TE Lvwg Erkenntnis 2021/4/27 VGW-102/067/14254/2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.04.2021
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Entscheidungsdatum

27.04.2021

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
40/01 Verwaltungsverfahren
10/10 Grundrechte
19/05 Menschenrechte

Norm

B-VG Art. 130 Abs1 Z2
VStG §34b
VStG §35
StGG Art. 12
EMRK Art. 11

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Grois über die Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 und Art. 132 Abs. 2 B-VG der Frau A. B., ..., wegen Verletzung in Rechten infolge Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Landespolizeidirektion Wien, am 29.09.2020, in Wien, C.-platz, namentlich der Auflösung der Versammlung von D. durch Räumung des Camps am C.-platz und der durchgeführten Identitätsfeststellung,

zu Recht erkannt:

1. Gemäß § 28 Abs. 1 und 6 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und die Auflösung der Versammlung von D. durch Räumung des Camps am C.-platz samt durchgeführten Feststellung der Identität der Beschwerdeführerin für rechtswidrig erklärt.

2. Der Bund als Rechtsträger der belangten Behörde hat gemäß § 35 VwGVG in Verbindung mit der VwG-Aufwandersatzverordnung – VwG-AufwErsV, BGBl. II Nr. 517/2013, der Beschwerdeführerin 737,60 Euro für Schriftsatzaufwand und 922,00 Euro für Verhandlungsaufwand an Aufwandersatz binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

3. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 – VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG unzulässig.

BEGRÜNDUNG

I.1. Mit dem am 10.11.2020 beim Verwaltungsgericht Wien eingelangten Schriftsatz erhob die Beschwerdeführerin eine Maßnahmenbeschwerde und brachte darin vor:

„I. Beschwerde gemäß Art 130 Abs. 1 Z 2 und Art 132 Abs. 2 B-VG

1. Beschwerdegegenstand

Gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch die Landespolizeidirektion Wien am 29.09.2020 in Wien, C.-platz, erhebe ich gemäß Art 130 Abs. 1 Z 2 und Art 132 Abs. 2 B-VG binnen offener Frist nachstehende

Beschwerde

an das Landesverwaltungsgericht Wien:

II. Sachverhalt

Ende September 2020 fand die sogenannte „E.“ von KlimaschützerInnen auch in Wien statt. Dabei zeigte Mag. F. G. zu GZ PAD/...1 eine Versammlung für den 26.9.2020 und den 27.9.2020 (über Nacht) an. In einer Vorbesprechung wurde dann von der Behörde mitgeteilt, dass die Versammlung auch in der Nacht durchwegs einen manifestativen Charakter haben müsse, sonst werde sie geräumt, weil bloßes Zelten illegal sei. Außerdem dürften keine Zelthaken Zurückbleiben, weil dies zu Schäden bei der MA 42 führen könnte.

Beweis: Niederschrift vom 21.9.2020 (Beilage ./1)

Das nahm der Veranstalter nicht nur zur Kenntnis, sondern instruierte alle Teilnehmer, dass sie durchgehend manifestieren müssen und nannte diesen Beispiele: Ansprachen halten, Flyer verteilen, Passantlnnen ansprechen, Fahnen schwenken oder ähnliches.

Die Versammlung wurde genau wie mit der Behörde vereinbart abgehalten, es wurde stetig ganz stark manifestiert und die Versammlung löste sich dann gegen 9:00 Uhr morgens auf.

Die Teilnehmer gingen jedoch nur kurzfristig auseinander und trafen sich schon einige Zeit später (nachdem sie sich zunächst vereinzelten) auf unterschiedlichen Wegen kommend, am C.-platz, wo sie eine neue Versammlung abhielten.

Es wurde eine Bühne aufgebaut und es wurden Reden gehalten, politische Lieder gesungen und für die Klimabewegung typische Tänze getanzt. Die Versammlung war für eine Woche angelegt und mit einem Rahmenprogramm bestehend aus Rede- und Musikbeiträgen ausgestattet, wobei der Informations- und Beteiligungscharakter im Vordergrund stand. Die Polizei war ebenfalls seit Sonntag vor Ort, leitete den Kfz-Verkehr um (Fahrräder und Einsatzfahrzeuge wurden stets durchgelassen) und löste die Versammlung nicht auf. Den ganzen Montag über, gab es bestes Einvernehmen mit der Exekutive, der der geplante Ablauf auch mitgeteilt wurde. Den Demonstranten wurde von der Behörde mitgeteilt, dass keine Auflösung geplant sei.

