TE Vwgh Erkenntnis 1993/10/14 90/17/0409

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Veröffentlicht am 14.10.1993
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
55 Wirtschaftslenkung;

Norm

AVG §52;
B-VG Art18 Abs1;
ViehWG §13 Abs2 idF 1988/332;
ViehWG §13 Abs3 idF 1988/332;
ViehWG §13 Abs3 idF 1989/358;
ViehWG §13 Abs3 Z1;
ViehWG §13a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Raunig, über die Beschwerde des A und der F P in S, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesminister für Land und Forstwirtschaft vom 26. April 1990, Zl. 17.355/182-IC7b/90, betreffend Haltungsbewilligung nach § 13 des Viehwirtschaftsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 12. Juli 1988 wurde dem auf Art. IV Abs. 1 der Viehwirtschaftsgesetznovelle 1987, BGBl. Nr. 325, gestützten Antrag der Beschwerdeführer vom 27. Dezember 1987 - gerichtet auf die Wahrung einer Tierhaltung von 4 Kühen, 4 männlichen Mastrindern, 240 Mastschweinen, 80 Zuchtsauen, 2 Mastkälbern, 20 Masthühnern, 50 Legehennen und 10 Truthühnern - insoweit stattgegeben, als ihnen gemäß § 13 des Viehwirtschaftsgesetzes 1983, BGBl. Nr. 621 (im folgenden: ViehWG 1983), in Verbindung mit Art. IV Abs. 1 der zitierten Novelle 1987 die Haltung von 4 Kühen und 4 männlichen Mastrindern zusätzlich zu der für aufrecht erklärten Bewilligung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 8. Mai 1980 (für die Haltung von 80 Zuchtsauen) bewilligt wurde. Im übrigen wurde der Antrag unter Bezugnahme auf die oben zitierten Gesetzesstellen abgewiesen.

Mit Schreiben vom 26. Juli 1988, verbessert mit Eingabe vom 28. November 1988 erhoben die Beschwerdeführer Berufung und stellten folgende Anträge:

1. den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, daß die beantragten Tiermengen von den Beschwerdeführern (den Betriebsinhabern) uneingeschränkt gehalten werden können;

2. in eventu den Bescheid aufzuheben und zur Verfahrensergänzung an die erste Instanz zurückzuverweisen;

3. in eventu möge der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft das gegenständliche Rechtsmittel als Antrag zur Bewilligung der angesuchten Tierhaltung werten und die Tierhaltung in diesem Umfang bewilligen.

1.2. Mit Bescheid vom 17. Februar 1989 wies der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft die Berufung einschließlich des ersten Eventualantrages ab und bestätigte den Bescheid des Landeshauptmannes; hinsichtlich des zweiten Eventualantrages wurde eine Verfahrensteilung gemäß § 59 Abs. 1 AVG in Verbindung mit einer in Aussicht genommenen gesonderten Entscheidung gemäß § 13 ViehWG 1983 in

der Fassung BGBl. Nr. 332/1988, für die dem Bundesminister die erstinstanzliche Zuständigkeit zukommt, ausgesprochen. Dieser Bescheid wurde rechtskräftig.

Im Verfahren über den Antrag zur Bewilligung der angesuchten Tierhaltung vor dem Bundesminister ersuchte dieser um Klarstellung, ob die "ergänzende Erteilung einer Haltungsbewilligung für 240 Mastschweine, 80 Zuchtsauen, 2 Mastkälber, 20 Masthühner, 10 (richtig: 50) Legehennen und 10 Truthühner" ANSTELLE der bisher insgesamt bewilligten Tierhaltung (Bescheide des Bundesministers bzw. Landeshauptmannes von Steiermark) für insgesamt 80 Zuchtsauen, 4 Kühe und 4 männliche Mastrinder oder ZUSÄTZLICH angestrebt werde. Mit Schreiben vom 11. September 1989 teilten die Beschwerdeführer mit, daß "die genannte Zahl an Mastschweinen, Mastkälbern, Masthühnern, Legehennen und Truthühnern zusätzlich zu der bisher genehmigten Anzahl von 80 Zuchsauen, 4 Kühen und 4 männlichen Mastrindern zu verstehen" sei. Außerdem wurde für den Fall der negativen Erledigung des ursprünglichen Antrages die Feststellung beantragt, "daß gem. dem gesetzlichen Verhältnis zwischen Zuchtsauen und Mastschweinen der jeweilige Stand entsprechend verändert werden kann und dabei in erster Linie der Rinderbestand in Mastschweine umgewandelt werden möge."

