TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/18 I422 2240760-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.08.2021
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Entscheidungsdatum

18.08.2021

Norm

BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §66 Abs1
FPG §66 Abs2
FPG §70 Abs3
NAG §51 Abs1 Z1
NAG §53 Abs1
NAG §55 Abs1
NAG §55 Abs3
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I422 2240760-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Deutschland, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.02.2021, Zl. XXXX zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin reiste gemeinsam mit ihrer Mutter in das Bundesgebiet ein und ist seit 02.09.2013 durchgehend in Österreich hauptgemeldet.

Am 16.09.2013 stellte sie beim Amt der XXXX Landesregierung einen Antrag auf Ausstellung einer Anmeldebescheinigung gemäß § 53 NAG zur Dokumentation ihres unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, welchem zunächst mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts XXXX vom 30.07.2015, Zl. XXXX stattgegeben wurde. Dieses Erkenntnis wurde jedoch in weiterer Folge mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12.12.2017, Ra 2015/22/0149 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im zweiten Verfahrensgang wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 16.09.2013 auf Ausstellung einer Anmeldebescheinigung schließlich mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts XXXX vom 02.11.2018, Zl. XXXX rechtskräftig abgewiesen. Die Behandlung einer dagegen erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde mit Beschluss vom 26.02.2019, Zl. E 4998-4999/2018-13 abgelehnt.

Mit Schriftsatz des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA / belangte Behörde) vom 23.04.2020 ("Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme") wurde der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht, dass beabsichtigt werde, gegen sie eine Ausweisung zu erlassen und ihr die Möglichkeit eingeräumt, hierzu sowie zu einem umfassenden Fragenkatalog hinsichtlich ihrer persönlichen und familiären Verhältnisse innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung schriftlich Stellung zu beziehen.

Mit Schriftsatz vom 07.05.2020 ("Stellungnahme") brachte die Beschwerdeführerin eine schriftliche Stellungnahme bei der belangten Behörde ein. Darin führte sie im Wesentlichen aus, dass einer Ausweisung diverse Gründe entgegenstünden, und „sind diese mannigfach und ergeben sich nicht nur aus den nationalen Rechtsbestimmungen, sondern insbesondere aus der Europäischen Menschenrechtskonvention, der Unionsbürgerschaft und dem einfachen Unionsrecht sowie der Judikatur des EuGH“. Konkret wurde verwiesen auf das „Recht auf Daueraufenthalt nach § 53a NAG“, „Die Berücksichtigung von Integration und Familienleben nach § 66 Abs. 2 FPG“, „Den Schutz nach Art. 8 EMRK“, „Die Anwendung des Art. 7 GRC und das Verhältnis zwischen GRC und EGMR“, „Die Unionsbürgerschaft nach Art. 21 EAUV (ex-Art. 18 EGV), Art. 20 EAUV“, „Die Erfüllung der Bedingungen nach der Richtlinie 2004/38/EG“, „Das Aufenthaltsrecht auch nach Art. 12 der Verordnung 1612/68/EG/“, sowie „Das Verhältnis von Volljährigkeit zu Unterhaltsleistung“.

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 15.02.2021 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm § 55 Abs. 3 NAG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 70 Abs. 3 FPG wurde ihr ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung erteilt (Spruchpunkt II.). Inhaltlich wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführerin kein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zukomme, da sie keine der in § 51 Abs. 1 NAG genannten Voraussetzungen erfülle. Insbesondere gehe sie in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nach und bestünden auch keine berechtigten Aussichten auf eine Einstellung.

Gegen den gegenständlich angefochtenen Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 15.03.2021 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen; den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes ersatzlos beheben; in eventu den angefochtenen Bescheid wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens beheben und an die erste Instanz zurückverweisen.

Beschwerde und Bezug habender Akt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 25.03.2021 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt.

Die volljährige Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Deutschland. Ihre Identität steht fest.

Sie wurde 1995 in Deutschland geboren und zog im September 2013 gemeinsam mit ihrer Mutter, einer Staatsangehörigen von Bosnien und Herzegowina (IFA-Zl. XXXX ), nach Österreich. Seit 02.09.2013 ist sie durchgehend im Bundesgebiet hauptgemeldet.

Seit 12.04.2021 geht die Beschwerdeführerin laufend einer angemeldeten Erwerbstätigkeit als Angestellte des Unternehmens " XXXX " nach.

2. Beweiswürdigung:

Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

Auskünfte aus dem zentralen Melderegister, dem Informationsverbund zentrales Fremdenregister und dem Hauptverband österreichischer Sozialversicherungsträger wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Die Identität der Beschwerdeführerin steht aufgrund ihres vor den österreichischen Behörden in Vorlage gebrachten – sowie im zentralen Melderegister und Informationsverbund zentrales Fremdenregister vermerkten - deutschen Personalausweises Nr. XXXX fest.

Die Feststellungen zu ihren Lebensumständen ergeben sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt.

Die Feststellungen zum Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich ab September 2013 ergeben sich aus dem Verwaltungsakt in Zusammenschau mit eingeholten Auskünften aus dem zentralen Melderegister sowie dem Informationsverbund zentrales Fremdenregister.