Die Versammlung wurde Tag und Nacht fortgeführt und äußerte sich durch Redebeiträge, Filmvorführungen, Musikdarbietungen, Diskussionsrunden. Anbringen von Plakaten, Ansprechen von Passant*innen und Zuverfügungstellung und Austeilen von Informationsmaterial (Flyer, Broschüren). Sowohl Einsatzfahrzeuge, als auch der öffentliche Verkehr wurden problemlos mehrfach durchgelassen, weshalb die Behörde bei dieser Versammlung am C.-platz, der ohnehin für den Verkehr nicht besonders relevant ist, keine Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung feststellen konnte. Während des Montags wurde der C.-platz von den Demonstrantlnnen dekoriert und es war für jede/n Passantin dadurch schon von Weitem ersichtlich, dass es sich um eine politische Versammlung zum Thema Klima- und Umweltschutz handelte.

Am Montag den 28.9.2020 wurden am Abend dann von einigen TeilnehmerInnen Zelte aufgestellt, um ihr Hab und Gut und Sich selbst vor etwaigem Regen schützen zu können. Über Nacht gingen einige in Wien wohnende Teilnehmer heim, um sich auszuruhen. Es waren dann in der Nacht auf den 29.9.2020 noch ca. 40 Demonstrant*Innen vor Ort, die weiter manifestierten.

Der Veranstalter der Versammlung am 26.9. hat die Teilnehmer der hier beschwerdegegenständlichen Versammlung, die großteils die selben waren wie am 26.9., vor der Nacht auf den 29.9.2020 noch extra darauf hingewiesen, dass besonders intensiv manifestiert werden muss, um den Versammlungscharakter aufrecht zu erhalten. Es waren immer mindestens 5 Personen wach und die TeilnehmerInnen haben sich in der Nacht beim Manifestieren abgewechselt. Es wurden auch während der Nacht Reden gehalten und Passantlnnen angesprochen, jedoch waren in den Nachtstunden kaum Passanten in der Nähe.

Beweis:        PV;

              Zeuge Mag. F. G.

Am 29.09.2020 um fünf Uhr in der Früh traf plötzlich eine Vielzahl an Polizeifahrzeugen beim C.-platz ein. Die Polizist*innen versammelten sich danach rund um den Platz.

Da die Teilnehmerinnen das schlagartige Umzingeln der Versammlung nicht nachvollziehen konnten, gingen sie auf den Einsatzleiter zu, um mit diesem die Situation zu klären. In dem Gespräch wurde mitgeteilt, dass der Grund für die drohende Auflösung sei, dass es sich um keine politische Versammlung handeln würde, sondern lediglich ein illegales Campieren stattfände. Um den politischen Versammlungscharakter für die angekommenen Polizist*innen deutlicher hervorzuheben, griffen die Teilnehmer zum Megafon, welches unter Rücksichtnahme auf die Anwohner*innen in den Zeiten der Nachtruhe nicht benutzt worden war, und führte die davor schon durchgehend öffentlich manifestierten Inhalte bezüglich des drohenden Biodiversitätsverlustes, den Auswirkungen auf das Ökosystem, dem Nichteinhalten des Pariser Klimaabkommens, dem neuesten Bericht des WWF und den Living Planet Index mit nun mehr größerer Lautstärke fort.

Beweis:        Augenschein in das, in der Verhandlung abzuspielende Video

Während der Rede durchschnitt dann plötzlich die Durchsage der Polizei die Worte der Rednerin, in der die Polizei den Versammlungsteilnehmer*innen mitteilte, dass das Aufstellen und Benützen von Zelten und das Auslegen und Benützen von Schlafsäcken an im Freien gelegenen Orten außerhalb von Campingplätzen verboten und strafbar ist sowie das widerrechtlich errichtete Campinglager abzubauen ist. Dies werde ansonsten auch mit Zwangsgewalt durchgesetzt.

Der Beschwerdeführerin wurde danach angeordnet, dass sie sich auszuweisen habe. Die Beschwerdeführerin beugte sich dann dem Befehl und wies sich aus.

Die Beschwerdeführerin hatte am C.-platz kein Zelt. Selbst wenn sie ein Zelt mit sich geführt hätte, wäre dies als „Demo-Equipment“, also als Hilfgegenstände zum Zwecke der Versammlung zu sehen gewesen.

Zusätzlich zu der Beschwerdeführerin wurden weitere Menschen von der Versammlung weggetragen und deren Identität festgestellt. Zwei der Versammlungsteilnehmer*innen weigerten sich, ihre Identität preiszugeben und wurden von den Beamtinnen in das Polizei-Anhaltezentrum … mitgenommen.

III. Zulässigkeit der Beschwerde

Bei der Auflösung der Versammlung von D., der Räumung des Camps am C.-platz, der durchgeführten Identitätsfeststellungen der anwesenden Personen und der Anhaltung zweier Versammlungsteilnehmer*innen, die sich weigerten ihre Identität preiszugeben, handelt es sich um Akte unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, welche gem. Art. 130 Abs. 1 Z. 2 iVm § 88 Abs. 1 SPG mit einer Maßnahmenbeschwerde vor dem Landesverwaltungsgericht Wien bekämpft werden können. Gem. § 3 Abs. 2 Z 2 VwGVG bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Ort der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, wodurch sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Wien ergibt.

