TE OGH 1983/7/20 11Os102/83

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Veröffentlicht am 20.07.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Juli 1983 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Schneider, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Eier als Schriftführer in der Strafsache gegen Walter A wegen des Vergehens des teils versuchten, teils vollendeten schwe-n ren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2 und 15 StGB sowie anderer Delikte über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 25. März 1983, GZ. 7 Vr 1.023/82-42, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Steininger und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Scheibenpflug zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 15 (fünfzehn) Monate herabgesetzt wird.

Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 7. November 1958 geborene Walter A der Vergehen des teils versuchten, teils vollendeten schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2 und 15 StGB (Punkte A 1 - 7 des Urteilssatzes), des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1 StGB (Pkt. B) sowie der Urkundenunterdrückung nach dem § 229 Abs. 1 StGB (Pkt. C) schuldig erkannt.

Der Sache nach nur gegen die Punkte A 2, 3, 4 und 7 des Schuldspruchs wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Z. 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. In seinem Vorbringen zum erstgenannten Nichtigkeitsgrund zeigt der Beschwerdeführer größtenteils keine formalen Begründungsmängel auf, sondern versucht bloß in einer im Nichtigkeitsverfahren gegen Schöffengerichtliche Urteile unzulässigen Weise nach Art einer Schuldberufung die Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu bekämpfen, welches seine entscheidungswesentlichen Feststellungen zu den insoweit bekämpften Punkten A 2, 3 und 4 des Schuldspruches ausdrücklich auf die von ihm für glaubwürdig erachteten Angaben der Zeugen Johann B (S. 165 ff), Theresia B (S. 159 ff.) und Sieglinde D (S. 171 ff.) stützte (vgl. S. 184-186), bzw. - was die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite anlangt - aus diesen Bekundungen ohne Widerspruch mit den Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen ableitete.

Rechtliche Beurteilung

Im übrigen ist der Beschwerdeführer aber darauf zu verweisen, daß das Erstgericht zum Faktum A 2 (Herauslockung eines Darlehens von 2.000 S zum Nachteil des Johann B) dem nunmehrigen Vorbringen zuwider ohnedies feststellte, daß er dem Darlehensgeber die Rückzahlung des Betrages zuerst für den Zeitpunkt, zu dem er seinen Lohn erhalten würde und dann für den 4. Oktober 1982 versprach (S. 184); diese Versprechungen hielt er aber nicht ein, weshalb nicht erfindlich ist, was nach Ansicht des Beschwerdeführers aus der Tatsache der Abgabe jener leeren Versprechungen für ihn im vorliegenden Verfahren zu gewinnen sein soll. Zum Faktum A 3 (Herauslockung eines Darlehens von 15.000 S zum Nachteil der Theresia B) bekannte sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung ausdrücklich der betrügerischen Herauslockung schuldig (S. 153); auf die Beschwerdebehauptung, der Angeklagte habe sich in der Richtung verantwortet, daß er diese 15.000 S noch besitze - welcher Umstand übrigens rechtlich belanglos wäre - ist zu erwidern, daß seine Verantwortung in der Hauptverhandlung (anders als im Vorverfahren, vgl. S. 45 b) dahin ging, den Betrag verbraucht zu haben (S. 153, 161, 162).

Die Mängelrüge des Angeklagten entbehrt sohin teils der gesetzmäßigen Ausführung, teils kommt ihr keine Berechtigung zu. Mit seiner auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Rechtsrüge vertritt Walter A die Ansicht, beim Betrugsfaktum A 7 (versuchte Herauslockung eines Darlehens von 20.000 S zum Nachteil der F) liegt ein 'absolut untauglicher' - und daher strafloser - Versuch des Betruges vor, weil er über die Gewährung eines Kredites nur mit einer zur Kreditvergabe nicht ermächtigten Bankangestellten gesprochen habe.

Auch hier kann dem Beschwerdeführer nicht gefolgt werden. Gemäß dem § 15 Abs. 3 StGB sind der Versuch einer Straftat und die Beteiligung daran nicht strafbar, wenn diu Vollendung der Tat mangels persönlicher Eigenschaften oder Verhältnisse, die das Gesetz beim Handelnden voraussetzt, oder nach der Art der Handlung oder des Gegenstandes, an dem die Tat begangen wurde, unter keinen Umständen möglich war. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn es unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalles geradezu denkunmöglich ist, daß der Versuch zum Erfolg führt, d.h. wenn von vornherein feststeht, daß er aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht zum angestrebten Erfolg führen kann, wobei von einer generalisierenden, von den Besonderheiten des Einzelfalles losgelösten Betrachtungsweise auszugehen ist (vgl. Foregger-Serini, StGB2, Anm. V zu § 15; Leukauf-Steininger, Komm. zum StGB2, RN 30 ff. zu § 15, S. 210 ff. und die dort angeführte Judikatur).