Die laufende Erwerbstätigkeit der Beschwerdeführerin als Angestellte des Unternehmens " XXXX " seit 12.04.2021 ergibt sich aus einer tagesaktuellen Abfrage im Hauptverband österreichischer Sozialversicherungsträger.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Behebung des angefochtenen Bescheides:

3.1. Zu den Rechtsgrundlagen:

§ 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF BGBl. I Nr. 54/2021 regelt die Ausweisung:

„(1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

(2) Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

(3) Die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.“

Gemäß § 70 Abs. 1 FPG werden die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

§ 51 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) regelt in Umsetzung der Richtlinie 2004/38 Fälle der Freizügigkeit von EWR-Bürgern aus anderen EWR-Staaten, die ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch nehmen und sich länger als drei Monate in Österreich aufhalten.

Der mit "Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate" überschriebene § 51 NAG idgF BGBl. I Nr. 110/2021 lautet:

„(1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1. in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;

2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er

1. wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;

2. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;

3. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder

4. eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.

(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen.“

Gemäß § 53 Abs. 1 NAG haben EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nach §§ 51 oder 52 zukommt, wenn sie sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten, dies binnen vier Monaten ab Einreise der Behörde anzuzeigen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen (§§ 51 oder 52) ist von der Behörde auf Antrag eine Anmeldebescheinigung auszustellen.

Gemäß § 55 Abs. 1 NAG kommt EWR-Bürgern und ihren Angehörigen das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

Art. 7 ("Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate") Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 („Freizügigkeitsrichtlinie“) lautet:

„(1) Jeder Unionsbürger hat das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von über drei Monaten, wenn er

a) Arbeitnehmer oder Selbstständiger im Aufnahmemitgliedstaat ist oder

b) für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, und er und seine Familienangehörigen über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen oder

c) bei einer privaten oder öffentlichen Einrichtung, die von dem Aufnahmemitgliedstaat aufgrund seiner Rechtsvorschriften oder seiner Verwaltungspraxis anerkannt oder finanziert wird, zur Absolvierung einer Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung als Hauptzweck eingeschrieben ist und

- über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügt und der zuständigen nationalen Behörde durch eine Erklärung oder durch jedes andere gleichwertige Mittel seiner Wahl glaubhaft macht, dass er für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, oder

d) ein Familienangehöriger ist, der den Unionsbürger, der die Voraussetzungen des Buchstaben a, b oder c erfüllt, begleitet oder ihm nachzieht.“

3.2. Zum Aufenthaltsrecht der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Deutschland und damit EWR-Bürgerin iSd § 2 Abs. 4 Z 8 FPG bzw. des § 2 Abs. 1 Z 4 NAG.

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm § 55 Abs. 3 NAG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen darauf verwiesen, dass ihr kein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zukomme, da sie keine der in § 51 Abs. 1 NAG genannten Voraussetzungen erfülle und insbesondere in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nachgehe und auch keine berechtigten Aussichten auf eine Einstellung bestünden.

Das Bundesverwaltungsgericht hat seiner Entscheidung sämtliche aktenkundigen bzw. im Beschwerdeverfahren hervorgekommenen Sachverhaltselemente zugrunde zu legen (vgl. VwGH 25.10.2016, Ra 2016/07/0081; 27.01.2016, Ra 2014/10/0038; 17.12.2014, Ro 2014/03/0066) und grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage in seinem aktuellen Entscheidungszeitpunkt abzustellen (vgl. VwGH 25.06.2019, Ra 2019/10/0012, mwN).

Wie sich aus einer tagesaktuellen Abfrage im Hauptverband österreichischer Sozialversicherungsträger unstreitig ergibt, geht die Beschwerdeführerin nunmehr seit 12.04.2021 einer angemeldeten Erwerbstätigkeit als Angestellte des Unternehmens " XXXX " nach. Damit ist sie in Österreich Arbeitnehmerin und als EWR-Bürgerin auf Grundlage des § 51 Abs. 1 Z 1 NAG zum Aufenthalt für mehr als drei Monate im Bundesgebiet berechtigt.

Der Umstand, dass sie über keine Anmeldebescheinigung gemäß § 53 NAG zur Dokumentation ihres unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts verfügt, schadet hierbei nicht, da einer solchen lediglich deklarativer Charakter zukommt (vgl. VwGH 10.03.2021, Ra 2020/22/0256).

Die Ausweisung der Beschwerdeführerin mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides erfolgte daher nicht zu Recht, was auch die Gegenstandslosigkeit des der Beschwerdeführerin mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gewährten Durchsetzungsaufschubes bedingt.

In Stattgabe der Beschwerde war der angefochtene Bescheid daher ersatzlos aufzuheben.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Die Beschwerdeführerin beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Verhandlung kann nach Abs. 2 entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (Z 1) oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (Z 2).

Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

aufenthaltsbeendende Maßnahme Aufenthaltsrecht Ausweisung Ausweisung aufgehoben Ausweisung nicht rechtmäßig Ausweisungsverfahren Behebung der Entscheidung Durchsetzungsaufschub ersatzlose Behebung Erwerbstätigkeit EU-Bürger EWR-Bürger Kassation Unionsbürger

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I422.2240760.1.00

Im RIS seit

29.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

29.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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