Die geschilderten Akte unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt fanden in den Morgenstunden am Dienstag, 29. September 2020 statt, wodurch die Einbringung der Maßnahmenbeschwerde am 9. November 2020 binnen offener Frist erfolgte. Da die Identität der Beschwerdeführerin festgestellt und sie an der weiteren Teilnahme der Versammlung gehindert wurde, war sie Adressatin unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt und ist somit beschwerdelegitimiert.

IV. Beschwerdegründe

Die Beschwerdeführerin ist als Teilnehmerin der Versammlung und als Person, deren Identität festgestellt worden von der behördlichen Zwangsgewalt, gegen die sich diese Beschwerde richtet, unmittelbar betroffen. Sie wurde in ihrem Recht auf Fortführung der Versammlung und auf Schutz ihrer Identität verletzt.

Die Beschwerdeführerin ist von Anfang an Teilnehmerin der Versammlung gewesen, ist an der Fortführung der Versammlung gehindert worden und einer rechtswidrigen Identitätsfeststellung unterzogen worden. Die Beschwerdeführerin hatte neben dem nervlichen Aufwand, wo ihr plötzlich mitten in der Nacht unklar wurde, wo sie die Nacht und die nächsten Stunden verbringen hätte können, auch einen zeitlichen Aufwand zu verbüßen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dann vor, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung eindeutig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt gegen individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist. Die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person liegt nach dieser Rechtsprechung nur vor, wenn es keines dazwischen geschalteten weiteren Handels mehr bedarf, um den geforderten Zustand herzustellen (VwGH 25.06.1997, Zl.: 95/01/0600). Unverzichtbares Inhaltsmerkmal eines Verwaltungsaktes in der Erscheinungsform eines Befehls, d. h. der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt, ist der Umstand, dass dem Befehlsadressaten eine bei Nichtbefolgung unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird (Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 28.11.1988, Slg Nr. 11.878).

IV.I. Räumung des C.-platzes

Die Räumung des Camps von D. ist aus folgenden Gründen rechtswidrig:

1. Die Kampierverodnung 1985 des Magistrats der Stadt Wien lautet wie folgt:

§ 1. Außerhalb von Campingplätzen ist an im Freien gelegenen öffentlichen Orten verboten:

     -     das Auflegen und das Benützen von Schlafsäcken,

     -     das Aufstellen und das Benützen von Zelten sowie

     - das Abstellen von Personenkraftwagen, Omnibussen, Kombinationskraftwagen, Wohnmobilen, Wohnwagen oder Wohnwagenanhängern zu Wohnzwecken sowie deren Benützen zum Wohnen (Schlafen).

§ 2. § 1 findet auf solche Handlungen keine Anwendung,

  1. die in unmittelbarem örtlichem Zusammenhang mit einer erlaubten Tätigkeit stehen (zum Beispiel Straßenbau, genehmigte Veranstaltung) oder

     2. die schon nach anderen gesundheitspolizeilichen Vorschriften verboten sind.

§ 3. Wer gegen ein Verbot des § 1 verstößt, begeht eine Verwaltungsübertretung und unterliegt der hierfür im § 108 Abs. 2 Wiener Stadtverfassung-WStV, LGBl.für Wien Nr. 28/1968 in der jeweils geltenden Fassung, vorgesehenen Strafe.

Wie sich aus § 2 Z 1 der Kampierverordnung 1985 ergibt, findet das Verbot des § 1 keine Anwendung auf die darin normierten Handlungen, wenn diese in einem unmittelbaren örtlichem Zusammenhang mit einer erlaubten Tätigkeit stehen. Als Beispiel wird in der Verordnung selbst zum Beispiel das Vornehmen der in § 1 genannten Handlungen im Zuge des Straßenbaus oder bei genehmigten Veranstaltungen angeführt. Daraus ergibt sich, dass das Auflegen und Benützen von Schlafsäcken, das Aufstellen und Benützen von Zelten sowie das Abstellen von Personenkraftwagen, Omnibussen, Kombinationskraftwagen, Wohnmobilen, Wohnwagen oder Wohnwagenanhängern zu Wohnzwecken sowie deren Benützen zum Wohnen (Schlafen) erlaubt ist, sobald sie in einem örtlichen Zusammenhang mit einer erlaubten Tätigkeit stehen.

