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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, über die Beschwerde des E Z in P, vertreten durch Neudorfer Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Eßlinggasse 9, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 24. Oktober 2006, Zl. FA10A - 60Zo3/2006-16, betreffend Beschlagnahme von Pflanzenschutzmitteln nach § 29 Abs. 4 Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Z. GmbH mit Sitz in P.
Im Zuge einer am 4. Juli 2005 vom Bundesamt für Ernährungssicherheit (BAES) durchgeführten Kontrolle der Z. GmbH wurden im Lager M. vier näher bezeichnete Pflanzenschutzmittel vorgefunden und vorläufig gemäß § 29 Abs. 1 Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 (PMG), BGBl. I Nr. 60/1997 i.d.g.F., beschlagnahmt, weil es sich um nicht gemäß § 3 Abs. 4 PMG angemeldete Pflanzenschutzmittel gehandelt habe.
Das BAES übermittelte der Bezirkshauptmannschaft W (BH) am 7. Juli 2005 vier Anzeigen wegen des begründeten Verdachts eines Verstoßes gegen die Bestimmungen des PMG (§ 34 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 4 PMG i.d.g.F. - Inverkehrbringen eines nicht angemeldeten Pflanzenschutzmittels).
Bezüglich des in dieser Angelegenheit durchgeführten Verwaltungsstrafverfahrens, welches sich auf den Zeitpunkt der Kontrolle am 4. Juli 2005 um 13.30 Uhr bezieht, wird auf das hg. Erkenntnis vom 24. April 2008, Zl. 2007/07/0159, verwiesen.
Mit Bescheid vom 15. Juli 2005 sprach die BH die Beschlagnahme der verfahrensgegenständlichen Pflanzenschutzmittel aus und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die sichergestellten Pflanzenschutzmittel nicht in Österreich zugelassen seien und es sich nicht um gemäß § 3 Abs. 4 PMG angemeldete Pflanzenschutzmittel handle.
Der Beschwerdeführer berief und brachte (u.a.) vor, dass die Pflanzenschutzmittel Folpan 80 WDG, Bromotril 250 SC und Ipflo in Deutschland von der Firma A- Trade HandelsgesmbH sowie das Pflanzenschutzmittel Stomp SC in Deutschland von der B- AG registriert seien. Diese Pflanzenschutzmittel könnten somit in den Ländern der EU-Mitgliedsstaaten angewendet werden. Außerdem habe der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 8. Juli 2005 eine Anmeldung der vorläufig beschlagnahmten Pflanzenschutzmittel im Sinne des § 3 Abs. 4 PMG vorgenommen.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark (LH) vom 24. Oktober 2006 wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass Pflanzenschutzmittel unter bestimmten Voraussetzungen zwecks Inverkehrbringen in erster Vertriebsstufe gemäß § 3 Abs. 4 PMG anzumelden seien. Diese Anmeldung habe der Beschwerdeführer nicht ordnungsgemäß vorgenommen. Ein inländischer Pflanzenschutzmittelhändler, der für ein bestimmtes Pflanzenschutzmittel - das nicht in Österreich zugelassen sei - selbst keine Anmeldung nach § 3 Abs. 4 PMG vorgenommen habe, müsse in der Kette der Vorlieferanten einen Meldepflichtigen nach § 3 Abs. 4 leg. cit. aufweisen können. Im Ermittlungsverfahren habe aber weder ein Erwerb der in Rede stehenden Pflanzenschutzmittel von einem "Meldepflichtigen" noch von einem Zulassungsinhaber festgestellt werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem "Recht auf freie Verfügung über die Pflanzenschutzmittel (rechtswidrige Einschränkung des Eigentumsrechts)" verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer wendet sich in der Beschwerde insbesondere gegen die Annahme der belangten Behörde, es liege keine ordnungsgemäße Anmeldung der in Rede stehenden Pflanzenschutzmittel nach § 3 Abs. 4 PMG durch den Beschwerdeführer vor.
Der Beschwerdeführer habe alle Pflanzenschutzmittel ordnungsgemäß angemeldet, sodass die Beschlagnahme von der Behörde aufzuheben gewesen wäre. Es sei denkunmöglich, dass aufgrund des Schreibens des Beschwerdeführers vom 8. Juli 2005 anzunehmen sei, dass diese Mittel vom Beschwerdeführer nicht ordnungsgemäß angemeldet worden seien. Ferner sei der Beschwerdeführer nicht Erstinverkehrbringer im Sinne des PMG.
