TE OGH 1987/11/5 13Os134/87

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Veröffentlicht am 05.11.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5.November 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Müller (Berichterstatter), Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Levnaic-Iwanski als Schriftführers in der Strafsache gegen Hermann P*** wegen des Verbrechens des Betrugs nach §§ 146 ff. StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft sowie über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichts Krems an der Donau als Schöffengerichts vom 9. April 1987, GZ. 10 c Vr 172/86-25, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Hauptmann, des Angeklagten Hermann P*** und des Verteidigers Dr. Strizik zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und gemäß § 288 Abs 2 Z. 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Gemäß § 61 Abs 2 WeinG 1985 i.d.F. d. BGBl. Nr. 372/1986 wird über Hermann P*** eine Geldstrafe von 40 (vierzig) Tagessätzen, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 (zwanzig) Tagen verhängt. Der Tagessatz wird mit 150 S bestimmt. Gemäß § 61 Abs 4 WeinG 1985 wird auf öffentliche Bekanntmachung dieses Urteils auf Kosten des Angeklagten erkannt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird verworfen, seiner Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 13.Mai 1930 geborene Weinhauer und Weinhändler Hermann P*** ist des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148, erster Fall, StGB (1) und des Vergehens nach § 61 Abs 1 Z. 3 WeinG 1985 (2) schuldig erkannt worden. Darnach hat er vom 21.März bis 28.August 1986 in Langenlois gewerbsmäßig mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Abnehmer seiner Weine durch Täuschung über die Tatsache, daß die von ihm angebotenen Weine Diäthylenglykol in unterschiedlichen Konzentrationen enthielten, daher verkehrsunfähig, der Vernichtung zuzuführen und wertlos waren, zum Ankauf verleitet, wodurch diese Abnehmer oder (bei Weiterverkauf deren Abnehmer, allenfalls) die Letztverbraucher an ihrem Vermögen um mindestens 576.720 S geschädigt wurden (1); ferner hat er weitere 143.093 l Wein, der durch Zusatz von Diäthylenglykol verkehrsunfähig war, zum Verkauf bereitgehalten (2).

Nach §§ 28, 29, 147 Abs 3 StGB wurde über Hermann P*** eine (bedingt nachgesehene) Freiheitsstrafe verhängt; überdies wurde auf Einziehung des beschlagnahmten Weins (Schuldspruch 2) erkannt. Gegen dieses Urteil haben die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte Nichtigkeitsbeschwerden erhoben, die Anklagebehörde aus § 281 Abs 1 Z. 11 StPO, der Angeklagte aus den Z. 4, 5 und 9 lit a, inhaltlich auch aus der Z. 10 dieser Gesetzesstelle.

Rechtliche Beurteilung

Zur Beschwerde des Angeklagten:

Sie richtet sich gegen den Schuldspruch wegen Betrugs (1; S. 473). Unbegründet sind zunächst die weitwendigen Beschwerdeausführungen zum Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit a, denen zufolge der Angeklagte eine Schädigung der Abnehmer von "Glykolwein" bestreitet: Zwar trifft es zu, daß sich der Eintritt des Schadens beim Käufer solchen "Weins" nicht bereits zwangsläufig aus dessen Verkehrsunfähigkeit ergibt; denn die Verkehrsunfähigkeit eines Weins (§ 60 WeinG 1985, § 44 WeinG 1961) ist auch nach der bisherigen Rechtsprechung nicht ohne weiteres dessen völliger Wertlosigkeit gleichzuhalten. Ob der durch Täuschung bewirkte Kauf von "Glykolwein" für den Käufer mit dem Verlust an Vermögenssubstanz in der Gesamthöhe des Kaufpreises verbunden war oder ihm ein wenn auch nicht äquivalenter wirtschaftlicher Wert für den geleisteten Kaufpreis zugekommen ist, hängt von der (dem Käufer zumutbaren) wirtschaftlichen Verwertbarkeit der erstandenen Ware zur Tatzeit ab (EvBl 1987/36, 12 Os 102/86; 11 Os 176/86; JBl 1981 S. 217, 13 Os 28/87). Die Rechtsprechung zum "Glykolweinskandal" ist sohin gerade unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte, nämlich auf Grund der jeweils fallbezogenen Konstatierung der Unverwertbarkeit eines (wahrheitsgemäß bezeichneten) Gemisches von Wein und Diäthylenglykol zur Zeit seines Ankaufs, zur Beurteilung gelangt, daß der für Betrug essentielle Vermögensschaden als Folge der täuschungsbedingten Verfügung eingetreten ist.