Daraus ergibt sich, dass das Aufstellen und Auslegen der Zelte und Schlafsäcke sowie deren Benützung im Camp von D. gemäß der Kampierverordnung 1985 nur dann verboten gewesen wäre, wenn es sich dabei nicht um eine erlaubte Tätigkeit gehandelt hätte. Das Zusammenkommen von D. war jedoch als politische Versammlung iSd VersammlungsG zu klassifizieren und damit als von der Versammlungsfreiheit geschützte erlaubte Tätigkeit anzusehen, die unter die Bestimmung des § 2 Kampierverordnung 1985 zu subsumieren ist.

Das VersammlungsG 1953 definiert den Begriff der von ihm erfassten "Versammlung" nicht. Nach stRsp des VfGH ist eine Zusammenkunft mehrerer Menschen dann eine Versammlung iSd VersammlungsG 1953, wenn sie in der Absicht veranstaltet wird, die Anwesenden zu einem gemeinsamen Wirken (Debatte, Diskussion, Manifestation usw) zu bringen, sodass eine gewisse Assoziation der Zusammengekommenen entsteht. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, hängt nicht zuletzt von den Umständen des Einzelfalles ab. Im Hinblick auf die in der Judikatur entwickelten Maßstäbe und Grundsätze, ist davon auszugehen, dass auch Spontanversammlungen und ad-hoc entstehende Demonstrationen in den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit fallen können (V1/2018, 28.09.2018).

Bereits am Sonntag waren 80 Menschen am C.-platz zusammengekommen, um ein gemeinsames Wirken zu erreichen. Bis zu der Auflösung der Versammlung und der Räumung des Platzes waren durchgängig duzende Menschen anwesend und auch in den Nachtstunden stets mehr als drei Menschen mit einer Diskussion oder einem gemeinsamen Wirken beschäftigt.

Beweis:       PV;

              Zeuge Mag. F. G.

Der Zweck der Versammlung war durch die im Camp abgehaltenen Redebeiträge, angebrachten Banner sowie aufliegenden Flyer ersichtlich: Protest gegen die Zerstörung von Natur, dem Massenausterben und der drohenden Klimakatastrophe. Protestcamps sind nicht nur eine international übliche Form der Versammlung (und wurden z.B. auch bei den Protesten gegen den G20 Gipfel in HamT. genehmigt bzw. deren Räumung vom Gericht als verfassungswidrig erkannt) sondern auch vom VwGH als Versammlungsform anerkannt (VwGH 98/01/0213) die im konkreten Fall mit einer vorhergehenden Protestversammlung als „einheitliche Veranstaltung und insgesamt als Versammlung im Sinne des VersG zu werten waren", was aufgrund des Bildes auch den einschreitenden Behördenvertretern erkennbar sein hätte müssen.

Auch eine „Zusammenkunft während der Nachtstunden" die „in engem zeitlichen Zusammenhang" mit einer Fortführung einer Baustellenbesetzung stand wurde vom VfGH als einheitliche Veranstaltung angesehen (VfGH B262/95 bis B267/95 . VfSlg. 14.367/195). Auch der UVS Vorarlberg qualifiziert ein über mehrere Tage gehende, unbefristete Baustellenbesetzung aufgrund des Versammlungszweckes (Verhinderung des Baus einer Landstraße) als vorübergehende und einheitliche Versammlung: „Die Versammlung war sowohl während des Tages als auch am Abend allgemein zugänglich, es war somit die Mitwirkung durch andere (gleichgesinnte) Personen jederzeit möglich, ja geradezu gewünscht. Die Versammlung war also auf eine offene Teilnehmer ausgerichtet, wobei durch den Wechsel der teilnehmenden Personen die als eine Einheit zu beurteilende Versammlung nicht gestört haben." (UVS Vorarlberg, 16.12.1994, 2-010/93).

Von der Versammlungsfreiheit sind alle Teilnehmerinnen einer Versammlung geschützt, egal wie diese, „gewollt oder ungewollt, Teilnehmer der Versammlung werden." (UVS- 06/10/2166/2000/4).

Der Polizei Wien war die seit 27.09.2020 auf dem C.-platz stattfindende Spontanversammlung von D. bekannt, da sie insbesondere in der Anfangszeit aber auch danach Einsatzstreifen zum C.-platz geschickt hatte, um das Geschehen und die dort stattfindende Versammlung zu kontrollieren (Zeugen von D. können hierfür angeboten werden).

Es gab aber keine Gründe für eine Auflösung der Versammlung noch wurde eine solche ausgesprochen! Da die Versammlung nicht für aufgelöst erklärt wurde, musste sich die Beschwerdeführerin auch nicht entfernen und war der diesbezügliche behördliche Befehl rechtswidrig.

