 schloss der Kläger als Masseverwalter der Gemeinschuldnerin mit der C***** GmbH einen Kaufvertrag über das gesamte bewegliche Anlagevermögen der Gemeinschuldnerin inklusive aller Maschinen und maschineller Anlagen laut Inventarliste, weiters über die Fahrzeuge und das gesamte Umlaufvermögen ausgenommen Forderungen, Bankguthaben, Bargeld und Anfechtungsansprüche. Der dafür zu zahlende Fixkaufpreis wurde mit brutto 3,6 Mio S vereinbart. Dieser Betrag sollte sich um netto 7 Mio S erhöhen, sobald die von der Beklagten geltend gemachten Aussonderungsansprüche betreffend das bewegliche Anlagevermögen durch ein rechtskräftiges Gerichtsurteil oder durch Vergleich als nicht zu Recht bestehend erledigt seien. Auch dieser Kaufvertrag wurde konkursgerichtlich genehmigt. Am 30. 7. 2001 wurde der Erhöhungsbetrag von netto 7 Mio S auf das Konkurs-Sonderkonto bei der O***** Bank eingezahlt, ohne dass dafür ein spezielles Subkonto eingerichtet wurde. Dieser Erhöhungsbetrag war - mit getauschten Parteirollen - Gegenstand des Verfahrens 4 Cg 163/04b des Landesgericht St. Pölten (11 R 27/09k des Oberlandesgerichts Wien = 3 Ob 147/09b).

Nach Ausdehnung begehrte der Kläger zunächst die Zahlung von 2.718.085,80 EUR sA. Da die Beklagte vom Kaufvertrag vom 1. 8. 1998 zurückgetreten sei, sei diese verpflichtet, die empfangenen Kaufpreiszahlungen an den Vorbehaltskäufer zurückzuzahlen. Dieser habe auf den Kaufpreis insgesamt 32.523.197,76 S geleistet. Der Vertragsrücktritt sei vor der Konkurseröffnung erfolgt, weshalb kein Anwendungsfall des § 21 KO vorliege. Allfällige Schadenersatzansprüche der Beklagten wären als Konkursforderung geltend zu machen. Solche Ansprüche seien auch verjährt.

Die Beklagte wendete ein, dass für die Kaufgegenstände lediglich 22.523.197,67 S gezahlt worden seien. Dadurch, dass der Kläger die Kaufgegenstände um netto 7 Mio S weiter veräußert habe, sei ihr am Erlös ein Anspruch auf Ersatzaussonderung nach § 44 KO zugekommen. Eine Bereicherung sei nur insoweit möglich, als sie mehr erhalte, als sie bei Durchführung des Vertrags erhalten hätte. Unabhängig vom Anspruch auf Rückstellung des Kaufgegenstands habe sie gegen den Vorbehaltskäufer einen Schadenersatzanspruch in Höhe der Differenz zwischen dem Wert des Kaufgegenstands und 7 Mio S, und zwar bis zur Höhe der vereinbarten Kaufpreissumme.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Der Kläger übersehe, dass im synallagmatischen Schuldverhältnis das Zug-um-Zug-Prinzip auch bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung gelte. Könne der übergebene Kaufgegenstand wegen Weiterveräußerung nicht mehr zurückgestellt werden und sei der Veräußerungserlös weit unter dem vereinbarten Kaufpreis geblieben, so könne die Differenz zwischen ursprünglich vereinbartem Kaufpreis und Veräußerungserlös nicht auf die Beklagte überwälzt werden. Soweit der Kaufgegenstand nicht mehr zurückgestellt werden könne, bestehe auch kein Anspruch auf Rückersatz bereits geleisteter Kaufpreiszahlungen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. In rechtlicher Hinsicht vertrat es die Ansicht, dass jedem Begehren des Käufers auf Rückzahlung geleisteter Kaufpreisteile zwangsläufig ein Anspruch des Verkäufers auf Ersatz des korrespondierenden Erfüllungsinteresses gegenüber stehe. Eine Forderung, die zur Zeit der Konkurseröffnung bereits bestanden habe, unterliege auch weiterhin der Aufrechnung. Der Kläger könne daher keinen Rückzahlungsanspruch geltend machen. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil Rechtsfragen von der im § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität nicht zur Beurteilung gestanden seien.