Der Beschwerdeführer habe auch die Pflanzenschutzmittelregisterauszüge hinsichtlich der Mittel Ipflo und Bromotril 250 SC der belangten Behörde übermittelt. Die Mittel Bromotril und Ipflo seien in Österreich zugelassen. Der Beschwerdeführer habe hinsichtlich des Mittels Stomp SC der Behörde mitgeteilt, dass er dieses Mittel von der B- AG erworben habe. Die belangte Behörde führe selbst aus, dass für dieses Mittel eine Anmeldung der B- Österreich GmbH vorliege.
Hinsichtlich des Mittels Folpan 80 WDG habe der Beschwerdeführer ausgeführt, dass er dieses Mittel von der A- Trade HandelsgesmbH erworben habe. Für dieses Mittel liege eine Anmeldung der "Firma A- Trade" vor.
Insbesondere wird gerügt, die Behörde sei nicht auf alle vorgebrachten "Tatsachen" und Rechtsausführungen eingegangen. Sie habe insbesondere ihre Begründungspflicht verletzt, weil sie nicht darlege, weshalb die Angaben des Beschwerdeführers für sie nicht glaubwürdig seien. Es könne aufgrund der Bescheidbegründung auch nicht nachvollzogen werden, weshalb die Behörde den festgestellten Sachverhalt als erwiesen angenommen habe. Bei vollständiger Ermittlung des Sachverhaltes hätte die Behörde zu dem Ergebnis kommen müssen, dass kein Verstoß gegen § 3 Abs. 4 PMG vorliege. Der Sachverhalt sei sohin in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig.
Vorauszuschicken ist, dass die vorliegende Beschlagnahme keine Beschlagnahme im Sinne des § 39 VStG und damit keine Beschlagnahme im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens darstellt. Der LH war daher zur Entscheidung über die Berufung gegen die von der BH angeordnete Beschlagnahme zuständig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. März 2008, Zlen. 2007/07/0038, 0136).
Die maßgeblichen Bestimmungen des PMG in der hier noch anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 55/2007 lauten auszugsweise:
"§ 2. ......
(10) "Inverkehrbringen'' ist das Vorrätighalten zum Verkauf, das Feilhalten, das Verkaufen und jedes sonstige Überlassen an andere - insbesondere auch die Abgabe in Genossenschaften, Vereinen oder sonstigen Vereinigungen an deren Mitglieder - sowie die Einfuhr aus Drittländern.
......
§ 3. (1) Es dürfen nur die Pflanzenschutzmittel, die nach
diesem Bundesgesetz zugelassen sind, in Verkehr gebracht werden.
......
(4) Wer beabsichtigt, gewerbsmäßig in erster Vertriebsstufe gemäß § 12 Abs. 10 zugelassene Pflanzenschutzmittel in Österreich in Verkehr zu bringen, hat dies vor Aufnahme der Tätigkeit dem Bundesamt für Ernährungssicherheit unter Bekanntgabe der Kennzeichnung der Pflanzenschutzmittel und seiner Anschrift oder gegebenenfalls des Firmensitzes sowie gegebenenfalls unter Nachweis des rechtmäßigen In-Verkehr-Bringens anzumelden (Meldepflichtiger). Der Meldepflichtige unterliegt den Meldepflichten gemäß § 25. Das In-Verkehr-Bringen von Pflanzenschutzmitteln ist unzulässig, wenn der begründete Verdacht besteht, dass die Konformität mit den Rechtsvorschriften der Europäischen Union, insbesondere des Annex I der Richtlinie 91/414/EWG, nicht gegeben ist, oder die Gebühr für die Eintragung in das Pflanzenschutzmittelregister nicht entrichtet wurde.
......
§ 12. (1) Ein Pflanzenschutzmittel, das bereits in einem
anderen Mitgliedstaat zugelassen ist, ist zuzulassen, wenn
1. die Wirkstoffe des Pflanzenschutzmittels im
Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG angeführt und die dort
festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind und
2. die für die Anwendung des Pflanzenschutzmittels
maßgeblichen Bedingungen des Mitgliedstaates, in dem das Pflanzenschutzmittel zugelassen worden ist, in Bezug auf Land- und Forstwirtschaft, Pflanzenschutz und Umwelt - einschließlich der Witterungsverhältnisse - mit denen im Inland nachweislich vergleichbar sind.