„Das verfassungsgesetzlich geschützte Recht auf Versammlungsfreiheit gewährleistet nicht bloß, sich zu versammeln, sondern auch versammelt zu bleiben, also nicht auseinander gehen zu müssen." (VfGH B1382 und 1383/6)

Liegt nicht einer der im Art 11 Abs 2 EMRK angeführten Umstände vor, so ist sie weder vor ihrem Beginn (bescheidmäßig) zu untersagen, noch ist nach ihrem Beginn ihre Weiterführung (durch verfahrensfreien Verwaltungsakt) zu verbieten.

Die Umstände, die zur Verletzung der Anzeigepflicht hinzuzutreten haben, damit eine Versammlungsauflösung gesetzmäßig ist, müssen so geartet sein, daß ohne diese Maßnahme eines der in der zitierten Konventionsnorm aufgezählten Schutzgüter gefährdet wäre. Ob solche Umstände vorliegen, hat das Behördenorgan nach dem Bild zu beurteilen, das sich ihm an Ort und Stelle bietet. Dies muß der Veranstalter, der seiner Anzeigepflicht nicht nachgekommen ist, gegen sich gelten lassen; er hat in Kauf zu nehmen, daß kein förmliches Ermittlungsverfahren durchgeführt werden kann (vgl E v 30.11.95, B262/95 ua, und die dort zitierte Vorjudikatur) (B2229/94).

Art 11 EMRK lautet wie folgt:

(1) Alle Menschen haben das Recht, sich friedlich zu versammeln und sich frei mit anderen zusammenzuschließen, einschließlich des Rechts, zum Schutze ihrer Interessen Gewerkschaften zu bilden und diesen beizutreten.

(2) Die Ausübung dieser Rechte darf keinen anderen Einschränkungen unterworfen werden als den vom Gesetz vorgesehenen, die in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen und öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral oder des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind. Dieser Artikel verbietet nicht, daß die Ausübung dieser Rechte durch Mitglieder der Streitkräfte, der Polizei oder der Staatsverwaltung gesetzlichen Einschränkungen unterworfen wird.

Die Versammlung von D. hätte somit nur aus den in Art 11 Abs 2 EMRK genannten Gründen geräumt werden dürfen.

"Für eine behördliche Auflösung muss ein zureichender Grund vorliegen; zur Missachtung der Anzeigepflicht nach § 2 Abs1 VersG müssen also weitere Umstände hinzutreten, um eine Versammlungsauflösung zu rechtfertigen. Welche Umstände dies sind, ist nach den Gegebenheiten des Einzelfalles vor dem Hintergrund der verfassungsgesetzlich garantierten Versammlungsfreiheit zu beurteilen. Die Umstände, die zusätzlich zur Verletzung der Anzeigepflicht eingetreten sein müssen, um eine Versammlungsauflösung zu rechtfertigen, müssen also so geartet sein, dass ohne diese Maßnahme eines der in Art 11 Abs 2 MRK aufgezählten Schutzgüter gefährdet wäre. Ob solche Umstände vorliegen, hat das Behördenorgan nach dem Bild zu beurteilen, das sich ihm an Ort und Stelle bietet. Dies muss der Veranstalter, der seiner Anzeigepflicht nicht nachgekommen ist, gegen sich gelten lassen; er hat in Kauf zu nehmen, dass kein eigentliches Ermittlungsverfahren durchgeführt werden kann und daß es der Behörde in der Regel auch nicht mehr möglich sein wird, allenfalls erforderliche, den ungehinderten Ablauf der Versammlung sichernde Vorkehrungen zu treffen, etwa solche, die dem Schutz der Versammlung vor Gegendemonstrationen oder der Umleitung des Straßenverkehrs dienen (vgl. VfSlg. 10443/1985).

Anders als in dem mit dem soeben zitierten Erkenntnis abgeschlossenen Fall lagen hier keine Gründe vor, die die Versammlungsauflösung zur Wahrung einer der im Art 11 Abs 2 MRK aufgezählten öffentlichen Interessen notwendig gemacht hätten." (VfGH 01.12.1986, B 106/86).

Offenkundig erfolgte die Auflösung der Versammlung ausschließlich deshalb, weil die Versammlung den anwesenden Beamten zu lange dauerte. Das allein rechtfertigt aber diese Maßnahme nicht.

Es war gerade nicht so, dass die Versammlung wegen Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sofort aufgelöst worden wäre, sondern es dauerte sehr lange (zwei Tage!), bis die Polizei den Platz räumte. Zum Zeitpunkt der Auflösung war der Verkehr bereits umgeleitet und diese Umleitungen haben zu keinem Stau andernorts geführt. Es hätte für die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs daher keinen Unterschied gemacht, wenn die Versammlung nach Umleitung des Verkehrs nicht aufgelöst worden wäre.