Gegen die Abweisung von 1.619.697,50 EUR sA (2.346.425,84 EUR [ON 8] abzüglich 726.728,34 EUR = 10 Mio S an Schwarzgeldzahlung, die sich nicht auf das Inventar bezieht) richtet sich die Revision des Klägers, mit der er den Zuspruch des genannten Betrags anstrebt.

Mit ihrer Revisionsbeantwortung beantragt die Beklagte, die Anträge des Revisionswerbers zurückzuweisen, in eventu abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts zulässig, weil das Berufungsgericht von der jüngsten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist. Die Revision ist im Sinn des subsidiär gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.

1.1 Die Sonderrechtsfähigkeit der vom Kaufvertrag vom 1. 8. 1998 erfassten Fahrnisse wird von den Parteien zu Recht nicht mehr bezweifelt.

Der Vorbehaltskäufer ist mangels vollständiger Zahlung sowie zufolge Vertragsrücktritts der Beklagten nicht Eigentümer der Fahrnisse geworden. Mangels Zahlung und zufolge Vertragsrücktritts durch den Vorbehaltskäufer konnte auch der deutsche Interessent - unter Zugrundelegung einer Verfügungsermächtigung der Beklagten - nicht Eigentum an den Fahrnissen erwerben. Von einem gutgläubigen Erwerb gehen auch die Parteien nicht aus. Zur Veräußerung an die Gemeinschuldnerin - ohne Wissen und Zustimmung der Beklagten - am 23. 3. 1999 war der Vorbehaltskäufer als Nichteigentümer nicht berechtigt, zumal die Beklagte als Verkäuferin zuvor am 26. 2. 1999 (erstmals) vom Kaufvertrag zurückgetreten war. Selbst wenn dieser Mangel durch den zweiten Verkauf der Fahrnisse am 27. 4. 1999 saniert worden wäre, standen die Gegenstände weiterhin unter Eigentumsvorbehalt der Beklagten. Gutgläubiger Eigentumserwerb der späteren Gemeinschuldnerin nach § 366 HGB oder § 367 ABGB wurde ebenfalls nicht behauptet. Beide Parteien gehen vielmehr davon aus, dass aufgrund des Kaufvertrags vom 27. 4. 2000 die C***** GmbH an den ihr verkauften Fahrnissen gutgläubig Eigentum erworben hat. Die Beklagte hat daher im Parallelverfahren den Anspruch auf Aussonderung bzw Ersatzaussonderung in Ansehung des Verkaufserlöses geltend gemacht. Dieser (Bereicherungs-)Anspruch wurde mit 508.709,83 EUR (Erhöhungsbetrag von netto 7 Mio S) als zu Recht bestehend festgestellt und mit der als berechtigt beurteilten Gegenforderung des Klägers auf Rückabwicklung der Kaufpreiszahlungen bis zu dieser Höhe aufgerechnet.

1.2 Beide Parteien stehen auf dem Standpunkt, dass die Beklagte vom Vertrag vom 1. 8. 1998 bzw vom 27. 4. 1999 berechtigt nach § 918 ABGB zurückgetreten ist. Der Kläger steht weiters auf dem Standpunkt, dass die Rückgabe der Gegenstände nicht mehr stattfinden könne, weil diese am 27. 4. 2000 an einen Dritten weiter veräußert worden seien. Dessen ungeachtet sei die Beklagte zur Rückstellung des gezahlten Teilkaufpreises verpflichtet. Dementsprechend macht der Kläger den - ihm vom Vorbehaltskäufer zedierten - Kondiktionsanspruch hinsichtlich des von diesem gezahlten Kaufpreises geltend. Die Beklagte beruft sich zunächst auf die Entscheidung 6 Ob 132/66. Darüber hinaus macht sie den Anspruch auf Aussonderung bzw Ersatzaussonderung hinsichtlich des Erlöses aus dem Verkauf vom 27. 4. 2000 sowie einen sich auf den objektiven Wert der Kaufgegenstände beziehenden Schadenersatzanspruch als Gegenforderungen geltend.

