TE OGH 2006/4/26 3Ob79/06y

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Veröffentlicht am 26.04.2006
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei G***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Georg Walderdorff, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Wolfgang W*****, wegen 96.206,92 EUR, infolge Revisionsrekurses der Überbieterin Maria D*****, vertreten durch Dr. Heinz Buchmayr und Dr. Johannes Buchmayr, Rechtsanwälte in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau als Rekursgericht vom 3. Februar 2006, GZ 1 R 365/05i-31, womit der Rekurs der Überbieterin gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Waidhofen an der Thaya vom 29. November 2005, GZ 1 E 525/05y-26, zurückgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Dem Rekursgericht wird die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung:

Die Liegenschaft des Verpflichteten wurde am 12. Oktober 2005 einem Ersteher um das Meistbot von 21.000 EUR zugeschlagen. Maria D***** stellte fristgerecht ein Überbot von 27.000 EUR und erklärte sich zur Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen des § 196 Abs 1 EO bereit. Mit Beschluss vom 15. November 2005 forderte das Erstgericht die Überbieterin zum Erlag von 6.750 EUR in Sparurkunden oder zum Nachweis des notariellen Erlags binnen sieben Tagen auf. Dieser Beschluss wurde nach einem zweiten Zustellversuch am 17. November 2005 durch Hinterlegung beim Postamt zugestellt. Die Überbieterin kam der Aufforderung nicht nach. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 29. November 2005 wies das Erstgericht das Überbot wegen Nichterlags der Sicherheitsleistung (des Viertels des angebotenen Kaufpreises) zurück.Die Liegenschaft des Verpflichteten wurde am 12. Oktober 2005 einem Ersteher um das Meistbot von 21.000 EUR zugeschlagen. Maria D***** stellte fristgerecht ein Überbot von 27.000 EUR und erklärte sich zur Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen des Paragraph 196, Absatz eins, EO bereit. Mit Beschluss vom 15. November 2005 forderte das Erstgericht die Überbieterin zum Erlag von 6.750 EUR in Sparurkunden oder zum Nachweis des notariellen Erlags binnen sieben Tagen auf. Dieser Beschluss wurde nach einem zweiten Zustellversuch am 17. November 2005 durch Hinterlegung beim Postamt zugestellt. Die Überbieterin kam der Aufforderung nicht nach. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 29. November 2005 wies das Erstgericht das Überbot wegen Nichterlags der Sicherheitsleistung (des Viertels des angebotenen Kaufpreises) zurück.

Dagegen richtete sich der fristgerechte Rekurs der Überbieterin, mit welchem ihre Ortsabwesenheit an der Zustelladresse in der Zeit vom

15. bis 29. November 2005 releviert wurde. Die Rekurswerberin habe die Aufforderung zum Gerichtserlag erst am 2. Dezember 2005 bei der Post behoben.