Beweis dafür, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht gefährdet war, ist die nicht sofort erfolgte Auflösung der Versammlung. Das Behördenorgan entschied nach dem Bild, das sich ihm an Ort und Stelle bot, dass man den Verkehr umleiten könne und dies wurde getan und war kein Problem. Die (bloß faktische, aber nicht ausdrücklich erklärte) Versammlungsauflösung erfolgte erst, als der Verkehr schon umgeleitet war. Es kann daher schon logisch eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht vorgelegen sein, widrigenfalls die Behörde falsch gehandelt hätte. In diesem Fall hätte sie nämlich die Versammlung sogleich auflösen müssen und nicht erst, nachdem kein Verkehrsteilnehmer mehr behindert wurde.

Auch ansonsten stellen sich keine von der Versammlung ausgehende die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdende Gründe dar.

Gemäß Rechtsprechung des EGMR ist auch jede behördliche Tätigkeit, die durch ihre abschreckende Wirkung Menschen davon abhält, von ihrem Menschenrecht auf Versammlungsfreiheit wahrzunehmen, als Einschränkung der Versammlungsfreiheit zu werten. Eine frühmorgendliche Großaktion der Polizei, mit Räumung und Ausweiskontrolle hat jedenfalls eine abschreckende Wirkung.

Die Polizei hätte somit weder Zelte noch Schlafsäcke wegräumen dürfen, noch die Versammlung auflösen oder den Platz räumen dürfen.

IV.ll. Identitätsfeststellung:

Eine Identitätsfeststellung ist entweder auf Grundlage des § 34b VStG oder § 35 SPG erlaubt:

§ 34b VStG lautet:

„Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind zur Feststellung der Identität einer Person ermächtigt, wenn diese auf frischer Tat betreten oder unmittelbar danach entweder glaubwürdig der Tatbegehung beschuldigt oder mit Gegenständen betreten wird, die auf ihre Beteiligung an der Tat hinweisen. § 35 Abs. 2 und 3 des Sicherheitspolizeigesetzes - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, ist sinngemäß anzuwenden."

§ 35 SPG lautet unter anderem:

(1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind zur Feststellung der Identität eines Menschen ermächtigt,

1. wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, er stehen im Zusammenhang mit einem gefährlichen Angriff oder könne über einen solchen Angriff Auskunft erteilen;

…..

Die Voraussetzungen, unter denen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Feststellung der Identität ermächtigt werden, sind im § 35 Abs. 1 SPG taxativ aufgezählt.

Eine Identitätsfeststellung im Sinne des § 35 Abs. 1 Zi. 1 SPG wäre zulässig, wenn der einschreitende Beamte aufgrund bestimmter Tatsachen Grund zur Annahme gehabt hätte, die Beschwerdeführerin stehe im Zusammenhang mit einem gefährlichen Angriff oder könne über einen solchen Angriff Auskunft erteilen. Dabei ist der Wissensstand der Beamten*innen im Zeitpunkt des Einschreitens zu Grunde zu legen und zunächst zu fragen, ob sie vertretbar annehmen könnten, es liege ein gefährlicher Angriff vor. Gegebenenfalls ist vom selben Erkenntnishorizont aus zu prüfen, ob die Annahme gerechtfertigt war, die Beschwerdeführerin stehe mit diesem gefährlichen Angriff in Zusammenhang oder könne über denselben Auskunft erteilen.

Der Versuch einer der im § 16 Abs. 2 SPG genannten gerichtlich strafbaren Handlung begründet bereits einen Angriff im Sinne dieser Norm. § 16 Abs. 3 SPG unterstellt dem Begriff des gefährlichen Angriffs - über den Versuch hinaus - auch noch Vorbereitungshandlungen, soweit sie in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Tatbestandsverwirklichung stehen. Der gefährliche Angriff beginnt daher bereits mit dem in Absatz 3i umschriebenen letzten Vorbereitungsstadium (Hauer/Keplinger, Sicherheitspolizeigesetz 4, 2011, 202).

Die Feststellung der Identität der Beschwerdeführerin war rechtswidrig, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt waren. Sie war am 29.09.2020 lediglich als Versammlungsteilnehmerin am C.-platz und hat sich dort am gemeinsamen Wirken der Versammelten beteiligt. Dabei hat sie keinerlei rechtswidrige Handlungen gesetzt und insbesondere gar kein Zelt dabei gehabt, wobei selbst das aus den oben genannten Gründen keinen Grund für das behördliche Einschreiten dargestellt hätte. 