2.1 Unter Hinweis auf die Entscheidung 6 Ob 132/66 (= EvBl 1967/13) vertritt die Beklagte die Ansicht, dass bei Rücktritt des Vorbehaltsverkäufers solange von keiner Bereicherung gesprochen werden könne, als dieser nicht so viel erhalten habe, wie er bei vollständiger Durchführung des Kaufvertrags erhalten hätte. Bis zur Höhe des vereinbarten Kaufpreises könne sie somit nicht bereichert sein. Der von ihr empfangene Kaufpreisteil (22.523.197,67 S) und der Ersatzaussonderungsanspruch (netto 7 Mio S) sei immer noch unter dem vereinbarten Kaufpreis gelegen.

2.2 Diese Ansicht wird in der jüngsten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgelehnt. Im Parallelverfahren hat der dritte Senat des Obersten Gerichtshofs dazu folgende Grundsätze aufgestellt:

„Der Rücktritt vom Vertrag nach § 918 ABGB führt zur obligatorisch wirkenden Vertragsauflösung ex tunc (stRsp; RIS-Justiz RS0018414; Reischauer in Rummel3 § 921 ABGB Rz 1; Binder/Reidinger in Schwimann3 § 918 ABGB Rz 50). Daraus folgt, dass es für die Frage, ob und inwieweit die Vertragspartner bereichert sind, nicht auf den Maßstab dessen ankommen kann, was sie bei korrekter Vertragserfüllung erhalten hätten (zutreffend dafür F. Bydlinski in Klang, ABGB2 IV /2 525 f; ebenso Aicher in Rummel3 § 1063 ABGB Rz 57). Der Rücktritt bewirkt eine obligatorische Verpflichtung zur Wiederherstellung des vorvertraglichen Zustands (so einleuchtend Binder/Reidinger aaO). Wie F. Bydlinski ebenso richtig ausführt, ist in den einschlägigen Normen (§§ 877, 921, 1041, 1431 ff ABGB) von einer Begrenzung des Rückforderungsanspruchs durch den Schaden des Gläubigers (Vorbehaltsverkäufers) in der seinerzeit vom Obersten Gerichtshof angenommenen Weise keine Rede. Gerade im § 877 ABGB wird klargestellt, dass der Anfechtende alles zurückstellen muss, was er aus dem Vertrag zu seinem Vorteil erhielt. Auch im Fall des Rücktritts vom Kauf unter Eigentumsvorbehalt kann nichts anderes gelten, weshalb der Vorbehaltskäufer bei Rücktritt des Verkäufers das Recht hat, die von ihm erbrachten Teilzahlungen zurückzufordern, und zwar ohne die von der Verkäuferin hier reklamierte Voraussetzung.

...

Mag auch der Sinngehalt des zweiten Halbsatzes von § 921 zweiter Satz ABGB durchaus dunkel und umstritten sein (s dazu die Nachweise bei Binder/Reidinger aaO § 921 Rz 19), kann ihm doch keineswegs entnommen werden, dass damit die grundsätzlichen Regelungen der Rückabwicklung im vorliegenden Spezialfall der Kondiktion wegen Wegfall des Rechtsgrundes nach § 1435 ABGB insoweit aufgehoben werden sollten, als die Bereicherung am hypothetischen Ergebnis einer korrekten Vertragserfüllung zu messen wäre. Wenn eben der rechtliche Grund, eine Leistung zu behalten, weggefallen ist, ist diese nach § 1435 ABGB zurückzustellen. Der von der Verkäuferin postulierte Interessensausgleich findet dadurch statt, dass in der Regel eben jede Partei das zurückerhält, was sie auf den letztlich aufgelösten Vertrag hin geleistet hat. Auch der Gedanke der Rückabwicklung Zug um Zug führt zwar zur gegenseitigen Sicherung der Rückabwicklung, zu einer inhaltlichen Veränderung oder Minderung der gegenseitigen Bereicherungsansprüche führt er aber nicht.“

Diese Rechtsansicht des dritten Senats wird auch vom erkennenden Senat geteilt. Die Beklagte kann sich damit nicht auf eine Aufhebung des Rückforderungsanspruchs des Vorbehaltskäufers bis zur Höhe des vereinbarten Kaufpreises berufen.