Auch hier ist das Erstgericht davon ausgegangen, daß das den Gegenstand des Betrugs (1) bildende Gemisch bei Kenntnis des (wenngleich relativ geringen) Gehalts an Diäthylenglykol nicht gekauft worden wäre, zumal es, abgesehen von dem bei einem Verkauf als Weindestillat zu erwartenden, wirtschaftlich vernachlässigbaren (S. 438) Erlös von etwa 20 Groschen je Liter, keinen Wert aufwies (S. 435, 438, 440). Rechtlich konnte das Erstgericht hieraus einerseits bei einem generellen Literpreis von wenigstens 10 Schilling (S. 438 unten) auf eine Schädigung der Abnehmer um einen entsprechenden Gesamtbetrag schließen, andererseits aber auch eine korrespondierende unrechtmäßige Bereicherung des Angeklagten bejahen. Diese Bereicherung wäre - den Beschwerdeausführungen (in S. 470 unten, S. 471) zuwider - auch dann gegeben, wenn der Angeklagte etwa imstande gewesen wäre, den Wein ohne Zusatz von Diäthylenglykol zum gleichen Preis zu verkaufen wie das Diäthylenglykol-Weingemisch; denn maßgebend ist nicht der Vergleich des Vermögens des Täters vor der Herstellung des Gemisches und nach dessen Veräußerung, sondern derjenige unmittelbar vor und nach der täuschungsbedingten Verfügung des Abnehmers. Letzterer Vergleich ergibt aber, daß das Vermögen des Angeklagten durch den für die zu dieser Zeit bereits wertlose Ware (siehe oben) eingenommenen Kaufpreis unrechtmäßig vermehrt wurde. Daß durch diesen Vermögenszuwachs möglicherweise ein beim Kauf verfälschter, für den Verschnitt mit seinem Eigenbauwein bestimmter Weine und durch die Herstellung des Gemisches (Ankauf des Glykols) zuvor erlittener Verlust des Angeklagten vermindert oder ausgeglichen wurde, ist für den allein auf die Tatzeit zu beziehenden Vermögensvergleich unerheblich.

An der strafrechtlichen Beurteilung der geschilderten unrechtmäßigen Vermögensverschiebung ändert sich weder etwas durch eine nachträgliche Schadensüberwälzung auf weitere Abnehmer, noch durch die allfällige Erfüllung der Geschmackserwartung von Letztverbrauchern. Der nach § 146 StGB tatbestandsmäßige Schaden braucht zum einen nicht von Dauer zu sein; zum anderen ist eine Schädigung von Letztverbrauchern nicht etwa schon deshalb auszuschließen, weil sie ihre Täuschung beim Verbrauch nicht durchschaut haben. Mit dem Hinweis darauf, daß Wein mit Diäthylenglykolzusatz von Großabnehmern mit Gewinn weiterverkauft werden konnte und solcher "Wein" mehreren in einem anderen Strafverfahren einvernommenen Letztverbrauchern und sogar einem Gastwirt geschmeckt habe (dies übrigens eine unzulässige Neuerung), vermag der Angeklagte daher keine für die Subsumtion (oder auch nur für die Anwendung eines milderen Strafsatzes) maßgebenden Gesichtspunkte aufzuzeigen. Es zeigt sich daher, daß der Nichtigkeitswerber durch die Abweisung seines in der Hauptverhandlung (S. 427 oben) gestellten Antrags, mit welchem er den Nachweis eines von Gastwirten bei Verkauf seines Weins erzielten Gewinns anstrebte, nicht in seinen Verteidigungsrechten verletzt werden konnte; damit versagt auch die bezügliche Verfahrensrüge (Z. 4).

