TE Vwgh Erkenntnis 1994/2/8 93/08/0234

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Veröffentlicht am 08.02.1994
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
GSVG 1978 §2 Abs1;
GSVG 1978 §3 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt, W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 12. August 1993, Zl. 122.864/2-6a/93, betreffend Versicherungspflicht nach dem GSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Wien V, Wiedner Hauptstraße 84-86), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 5. März 1993 stellte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt gemäß § 410 ASVG im Zusammenhalt mit § 194 Abs. 1 GSVG fest, daß der Beschwerdeführer ab 24. Juli 1992 der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 3 GSVG unterliege. Begründet wurde diese Entscheidung damit, daß der Beschwerdeführer geschäftsführender Gesellschafter der "I GmbH" sei, die seit 9. Mai 1990 zur Ausübung der Gewerbeberechtigung "Metallschleifer und Galvaniseure" in einem näher genannten Standort befugt sei. Er unterliege daher aufgrund der in der Bescheidbegründung wiedergegebenen Bestimmungen der §§ 2 Abs. 1 Z. 3, § 6 Abs. 1 Z. 3 und Abs. 3 Z. 3 GSVG seit dem 24. Juli 1992, dem Tag der Antragstellung auf Eintragung seiner Bestellung zum Geschäftsführer in das Handelsregister, der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG.

Gegend diesen Bescheid "betreffend Versicherungspflicht in der Kranken- und Pensionsversicherung" erhob der Beschwerdeführer Einspruch mit folgender Begründung:

"Betreffend Krankenversicherung:

Bestritten wird nicht die Pflicht zur Bezahlung von Beiträgen zur Krankenversicherung auf Grund meines Geschäftsführerbezuges. Bestritten wird die Bemessungsgrundlage zur Berechnung dieser Beiträge. Ich bezahle Beiträge zur Krankenversicherung von meiner Pension, die ich von der GSV erhalte. Weiters soll ich auf Grund des o.a. Bescheides an die selbe Anstalt Beiträge zur Krankenversicherung auf Grundlage der Höchstbemessung, das sind derzeit 39.200,-- öS per Monat, bezahlen. Dies bedeutet für mich, daß ich Krankenversicherungsbeiträge auf Basis einer Bemessungsgrundlage von mehr als 60.000,-- öS per Monat bezahlen müßte. Dies widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz Par. 7 BVG., da jeder andere GSV Krankenversicherte maximal von 39.200,-- öS Beiträge bezahlen muß.

Betreffend Pensionsversicherung:

Ich beziehe von der GSV meine Alterspension seit 1.1.1992. Als Geschäftsführer muß ich von meinen Bezügen an die gleiche Anstalt Pensionsbeiträge von der Höchstbemesseng, 39.200,-- öS, bezahlen ohne dafür jemals, weder theoretisch noch praktisch, eine Möglichkeit einer Gegenleistung zu erhalten.

Es bedeutet dies daher eine echte Kürzung meiner Pension, da ich mir durch meine Beiträge an die bezugsauszahlende Stelle einen Teil der Pension selbst bezahle. Meine, in den langen Jahren der Arbeit, erworbene Höchstpension wird daher gekürzt."

Er beantrage daher: 1. die Berechnung der Beiträge zur Krankenversicherung auf Basis einer Höchstbemessung von

29. 200,-- öS unter Einbeziehung der Pensionsgrundlage, 2. die Aufhebung der Pflicht zur Bezahlung von Beiträgen zur Pensionsversicherung und 3. die Aussetzung der Einhebung der Beiträge bis zur Erledigung des Einspruches, weil keinerlei öffentliches Interesse die sofortige Vollstreckung gebiete und die von ihm bezogene Pension rechtmäßig erworben worden sei.

Im Vorlagebericht wies die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt - in Ergänzung der Begründung ihres Bescheides - darauf hin, daß ein Pensionsbezug nach dem GSVG weder in der Kranken- noch in der Pensionsversicherung einen Ausnahmetatbestand im Sinne des § 4 GSVG darstelle.

Mit Bescheid vom 8. April 1993 wies der Landeshauptmann von Wien den Einspruch gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab und bestätigte den bekämpften Bescheid. Nach der Begründung sei Gegenstand des Verfahrens lediglich die Versicherungspflicht des Beschwerdeführers in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG aufgrund seiner Eigenschaft als geschäftsführender Gesellschafter der I GmbH. Über Beitragsgrundlagen und Beiträge spreche der bekämpfte Bescheid nicht ab. Der Beschwerdeführer habe auch die aufgrund des § 2 Abs. 1 Z. 3 GSVG ab 24. Juli 1992 eingetretene Versicherungspflicht nicht bestritten. Sie ergebe sich zwangsläufig aufgrund seiner Eigenschaft als geschäftsführender Gesellschafter. Die Einspruchsausführungen gingen daher ins Leere, weshalb dem Einspruch der Erfolg versagt bleiben müsse.