3. Durch den Verkauf der Fahrnisse am 27. 4. 2000 und den von beiden Parteien unterstellten gutgläubigen Eigentumserwerb der C***** GmbH wurde der Aussonderungsanspruch der Beklagten nach § 44 Abs 1 KO vereitelt. Indem der Kläger den lukrierten Erhöhungsbetrag von 7 Mio S (508.709,83 EUR) mit dem übrigen Massevermögen vermengt hat, brachte er auch den Ersatzaussonderungsanspruch der Beklagten nach § 44 Abs 2 KO zu Fall (s dazu 7 Ob 813/76 = SZ 50/42; vgl auch 3 Ob 147/09b). Allerdings besteht die Gegenforderung in Ansehung des Erlöses aus dem Verkauf vom 27. 4. 2000 aus dem Rechtsgrund der ungerechtfertigten Bereicherung gemäß § 1041 ABGB iVm § 46 Abs 1 Z 6 KO zu Recht (RIS-Justiz RS0112867; s dazu 3 Ob 147/09b). Dieser Anspruch wurde im Parallelverfahren 4 Cg 163/04b des Landesgerichts St. Pölten (s dazu ON 6, 1 und 8) im Betrag von 508.709,83 EUR auch als zu Recht bestehend festgestellt. Gleichzeitig wurde gegen diese Forderung der an den Kläger zedierte Rückforderungsanspruch des Vorbehaltskäufers (teilweise) aufgerechnet. Für das vorliegende Verfahren bedeutet dies, dass der berechtigte Rückforderungsanspruch um 508.709,83 EUR zufolge Tilgung zu kürzen ist.

4.1 Zunächst hat die Beklagte lediglich bestritten, die erhaltenen Anzahlungen herausgeben zu müssen. In diesem Zusammenhang hat sie sich vor allem auf das Recht auf Ersatzaussonderung berufen und den Eintritt einer Bereicherung verneint. Gleichzeitig verwies sie darauf, dass sich der Anspruch auf Rückstellung in einen Geldanspruch gewandelt habe (vgl ON 3, 4). In der Verhandlung vom 10. Juli 2008 erhob die Beklagte auch eine Gegenforderung. Das zugrunde liegende Vorbringen (ON 6, 2) kann noch dahin verstanden werden, dass sie zufolge Vertragsverletzung durch den Vorbehaltskäufer einen Schadenersatzanspruch in Höhe des objektiven Werts der Kaufgegenstände abzüglich 7 Mio S geltend macht und diesen Anspruch mit dem vereinbarten Kaufpreis begrenzt. Auf mögliche andere Anspruchsgrundlagen (zB § 921 Satz 1 ABGB; schuldhafte Vereitelung der Rückstellungsverpflichtung) hat sie sich nicht berufen.

Die Bezugnahme auf den objektiven Wert sowie auf eine Vertragsverletzung des Vorbehaltskäufers legt die Geltendmachung der Vergütungspflicht nach § 921 Satz 2 ABGB nahe. Dafür spricht auch der Hinweis auf einen Geldanspruch anstelle der Rückstellung. In einem solchen Fall ist bei Veräußerung der zurückzugebenden Sachen durch den Rückstellungspflichtigen grundsätzlich deren objektiver Wert zu ersetzen (vgl P. Bydlinski in KBB2 § 921 Rz 4 und Koziol in KBB2 § 1437 Rz 4; auch F. Bydlinski in Klang/Gschnitzer IV/22 527). Der Ersatzpflichtige kann jedoch geltend machen, dass sein Vorteil tatsächlich geringer ist, etwa weil der Verkaufserlös unter dem gemeinen Wert der zurückzugebenden Sachen geblieben ist. Der Kläger hat auch ein in diese Richtung zielendes Vorbringen erstattet (ON 6, 3).

4.3 Die Voraussetzungen für den dargestellten Vergütungsanspruch der Beklagten als Gegenforderung sind damit gegeben. Die Höhe dieses Anspruchs kann mangels entsprechender Tatsachenfeststellungen allerdings noch nicht beurteilt werden. Die Negativfeststellung des Erstgerichts, wonach nicht festgestellt werden könne, dass zum Zeitpunkt der Übergabe der Kaufgegenstände an den Vorbehaltskäufer diese wertmäßig nicht dem vereinbarten Kaufpreis von 36 Mio S brutto entsprochen hätten, bezog sich auf das Vorbringen des Klägers, er habe die verkauften Gegenstände über deren tatsächlichem Wert an die C***** GmbH veräußert, weshalb es bei Berücksichtigung der Gegenforderung zu einer Bereicherung der Beklagten komme. Eine Beweisaufnahme zur Feststellung des objektiven Wert der zurückzugebenden Fahrnisse hat aber nicht stattgefunden.