Soweit der Angeklagte in seiner Mängelrüge (Z. 5), teils aber schon in seiner Rechtsrüge (Z. 9 lit a), die Annahme, die Abnehmer seiner Ware hätten diese bei Kenntnis der Glykolzusätze (insbesondere in Anbetracht der relativ geringen Konzentration an Diäthylenglykol) nicht gekauft als willkürlich bezeichnet, übersieht er, daß die Verkäufe erst in eine Zeit fielen, für welche angesichts der spektakulären Berichterstattung über den "Weinskandal" schlechthin ausgeschlossen werden kann, daß überhaupt noch ein wertbegründendes Interesse an Glykolwein bestand (vgl. hiezu auch Burgstaller in RZ. 1987 S. 33 f., 37 Ende, wonach bei Verkauf von Glykolwein mit selbst ganz geringem Diäthylenglykolgehalt erst nach der Aufdeckung des sogenannten Weinskandals Betrug mit einem Schaden in voller Höhe des Kaufpreises in Betracht kommt). Schon im Hinblick auf die Tatzeit (März bis August 1986) bedurfte es darum nicht der vom Beschwerdeführer vermißten Erörterung der individuellen Einstellung seiner Abnehmer zu Glykolwein.

Ebensowenig leidet die Begründung der Urteilsfeststellungen zur inneren Tatseite an jener Unvollständigkeit, welche der Beschwerdeführer im Übergehen des angeblichen Widerspruchs zwischen den Zeugenaussagen Ing.Klaus K*** und Gerhard W*** über das von ersterem - als zuständigem Bundeskellereiinspektor - mit dem Angeklagten am 21.März 1986 über die Möglichkeit des Weinverkaufs geführte Gespräch erblickt: Die Mängelrüge vernachlässigt einerseits, daß Gendarmeriebezirksinspektor Gerhard W*** sich an den genauen Wortlaut der von Ing.K*** zum Angeklagten gemachten Äußerung nicht erinnern konnte (S. 426 Mitte). Andererseits wird verkannt, daß die von W*** dem Bundeskellereiinspektor zugeschriebene Bemerkung, der Angeklagte könne verkaufen, wenn er sicher sei, daß "nichts drinnen" sei, hingegen müsse er untersuchen lassen, wenn er nicht sicher sei, durchaus mit jener Stellungnahme vereinbar ist, die Ing.K*** seiner eigenen Aussage zufolge gegenüber dem Angeklagten abgegeben hat (S. 421 oben: "Ich habe P*** aber darauf aufmerksam gemacht, daß auf Grund seiner Verantwortung, daß er sich nicht erklären kann, wie das Glykol hineingekommen ist, der Verdacht besteht, daß auch andere Weine Diäthylenglykol enthalten, und daß er Weine, die er verkaufen will, vorher untersuchen lassen müßte ..."; S. 423 zweiter Absatz:

"Ich habe sicher gesagt, der Angeklagte soll, wenn er sich selbst nicht sicher ist, untersuchen lassen ..."). Soweit der Angeklagte die Angaben des Zeugen W*** als Bestätigung seiner eigenen Verantwortung, vom Fehlen eines Diäthylenglykolzusatzes im bis dahin noch nicht untersuchten Wein überzeugt gewesen zu sein, auslegt, geht er über Wortlaut und Sinngehalt der Zeugenaussage weit hinaus und ignoriert die Argumentation des Erstgerichts, insbesondere dessen Hinweis, daß schon von den fünf vor dem 21.März 1986 gezogenen Proben nur eine einzige unbeanstandet geblieben war (S. 437). Solcherart bekämpft die Beschwerde lediglich in unzulässiger Weise die schöffengerichtliche Beweiswürdigung. Unbegründet ist schließlich auch die gegen die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung (§ 148, erster Qualifikationsfall, StGB) ergriffene Rechtsrüge (sachlich Z. 10), wonach dem Angeklagten keine auf die Verschaffung einer fortlaufenden Einnahme abzielende Tätigkeit vorgeworfen werden könne, weil ihm nicht unterstellt worden sei, selbst (bewußt) Glykol zugesetzt zu haben, sondern die Beimengungen lediglich vom Verschnitt des Eigenbauweins mit zugekauften (glykolhältigen) Weinen stammen (S. 435, 444). Dem ist entgegenzuhalten, daß das strafbare Verhalten des Angeklagten, dessen Wiederholung zwecks Erzielung fortlaufender Einnahmen in seiner Absicht lag, nicht in der Beimengung von Glykol zum Wein, sondern im Verkauf der durch solche Zusätze (von wem immer) entwerteten Flüssigkeit als Wein bestand. Daß der Angeklagte hiebei nur bedingt vorsätzlich handelte (S. 434, 476, 441 f. vgl. jedoch S. 435 unten) steht gewerbsmäßiger Tendenz nicht entgegen; denn § 70 StGB stellt nur darauf ab, ob der Täter die Erzielung einer ständigen Einnahme zum Zweck seines deliktischen Handelns macht. Die Absicht des gewerbsmäßig handelnden Täters kann daher auch auf die Gewinnung fortlaufender Einnahmen aus der wiederkehrenden Begehung solcher Taten gerichtet sein, mit deren ernstlich für möglich gehaltener Tatbildlichkeit er sich abgefunden hat, ohne sie geradezu bezweckt oder als gewiß angenommen zu haben (EvBl 1983/58). Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Zur Beschwerde der Staatsanwaltschaft:

Wie die Anklagebehörde zu Recht rügt, hat der Gerichtshof erster Instanz seine Strafbefugnis zunächst dadurch überschritten (Z. 11), daß er nicht eine Geldstrafe nach § 61 Abs 2 (zweiter Fall) WeinG 1985 ausgesprochen hat, obwohl das Betrugsfaktum zugleich alle Merkmale des § 61 Abs 1 Z. 3 WeinG 1985 erfüllt; sodann dadurch, daß nicht auf öffentliche Bekanntgabe des Urteils auf Kosten des Angeklagten (§ 61 Abs 4 WeinG 1985) erkannt wurde.

§ 61 Abs 2 WeinG 1985 sieht unter der Voraussetzung, daß Abs 1 dieses Paragraphen bloß deshalb unanwendbar ist, weil die Tat unter eine strengere Strafbestimmung fällt, für den Fall der Verhängung einer Freiheitsstrafe zwingend vor, daß daneben auch eine nach Abs 1 zu bemessende Geldstrafe ausgesprochen wird. Gemäß § 61 Abs 1 WeinG 1985 in der Fassung der mit dem 23.Juli 1986 - also innerhalb des Tatzeitraums (21.März bis 28.August 1986) - in Kraft getretenen Novelle BGBl. Nr. 372/1986 ist bei Verhängung einer Geldstrafe für die teils vor, teils nach dem Inkrafttreten der Novelle begangenen Taten die Strafdrohung gemäß der Novelle, also das Tagessatzsystem anzuwenden (SSt. 41/30, SSt. 50/61 u.a.). In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war daher gemäß § 61 Abs 2, zweiter Fall, WeinG 1985 i.d.F. d. BGBl. Nr. 372/1986 eine solche Geldstrafe auszusprechen. Dabei war erschwerend nichts; die Deliktskonkurrenz wurde nicht als erschwerend berücksichtigt, weil die Geldstrafe nur für den Schuldspruch 1, nicht für 2 verhängt wird: nur die obligatorische zusätzliche Geldstrafe konnte Gegenstand der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft sein; die Bestrafung des Faktums 2 fällt unter die Absorptionsbestimmung des § 28 StGB. Mildernd war der bisher ordentliche Lebenswandel.

Der Sache nach schlägt der (u.a. auch) gegenüber Betrug nach §§ 146 ff. StGB subsidiäre Auffangtatbestand des § 61 Abs 1 Z. 3 WeinG 1985 (9 Os 93/86) solcherart in den Sanktionsbereich durch. Die nach der Anzahl der Tagessätze bestimmte Höhe der Geldstrafe, die ansonsten die Schuld des Täters wiederspiegelt (Leukauf-Steininger2, § 19 StGB, RN 8), kann als obligatorisch kumulativ neben der Freiheitsstrafe zu verhängende Sanktion für sich allein diese Transparenz der Schuld des Täters nicht vermitteln. Hält man sich aber annähernd an die von der nach § 147 Abs 3 StGB (Höchststrafe: 10 Jahre) verhängten Freiheitsstrafe (15 Monate) vorgezeichnete Proportion, so scheint nach § 61 Abs 2 WeinG 1985 (maximale Geldstrafe: 360 Tagessätze) hier eine Geldstrafe von vierzig Tagessätzen (Ersatzfreiheitsstrafe von zwanzig Tagen) angemessen.

