TE Lvwg Erkenntnis 2022/10/7 VGW-101/007/8925/2022

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Veröffentlicht am 07.10.2022
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Entscheidungsdatum

07.10.2022

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
86/01 Veterinärrecht allgemein

Norm

TierschutzG 2005 §8a
TierschutzG 2005 §30
TierschutzG 2005 §37
TierschutzG 2005 §40
VStG §17

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Köhler über die Beschwerde der A. B. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (Magistratsabteilung 60) vom 27.06.2022, Zl. ..., betreffend Kostenvorschreibung gemäß § 40 Abs. 3 TSchG, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Verkündung am 28.09.2022 zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 28 VwGVG und § 40 Abs. 3 iVm § 30 TSchG mit der Maßgabe Folge gegeben, dass der für die Verrechnung der Unterbringung herangezogene Zeitraum von 13.01.2020 bis 08.06.2020 (148 Tage) reicht und somit der Beschwerdeführerin für drei Hunde und 29,94 Euro pro Tier und Tag in Summe ein Gesamtbetrag von 13.293,36 Euro vorgeschrieben wird.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Beschwerdegegenstand

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27.06.2022 wurden der nunmehrigen Beschwerdeführerin gemäß § 40 Abs. 3 iVm § 37 Abs. 2a TSchG Kosten für die Unterbringung von drei Hunden im Zeitraum von 13.01.2020 bis 01.12.2020 (324 Tage), nämlich in Höhe von 29.101,68 Euro, vorgeschrieben.

Feststellungen (Vorgeschichte)

Der Beschwerdeführerin wurden drei Hunde (Welpen) am 13.01.2020 gemäß § 37 Abs. 2a TSchG wegen unerlaubten öffentlichen Feilbietens (Übertretung des § 8a des TSchG) abgenommen.

Die Beschwerdeführerin stellte einen Antrag auf Rückgabe der Tiere, den sie am 13.01.2020 beim Veterinäramt persönlich stellte (siehe Niederschrift, im Behördenakt ON 2).

Die Beschwerdeführerin sollte zunächst mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 08.06.2020, Zl. ..., betreffend Übertretungen des § 8a Abs. 2 TSchG bestraft werden.

Dieses Straferkenntnis wurde mit hg. Erkenntnis vom 01.12.2020, VGW-001/022/7107/2020-25, wegen unrechtmäßiger Umschreibung der vorgeworfenen Tathandlung gemäß § 44a Z 1 VStG (Tatort und Tatzeit) behoben.

Mit Straferkenntnis vom 21.04.2021, Zl. ..., wurden wegen Übertretungen des § 8a Abs. 2 TSchG Geldstrafen verhängt, die mit hg. Erkenntnis vom 26.01.2022, VGW-001/050/6972/2021-24, insgesamt herabgesetzt wurden.

Mit Bescheid vom 21.04.2022, ..., wurde gemäß § 17 Abs. 2 VStG der Verfall von drei Hunden, mit welchen die Beschwerdeführerin strafbare Handlungen gemäß § 8a Abs. 2 TSchG, „bestätigt durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 26.01.2022, VGW-001/050/6972/2021-24,“ gesetzt habe, ausgesprochen. Dieser Bescheid wurde am 26.04.2022 zugestellt und erwuchs ohne Beschwerdeerhebung in Rechtskraft.

In der Folge erging der angefochtene Bescheid vom 27.06.2022.

Beweiswürdigung

Das Verwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Behördenakt und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 28.09.2022, in der die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin unter Beiziehung einer Dolmetscherin einvernommen wurde.

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt (Abnahme der Hunde und Verfahrensgang, Zustellung/Empfang von Schriftstücken) wurde nicht bestritten. Die Feststellungen zum Gang des Behördenverfahrens und zum Verfallsbescheid ergeben sich aus dem von der Behörde (MA 60) freigeschalteten ELAK. Den Zustellnachweis zum Verfallsbescheid hat die MA 58 nachgereicht.