1.3. Mit Bescheid vom 26. April 1990 gab der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft dem Antrag der Beschwerdeführer vom 26. Juli 1988 (zweiter Eventualantrag) in der Fassung der Eingaben vom 3. Februar 1989, 14. August 1989 und 11. September 1989 gemäß § 13 Abs. 1 und 3 ViehWG 1983 in der Fassung der ViehWG-Novelle 1989, BGBl. Nr. 358, insoweit statt, als den Beschwerdeführern zusätzlich zu der bereits bewilligten Haltung von 80 Zuchtsauen, 4 Kühen und 4 männlichen Mastrindern (Bescheide des Bundesministers vom 8. Mai 1980 und des Landeshauptmannes von Steiermark vom 12. Juli 1988) die Haltung von 10 Truthühnern und - in Ansehung der "2 %-Klausel" - von 8 Mastschweinen oder 2 Mastkälbern oder 200 Legehennen oder 440 Masthühnern oder 440 Junghennen oder einer Kombination der letztgenannten Tierarten im Ausmaß bis max. 2 % in ihrem Betrieb bewilligt werde. Im übrigen wurde der Antrag abgewiesen.

Nach der Begründung dieses Bescheides stehe fest, daß die Beschwerdeführer aufgrund der im Spruch zitierten Tierhaltungsbewilligungen bisher zur Haltung von 80 Zuchtsauen, 4 Kühen und 4 männlichen Mastrindern berechtigt gewesen seien.

Diese Bewilligung entspreche einem prozentuellen

Bewilligungsausmaß von 177,32 % (80 Zuchtsauen = 160 %;

4 männliche Mastrinder = 4 %; 4 Kühe = 13,32 %; vgl. § 13

Abs. 1 ViehWG 1983). Gemäß § 13 Abs. 3 Z. 2 ViehWG 1983 bedürfe die Umwandlung einer bestehenden Tierhaltungsbewilligung einerseits eines Verzichtes auf 50 Prozent des bewilligten Überbestandes (über 100 Prozent) sowie u.a. als weiterer Voraussetzung einer Nichtvermehrung der bewilligten Bestände an Mastschweinen oder Zuchtsauen zu Lasten anderer Tierarten. Da die Beschwerdeführer diese Voraussetzung trotz Vorhaltes der Rechtslage nicht erfüllten bzw. den Eventualantrag vom 11. September 1989 nicht modifiziert hätten, habe diesem Antrag auf "Bestriebsumstellung" nicht Rechnung getragen werden können.

Darüberhinaus sei der Antrag auch an den Kriterien des § 13 Abs. 3 Z. 1 ViehWG 1983 zu messen gewesen.

§ 13 ViehWG 1983 gestatte keine Berücksichtigung familiärer, sozialer oder finanzieller Gründe (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Jänner 1986, Zl. 84/07/0266). Die betrieblichen und betriebswirtschaftlichen Argumente gingen daher ins Leere. Die von den Beschwerdeführern geltend gemachten regionalen Interessen und Überlegungen seien auch unter Berücksichtigung des Umstandes der von den Beschwerdeführern gewählten Form der Direktvermarktung im Hinblick auf die gebotene gesamtösterreichische Betrachtungsweise verfehlt. Im übrigen wäre es den Beschwerdeführern durch fristgerechte Antragstellung gemäß Art. III Abs. 2 der ViehWG-Novelle 1980 möglich gewesen, eine entsprechende Bewilligung auch für Mastschweine zu erlangen. In ihrer Stellungnahme vom 2. April 1990 hätten die Beschwerdeführer nur ihre einzelbetriebliche Situation geltend gemacht und seien den ihnen bekanntgegebenen Daten und Stellungnahmen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Hinsichtlich der Richtigkeit und Schlüssigkeit dieser Stellungnahmen seien keine Bedenken entstanden.