Gegen diesen Bescheid "betreffend Versicherungspflicht in der Kranken- und Pensionsversicherung" erhob der Beschwerdeführer Berufung mit folgender Begründung:

"In o.a. Bescheid wird behauptet, daß die Versicherungspflicht in der Pensions- bzw. Krankenversicherung nicht bestritten wird. Dies ist nur betreffend Krankenversicherung richtig (siehe erster Satz meines Einspruches, in dem die Aufhebung der Pflichtversicherung zur Pension beantragt wird).

Die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung und Pensionsversicherung wird somit zur Gänze bestritten.

Als Begründung wird bezüglich der Krankenversicherung nochmals die im Einspruch angeführte Ungleichbehandlung angeführt, die durch die Versicherungspflicht entstehen würde.

Bezüglich der Pflichtversicherung zur Pension wird ebenfalls auf den Einspruch verwiesen, in dem angeführt wird, daß ich für etwaige zu bezahlende Beiträge nie mehr im Leben eine Gegenleistung erhalten werde, und diese Beiträge daher eine Kürzung meiner erworbenen Alterspension darstellen würden."

Er beantrage daher die Aufhebung der Pflichtversicherung zur Pensions- und Krankenversicherung aus den im Einspruch und den nunmehr in der Berufung angeführten Gründen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid aus seinen zutreffenden Gründen. Zu den Berufungsausführungen werde noch bemerkt, daß sie nicht geeignet seien, eine Abänderung der Einspruchsentscheidung zu bewirken. Mit dem bekämpften Bescheid habe der Landeshauptmann von Wien den Bescheid der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt, mit dem ausschließlich über die Pflichtversicherung des Beschwerdeführers in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG ab 24. Juli 1992 abgesprochen worden sei, vollinhaltlich bestätigt; dies deshalb, weil sich der Beschwerdeführer mit seinem Einspruch gegen den Anstaltsbescheid ausschließlich gegen die Beitragspflicht und die Höhe der Bemessungsgrundlage gewendet habe, während die Versicherungspflicht dem Grunde nach unbestritten geblieben sei und der Anstaltsbescheid daher diesbezüglich in Rechtskraft erwachsen sei. In der vorliegenden Berufung bestreite der Beschwerdeführer erstmals den Eintritt der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG, wobei dieses Vorbringen in sich widersprüchlich sei, weil der Beschwerdeführer im ersten Absatz der Berufungsbegründung die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung als zu Recht bestehend anerkenne und nur die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung in Abrede stelle. Zur Begründung seiner Behauptungen verweise er lediglich auf sein Einspruchsvorbringen, das sich aber, wie bereits die Einspruchsbehörde zutreffend festgestellt habe, ausschließlich gegen die Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen und die Beitragsbemessung gerichtet habe. Da die vorliegende Berufung sohin keinerlei sachliches Vorbringen enthalte, das geeignet wäre, den Bestand der festgestellten Pflichtversicherung in Frage zu stellen, sei dem Rechtsmittel der Erfolg zu versagen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete aber - ebenso wie die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt - keine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach Auffassung des Beschwerdeführers sei der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde belastet, weil, ausgehend von der Rechtsauffassung der belangten Behörde, es sei der erstinstanzliche Bescheid bereits in Rechtskraft erwachsen, die Berufung zurückzuweisen gewesen wäre. Dabei werde nicht übersehen, daß eine Partei im Verwaltungsverfahren kein Anrecht darauf habe, daß eine Berufung zurückgewiesen werde, wenn sie (fälschlicher Weise) abgewiesen worden sei. Im gegenständlichen Fall habe sich die belangte Behörde aber auch über Fragen der Beitragspflicht und über Fragen der Bemessungsgrundlage meritorisch geäußert. Dazu fehle der belangten Behörde aber nach § 415 ASVG die sachliche Zuständigkeit.