Bestritten wurde die Verantwortung der Beschwerdeführerin durch diese in der Form, dass sie das Eigentum an den Hunden bestritt. Zum einen stellte sich etwa im Strafverfahren wegen der konkreten Tathandlung Feilbieten nicht die Eigentumsfrage, zum anderen wurde der Verfallsbescheid trotz anwaltlicher Vertretung rechtskräftig, d.h. dort nicht bestritten, dass der „richtigen“ Eigentümerin die Tiere entzogen werden. Im Übrigen sind die Aussagen der Beschwerdeführerin, mit denen sie das Eigentum bestreiten wollte, unglaubwürdig und als Schutzbehauptungen zu sehen. Die Beschwerdeführerin machte keinen an der Wahrheitsfindung interessierten Eindruck und bestritt trotz rechtskräftiger Bestrafung jegliches Fehlverhalten oder Unrecht. Insbesondere ist zu bedenken, dass es gerade im Strafverfahren um ihre persönliche Verantwortlichkeit und eine von ihr selbst gesetzte Tathandlung ging. Schließlich reicht gegenständlich die Stellung als Tierhalterin. Diese rechtliche Beurteilung knüpft an der Feststellung, dass die Beschwerdeführerin verfügungsbefugt über die Hunde war. Die Beschwerdeführerin selbst gestand zu, dass sie nach dem Willen des vermeintlichen Eigentümers verfügungsbefugt sein sollte.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde stützt sich im Wesentlichen darauf, dass die Kosten unverhältnismäßig seien, da sie in einem „normalen Haushalt“ keinesfalls in dieser Höhe anfallen würden. Es sei der Zeitraum, den die Behörde zur Berechnung herangezogen habe, jener, der sich aus einer rechtswidrigen, vom Verwaltungsgericht behobenen Straferkenntnis und dem erfolgreichen Rechtsmittel ergebe (Endtermin 01.12.2020 sei der Tag der Rechtswidrigkeitserklärung). Hätte die Beschwerdeführerin über die drohende Kostenvorschreibung Bescheid gewusst, hätte sie die Strafe sofort anerkannt. Die Beschwerdeführerin hätte auch den Ausfolgungsantrag nicht gestellt, wenn ihr die Rechtsfolge (drohende Kostenvorschreibung) bewusst gewesen wäre. Es bestehe eine Schadensminderungspflicht. Es habe zunächst ein rechtswidriges Straferkenntnis gegeben und es seien lange Zeiträume bis zum zweiten Straferkenntnis und zum Verfallsbescheid vergangen. Diese Zeiträume könnten der Beschwerdeführerin nicht angelastet werden. Allenfalls wäre ein Zeitraum vom Verfallsbescheid mit Datum 21.04.2022 bis zum Ende der Unterbringung am 24.05.2022 im Rahmen der Kostenvorschreibung zu verrechnen. Es habe keinen Grund gegeben, dass zwölf Monate bis zum Erlassen des Verfallsbescheides vergehen mussten.

§ 37 Abs. 3 TSchG lautet: „Sind innerhalb von zwei Monaten nach Abnahme im Sinne des Abs. 2 die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Haltung der Tiere aller Voraussicht nach geschaffen, so sind sie zurückzustellen. Andernfalls sind die Tiere als verfallen anzusehen. Nach § 37 Abs. 2a TSchG, d.h. wegen Verstoß gegen § 8a TSchG, abgenommene Tiere unterliegen dem Verfall im Sinne des § 17 VStG“.

Mit Rechtskraft des den Verfall aussprechenden Bescheides – in einem Strafbescheid oder in einem selbständigen Verfallsbescheid – gehen das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte an dem für verfallen erklärten Gegenstand unter; der Eigentümer und der an der Sache dinglich Berechtigte verlieren ihre Rechte (Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 17 Rz 15; VwGH 16.12.1987, 86/01/0264; 28.04.1993, 93/02/0028).

Die Kostenvorschreibung für „abgenommene Tiere“ nach § 37 Abs. 3 iVm § 30 Abs. 3 TSchG kommt nur insoweit in Betracht, als die Tiere nicht dem Verfall unterliegen. Eine Ersatzpflicht für die Kosten der Verwahrung der Tiere ab dem Zeitpunkt des Verfalles kommt nur mehr nach Maßgabe des § 40 TSchG in Betracht (VwGH 05.03.2015, 2012/02/0252; 16.02.2022, Ra 2021/02/0244).

Nach § 37 Abs. 2 TSchG abgenommene Tiere sind selbst nach Ablauf der zweimonatigen Frist des § 37 Abs. 3 TSchG als verfallen anzusehen und dem (bisherigen) Tierhalter dürfen somit gegebenenfalls auch die über diesen Zeitpunkt hinausgehenden, durch die Haltung der abgenommenen Tiere entstandenen Kosten gemäß § 30 Abs. 3 TSchG auferlegt werden, wenn innerhalb der Frist des § 37 Abs. 3 TSchG ein Antrag auf Ausfolgung der abgenommenen Tiere gestellt wird, über den inhaltlich abzusprechen ist, ein solcher inhaltlicher Abspruch nach Ablauf dieser Frist aber noch nicht ergangen ist (VwGH 16.02.2022, Ra 2021/02/0244).