Die inländische Schweineerzeugung sei tendenziell durch wachsende Bestandesgrößen und steigende Produktion - insgesamt und durchschnittlich je Betrieb - gekennzeichnet, wie dies auch in den Stellungnahmen der Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft in der Steiermark, der Vieh- und Fleischkommission und der ministeriellen Fachabteilungen zum Ausdruck komme. Im Zeitraum von 1964 bis 1987 hätte sich die Zahl der zuchtsauenhaltenden Betriebe von 121.435 auf 44.851 Betriebe reduziert, wobei die Anzahl der schweinehaltenden Betriebe bis 1987 auf rund 159.000 Betriebe gesunken sei. Außerdem sei durch eine Gegenüberstellung der Anzahl der Schweinehalter mit den jeweils ermittelten Schweine- und Zuchtsauenbeständen eindeutig der Nachweis erbracht, daß eine längerfristige tendenzielle Aufstockung zu verzeichnen sei. Das allfällige Bewilligungsausmaß habe auch Auswirkungen auf die zukünftigen Marktverhältnisse.

Anhand der Daten über das Prokuktionspotential, den Inlandsabsatz, die Verbraucherpreisentwicklung und die Erzeuger- und Deckungsbeitragsentwicklung sei der Nachweis erbracht, daß unter Berücksichtigung der zyklischen und saisonalen Schwankungen derzeit und auch in Zukunft von instabilen Marktverhältnissen auf dem österreichischen Schweinemarkt auszugehen sei bzw. sein werde. Aus den Stellungnahmen der Vieh- und Fleischkommission und der Fachabteilungen des Bundesministeriums gehe weiter hervor, daß für den Bereich der Schweinehaltung noch außerordentliche Erzeugungsreserven bestünden und von Aufstockungen bis zu einem bewilligungsfreien Ausmaß (100 %-Regel des § 13 ViehWG 1983) verstärkt Gebrauch gemacht werde. Für die Erzeugung der in einem Jahr in ÖSTERREICH durchschnittlich benötigten geschlachteten Schweine würden nur 5.000 bis 6.000 Betriebe mit je 400 Mastplätzen ausreichen, wobei etwa die gleiche Anzahl an Betrieben mit je 50 Zuchtsauen (16 bis 18 Ferkel pro Jahr) für eine ausreichende Ferkelproduktion im Inland genügte. Demgegenüber habe es im Jahr 1987 rund 159.000 schweinehaltende Betriebe gegeben. Durch die von den Beschwerdeführern angestrebte Produktionskapazität würden die bestehenden instabilen Marktverhältnisse und die bäuerliche Veredelungsproduktion in diesem Bereich insgesamt zusätzlich belastet, zumal auch keine Steigerung des Schweinefleischverbrauches zu erwarten sei. Daran vermöge auch der Hinweis auf eine optimale Betriebsgröße (mit 80 bis 90 Zuchtsauen und 300 bis 500 Mastschweinen) für einen bäuerlichen Betrieb nichts zu ändern. Im übrigen stelle § 13 Abs. 3 ViehWG 1983 nicht auf die Erteilung "optimaler" Tierhaltungsbewilligungen ab. Mit Ausnahme der beantragten Truthühnerhaltung sei somit für die beantragten weiteren Tierarten derzeit bis auf weiteres von instabilen Makrtverhältnissen auszugehen. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

1.4. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 25. September 1990, B 785/90, ab. Antragsgemäß wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

1.5. Für den Fall der Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof machen die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Sie erachten sich in ihrem Recht auf freie Viehhaltung, insbesondere Schweinehaltung, im Rahmen ihres bäuerlichen Betriebes verletzt.