(2) Ein Pflanzenschutzmittel, das bereits in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen ist, ist zuzulassen, wenn der Mitgliedstaat, in dem das Pflanzenschutzmittel zugelassen ist, in einer Verordnung gemäß Abs. 9 angeführt ist. Im Antrag ist das Pflanzenschutzmittel auf Grund der nach diesem Bundesgesetz vorzunehmenden Kennzeichnung einzustufen. Diese Angaben sind im Rahmen des Zulassungsverfahrens zu prüfen. Die Einstufung auf Grund der nach diesem Bundesgesetz vorzunehmenden Kennzeichnung ist in die Zulassung aufzunehmen.
......
(5) Die Zulassung ist mit jenem Zeitpunkt befristet, die in
dem anderen Mitgliedstaat, in dem das Pflanzenschutzmittel bereits
zugelassen wurde, vorgesehen wurde.
......
(9) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt
und Wasserwirtschaft hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister
für Gesundheit und Frauen durch Verordnung jene Mitgliedstaaten zu
bestimmen,
1. mit denen ein Verwaltungsübereinkommen zur
Vereinfachung und Beschleunigung des Zulassungsverfahrens von
Pflanzenschutzmitteln abgeschlossen worden ist und
2. die hinsichtlich der für die Anwendung von
Pflanzenschutzmitteln maßgeblichen Bedingungen mit Österreich vergleichbar sind.
(10) Pflanzenschutzmittel, die in einem Mitgliedstaat, der seit zwei Jahren in einer Verordnung gemäß Abs. 9 angeführt ist, zum In-Verkehr-Bringen zugelassen sind, sind zugelassene Pflanzenschutzmittel nach diesem Bundesgesetz, soweit sie in der Originalverpackung und mit der Originalkennzeichnung einschließlich der Gebrauchsanweisung in deutscher Sprache in Verkehr gebracht werden.
......
§ 29. (1) Die Aufsichtsorgane haben Gegenstände vorläufig zu beschlagnahmen, wenn der begründete Verdacht besteht, dass sie nicht den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes entsprechen.
(2) Besteht jedoch der begründete Verdacht, dass Gegenstände nicht den §§ 20 oder 21 - ausgenommen grobe Verstöße - entsprechen, so hat das Aufsichtsorgan dem Verfügungsberechtigten die Verdachtsmomente mitzuteilen und ihm Gelegenheit zu geben, binnen einer gleichzeitig festzusetzenden, angemessenen Frist den gesetzmäßigen Zustand herzustellen. Der Verfügungsberechtigte hat dem Aufsichtsorgan die getroffenen Maßnahmen unverzüglich mitzuteilen. Wurde den angeordneten Maßnahmen nicht innerhalb der festgesetzten Frist nachgekommen, so hat das Aufsichtsorgan diese Gegenstände vorläufig zu beschlagnahmen.
(3) Die Aufsichtsorgane haben die vorläufige Beschlagnahme der Bezirksverwaltungsbehörde unverzüglich anzuzeigen.
(4) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat binnen zwei Wochen nach Einlangen der Anzeige und bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 die Beschlagnahme mit Bescheid anzuordnen. Andernfalls tritt die vorläufige Beschlagnahme außer Kraft.
......"
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Zusammenhang mit einer Beschlagnahme nach dem Saatgutgesetz in seinem Erkenntnis vom 10. August 2000, Zl. 2000/07/0038 (=VwSlg. Nr. 15471/A) ausgesprochen, dass auch die Bezirksverwaltungsbehörde die Beschlagnahme nicht mehr aussprechen darf, wenn zwischenzeitlich die Voraussetzungen für die Beschlagnahme weggefallen sind. Gleiches gilt für die Berufungsbehörde, wenn der Wegfall der Beschlagnahmevoraussetzungen im Zuge des Berufungsverfahrens eintritt.
Diese Aussage kann sinngemäß auch auf Beschlagnahmen nach dem PMG übertragen werden.
In § 3 Abs. 1 PMG ist der Grundsatz festgelegt, dass nur jene Pflanzenschutzmittel, die nach diesem Bundesgesetz zugelassen sind, in Verkehr gebracht werden dürfen.