Ein Eingriff in subjektive Rechte des Verpflichteten erfolgt nicht bereits durch eine vertragliche Regelung im Sinne des § 30 Abs. 2 TSchG, sondern gegebenenfalls erst durch die Kostenvorschreibung nach § 30 Abs. 3 TSchG, wobei der (bisherige) Tierhalter zwar hinzunehmen hat, wenn die Kosten höher sind als bei eigener Wahrnehmung der erforderlichen Aufgaben, Kostenersatz jedoch nur in angemessener Weise zu leisten ist, was von der vorschreibenden Behörde im Einzelfall zu beurteilen ist (VwGH 16.02.2022, Ra 2021/02/0244).

Im Hinblick auf die in § 37 Abs. 3 TSchG vorgenommene Differenzierung sind Tiere im Fall einer Abnahme nach § 37 Abs. 2 TSchG nach zwei Monaten als verfallen anzusehen (und eine Ersatzpflicht für die Kosten der Verwahrung der Tiere ab diesem Zeitpunkt kommt nur mehr nach Maßgabe des § 40 TSchG in Betracht), nicht aber bei einer Abnahme nach § 37 Abs. 1 Z 2 TSchG (VwGH 05.03.2015, 2012/02/0252).

Die Zeitdauer, auf die sich die Kostentragungspflicht nach § 30 Abs. 3 TSchG bezieht, wird im Gesetz nur allgemein mit der Wortwendung „Solange sich Tiere ... in der Obhut der Behörde befinden, ...“ umschrieben. Eine Begrenzung nach § 30 Abs. 3 TSchG für die Kostenvorschreibung ergibt sich jedoch daraus, dass im Falle des Verfalls § 40 Abs. 3 TSchG eine eigene Kostentragungsregel vorsieht. Eine Kostenvorschreibung für „abgenommene Tiere“ nach § 37 Abs. 3 iVm § 30 Abs. 3 TSchG kommt nur insoweit in Betracht, als die Tiere nicht dem Verfall unterliegen, was auch daraus zu ersehen ist, dass sich die Kostentragungsregel nach § 30 Abs. 3 TSchG ausdrücklich nur auf „Tiere iSd Abs. 1“ bezieht und § 30 Abs. 1 TSchG auf „von der Behörde beschlagnahmte oder abgenommene Tiere“ anzuwenden ist (VwGH 05.03.2015, 2012/02/0252).

§ 37 Abs. 3 TSchG regelt den Kostenersatz für abgenommene Tiere. Der letzte Satz enthält eine explizite Bezugnahme auf die gegenständliche Konstellation, nämlich einen Verstoß gegen das Verkaufsverbot des § 8a TSchG. Solche, nach § 37 Abs. 2a abgenommene Tiere unterliegen dem Verfall im Sinne des § 17 VStG.

Im Beschwerdefall wurden Tiere gemäß § 37 Abs. 2 TSchG abgenommen. Die Beschwerdeführerin beantragte die Ausfolgung der Tiere. Die Beschwerdeführerin wurde in der Folge rechtskräftig wegen Übertretungen des § 8a TSchG bestraft. Mit gesondertem Bescheid wurde der Verfall ausgesprochen. Der Verfall hätte gleich mit der Strafe, d.h. als gesonderter Spruchpunkt im Straferkenntnis ausgesprochen werden können. Nachdem es nicht zu Lasten der Beschwerdeführerin gehen soll, dass im ersten Rechtsgang ein Straferkenntnis behoben wurde (wegen mangelhafter Spruchbestandteile bezüglich der konkreten Tathandlung) ist das Datum dieses Straferkenntnisses als frühestmöglicher Zeitpunkt eines Verfallsauspruches heranzuziehen. Wegen des Ausfolgungsantrages dürfen jedoch für mehr als zwei Monate die Kosten der Unterbringung vorgeschrieben werden.

Sowohl § 30 Abs. 3 als auch § 40 Abs. 3 TSchG enthalten Kostentragungsregeln. § 30 TSchG enthält nähere Regeln über den Umfang der Kostentragungspflicht und ermöglicht auch eine Unterbringung und Versorgung durch geeignete Einrichtungen.