1.5. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 13 ViehWG 1983 in der Fassung BGBl. Nr. 332/1988 und 358/1989 lautet auszugsweise:

"§ 13. (1) Inhaber von Betrieben dürfen ohne Bewilligung folgende Tierbestände halten:

1.

400 Mastschweine

2.

50 Zuchtsauen

3.

130 Mastkälber

4.

30 Kühe

5.

100 männliche Mastrinder

6.

22 000 Masthühner

7.

10 000 Legehennen

8.

22 000 Junghennen

9.

8 000 Truthühner.

Abweichend von Z 4 dürfen auf Betrieben ohne Einzelrichtmenge (§ 73 des Marktordnungsgestzes 1985) 50 Kühe gehalten werden, wobei allfällige Milcherzeugungsverbote auf Grund des Marktordnungsgesetzes unberührt bleiben. Jeder der genannten Bestände entspricht - abzüglich der insgesamt hinsichtlich der Z 3 und 5 höchstzulässigen Anzahl an Jungrindern, die als Nachzucht gelten - dem höchstzulässigen Gesamtbestand von 100 %; werden mehrere dieser Tierarten gehalten, so dürfen die Bestände - abzüglich der insgesamt hinsichtlich der Z 3 und 5 höchstzulässigen Anzahl an Jungrindern, die als Nachzucht gelten - insgesamt nicht mehr als 100 % betragen.

(2) Im Sinne des Abs. 1 sind:

Mastschweine:   Schweine über 30 kg, die weder Zuchtsauen noch

                Zuchteber sind,

Zuchtsauen:     weibliche Schweine ab erstem Decken,

    ...

(3) Für das Halten größerer Tierbestände als nach Abs. 1 ist eine Bewilligung des Bundesministers für Land- und Frostwirtschaft erforderlich. Die Bewilligung hat sich auf bestimmte Tierarten mit der Wirkung zu beschränken, daß keine gegenseitige Aufrechnung mehrerer bewilligter Tierarten zulässig ist und das Halten auch anderer in Abs. 1 genannter Tiere durch denselben Betriebsinhaber - ausgenommen Bestände bis zu 2 vH der aus Abs.1 sich ergebenden Größen - nicht zulässig ist. Eine Bewilligung ist zu erteilen, wenn

1. dadurch die Erhaltung einer bäuerlichen Veredelungsproduktion nicht gefährdet wird und stabile Verhältnisse auf den betroffenen Märkten gewährleistet erscheinen. Vor Erteilung einer Bewilligung nach dieser Bestimmung ist die Stellungnahme der zuständigen Landes-Landwirtschaftskammer einzuholen. Soll sich die Bewilligung auf die Haltung von Schweinen, Mastkälbern, Kühen oder männlichen Mastrindern beziehen, ist auch eine Stellungnahme der Kommission, soll sie sich auf die Haltung von Geflügel beziehen, ist auch eine des Beirates gemäß § 9 des Geflügelwirtschaftsgesetzes 1988, BGBl. Nr. 579/1987, in der jeweils geltenden Fassung, einzuholen;

2. der Inhaber einer Bewilligung die Haltung anderer als der in der Bewilligung genannten Tierarten oder eine andere zahlenmäßige Zusammensetzung der bewilligten Tierarten beantragt (Umwandlung) und dadurch keine Vermehrung der bewilligten Bestände von Mastschweinen oder Zuchsauen zu Lasten anderer Tierarten erfolgt; Umwandlungen bewilligter Bestände von Mastschweinen in Zuchtsauen oder umgekehrt sind jedoch zulässig; ferner ist eine Bewilligung in diesen Fällen nur dann zu erteilen, wenn im Umwandlungsantrag auf mindestens 50 % des den Gesamtbestand von 100 % übersteigenden bewilligten Bestandes (Überbestand) insgesamt verzichtet wird; ist der Inhaber einer Bewilligung nicht gleichzeitig Eigentümer des von einer Umwandlung betroffenen Betriebes, ist eine Bewilligung ferner nur dann zu erteilen, wenn sämtliche Eigentümer dieses Betriebes der beantragten Umwandlung schriftlich zugestimmt haben.

