TE OGH 1989/5/18 13Os50/89

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Veröffentlicht am 18.05.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Mai 1989 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hörburger (Berichterstatter), Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Markel als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Iby als Schriftführers in der Strafsache gegen Joca S*** wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB über die von der Generalprokuratur zur Wahrung des Gesetzes gegen die Strafverfügung des Bezirksgerichts Kitzbühel vom 14.Jänner 1986, GZ. U 1762/85-4, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Kodek, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Strafverfügung des Bezirksgerichts Kitzbühel vom 14. Jänner 1986, GZ. U 1762/85-4, verletzt § 2 Abs. 1 StPO. Diese Strafverfügung wird aufgehoben, gemäß §§ 292, 288 Abs. 2 Z. 3 StPO sogleich in der Sache selbst erkannt und das Strafverfahren gegen Joca S*** gemäß § 90 Abs. 1 StPO eingestellt.

Text

Gründe:

Der Gendarmerieposten Kitzbühel zeigte am 17.Dezember 1985 die jugoslawischen Staatsbürger Joca S*** und Ibrahim N*** wegen Körperverletzung der Mira S***, der Ehegattin des Erstgenannten, an (U 1762/85 des Bezirksgerichts Kitzbühel). Der Bezirksanwalt beantragte hinsichtlich Joca S*** Feststellung der Voraussetzungen des § 42 StGB (S. 30) und stellte hinsichtlich Ibrahim N*** Strafantrag wegen § 83 Abs. 1 StGB (S. 1). Zufolge einer offenkundigen Namensverwechslung stellte das Bezirksgericht aber hinsichtlich N*** das Vorliegen der Voraussetzungen des § 42 StGB fest und demgemäß das Verfahren gemäß § 451 Abs. 2 StPO ein (ON. 3). Hingegen erließ es gegen Joca S*** eine Strafverfügung wegen § 83 Abs. 1 StGB (ON. 4), die nach Zustellung an den Bezirksanwalt und den Beschuldigten in Rechtskraft erwachsen ist.

Rechtliche Beurteilung

Die Strafverfügung des Bezirksgerichts Kitzbühel vom 14. Jänner 1986 steht mit dem Anklagegrundsatz nicht im Einklang (Art. 90 Abs. 2 B-VG, § 2 Abs. 1 StPO), weil sie ohne Vorliegen eines Verfolgungsantrags des berechtigten Anklägers den Angezeigten einer gerichtlich strafbaren Handlung schuldig erkannte und über ihn eine Strafe verhängte. Wenngleich zur Zeit dieser Strafverfügung (anders als seit dem Strafrechtsänderungsgesetz 1987) eine Einstellung des Verfahrens aus dem Grund des § 42 StGB nur in Betracht kam, wenn das Gericht die Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle für erfüllt hielt, konnte dieses dennoch den Verdächtigen nur dann verfolgen, wenn die Staatsanwaltschaft einen Verfolgungsantrag stellte. Dazu war sie - damals - im Fall einer die Anwendbarkeit des § 42 StGB verneinenden Entscheidung des Bezirksgerichts (siehe LSK. 1977/306 u.a.) verpflichtet. Sonach ist unvorgreiflich der Frage, ob Art. 90 Abs. 2 B-VG unmittelbar anzuwendendes Verfassungsrecht darstellt, jedenfalls die den Anklagegrundsatz im einfachen Bundesrecht verankernde Bestimmung des § 2 Abs. 1 StPO verletzt worden.

Der vom Generalprokurator gemäß § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Beschwerde war daher stattzugeben und gemäß § 292 StPO wie eingangs zu erkennen.

Anmerkung

E17152

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0130OS00050.89.0518.000

Dokumentnummer

JJT_19890518_OGH0002_0130OS00050_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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