Es sollen nach § 30 TSchG umfassende Maßnahmen der Vorsorge für u.a. entlaufene, aber eben auch zwangsweise abgenommene Tiere getroffen werden. Die Übergabe der Tiere an näher genannte Einrichtungen ist an deren Fähigkeit, eine Tierhaltung im Sinne des TSchG zu gewährleisten geknüpft und den derart bestellten Verwahrern werden ausdrücklich noch die Pflichten eines Halters überbunden. Darüber hinaus werden auch der Behörde für die Dauer der amtlichen Verwahrung die Pflichten des Tierhalters auferlegt. Zu diesen zählen nach § 15 TSchG die ordnungsgemäße Versorgung eines kranken oder verletzten Tieres, erforderlichenfalls unter Heranziehung eines Tierarztes. Unter Bedachtnahme auf diesen Regelungszusammenhang ist die in § 30 Abs. 3 TSchG angeordnete Unterbringung der in der Obhut der Behörde befindlichen Tiere auf Kosten des Tierhalters dahingehend zu verstehen, dass von der Ersatzpflicht all jene Aufwendungen erfasst sind, die mit der Tierhaltung nach den Anforderungen des TSchG verbunden sind (VwGH 18.05.2018, Ra 2017/02/0079).

Es sollte nach dem Willen des Gesetzgebers mit § 30 Abs. 3 TSchG klargestellt werden, dass bei der „Betreuung der Tiere in Obhut der Behörde sämtliche notwendigen Aufwendungen für die Haltung (Raum-, Personal- und Materialkosten, nämlich: Behausung, Fütterung, fallweise tierärztliche Betreuung bzw. laufende Betreuung durch Tierpfleger) auf Kosten des Tierhalters erfolgen. Der Begriff Unterbringung war nämlich entgegen den Vorstellungen des Gesetzgebers zu eng interpretiert“ worden (Gesetzesmaterialien AB 1544 BlgNR XXV. GP, 2 zu BGBl. I 61/2017).

Bei diesem weiten Kostenbegriff ist externe Unterbringung bzw. Fremdversorgung notwendigerweise teurer als eine Selbstbetreuung im eigenen Haushalt, wo primär Futterkosten ins Auge fallen würden. Der Betreiber einer Unterbringungseinrichtung kann im Rahmen der Verhandlung eines Leistungsvertrages neben zusätzlichen Raumkosten („Miete“) auch diverse andere anteilsmäßige Positionen (neben Personalkosten, Energie, Versicherungen, Abgaben, Gebühren und Steuern etc.) seiner Kalkulation zugrunde legen. In gleicher Weise ist etwa auch die Betreuung eines Kindes in einer Ganztagsschule mit Hort freilich teurer als eine Versorgung des Kindes im eigenen Haushalt ohne fremde Betreuungsperson o.Ä. Im Übrigen ist die subjektive Leistungsfähigkeit für die Angemessenheit einer Kostenschreibung, die objektiv zu betrachten ist, unbeachtlich.

Zur Zusammensetzung der Kosten ist festzuhalten, dass es einen Leistungsvertrag der Stadt Wien (MA 60) mit dem C. gibt (Rechtsgrundlage: § 30 Abs. 2 TSchG). Für einzelne Tiergattungen gibt es konkrete Kalkulationen. Das sind aktuell 29,94 Euro pro Tier und Tag für einen Hund. Die Praxis der Leistungserbringung (Unterbringung und Transport) ist gerichtsbekannt; der gegenständliche Fall stimmt mit Vorakten überein (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 04.01.2021, VGW-101/007/12810/2020, betreffend eine entlaufene Schildkröte; zu zwangsweise abgenommenen Leguanen und Fischen das Erkenntnis vom 12.04.2022, VGW-101/007/1982/2022; zu einer Katze 02.06.2022, VGW-101/007/3395/2022-18; betreffend Hunde 19.07.2022, VGW-101/007/6082/2022-9).

Die gegenständlich vorgeschriebenen Kosten halten sich dem Grunde nach an die Vorgaben des Gesetzes und entsprechen auch den Vorgaben der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (siehe etwa VwGH 15.12.2012, Ra 2015/02/0094; 18.05.2018, Ra 2017/02/0079; 16.02.2022, Ra 2021/02/0244).