§ 13a ViehWG 1983 in der Fassung BGBl. Nr. 332/1988 (vor seiner Aufhebung durch die Novelle BGBl. Nr. 381/1991) lautete:

"(Verfassungsbestimmung) Tiere der im § 13 Abs. 1 Z 1, 2, 4 und 5 angeführten Arten dürfen in einem Ausmaß, das einen Gesamtbestand von 100 % übersteigt, nur auf Betrieben gehalten werden, die hiefür eine erforderliche Mindestausstattung an zum Betrieb gehörender selbst bewirtschafteter Futterfläche aufweisen."

2.2.1. In der Beschwerde werden Verstöße des Gesetzes gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf Freiheit der Erwerbsausübung geltend gemacht. Darüberhinaus nimmt die Beschwerde auf § 13 Abs. 3 Z. 2 ViehWG 1983 in der Fassung BGBl. Nr. 332/1988 bezug, wonach bei Umwandlung des Zuchtsauenstandes in Mastschweinehaltung auf 50 % des Bestandes über 100 % verzichtet werden müsse. Diese Maßnahme könne nur dahingehend verstanden werden, daß Überproduktionen mit außerbetrieblichen Fütterungsgrundlagen unterbunden werden sollten. Es müsse jedoch einem Betriebsinhaber gestattet sein, im Rahmen der biologischen Eigenproduktion ohne Raubbau und Belastung außerbetrieblicher Bereiche die ihm zur Verfügung stehende Produktionskapazität auszunützen. Dem Gesetz mangle eine nachvollziehbare Abgrenzung zwischen der Klassifikation "Mastschweine" und "Zuchtsauen" bei Schweinen vor dem ersten Decken. Als Mastschwein sei jedes Schwein bis (richtig wohl:

ab?) 6 Monate zu betrachten; als Zuchtsauen gelten weibliche Schweine ab dem ersten Decken, somit ab einem Alter von 10 bis 12 Monaten. Undefiniert bleibe, wie ein weibliches Schwein zwischen 6 Monaten und 10 bis 12 Monaten zu klassifizieren sei. Zur Ermöglichung einer guten Zucht sei es jedenfalls erforderlich, eine breitere Basis von weiblichen Schweinen zur Auswahl zu haben. Alle nicht für Zuchtsauen geeignete weiblichen Schweine seien möglichst vor dem ersten Decken auszuscheiden. Erst mit der Entscheidung über diese Auswahl entstehe für das nicht als Zuchtsau verwendete Tier die Qualifikation als Mastschwein. Beim Aufbau eines größeren Zuchtsauenbestandes müsse ein Betriebsinhaber "an sich bei diesem weiteren Mangel des Gesetzes" straffällig werden. Er könne gegenüber einem Kontrollorgan nicht angemessen rechtfertigen, ob er junge Zuchtsauen oder Mastschweine in seinem Betrieb halte. Auf diese Problematik sei die Behörde bei ihrer Beurteilung nicht eingegangen. Dem Betriebsinhaber müsse es möglich sein, jeweils im Rahmen der von ihm fallweise zu beurteilenden Erwerbsmöglichkeiten zu entscheiden, ob er Zuchtsauen oder Mastschweine halte.