Ebenso hat sie keine Verwaltungsübertretung begangen, die eine Identitätsfeststellung nach dem VStG gerechtfertigt hätte. Wie unter IV.I. bereits näher ausgeführt, handelte es sich um eine Versammlung nach dem VersammlungsG, die das Benützen, Aufstellen und Auslegen von Zelten und Schlafsäcken nach der Kampierverordnung 1985 gerechtfertigt hat. Ungeachtet dessen hat die Beschwerdeführerin weder ein Zelt aufgestellt, noch eines benutzt. Sie beging somit unabhängig von der Rechtfertigung durch die erlaubte Tätigkeit nach § „ der Kampierverordnung 1985 so oder so keine Übertretung eben jener Verordnung. Ihre Identität hätte somit unter keinen Umständen festgestellt werden dürfen.

Daher wurde ich in meinem Recht, nicht ohne entsprechende gesetzliche Grundlage einem Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt unterzogen zu werden, verletzt.

Nachdem die Beschwerdeführerin von den Beamtinnen auf eine solche Art und Weise unter Druck gesetzt worden ist, dass sie mit Zwangsmaßnahmen, insbesondere mit einer Festnahme, rechnen musste, sofern sie ihre Identität nicht freiwillig bekannt gegeben hätte und kein Rechtfertigungsgrund für ihre Identitätsfeststellung gegeben war, ist die Maßnahme der belangten Behörde rechtswidrig.

V. Beschwerdeanträge: Die Beschwerdeführerin stellt aufgrund der Verletzung ihrer subjektiven Rechte durch die Ausübung der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt durch die der Landespolizeidirektion Wien zurechenbaren Organe gemäß Art 132 Art 2 B-VG iVm §§7 ff VwGVG in offener Frist daher durch ihren ausgewiesenen Vertreter die nachstehenden

Anträge,

das Landesverwaltungsgericht Wien möge

    1.  gemäß § 28 Abs 6 VwGVG die angefochtenen Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklären;

    2.  gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Es werden die Kosten der § 35 Abs. 1 iVm Abs. 4 VwGVG begehrt.

    3.  gemäß § 24 Abs 1 VwGVG eine mündliche Verhandlung anberaumen.“

2. Das Verwaltungsgericht Wien übermittelte die Beschwerde der belangten Behörde mit dem Ersuchen um Aktenvorlage und der Möglichkeit zur Erstattung einer Gegenschrift. Unter einem wurde um Bekanntgabe der an der Amtshandlung beteiligten bzw. anwesenden Beamten samt deren konkreten Aufgaben bzw. Funktionen im Zuge der Amtshandlung ersucht.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte den Verwaltungsakt vor. Die Gegenschrift ist wie folgt ausgeführt:

„I.    SACHVERHALT

Der Sachverhalt ergibt sich, was die Identitätsfeststellung betrifft, aus der o.a. Anzeige vom 02.10.2020. Was die Beendigung des Kampierens betrifft, ergibt sich der Sachverhalt aus dem Bericht vom Obstlt. H., BA MA vom 29.09.2020, welcher im o.a. Akt des LVT enthalten ist.

Die in Beschwerde gezogene Beendigung des Kampierens erfolgte durch HR Mag. J. I., die Identitätsfeststellungen bei den betroffenen Personen erfolgte auf seine Veranlassung hin. Er war Behördenvertreter am Einsatzort und leitete den Einsatz was,die rechtlichen Belange betrifft.

Beweis: vorgelegte Verwaltungsakten

II.    RECHTSLAGE

Die BF erachtet sich durch die Beendigung des in Rede stehenden Kampierens und ihre Identitätsfeststellung in ihren Rechten verletzt.

1.) Wie sich aus den vorgelegten Unterlagen ergibt, hatte die Zusammenkunft der Personengruppe, der auch die BF angehörte spätestens ab dem 28.09.2020, 19.00 Uhr keinen manifestativen Charakter mehr. Vielmehr zogen sich aufgrund des einsetzenden Regens die zusammengekommenen Personen zurück und sprachen weder Passanten an, noch hielten sie Ansprachen oder verteilten Informationsmaterial. Daran änderte sich ab diesem Zeitpunkt nichts mehr. Die zuvor stattgefundene Versammlung war daher - ungeachtet der für den nächsten Tag allenfalls bestehenden Planungen der Zusammengekommenen - als beendet einzustufen. Am nächsten Morgen erfolgte die Beendigung des Kampierens iSd KampierVO sohin zu Recht.

Die Landespolizeidirektion Wien stellt daher den

ANTRAG,

die Beschwerde in diesem Punkt kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

2.) Da die BF in dem dringenden Verdacht stand, durch die Benützung eines Zelts und Schlafsacks gegen die o.a. Verordnung verstoßen zu haben, erfolgte ihre Identitätsfeststellung zum Zweck der Verwaltungsstrafrechtspflege zu Recht.