Die im Beschwerdefall erfolgte Unterbringung (im dargestellten weiten Unterbringungsverständnis) wurde mit dem angefochtenen Bescheid für den Zeitraum von 13.01.2020 bis 01.12.2020, das sind 324 Tage, und drei Hunde verrechnet. Mit Datum 01.12.2020 wurde ein am 04.11.2020 verkündetes Erkenntnis des Verwaltungsgerichts in der Verhandlung der Beschwerdesache nach dem Straferkenntnis vom 08.06.2020 gekürzt ausgefertigt.

Die Behörde trifft insofern keine „Schadensminderungspflicht“, als das Gesetz eine Kostenvorschreibungsmöglichkeit (-pflicht) für den Zeitraum von der Abnahme bis zum Abschluss des Verfahrens vorsieht. Dass zu einem solchen Verfahren gewisse Verfahrensschritte und Zwischenerledigungen zählen und auch Zeitabläufe für Bearbeitungen, Postenlauf usw. „anfallen“, ist legitim und nicht zu beanstanden. Eine übermäßige Verfahrensdauer kann für den Zeitraum von 13.01.2020 bis 08.06.2020 nicht erkannt werden.

Mit Erkenntnis vom 01.12.2020, VGW-001/022/7107/2020-25, wurde das Straferkenntnis vom 08.06.2020 aufgehoben. Wäre bereits mit dem ersten Straferkenntnis die richtige Tathandlung verfolgt/geahndet und gleichzeitig der Verfall ausgesprochen worden, hätte (auch nach Durchführung eines ordentlichen Verwaltungsstrafverfahrens, d.h. mit Ermittlungsverfahren, Rechtfertigungsmöglichkeit etc.) ein Verfahrensabschluss erfolgen können. Nachdem das Straferkenntnis vom 08.06.2020 mit hg. Erkenntnis vom 01.12.2020 (Verkündung am 04.11.2020) behoben wurde bzw. wegen des erfolgreichen Rechtsmittels nach dem Straferkenntnis vom 08.06.2020, ist dieser Zeitraum (08.06.2020 bis 01.12.2020) hingegen nicht zu verrechnen. Beschwerdefallbezogen ist also das Rechtsmittelverfahren herauszurechnen.

Jede spätere Zeitspanne (nach dem im zweiten Rechtsgang ergangenen hg. Erkenntnis vom 26.01.2020) bei der Erlassung des Verfallsbescheides wurde bereits von der Behörde herausgerechnet bzw. schlichtweg nicht vorgeschrieben. Auch die Einleitung eines neuerlichen Strafverfahrens, die innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist erfolgt ist, ist nicht zu beanstanden. Keinesfalls setzt die Kostentragungspflicht erst mit dem Verfallsbescheid vom 21.04.2022 ein.

Im Übrigen besteht eine Bindung an die rechtskräftigen Entscheidungen im Verwaltungsstraf- und Verfallsverfahren, wonach die Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin feststeht. Ob diese Eigentümerin der Tiere war, ist unbeachtlich, weil die ohnehin rechtskräftig geahndeten Tathandlungen auf diese Rechtstellung gar nicht Bezug nahmen. Die auch in den dortigen Verfahren anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin ist somit zur Kostenvorschreibung heranzuziehen. Die Beschwerdeführerin war Tierhalterin und über die Tiere verfügungsbefugt und sollte dies auch nach dem Willen ihres Ex-Mannes sein. Auch eine vermeintliche Rechtsunkenntnis in Bezug auf Ausfolgungsanträge und Rechtsmittel gegen Strafverfahren ist grundsätzlich unbeachtlich, zumal es sich um gesetzliche Pflichten handelt und Rechtskenntnis vorausgesetzt werden kann.

Die Beschwerde ist somit in Bezug auf den Gesamtbetrag wegen des Zeitraumes (08.06.2020 bis 01.12.2020) berechtigt. Es war daher im Rahmen der Sachentscheidungsbefugnis des Verwaltungsgerichts mit einer Maßgabebestätigung der Zeitraum, die Berechnung und Gesamtbetrag zu korrigieren. Für eine weitergehende „Mäßigung“ besteht keine Grundlage (weder auf Sachverhaltsebene noch als Rechtsgrundlage).

Die (ordentliche) Revision an den VwGH ist nicht zulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die Rechtslage ist aufgrund der Gesetzeslage klar und durch die Rechtsprechung geklärt. Der gegenständlich vorgenommenen Würdigung kommt keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Schließlich liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Kostenvorschreibung; Kostentragungspflicht; abgenommene Tiere; Haltung; Unverhältnismäßigkeit; Verfall; Tierhalter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2022:VGW.101.007.8925.2022

Zuletzt aktualisiert am

28.12.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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