2.2.2. Mit diesem Beschwerdevorbringen machen die Beschwerdeführer in erster Linie eine nicht ausreichende Bestimmtheit des Gesetzesinhaltes in den Begriffsbestimmungen des § 13 Abs. 2 ViehWG 1988 und damit einen Verstoß gegen Art. 18 Abs. 1 B-VG geltend. Auch der Vollziehung wird in diesem Zusammenhang allerdings vorgeworfen, sie sei auf diese Problematik bei ihrer Beurteilung nicht eingegangen.

Verfassungsrechtliche Bedenken sind beim Verwaltungsgerichtshof nicht entstanden. Zu Recht hat die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift nämlich darauf hingewiesen, daß nach den gesetzlichen Definitionen des § 13 Abs. 2 ViehWG 1983 Schweine über 30 kg, die weder Zuchtsauen noch Zuchteber sind, als Mastschweine und weibliche Schweine ab dem ersten Decken als Zuchtsauen zu qualifizieren sind. Diese Definitionen gelten unverändert seit der ViehWG-Novelle 1980, BGBl. Nr. 287. Aus diesen Definitionen folgt, daß Zuchteber nicht auf die Tierbestände des § 13 Abs. 1 ViehWG 1983 anzurechnen sind, belegte Jungsauen und Altsauen als Zuchtsauen zu qualifizieren und alle übrigen Schweine über 30 kg (in der Gegenschrift der belangten Behörde als Ferkel, Zuchtläufer oder unbelegte Jungsauen bezeichnet) als Mastschweine im Sinne der §§ 13 ff ViehWG 1983 zu qualifizieren sind. Diese Bestimmungen ermöglichen eine lückenlose Zuordnung der vorhandenen Schweine zu den gesetzlichen Kategorien. Es wird Sache des Tierhalters sein, seine betrieblichen Dispositionen so zu treffen, daß er sich jeweils innerhalb der ihm für die Tierbestände zustehenden Höchstzahlen hält. Vor dem Hintergrund des insoweit klaren Gesetzesinhaltes ist nicht zu erkennen, inwiefern die belangte Behörde die von den Beschwerdeführern angeschnittene "Problematik" in ihre Beurteilung hätte einbeziehen dürfen und damit zu einer höheren bewilligungsfähigen Gesamtzahl hätte kommen können.

2.2.3. Beim Verwaltungsgerichtshof sind aus Anlaß dieses Beschwerdefalles auch andere verfassungsrechtliche Bedenken gegen die angewendeten Gesetzesbestimmungen nicht entstanden (Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 20. Juni 1989, B 941/88, Slg. Nr. 12082 = ZfVB 1990/3/1584).

2.3.1. In der Beschwerde wird weiters unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. September 1986, Zl. 86/03/0104 = ZfVB 1987/2/1519, ausgeführt, das Gesetz gehe von einer durch ein Überangebot hervorgerufenen Instabilität der Marktlage aus, die einer weiteren Produktionserhöhung entgegenstehe. Es bedürfe daher nicht allein der Prüfung des österreichischen Gesamtschweinemarktes, sondern sicherlich einer Erhebung des Marktbereiches des betroffenen landwirtschaftlichen Produktionsbetriebes. In die Beurteilung sei auch mit einzubeziehen, ob durch außerbetriebliche Mittel ein erhöhtes Produktionsziel angestrebt werde oder ob nur eine extensive und auf die Produktionskraft der Eigenflächen abgestimmte Tierhaltung vorliege. Nicht die bäuerliche Tierhaltung, sondern die Tierhaltung, welche über die Produktionskraft des Eigengrundes hinausgehe, führe zur Destabilisierung der Marktverhältnisse.

Von den beigezogenen Fachstellen seien allgemeine Marktbeurteilungen vorgenommen worden, die jedoch nicht auf die im Antragszeitpunkt gegebenen Verhältnisse abgestimmt seien. Insbesondere trete eine Destabilisierung des Marktes nicht ein, wenn anstelle von Zuchtsauen die gleiche Anzahl von Mastschweinen gehalten werde. Es müsse schließlich dem Betriebsinhaber überlassen sein, auch Zuchtsauen in gleicher Weise wie Mastschweine zu verwerten. Eine derartige Vorgangsweise könne sogar stabilisierende Wirkungen haben. Insbesondere fehlten somit Darlegungen dahingehend, woraus sich eine Instabilität bei Verwertung von Zuchtsauen als Mastschweinen bzw. der Schweine "in der nicht definierten Altersperiode" ergebe.

