TE OGH 1981/4/14 13Os52/81

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Veröffentlicht am 14.04.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Horak, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. König als Schriftführers in der Strafsache gegen Anna A wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengerichts vom 7.Jänner 1981, GZ. 8 Vr 2342/80-15, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil - teilweise auch gemäß § 290 Abs 1

StPO. - aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 6.Dezember 1922 geborene Hausfrau Anna A (zu I) des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB. und (zu II) des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB. schuldig erkannt. Darnach hatte sie (zu I) am 1. August 1980 in Klagenfurt den Richter des Bezirksgerichts Hermargor, Dr. Norbert B, sowie Christof C und Herbert D dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, daß sie die Genannten durch die in einer Eingabe an den Präsidenten des Landesgerichts Klagenfurt gemachten Angaben, der Richter Dr. B werde von den Brüdern C fest geschmiert, sitze ihr sowie ihrem Mann fest auf und mache Sachen, die er als Richter nicht machen dürfe, nachgenannter von Amts wegen zu verfolgender, mit Strafe bedrohter Handlungen falsch verdächtigt, wobei sie wußte, daß die Verdächtigung falsch war:

1. Dr. Norbert B des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB. und des Vergehens der Geschenkannahme durch Beamte nach § 304 Abs 1 StGB.;

2. Christof C und Herbert C des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt in der Form der Beteiligung nach den §§ 12, 302 Abs 1 StGB. und des Vergehens der Verleitung zu Pflichtwidrigkeiten nach § 307 Z. 1 StGB.;

(zu II) am 25.Juni 1980 in Treffen mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Mathilde E durch Täuschung über ihre Rückzahlungsfähigkeit und Rückzahlungswilligkeit, insbesondere durch die Vorgabe, dringend Geld wegen eines Verkehrsunfalls zu benötigen und dieses innerhalb der nächsten 14 Tage zurückzugeben, zur Gewährung eines Darlehens von 7.000 S, somit zu einer Handlung verleitet, die Mathilde E an ihrem Vermögen schädigte.

Diesen Schuldspruch ficht die Angeklagte mit einer die Gründe der Z. 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO.

relevierenden Nichtigkeitsbeschwerde an.

Im Betrugsfaktum macht sie unter Heranziehung des erstangeführten Nichtigkeitsgrunds dem Urteil im wesentlichen unvollständige und unzureichende Begründung in bezug auf den als erwiesen angenommenen Schädigungsvorsatz zum Vorwurf. Insbesondere habe das Schöffengericht außer Acht gelassen, daß die Angeklagte kurz nach der Darlehensaufnahme in Beugehaft genommen worden sei und daß sie nach der Aufhebung bzw. nach Genesung von einer (aktenkundigen) Krankheit den der Mathilde E geschuldeten Betrag sofort zurückgezahlt habe.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat zwar die Angeklagte ihre Säumigkeit nicht mit Krankheit und Beugehaft, sondern primär damit gerechtfertigt, daß kein fixer Rückzahlungstermin vereinbart worden sei (S. 104, 105). Für das Erstgericht bestand demnach kein Anlaß, sich im einzelnen damit auseinanderzusetzen, wann die Angeklagte in Beugehaft genommen wurde bzw. in welchem Zeitraum sie erkrankt war (daß über sie mehrmals eine Beugehaft verhängt und diese auch vollzogen wurde, stellt das Urteil ohnedies fest: S. 115). Beizupflichten ist der Beschwerde jedoch darin, daß das Urteil eine zureichende Begründung des (ersichtlich) angenommenen Schädigungsvorsatzes - eindeutige diesbezügliche Konstatierungen mangeln; daß das Erstgericht von einem derartigen Vorsatz ausging, kann lediglich - indirekt - dem Urteilsspruch und, im Weg eines Umkehrschlusses, der Formulierung (auf Seite 118) entnommen werden, daß die Verantwortung der Angeklagten, sie habe Mathilde E nicht schädigen wollen, unglaubwürdig sei - vermissen läßt. In der Verweisung auf die als glaubhaft befundenen Aussage der Zeugin E kann eine derartige Begründung nicht erblickt werden, weil die Genannte lediglich über die Täuschungshandlungen der Angeklagten Auskunft zu geben vermochte (S. 119). Desgleichen ermöglicht der lapidare Ausspruch, Matthias E sei schließlich um einen Betrag von 7.000 S geschädigt worden und die Rückgabe des Gelds nach Anzeigeerstattung könne die Angeklagte in keiner Weise entlasten (S. 119 unten), keinen denkgesetzmäßigen und der Lebenserfahrung entsprechenden Schluß darauf, die Angeklagte sei bereits im Zeitpunkt der (durch Täuschung bewirkten) Herauslockung des Darlehens von dem dolus (eventualis) geleitet gewesen, ihrer Rückzahlungsverpflichtung überhaupt nicht oder nur mit wesentlicher Verspätung nachzukommen, wobei das Urteil hinsichtlich der zuletzt angeführten (hypothetischen, jedoch nach der Aktenlage nicht ausgeschlossenen) Variante jegliche Begründung dafür schuldig bleibt, aus welchen Erwägungen der Angeklagten der Gesamtdarlehensbetrag (und nicht bloß der Verzögerungsschaden: vgl. Kienapfel, Besonderer Teil II, RN. 240 zu § 146 StGB.) angelastet wurde.

In der das Verleumdungsfaktum (I) betreffenden Begründung leidet zwar das Urteil nicht an den in der Beschwerde behaupteten Mängeln, weil das Erstgericht aus den von ihm angeführten Erwägungen (S. 119 oben) zur Konklusion gelangen konnte, die Angeklagte habe gewußt, daß die von ihr erhobenen Verdächtigungen falsch waren. Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon überzeugt, daß dieser Schuldspruch an dem von Amts wegen wahrzunehmenden, materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO. leidet:

Zur Erfüllung des Tatbestands der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StPO. ist auf der inneren Tatseite unter anderem erforderlich, daß der Verleumder zumindest bedingt vorsätzlich will, daß auf Grund seiner Falschbezichtigung gegen den Bezichtigten Schritte, die als behördliche Verfolgung anzusehen sind, unternommen werden (LSK 1979/128).

Da das Erstgericht aber lediglich konstatierte, die Angeklagte habe mit dem Ziel gehandelt, die in ihrem Schreiben genannten Personen zu 'diffamieren', dies aber nach dem allgemeinen Sprachgebrauch auch bloße üble Nachrede mit dem Zweck einer Rufschädigung bedeuten kann, leidet das Urteil an einem essentiellen, sich zum Nachteil der Angeklagten auswirkenden Feststellungsmangel.

Da die aufgezeigten Begründungs- und Feststellungsgebrechen vom Obersten Gerichtshof nicht saniert werden können, die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung mithin nicht zu vermeiden ist, war gemäß § 285 e StPO. schon bei einer nichtöffentlichen Beratung spruchgemäß zu entscheiden, ohne daß es erforderlich gewesen wäre, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.

Mit ihrer Berufung war die Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E03092

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0130OS00052.81.0414.000

Dokumentnummer

JJT_19810414_OGH0002_0130OS00052_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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