Daran ist richtig, daß die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon ausging, daß "die Versicherungspflicht dem Grunde nach unbestritten blieb und der Anstaltsbescheid daher diesbezüglich in Rechtskraft erwuchs". Da mit dem Bescheid der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt vom 5. März 1993 aber nur über die Versicherungspflicht des Beschwerdeführers gemäß § 2 Abs. 1 Z. 3 GSVG ab 24. Juli 1992 entschieden wurde und es eine Unterscheidung der Versicherungspflicht "dem Grunde nach" und der "Höhe nach" nicht gibt, wäre der Bescheid der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt nicht nur "diesbezüglich", sondern schlechthin in Rechtskraft erwachsen, wenn es zutreffen sollte, daß der Beschwerdeführer ihn hinsichtlich der "Versicherungspflicht dem Grunde nach" unbekämpft gelassen hätte. In einem solchen Fall hätte aber bereits die Einspruchsbehörde den Einspruch zurückweisen und die belangte Behörde dementsprechend diesen Bescheid in eine solche Zurückweisung abändern müssen. Dadurch, daß sie dies nicht getan hat, sondern den Einspruchsbescheid "aus seinen zutreffenden Gründen bestätigt" hat, wurde der Beschwerdeführer aber - entgegen seiner Auffassung - im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 20. Oktober 1992, Zlen. 91/08/0068, 0113, 0114) in keinen Rechten verletzt. Denn der normative Gehalt des insofern maßgebenden Spruches des angefochtenen Bescheides erschöpft sich durch die Bestätigung und damit Übernahme des Spruches des Einspruchsbescheides, der seinerseits wiederum jenen des erstinstanzlichen Bescheides übernommen hat, darin, daß der Beschwerdeführer ab 24. Juli 1992 der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 3 GSVG unterliege. Über "Fragen der Beitragspflicht und über Fragen der Bemessungsgrundlage" wurde hingegen nicht in einer der Rechtskraft fähigen Weise entschieden. Entgegen den Beschwerdeausführungen hat sich dazu die belangte Behörde nicht einmal "meritorisch geäußert". Der angefochtene Bescheid ist daher nicht mit einer (vom Beschwerdeführer unzutreffend als Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde bezeichneten) inhaltlichen Rechtswidrigkeit behaftet.

Nach Auffassung des Beschwerdeführers treffe es aber nicht zu, daß er im Einspruch die Versicherungspflicht unbestritten gelassen habe. Ein Rechtsmittel habe auch zu erklären, inwieweit der Spruch eines Bescheides angefochten werde. Lasse dies ein Rechtsmittel nicht eindeutig erkennen, so gelte der Bescheid im Zweifel als zur Gänze angefochten. Im gegenständlichen Fall habe der Bescheid der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt über das Bestehen einer Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG abgesprochen. Der vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Einspruch lasse nicht mit Sicherheit erkennen, wie weit die Anfechtungserklärung gehe. Der Bescheid sei daher als zur Gänze angefochten anzusehen. Ausgehend davon hätten es die weiteren Instanzen unterlassen, den Bescheid im Hinblick auf seine Subsumierbarkeit unter § 2 Abs. 1 Z. 3 GSVG zu überprüfen, nämlich einerseits dahin, ob nicht eine ASVG-Versicherungspflicht vorliege und andererseits ob die GmbH kammerzugehörig sei.

Auch dieser Einwand ist unbegründet. Denn selbst wenn der Einspruch des Beschwerdeführers so auszulegen sein sollte, daß der erstinstanzliche Bescheid nicht in Rechtskraft erwachsen ist (was zumindest hinsichtlich der Krankenversicherungspflicht zweifelhaft ist), wären weder der Einspruchsbescheid noch der angefochtene Bescheid mit den gerügten Verfahrensmängeln behaftet. Denn der Beschwerdeführer hat weder in seinem Einspruch noch in seiner Berufung trotz der Wiedergabe des Textes des § 2 Abs. 1 Z. 3 GSVG im erstinstanzlichen Bescheid behauptet, er unterliege aufgrund seiner Beschäftigung als Geschäftsführer der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG oder habe Anspruch auf Leistungen der im § 2 Abs. 3 Z. 3 GSVG genannten Art aufgrund dieser Pflichtversicherung. Auch brachte er keine tatsächlichen Umstände vor, aufgrund derer darauf oder auf das Bestehen eines Ausnahmetatbestandes nach § 4 GSVG hätte geschlossen werden können. Das tut er im übrigen auch nicht in der Beschwerde. Dasselbe gilt für die Beschwerdebehauptung, es sei nicht geprüft worden, ob die I GmbH Mitglied der Kammer der gewerblichen Wirtschaft sei; dies allerdings mit der Einschränkung, daß er diesen Umstand in der Beschwerde sogar außer Streit stellt.

Sofern der Beschwerdeführer schließlich unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides "insbesondere die Bemessungsgrundlage zur Berechnung dieser Beiträge" bestreitet und insofern ("was die Regelung der Pensionsversicherungsbeiträge betrifft") entsprechende Anträge des Verwaltungsgerichtshofes an den Verfassungsgerichtshof nach Art. 140 Abs. 1 B-VG anregt, genügt es darauf zu verweisen, daß mit dem angefochtenen Bescheid nicht über die Beitragspflicht und damit zusammenhängende Beitragsfragen abgesprochen wurde und daher keine Präjudizialität dieser Fragen für die Entscheidung über den angefochtenen Bescheid besteht. Der Bestand einer Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG neben einer Alterspension nach diesem Gesetz und der daraus resultierenden Krankenversicherungspflicht (§ 3 Abs. 1 GSVG) ist jedenfalls verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. dazu die auf die vorliegende Fallgestaltung übertragbaren Erwägungen der Erkenntnisse vom 20. April 1993, Zl. 91/08/0115, vom 21. September 1993, Zl. 92/08/0092, und vom 19. Oktober 1993, Zl. 92/08/0232 und Zl. 93/08/0173).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993080234.X00

Im RIS seit

04.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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