Auch sei nicht definiert, worin das öffentliche Interesse liege, einen gesunden bäuerlichen Betriebsstand in seiner freien Erwerbsmöglichkeit zu beschränken und dadurch zu bewirken, daß Familienmitglieder den elterlichen Betrieb verlassen müßten, obgleich sie ohne den (wohl: die) gesetzlichen Beschränkungen eine zufriedenstellende Erwerbsmöglichkeit im Betrieb finden könnten.

2.3.2.1. Der Verwaltungsgerichtshof verweist zunächst auf seine Rechtsprechung zum sogenannten "Schweinezyklus", der zufolge Mengen- und Preisschwankungen derart, wie sie von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid sachverhaltsbezogen zugrunde gelegt wurden, bewirken, daß die Bewilligungsvoraussetzung nach § 13 Abs. 3 Z. 1 ViehWG 1983, wonach "stabile Verhältnisse auf den betroffenen Märkten gewährleistet erscheinen" müssen, nicht als erfüllt angesehen werden kann. Als entscheidend wurde in der Rechtsprechung angesehen, ob im Entscheidungszeitpunkt (hg. Erkenntnis vom 10. Juli 1987, Zl. 87/17/0217 = ZfVB 1988/3/1204) eine durch stark sinkende Preise (hg. Erkenntnis vom 13. März 1992, Zl. 89/17/0137), durch Preiseinbrüche (hg. Erkenntnis vom 12. März 1986, Zl. 86/03/0036 = ZfVB 1986/5/2348), oder doch durch starke Preisschwankungen gekennzeichnete Instabilität des Marktes (hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1992, Zl. 89/17/0159) gegeben ist. Daß das Marktgeschehen jedoch von solchen Preisschwankungen gekennzeichnet ist, wird in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt.

Dazu kommt, daß sich die belangte Behörde zutreffend nicht nur auf festgestellte Preisschwankungen gestützt, sondern zu Recht auf den Zusammenhang zwischen der Tendenz zur Ausnützung noch vorhandener Erzeugungs- und Aufstockungsreserven (im bewilligungsfreien Bereich) einerseits und der daraus zu erwartenden weiteren Destabilisierung des Marktes andererseits hingewiesen hat.

2.3.2.2. Aus dem bisher Gesagten folgt, daß die belangte Behörde die Frage der eigenen Futtermittelausstattung des Betriebes und das Verhältnis der Produktionsfläche zum Tierbestand zutreffend als unerhebliches Beweisthema betrachtet hat. Diese Rechtsauffassung, die der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 30. Juli 1992, Zl. 92/17/0125, zum Ausdruck gebracht hat, ist auch dem vorliegenden Beschwerdefall zugrundezulegen. Dabei spielt es keine Rolle, daß in dem zitierten Vorerkenntnis das ViehWG in seiner Fassung nach Aufhebung des § 13a leg. cit. in der Fassung BGBl. Nr. 332/1988 anzuwenden war, während diese Bestimmung im vorliegenden Fall grundsätzlich noch dem Rechtsbestand angehörte. § 13a ViehWG 1983 in der Fassung BGBl. Nr. 332/1988 dispensierte nämlich in keiner Weise von den im § 13 Abs. 3 enthaltenen Bewilligungsvoraussetzungen, sondern enthielt für Mastschweine, Zuchtsauen, Kühe und Mastrinder vielmehr die weitere Haltungseinschränkung, daß diese Arten in einem Ausmaß, das einen Gesamtbestand von 100 % übersteigt, nur auf Betrieben gehalten werden dürfen, die hiefür die erforderliche Mindestausstattung an zum Betrieb gehörender selbstbewirtschafteter Futterfläche aufweisen. Dazu kommt, daß auch im konkreten Fall § 13a leg. cit. gemäß § 13d leg. cit. bis 30. Juni 1991 noch nicht anzuwenden war.