5.1 Im Ergebnis besteht somit der geltend gemachte Rückforderungsanspruch des Klägers in Ansehung der vom Vorbehaltskäufer geleisteten Kaufpreiszahlungen zu Recht. Von diesem Anspruch ist der Betrag von 7 Mio S (508.709,83 EUR) abzuziehen, worüber im Parallelverfahren bereits rechtskräftig entschieden wurde. Als Gegenforderung ist der Vergütungsanspruch der Beklagten wegen Unmöglichkeit der Rückstellung der Fahrnisse durch den Vorbehaltskäufer zu berücksichtigen. Von diesem Vergütungsanspruch lässt sich die Beklagte zu Recht den Veräußerungserlös von 7 Mio S abziehen (ON 6, 2). Mit dem Kläger wird zu erörtern sein, ob die Gemeinschuldnerin sämtliche oder nur einen Teil der Gegenstände laut Kaufvertrag vom 1. August 1998 an die C***** GmbH veräußert hat. Nach Erörterung wird er allenfalls zu konkretisieren haben, welchen Vorteil der Vorbehaltskäufer aus der Weiterveräußerung der Fahrnisse gezogen hat.

Die bereicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Geltendmachung eines „Benützungsentgelts“ hat die Beklagte nicht dargelegt. Der Kläger hat den geltend gemachten Anspruch auf Zinsen bzw Früchte in Höhe von 354.532,94 EUR mit seiner Berufung (ON 8) bereits fallen gelassen (vgl dazu RIS-Justiz RS0010214).

Zufolge sekundärer Feststellungsmängel zur Höhe des Schadenersatzanspruchs der Beklagten war die Entscheidung aufzuheben. Die übrigen Streitpunkte sind hingegen erledigt.

5.2 Zur hier erhobenen Gegenforderung ist darauf hinzuweisen, dass die Beklagte als Zessus gemäß § 1396 Satz 1 ABGB berechtigt ist, mit eigenen Bereicherungs- oder Schadenersatzansprüchen gegen Forderungen des Vorbehaltskäufers aufzurechnen, auch wenn diese der Kläger als Zessionar geltend macht.

5.3 Die Rücktrittserklärung der Beklagten (vom 26. 2. 1999 bzw 16. 6. 1999) ist außerhalb des Konkurses der späteren Gemeinschuldnerin erfolgt (s dazu Apathy in KBB2 § 1063 Rz 11 mwN). Nach herrschender Rechtsprechung tritt die Tilgung mit Zugang der Aufrechnungserklärung rückwirkend in dem Zeitpunkt ein, in dem sich die Forderungen erstmals aufrechenbar gegenüber gestanden sind. Die Aufrechnung im Konkurs ist in den §§ 19 ff KO geregelt. Nach § 19 Abs 1 KO brauchen Forderungen, die zur Zeit der Konkurseröffnung bereits aufrechenbar waren, nicht im Konkurs geltend gemacht zu werden. Daraus folgt, dass mit vor der Eröffnung des Konkurses entstandenen Forderungen aufgerechnet werden kann, weil es unbillig wäre, vom Konkursgläubiger als Kondiktionsschuldner volle Zahlung zu verlangen, ihm für seine Gegenforderung aber nur die Konkursquote zu gewähren (RIS-Justiz RS0051596; 3 Ob 82/08t). Auch der Einwand des Klägers, der Beklagten stehe in Ansehung ihrer Gegenforderung nur die Konkursquote zu, ist demnach nicht berechtigt. Durch die Aufrechenbarkeit der Gegenforderung wird die Rechtsstellung der Beklagten nicht verbessert, zumal sie vor der Zession nicht Schuldnerin der Masse war (vgl 2 Ob 2/07v; auch Gamerith in Bartsch/Pollak/Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht § 20 KO Rz 21).

In Stattgebung der Revision waren die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Schlagworte

10 Konkurs- und Ausgleichssachen,

Textnummer

E94002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0080OB00082.09F.0422.000

Im RIS seit

25.06.2010

Zuletzt aktualisiert am

14.06.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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