TE Bvwg Beschluss 2021/10/1 W195 2246553-1

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Veröffentlicht am 01.10.2021
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Entscheidungsdatum

01.10.2021

Norm

B-VG Art131 Abs1
B-VG Art131 Abs2
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W195 2246553-1/2E

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die XXXX , gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Landespolizeidirektion XXXX vom 07.08.2021 beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1.) Mit Schriftsatz vom 20.09.2021 erhob der Beschwerdeführer, rechtsfreundlich vertreten durch XXXX , sowohl an das Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Graz, als auch das Landesverwaltungsgericht XXXX eine Maßnahmenbeschwerde wegen Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durch die polizeiliche Anhaltung im Rahmen einer Verkehrskontrolle am 07.08.2021, ca. 20:30 Uhr.

Der Beschwerde beigefügt war eine als „Wahrheitsgemäße Schilderung über durchgeführte Amtshandlung am 07.08.2021 gegen 20.30 Uhr“ betitelte Beilage.

Darin berichtete der Beschwerdeführer, dass sich die Beamten der Landespolizeidirektion XXXX ihm und seinen Mitfahrern gegenüber sehr angsteinflößend und respektlos benommen, den Beschwerdeführer stets „gedutzt“ und als „Clown“ bezeichnet hätten. Darüber hinaus sei der Grund der Anhaltung (Messung einer Geschwindigkeitsübertretung) weder durch eine Radar- noch eine Lasermessung nachgewiesen worden.

2.) Der Beschwerdeführer beantragte, dass das Bundes- bzw. Landesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung den angefochtenen Verwaltungsakt vom 07.08.2021 gemäß § 28 Abs. 6 VwGG für rechtswidrig erklären und gemäß § 35 VwGG den Bund für schuldig erkennen möge, die Verfahrenskosten im gesetzlichen Ausmaß von € 885,12 (inkl. 20% USt) zu Handen des Rechtsvertreters binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen:

Am 07.08.2021 erfolgte eine Anhaltung des Beschwerdeführers durch Beamte der Landespolizeidirektion XXXX .

Der BF behauptet durch die angsteinflößende und respektlose Vorgehensweise der Beamten in seinen Rechten (u.a. Ehrbeleidigung) verletzt worden zu sein. Darüber hinaus wurde der Grund der Anhaltung (Geschwindigkeitsübertretung) weder durch Vorlage eines Radar- bzw. Lasermessgerätes nachgewiesen.


2. Beweiswürdigung

Die unter I. erfolgte Darstellung des Verfahrensganges ergibt sich aus den dem Bundesverwaltungsgericht übermittelten Unterlagen, insbesondere der Maßnahmenbeschwerde vom 20.09.2021 samt Beilage sowie dem übrigen Akteninhalt. Offensichtliche Widersprüche, insbesondere zum Vorbringen in der Maßnahmenbeschwerde, liegen nicht vor, sodass der Sachverhalt im ausreichenden Maße für eine (kompetenzrechtliche) Beurteilung dargestellt wurde.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1 Maßgebliche Rechtslage

Allgemeines zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

Gemäß Art. 129 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) besteht für jedes Land ein Verwaltungsgericht des Landes. Für den Bund bestehen ein als Bundesverwaltungsgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes und ein als Bundesfinanzgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte u.a. über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit (Z 1); gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit (Z 2); wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde (Z 3). Gemäß Art 132 Abs. 2 B-VG kann jeder gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch sie in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Die Erhebung einer solchen Maßnahmenbeschwerde ist dann zulässig, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt gegen individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist (vgl. VwGH vom 26.04.2010, 2009/10/0240; VwGH vom 21.10.2010, 2008/01/0028; VwGH vom 31.05.2012, 2010/06/0203). Eine Maßnahmenbeschwerde kann sich demnach nur gegen die Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt durch Verwaltungsbehörden oder durch Organe in ihrem Dienste richten (vgl. VwGH vom 14.12.1990, 90/18/0234).