Vom Vorliegen solcher Voraussetzungen kann hier keine Rede sein. Das Herantreten an eine in einem Bankinstitut Dienst versehende Angestellte mit einem Kreditansuchen ist generell geeignet, einen Kredit zu erlangen, mag nun im konkreten Fall die betreffende Angestellte die Ermächtigung haben, den Kredit selbst zu gewähren oder die Notwendigkeit bestehen, das Kreditansuchen (im Wege dieser Angestellten) noch einer anderen, hierüber innerhalb des Institutes entscheidungsbefugten Person zu unterbreiten. In jedem Fall hat der Täter durch eine solche Vorgangsweise - soweit darin nicht überhaupt schon der Beginn der Tatbestandsverwirklichung zu erblicken ist - zumindest den Entschluß zur Tatausführung bereits durch eine der Ausführung des Betruges unmittelbar vorangehende Handlung betätigt (§ 15 Abs. 2 StGB). Daß im vorliegenden Fall die Chancen, den begehrten Kredit tatsächlich bewilligt zu erhalten, möglicherweise gering waren - was den Angeklagten nach Kenntnisnahme der Notwendigkeit, einen schriftlichen Antrag zu unterzeichnen, über den der Filialleiter zu entscheiden haben würde, zur subjektiven Ansicht veranlaßte, die Vollendung der versuchten Tat sei im Hinblick auf eine befürchtete genaue überprüfung seiner (falschen) Angaben aussichtslos, weshalb er sie abbrach und sich entfernte (S. 187, 189) - vermag daran nichts zu ändern. Das insoweit inkriminierte Verhalten des Angeklagten stellte sohin einen tauglichen Versuch zur Begehung des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2 StGB dar, von dem der Angeklagte - wie das Erstgericht zutreffend ausführte (S. 190) - auch nicht etwa freiwillig (§ 16 Abs. 1 StGB) zurücktrat. Denn ein Rücktritt vom Versuch wäre nur dann 'freiwillig' im Sinne der genannten Gesetzesstelle, wenn sich der Handelnde sagt, er könne die Tat vollenden, wolle dies aber überhaupt oder wenigstens jetzt nicht. Diese Voraussetzung ist aber keinesfalls erfüllt, wenn der Täter sich für ihn ergebenden, zur Hinderung der Tat geeignet erscheinenden äußeren Umständen eine solche Bedeutung beimißt, daß er nicht mehr die Kraft oder den Mut aufbringt, die Tat zu vollenden, und deshalb, weil er sich (subjektiv) außerstande fühlt, sein Ziel zu erreichen, von der Tatvollendung Abstand nimmt (vgl. Leukauf-Steininger, a.a.O., RN 2 bis 4 zu § 16, S. 215, 216). Gerade letzteres traf aber nach den Feststellungen des Erstgerichtes auf den Angeklagten zu. Ohne Rechtsirrtum erkannte das Schöffengericht den Angeklagten deshalb auch in diesem Fall eines (versuchten) schweren Betruges schuldig.

Der Rechtsrüge kann daher gleichfalls kein Erfolg beschieden sein, sodaß die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen war.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 147 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Es wertete bei der Strafbemessung die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorverurteilungen, die Begehung mehrerer Straftaten derselben und verschiedener Art, den raschen Rückfall und den die Wertgrenze des § 147 Abs. 2 StGB um ein Vielfaches übersteigenden Schadensbetrag als erschwerend, hingegen den Umstand, daß es bei einem gewichtigen Betrugsfaktum beim Versuch blieb, und das überwiegend reumütige Geständnis als mildernd. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und die Verhängung einer Geldstrafe anstelle der (herabzusetzenden) Freiheitsstrafe an.

Nur das erstangeführte Begehren erweist sich als begründet:

Mit Recht wendet sich der Berufungswerber gegen die Zurechnung der Schadenshöhe als Erschwerungsumstand. Wie nämlich der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausdrückte, ist bei Vermögensdelikten mit einem 5.000 S übersteigenden Schadensbetrag die Höhe des eingetretenen Schadens (§ 32 Abs. 3 StGB) erst bei Annäherung an die Wertgrenze von 100.000 S besonders als erschwerend zu berücksichtigen (LSK 1977/74; siehe auch Leukauf-Steininger, Komm.2, RN 19 zu § 32 StGB und dort zitierte weitere Judikatur; 12 Os 179/77

u. v.a.). Im vorliegenden Fall beträgt die Summe der (gemäß dem § 29 StGB zusammenzurechnenden) betrügerisch herbeigeführten bzw. herbeizuführen versuchten Schadensbeträge rund 40.000 S. Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen zur Vorschrift des § 32 Abs. 3 StGB kann dies nicht als erschwerend ins Gewicht fallen. Dagegen ist der vom Berufungswerber reklamierte zusätzliche Milderungsumstand des § 34 Z. 10 StGB nicht gegeben, weil es nach der Aktenlage dem Angeklagten nicht unmöglich war, sich durch Aufnahme einer Berufstätigkeit ein entsprechendes Einkommen zu verschaffen.

Auf der Basis der im übrigen vom Erstgericht zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründe und der allgemeinen Strafbemessungsvorschriften (§ 32 StGB) erachtet der Oberste Gerichtshof - insbesondere auch unter ausgewogener Beurteilung des vom Angeklagten zu verantwortenden Schuld- und Unrechtsgehaltes der Tat - eine Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten für angemessen. In diesem Sinn war der Berufung ein Erfolg zuzuerkennen. Einer Stattgebung des auf Verhängung einer Geldstrafe gerichteten Begehrens steht schon das Ausmaß der (für schuldadäquat befundenen) Freiheitsstrafe entgegen (§ 37 StGB).

Die Kostenentscheidung beruht auf der im Urteilsspruch zitierten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E04243

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0110OS00102.83.0720.000

Dokumentnummer

JJT_19830720_OGH0002_0110OS00102_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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