Das Rekursgericht wies den Rekurs ohne Erhebungen und ohne Feststellungen über die Rekursbehauptungen zu treffen mangels Beschwer zurück. Die Zustellung der Aufforderung des Erstgerichts wäre jedenfalls am 2. Dezember 2005 infolge Heilung des Zustellmangels gemäß § 7 ZustG als bewirkt anzusehen. Die Überbieterin hätte bis zum 9. Dezember 2005 den Erlag vornehmen müssen. Selbst bei Richtigkeit des Vorbringens über die Ortsabwesenheit zum Zustellzeitpunkt könnte nach einer Aufhebung des angefochtenen Beschlusses nur ein inhaltsgleicher Beschluss gefasst werden. Das Rechtschutzinteresse an einer meritorischen Entscheidung über den Rekurs müsse auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz vorliegen. Mit Ablauf des 9. Dezember 2005 sei die Beschwer der Rekurswerberin aber weggefallen. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Mit ihrem Revisionsrekurs beantragt die Überbieterin die Abänderung dahin, dass die Zurückweisung des Überbots behoben und an die Überbieterin die Aufforderung zum Gerichtserlag gerichtet werde, „um die Frist des § 196 EO neuerlich in Gang zu setzen". Der Revisionsrekurs ist entgegen dem an den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts zulässig, weil zu der hier zu beurteilenden Fallkonstellation eine oberstgerichtliche Rechtsprechung fehlt. Der Rekurs ist mit seinem Hauptbegehren auch berechtigt.Das Rekursgericht wies den Rekurs ohne Erhebungen und ohne Feststellungen über die Rekursbehauptungen zu treffen mangels Beschwer zurück. Die Zustellung der Aufforderung des Erstgerichts wäre jedenfalls am 2. Dezember 2005 infolge Heilung des Zustellmangels gemäß Paragraph 7, ZustG als bewirkt anzusehen. Die Überbieterin hätte bis zum 9. Dezember 2005 den Erlag vornehmen müssen. Selbst bei Richtigkeit des Vorbringens über die Ortsabwesenheit zum Zustellzeitpunkt könnte nach einer Aufhebung des angefochtenen Beschlusses nur ein inhaltsgleicher Beschluss gefasst werden. Das Rechtschutzinteresse an einer meritorischen Entscheidung über den Rekurs müsse auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz vorliegen. Mit Ablauf des 9. Dezember 2005 sei die Beschwer der Rekurswerberin aber weggefallen. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Mit ihrem Revisionsrekurs beantragt die Überbieterin die Abänderung dahin, dass die Zurückweisung des Überbots behoben und an die Überbieterin die Aufforderung zum Gerichtserlag gerichtet werde, „um die Frist des Paragraph 196, EO neuerlich in Gang zu setzen". Der Revisionsrekurs ist entgegen dem an den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts zulässig, weil zu der hier zu beurteilenden Fallkonstellation eine oberstgerichtliche Rechtsprechung fehlt. Der Rekurs ist mit seinem Hauptbegehren auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Richtig ist die Ansicht des Rekursgerichts, dass die Beschwer eines Rechtsmittelwerbers als Zulässigkeitsvoraussetzung eines jeden Rechtsmittels auch noch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Rechtsmittelgerichts vorliegen muss (RIS-Justiz RS0041770). Es trifft auch zu, dass eine gesetzwidrig vorgenommene Zustellung (hier wegen Ortsabwesenheit der Empfängerin, wenn sich die Rekursbehauptungen der Überbieterin als richtig erweisen) gemäß § 7 ZustG mit dem Tag heilt, an dem das Schriftstück dem Adressaten tatsächlich zugekommen ist (RS0083714). Demnach hätte die Überbieterin in der, in der Aufforderung angeführten, gesetzlichen Siebentagefrist (§ 196 Abs 1 EO) ein Viertel des Kaufpreises zu erlegen gehabt. Die Besonderheit des vorliegenden Falls liegt aber darin, dass hier schon vor der Heilung des Zustellmangels am 2. Dezember 2005 der angefochtene Beschluss über die Zurückweisung des Überbots gefasst wurde. Dieser Beschluss war mangels aufschiebender Wirkung eines allfälligen Rekurses (§ 524 Abs 1 ZPO iVm § 78 EO) mit seiner Zustellung am 30. November 2005 wirksam geworden. Dieser vom Rekursgericht nicht beachtete Umstand hat Einfluss auf die Aufforderung zum Gerichtserlag vom 15. November 2005 und auf den Beginn des Fristenlaufs:Richtig ist die Ansicht des Rekursgerichts, dass die Beschwer eines Rechtsmittelwerbers als Zulässigkeitsvoraussetzung eines jeden Rechtsmittels auch noch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Rechtsmittelgerichts vorliegen muss (RIS-Justiz RS0041770). Es trifft auch zu, dass eine gesetzwidrig vorgenommene Zustellung (hier wegen Ortsabwesenheit der Empfängerin, wenn sich die Rekursbehauptungen der Überbieterin als richtig erweisen) gemäß Paragraph 7, ZustG mit dem Tag heilt, an dem das Schriftstück dem Adressaten tatsächlich zugekommen ist (RS0083714). Demnach hätte die Überbieterin in der, in der Aufforderung angeführten, gesetzlichen Siebentagefrist (Paragraph 196, Absatz eins, EO) ein Viertel des Kaufpreises zu erlegen gehabt. Die Besonderheit des vorliegenden Falls liegt aber darin, dass hier schon vor der Heilung des Zustellmangels am 2. Dezember 2005 der angefochtene Beschluss über die Zurückweisung des Überbots gefasst wurde. Dieser Beschluss war mangels aufschiebender Wirkung eines allfälligen Rekurses (Paragraph 524, Absatz eins, ZPO in Verbindung mit Paragraph 78, EO) mit seiner Zustellung am 30. November 2005 wirksam geworden. Dieser vom Rekursgericht nicht beachtete Umstand hat Einfluss auf die Aufforderung zum Gerichtserlag vom 15. November 2005 und auf den Beginn des Fristenlaufs:

Die selbstverständliche Grundlage der Aufforderung des Exekutionsgerichts zum Erlag der angebotenen Sicherheitsleistung (§ 198 Abs 1 EO) in der Höhe eines Viertels des angebotenen Kaufpreises (§ 196 Abs 1 EO) besteht darin, dass ein noch nicht zurückgewiesenes Überbot vorliegt. Durch die wirksam gewordene Zurückweisung des Überbots wurde der Aufforderung nach § 198 Abs 1 EO eine Erfüllungsvoraussetzung entzogen. Auch wenn die Aufforderung in der Folge (am 2. Dezember 2005) gemäß § 7 ZustG als wirksam zugestellt betrachtet werden kann, wurde damit jedenfalls nicht die Frist für den Gerichtserlag (die grundsätzlich ab Beschlusszustellung zu laufen beginnt: § 124 ZPO iVm § 78 EO) in Gang gesetzt, weil es vor der erfolgreichen Bekämpfung des Zurückweisungsbeschlusses am Erfordernis eines wirksamen Überbots mangelt. Anders läge der Fall nur, wenn die Zurückweisung des Überbots nach dem 9. Dezember 2005 beschlossen worden wäre. Die Überbieterin hat demnach ein relevantes Rechtschutzinteresse an der Beseitigung der Zurückweisung ihres Überbots und damit ein Recht auf meritorische Entscheidung über ihren Rekurs. Der Rechtsmittelerfolg wird von der Richtigkeit der Behauptungen über die Ortsabwesenheit zum Zeitpunkt der Zustellung der Aufforderung zum Erlag einer Sicherheitsleistung abhängen. Entgegen dem Rekursantrag wird allerdings im Fall der Behebung des Zurückweisungsbeschlusses des Erstgerichts durch die Rekursentscheidung keine neue Aufforderung nach § 198 Abs 1 EO an die Überbieterin zu richten sein. Die Siebentagefrist für den Erlag wird dann vielmehr ab Zustellung der Rekursentscheidung zu laufen beginnen und hat ihre Grundlage in der wirksamen Aufforderung vom 15. November 2005. Die Zurückweisung des Überbots hat die Wirksamkeit der Aufforderung zum Erlag der Sicherheitsleistung nicht beseitigt, sondern lediglich verhindert, dass die gesetzte Frist zu laufen begann.Die selbstverständliche Grundlage der Aufforderung des Exekutionsgerichts zum Erlag der angebotenen Sicherheitsleistung (Paragraph 198, Absatz eins, EO) in der Höhe eines Viertels des angebotenen Kaufpreises (Paragraph 196, Absatz eins, EO) besteht darin, dass ein noch nicht zurückgewiesenes Überbot vorliegt. Durch die wirksam gewordene Zurückweisung des Überbots wurde der Aufforderung nach Paragraph 198, Absatz eins, EO eine Erfüllungsvoraussetzung entzogen. Auch wenn die Aufforderung in der Folge (am 2. Dezember 2005) gemäß Paragraph 7, ZustG als wirksam zugestellt betrachtet werden kann, wurde damit jedenfalls nicht die Frist für den Gerichtserlag (die grundsätzlich ab Beschlusszustellung zu laufen beginnt: Paragraph 124, ZPO in Verbindung mit Paragraph 78, EO) in Gang gesetzt, weil es vor der erfolgreichen Bekämpfung des Zurückweisungsbeschlusses am Erfordernis eines wirksamen Überbots mangelt. Anders läge der Fall nur, wenn die Zurückweisung des Überbots nach dem 9. Dezember 2005 beschlossen worden wäre. Die Überbieterin hat demnach ein relevantes Rechtschutzinteresse an der Beseitigung der Zurückweisung ihres Überbots und damit ein Recht auf meritorische Entscheidung über ihren Rekurs. Der Rechtsmittelerfolg wird von der Richtigkeit der Behauptungen über die Ortsabwesenheit zum Zeitpunkt der Zustellung der Aufforderung zum Erlag einer Sicherheitsleistung abhängen. Entgegen dem Rekursantrag wird allerdings im Fall der Behebung des Zurückweisungsbeschlusses des Erstgerichts durch die Rekursentscheidung keine neue Aufforderung nach Paragraph 198, Absatz eins, EO an die Überbieterin zu richten sein. Die Siebentagefrist für den Erlag wird dann vielmehr ab Zustellung der Rekursentscheidung zu laufen beginnen und hat ihre Grundlage in der wirksamen Aufforderung vom 15. November 2005. Die Zurückweisung des Überbots hat die Wirksamkeit der Aufforderung zum Erlag der Sicherheitsleistung nicht beseitigt, sondern lediglich verhindert, dass die gesetzte Frist zu laufen begann.

Das Rekursgericht wird über den Rekurs der Überbieterin im aufgezeigten Sinn meritorisch zu entscheiden haben.

Anmerkung

E80577 3Ob79.06y

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2006:0030OB00079.06Y.0426.000

Dokumentnummer

JJT_20060426_OGH0002_0030OB00079_06Y0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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