Voraussetzung für eine Beschlagnahme nach § 29 Abs. 4 PMG ist u. a. das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 leg. cit. Es muss daher bei der Behörde der begründete Verdacht bestehen, dass die zu beschlagnahmenden "Gegenstände" (Pflanzenschutzmittel) nicht den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes entsprechen. Diese Voraussetzung muss - im Hinblick auf den u.a. zu sichernden Zweck des Inverkehrbringens von zugelassenen Pflanzenschutzmitteln (vgl. § 3 Abs. 1 PMG) und die mit der Beschlagnahme erfolgende Eigentumsbeschränkung - auch zum Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides weiterhin gegeben sein.
Unbestritten ist, dass sämtliche beschlagnahmte Pflanzenschutzmittel aus deutscher Produktion stammen und nur mit einem Hinweis auf eine konkrete Registrierung in Deutschland gekennzeichnet sind.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem vorzitierten hg. Erkenntnis vom 24. April 2008, Zl. 2007/07/0159, näher dargelegt hat, trifft die Qualifikation des "in erster Vertriebsstufe in Verkehr bringen" hinsichtlich der vom Beschwerdeführer genannten deutschen Unternehmen nicht zu. Es treffen daher den Beschwerdeführer uneingeschränkt die Pflichten nach § 3 Abs. 4 PMG, sofern es sich jeweils um ein nach § 12 Abs. 10 leg. cit. zugelassenes Pflanzenschutzmittel handeln sollte.
Die belangte Behörde geht in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon aus, dass hinsichtlich sämtlicher Pflanzenschutzmittel, die aufgrund des Bescheides der BH vom 15. Juli 2005 beschlagnahmt wurden, eine ordnungsgemäße Anmeldung durch den Beschwerdeführer im Sinne des § 3 Abs. 4 PMG nicht gegeben war (siehe insbesondere S. 7 des angefochtenen Bescheides) und dieser die beschlagnahmten Mittel auch nicht von einem Anderen, der diese Mittel nach § 3 Abs. 4 PMG angemeldet bzw. der für diese Mittel eine Zulassung gehabt hätte, bezogen habe.
Grundvoraussetzung für eine Anmeldung nach § 3 Abs. 4 PMG ist, wie sich bereits aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt, dass es sich bei den diesbezüglichen Pflanzenschutzmitteln um solche handelt, die in einem anderen Mitgliedsstaat gemäß § 12 Abs. 10 leg. cit. zugelassen sind.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 27. März 2008, Zl. 2007/07/0038, 0136, näher ausgeführt hat, ist die Dauer der kraft § 12 Abs. 10 PMG geltenden Zulassung an die Dauer der mitgliedsstaatlichen Zulassung zu koppeln. Darüberhinaus legte der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis näher dar, dass es sich im Hinblick auf die nach dem PMG erlassene Gleichstellungsverordnung betreffend die Bundesrepublik Deutschland, BGBl. II Nr. 109/1998, bei einem in Deutschland zugelassenen Pflanzenschutzmittel um ein gemäß § 12 Abs. 10 PMG zugelassenes Pflanzenschutzmittel handelt.
Es trifft zwar zu, dass nach § 3 Abs. 4 erster Satz PMG eine entsprechende Anmeldung "vor Aufnahme der Tätigkeit" (= vor dem gewerbsmäßigen Inverkehrbringen eines gemäß § 12 Abs. 10 PMG zugelassenen Pflanzenschutzmittels in Österreich) erforderlich ist und diese Voraussetzung durch eine allfällige nachträgliche Anmeldung von gemäß § 12 Abs. 10 PMG zugelassenen Pflanzenschutzmitteln nicht mehr erfüllt werden kann, was allenfalls zu einer Strafbarkeit (vgl. § 34 Abs. 1 Z. 1 lit. a PMG i. d.F. der Novelle BGBl. I Nr. 110/2002) eines vorzeitigen Inverkehrbringens führen kann.
Es kann jedoch dem PMG kein Anhaltspunkt dafür entnommen werden, dass - abgesehen von einer allfälligen Strafbarkeit - eine nachträgliche Anmeldung von Pflanzenschutzmitteln nach § 3 Abs. 4 PMG nicht möglich und zulässig wäre, zumal ein dauernder Entzug des Verfügungsrechtes aufgrund einer Beschlagnahme - trotz der erfolgten Sanierung durch (nachträgliche) Anmeldung nach § 3 Abs. 4 PMG - sachlich nicht gerechtfertigt erschiene.