Die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten und seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (S. 10, 39, 404) ergeben einen täglich abschöpfbaren Betrag von 150 S, der die Höhe des Tagessatzes bestimmt (§ 19 Abs 2 StGB). Die Geldstrafe beträgt sohin 6.000 S. Allerdings soll die Geldstrafe womöglich den Nutzen übersteigen, den der Täter durch die strafbare Handlung erzielt hat oder erzielen wollte (§ 61 Abs 1, letzter Satz, WeinG 1985). Der vom Angeklagten von vornherein angestrebte Nutzen bestand in der Differenz zwischen dem aus dem Verkauf des Gemisches als Wein erzielten Erlös und dem für die Anschaffung dieser Flüssigkeit erbrachten wirtschaftlichen Aufwand. Gewiß ist dieser Nutzen höher als 6.000 S. Sollen die für das Tagessatzsystem wesentlichen Grundsätze (§ 19 Abs 2 StGB) aber gewahrt werden, verbietet sich jedoch eine höhere Geldstrafe. Da diese den Nutzen, den der Täter durch die strafbare Handlung erzielt hat oder erzielen wollte, nur "womöglich" übersteigen soll, tritt angesichts der vielfachen Unvereinbarkeit einer solchen, den Nutzen übersteigenden Geldstrafe mit einer nach dem Tagessatzsystem bemessenen Geldstrafe, so etwa in diesem Fall, das Postulat des § 61 Abs 1, letzter Satz, WeinG 1985 hier in den Hintergrund (Leukauf-Steininger, Nebengesetze2, Ergänzungsheft 1986, 196). Gemäß § 61 Abs 4 WeinG 1985 ist im Fall einer Verurteilung nach diesem Bundesgesetz zwingend auf öffentliche Bekanntgabe des Urteils auf Kosten des Beschuldigten zu erkennen. Dies hätte auch hier geschehen müssen, weil der Angeklagte nicht nur wegen Betrugs, sondern auch wegen des (realkonkurrierenden) Vergehens nach § 61 Abs 1 Z. 3 WeinG 1985 schuldig gesprochen worden ist. In Stattgebung der auch diesen Fehler aufgreifenden staatsanwaltschaftlichen Nichtigkeitsbeschwerde war daher nunmehr eine solche Anordnung zu treffen. Die Form der öffentlichen Bekanntmachung des Urteils wird vom Erstgericht zu verfügen sein (vgl. Brustbauer in Ernährung/Nutrition Vol. 11/NR. 6 1987 S. 423, 424).

Das Schöffengericht hat über den Angeklagten nach §§ 28, 147 Abs 3 StGB eine Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten verhängt und sie gemäß § 43 Abs 2 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Dabei war erschwerend die Deliktskonkurrenz, mildernd hingegen der bisher ordentliche Lebenswandel des Angeklagten.

Mit seiner Berufung strebt dieser eine Reduzierung des Ausmaßes der Freiheitsstrafe an.

Die von der Berufung hervorgekehrten Aspekte wurden vom Schöffengericht bereits berücksichtigt. Hat es doch ausdrücklich konstatiert, daß der Angeklagte, der einen guten Ruf genießt (S. 433), die Weine nicht selbst mit Diäthylenglykol versetzt, sondern seine Eigenbauweine nur mit "Glykolweinen" verschnitten hat (S. 435, 444). Diese vergleichsweise Zurückhaltung des Angeklagten in der Verfolgung verpönter Ziele war gewiß nicht nur für die bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe entscheidend, sondern hat sich auch auf die nahe der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens geschöpfte Sanktion als solche ausgewirkt. Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E12472

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0130OS00134.87.1105.000

Dokumentnummer

JJT_19871105_OGH0002_0130OS00134_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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