2.3.2.3. Bei der Beurteilung des Sachverhaltes vor dem Hintergrund des unbestimmten Rechtsbegriffes der "Gewährleistung stabiler Verhältnisse auf dem betroffenen Märkten" kann es - entgegen der Rechtsauffassung der Beschwerdeführer - nicht lediglich auf die Berücksichtigung regionaler Partialmärkte ankommen, vielmehr ist die Beurteilung der gesamten in Betracht kommenden Marktsituation in Österreich vorzunehmen. Auch die Beschwerdeführer haben nicht dargetan, inwiefern die Beschickung regionaler Märkte durch Direktvermarkter ohne Auswirkungen auf die Höhe des Gesamtangebotes an Schweinen auf dem gesamtösterreichischen Schweinemarkt wäre und daher dieser Gesamtmarkt nicht als ein "betroffener Markt" im Sinne des § 13 Abs. 3 Z. 1 ViehWG 1983 angesehen werden dürfe.

2.3.2.4. Zum Argument der Beschwerdeführer, es könne nicht gesagt werden, daß eine Destabilisierung des Marktes eintrete, wenn anstelle von Zuchtsauen die gleiche Anzahl von Mastschweinen gehalten werde, ist fallbezogen lediglich darauf hinzuweisen, daß es hier - mangels des nach § 13 Abs. 3 Z. 2 ViehWG 1983 erforderlichen Verzichtes auf mindestens 50 % des Überbestandes - nicht um eine bewilligungstaugliche Umwandlung des bewilligten Tierbestandes, sondern um eine (ebenfalls beantragte) zusätzliche Bewilligung (u.a. von 240 Mastschweinen zusätzlich zu den 80 Zuchtsauen) geht. Das vom Beschwerdeführer zitierte hg. Erkenntnis vom 10. September 1986, Zl. 86/03/0104 = ZfVB 1987/2/1519, hatte keinen mit dem vorliegenden Fall vergleichbaren Fall einer Ausweitung der Schweinehaltung zum Gegenstand, ebensowenig jenes vom 29. April 1992, Zl. 89/17/0158.

2.3.2.5. Was schließlich die behaupteten Verfahrensmängel im Zusammenhang mit der Feststellung der gegebenen Instabilität der Marktverhältnisse anlangt, so hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung die Stellungnahmen der Fachabteilungen des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft als taugliche Grundlagen für die Ermittlung dieses volkswirtschaftlichen Sachverhaltes angesehen und ihnen die Qualifikation von Gutachten beigemessen (vgl. insbesondere die hg. Erkenntnisse vom 23. September 1988, Zl. 87/17/0221 = ZfVB 1990/2/954, und vom 27. Mai 1992, Zl. 89/17/0159). Die Beschwerdeführer hätten sich daher im Verwaltungsverfahren, in dem ihnen diese fachkundigen Stellungnahmen vorgehalten wurden, nicht darauf beschränken dürfen, deren Richtigkeit in Zweifel zu ziehen, sie als inhaltsleere Pauschalaussagen zu bezeichnen und die Beiziehung eines Sachverständigen zu fordern, sondern hätten diesen Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene mit konkreten Einwendungen, etwa hinsichtlich der unrichtigen Grundlagendaten oder der Unschlüssigkeit der Ergebnisse der Begutachtung, entgegentreten müssen. Dies haben sie nicht getan. Die Beschwerdeführer zeigen somit auch keinen relevanten Verfahrensmangel auf.

2.4. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die beschwerdeführenden Parteien durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden sind.

Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 sowie Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Vorliegen eines Gutachtens

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1990170409.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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