Nach der Judikatur des Verfassungs- und des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Zwangs- und Befehlsgewalt im Wesentlichen ein Verwaltungshandeln, das von einem Verwaltungsorgan in der Hoheitsverwaltung durch Ausübung unmittelbaren Zwanges (Gewalt) oder Erteilung eines Befehls (mit unverzüglichem Befolgungsanspruch) gegen einen individuellen Adressaten gesetzt wird (VfSlg. 7346/1974, 11.935/1988; VwGH vom 28.05.1997, 96/13/0032). Voraussetzung für das Vorliegen eines derartigen Aktes ist, dass einseitig in subjektive Rechte des Betroffenen eingegriffen wird (vgl. statt vieler VwGH vom 19.09.2006, 2005/06/0018). Ein derartiger Eingriff liegt im Allgemeinen vor, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht (VfSlg. 12.791/1991; VwGH vom 23.01.2007, 2005/06/0254). Werden objektiv keine Zwangsmaßnahmen gesetzt oder angedroht oder müssen diese nicht zwangsläufig erwartet werden, handelt es sich um keine Ausübung verwaltungsbehördlicher Zwangs- und Befehlsgewalt (VwGH vom 24.06.1998, 97/01/0239; VwGH vom 16.11.2000, 98/01/0452 oder VwGH vom 06.07.2004, 2003/11/0175).

An dieser Stelle ist festzuhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht – soweit sich aus Art. 131 Abs. 3 B-VG nichts anderes ergibt – gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG nur über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennt, sofern es sich dabei um Rechtssachen handelt, in denen die Vollziehung des Bundes unmittelbar von Bundesbehörden besorgt wird.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 6 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in jeder Lage des Verfahrens seine Zuständigkeit zu prüfen und eine etwaige Unzuständigkeit wahrzunehmen (VwGH vom 29.10.2015, Ro 2015/07/0019).

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Im Falle der Zurückweisung hat die Entscheidung gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG mit Beschluss zu ergehen.

Hinsichtlich der Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zur Entscheidung über die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde bedeutet dies:

Gegenständlich wurde im Zuge einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle der Beschwerdeführer durch drei Polizeibeamte angehalten. Diese Kontrolle erfolgte offensichtlich auf Grundlage der Straßenverkehrsordnung (StVO). Die im Rahmen der Amtshandlung anzuwendenden Normen sind jedenfalls durch die Verkehrskontrolle ausgelöst und wurden nicht von Bundesorganen im Rahmen einer Tätigkeit der unmittelbaren Bundesverwaltung gesetzt.

Nach den Bestimmungen in Art. 11 Abs. 1 Z 4 B-VG sind Angelegenheiten der Straßenpolizei in Gesetzgebung Angelegenheit des Bundes, in Vollziehung jedoch Landessache. Gemäß Art. 10 Z 9 B-VG sind Verkehrsangelegenheiten zwar in Gesetzgebung und Vollziehung Angelegenheit des Bundes, jedoch sind davon die Angelegenheiten der Straßenpolizei explizit ausgenommen.

Darüber hinaus werden Angelegenheiten der Straßenpolizei auch nicht explizit in Art. 102 Abs. 2 B-VG, bei denen es sich um Angelegenheiten handelt, die im Rahmen des verfassungsmäßig festgestellten Wirkungsbereiches unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden, aufgelistet.

Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich somit, dass im vorliegenden Fall im Ergebnis keine Angelegenheit vorliegt, welche „unmittelbar von Bundesbehörden“ im Sinne des Art. 131 Abs. 2 erster Satz B-VG besorgt wird, weshalb gegenständlich auch keine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zur Entscheidung vorliegt.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich weiters, dass der Rechtszug im vorliegenden Fall somit nicht an das Bundesverwaltungsgericht (einschließlich Außenstellen), sondern gemäß der Art. 131 Abs. 1 B-VG inhärenten Generalklausel an das (örtlich zuständige) Landesverwaltungsgericht – im konkreten Fall das Landesverwaltungsgericht XXXX – zu gehen hat.

Zumal die Beschwerde ausdrücklich eine Entscheidung (Feststellung) durch das Bundesverwaltungsgericht begehrte, hatte der gegenständliche Zurückweisungsbeschluss wegen Unzuständigkeit zu ergehen (vgl. hiezu VwGH vom 26.01.2017, Ra 2016/11/0173).

Da die vorliegende Beschwerde mittels Beschluss zurückzuweisen war, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 (2018) Anm 7 zu § 24 VwGVG mwN).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die vorliegende Entscheidung hat die Zurückweisung der Beschwerde infolge Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zum Inhalt und folgt dabei der bisher hierzu ergangenen (einschlägigen) oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, sodass schon deshalb nicht von einer Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, ausgegangen werden kann.

Schlagworte

Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kontrolle Maßnahmenbeschwerde Straßenverkehr Unzuständigkeit BVwG Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W195.2246553.1.00

Im RIS seit

11.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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