In diesem Zusammenhang ist ferner auf § 35 Abs. 1 PMG zu verweisen, wonach die Bezirksverwaltungsbehörde von ihr beschlagnahmte Gegenstände für verfallen zu erklären hat, wenn der Betroffene nicht durch nachweisliche Maßnahmen gewährleistet, dass nach Freigabe der Gegenstände den Vorschriften dieses Bundesgesetzes Rechnung getragen wird. Wenn selbst der Verfall bei einer nachträglichen Sanierung von zunächst nicht dem PMG entsprechenden Gegenständen abgewendet werden kann, muss eine nachträgliche Sanierung umso mehr auch zu einer Aufhebung der Beschlagnahme führen können.
Der Beschwerdeführer machte im Berufungsverfahren insbesondere geltend, dass durch seine nachträgliche Anmeldung nach § 3 Abs. 4 PMG mit Schreiben vom 8. Juli 2005 ein Aufrechterhalten der Beschlagnahme der gegenständlichen Pflanzenschutzmittel durch die belangte Behörde unzulässig gewesen sei und die belangte Behörde es unterlassen habe, diesbezüglich vom Beschwerdeführer vorgelegte Unterlagen bei der Beurteilung des Sachverhaltes zu berücksichtigen.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides, aber auch in den vorgelegten Verwaltungsakten finden sich Hinweise darauf, dass der "begründete Verdacht" im Sinne des § 29 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 PMG zumindest nachträglich und vor Erlassung des angefochtenen Bescheides weggefallen sein könnte.
Mit der Frage, ob durch das Schreiben vom 8. Juli 2005 eine gültige und rechtswirksame Anmeldung der in Rede stehenden Pflanzenschutzmittel nach § 3 Abs. 4 PMG erfolgte, hat sich die belangte Behörde im Erwägungsteil ihres Bescheides nicht näher auseinandergesetzt. Die bloße Wiedergabe einer Stellungnahme der BAES vom 24. Jänner 2006 vermag eine solche Auseinandersetzung nicht zu ersetzen, zumal die belangte Behörde in ihren rechtlichen Erwägungen auf diese Stellungnahme nicht mehr eingeht und nicht erläutert, ob sie die darin getroffenen Feststellungen für zutreffend erachtet und ihrem Bescheid zugrunde legt. In dem Unterbleiben einer näheren Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, durch das Schreiben vom 8. Juli 2005 seien die Pflanzenschutzmittel ordnungsgemäß angemeldet worden und damit der Grund für die Aufrechterhaltung ihrer Beschlagnahme nachträglich weggefallen, liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel.
Wenngleich der Beschwerdeführer in der Berufung zugab, dass hinsichtlich des Pflanzenschutzmittels Stomp SC eine bis 30. Juni 2005 befristete deutsche Genehmigung gegeben war (vgl. auch das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 24. April 2008, Zl. 2007/07/0159) und Bemühungen um eine Verlängerung der Zulassungsfrist seinerzeit nach Angaben des Beschwerdeführers seitens der BASF AG in Gange gewesen seien, findet sich im Verwaltungsakt (ABl. 45) der belangten Behörde ein Hinweis (Ausdruck aus dem Pflanzenschutzmittelregister) auf eine Zulassung nach § 3 Abs. 4 PMG für die Pflanzenschutzmittel Folpan 80 WDG und Stomp SC noch vor Erlassung des angefochtenen Bescheides, was auf das Vorliegen einer nachträglichen Verlängerung der Zulassungsfrist für das Pflanzenschutzmittel Stomp SC hinweist. Überdies ist im angefochtenen Bescheid im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Pflanzenschutzmitteln von einer deutschen Zulassung die Rede. Eine Feststellung des Inhalts, dass eine Verlängerung der Zulassung in Deutschland nicht erfolgt sei, findet sich im angefochtenen Bescheid nicht.
Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Vermeidung der aufgezeigten Verfahrensmängel zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war dieser wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 24. Juli 2008
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltBesondere Rechtsgebiete"zu einem anderen Bescheid"European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2006070154.X00Im RIS seit
18.08.2008Zuletzt aktualisiert am
08.01.2013