Die Landespolizeidirektion Wien stellt daher den

ANTRAG,

die Beschwerde in diesem Punkt kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

An Kosten werden

•     Schriftsatzaufwand und

•     Vorlageaufwand

für jeden Verwaltungsakt gemäß § 1 der VwG-AufwErsV in der geltenden Fassung verzeichnet.“

3. Das Verwaltungsgericht Wien forderte die Beschwerdeführerin auf, das von ihr in der Beschwerde angesprochene Beweisvideo dem Gericht vorzulegen und eine ladungsfähige Adresse des von ihr zur Einvernahme beantragten Zeugen bekanntzugeben. Die Beschwerdeführerin gab eine ladungsfähige Adresse bekannt. Am 01.03.2021 legte die Beschwerdeführerin drei Videos via sicherer Cloud vor. Weiters wurde ihr die Gegenschrift der belangten Behörde zur Kenntnisnahme und allfälligen Stellungnahme übermittelt, wobei sie von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machte.

Die belangte Behörde wurde aufgefordert, Namen und ladungsfähige Adressen der in dem im vorgelegten Akt zur GZ LVT W-...2/2020 vom 28.09.2020 als „WX.“ und „WY.“ genannten Personen bekanntzugeben. Seitens der belangten Behörde erging das Ersuchen, die nachgefragten Personen als „WX.“ und „WY.“ aus Gründen der persönlichen und staatlichen Sicherheit unter dieser Kennung zu laden und zu führen.

4. Beim Verwaltungsgericht Wien fand am 03.03.2021 (fortgesetzt am 23.04.2021) eine öffentliche mündliche Verhandlung in der Beschwerdesache zur Einvernahme der Beschwerdeführerin sowie der Zeugen Mag. G., Hofrat Mag. I. J., Oberstleutnant K. H. und der beim Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung tätigen Beamten WX. und WY. sowie der von der Beschwerdeführerin stellig gemachten Zeugen L. M. und N. O. statt.

4.1. In der Beschwerdesache wird folgender Sachverhalt festgestellt und als erwiesen angenommen:

4.1.1. Vom 26. auf den 27.09.2020 fand im Bereich der ...kirche eine angemeldete Versammlung zum Thema Klimaschutz der D. statt. In der über die Vorbesprechung verfassten Niederschrift der belangten Behörde (vom 21.09.2020, PAD/...1) ist dazu festgehalten, dass die Zusammenkunft als Versammlung durchwegs einen manifesten Charakter aufweisen müsse (Transparente, Ansprachen, etc.), von 22:00 bis 06:00 Uhr sei hinsichtlich der Lautstärke strikt auf die Nachtruhe Bedacht zu nehmen und nach Ende der Versammlung dürften keinesfalls Verschmutzungen oder gar Beschädigungen zurückbleiben (so sollten keine Zeltheringe in die Rasenflächen eingeschlagen werden).

Diese Versammlung löste sich am Morgen des 27.09.2020 auf.

4.1.2. Am 27.09.2020 trafen in weiterer Folge einige, der an der Versammlung im Bereich der ...kirche zuvor teilnehmenden Personen am C.-platz ein und es bildete sich eine spontane Versammlung der D., die für fünf Tage bzw. eine Woche zum Thema Klimaschutz geplant war.

4.1.3. Diese Spontanversammlung war ebenso vom Ziel getragen, das Thema Klimaschutz an die Öffentlichkeit zu bringen, Menschen zu erreichen und die Politik so zum Handeln zu bewegen.

Zu diesem Zweck wurde etwa ein Versorgungszelt errichtet, in dem ein Zeitplan aufgehängt war. Danach war für fast jede halbe Stunde ein anderer Programmpunkt notiert. Einerseits gab es Workshops mit Informationsmaterial für neue bzw. interessierte Mitglieder aber auch rechtliche und künstlerische Workshops, etwa mit gemeinsamen Tänzen und Chorgesängen. Für sechs Uhr morgens waren Yogaeinheiten geplant – Yoga deshalb, weil bei D. Regeneration einen zentralen Punkt darstellt und dieser nach außen hin auch zum Ausdruck gebracht werden sollte. Der Großteil bestand aber in der Information zur Klimakrise und zum zivilen Ungehorsam.

Vor Ort waren weitere Zelte aufgestellt: Etwa zwei „Partyzelte“ (Zelte mit offenen Seiten), ein großes weißes Materialzelt, welches auch als Versammlungsort diente und in welchen auch – den Passanten offenstehende – wissenschaftliche Vorträge abgehalten wurden, und mehrere Einmannzelte.

Mit den Zelten sollte einerseits zum Ausdruck gebracht werden, dass es den Teilnehmern mit der Forderung zum aktiven Tätigwerden gegen den Klimakollaps ernst wäre bzw. sollten die Zelte symbolisieren, dass die Teilnehmer vor Ort ausharren würden. Andererseits sollten die Zelte den Teilnehmern die Möglichkeit zum zwischenzeitigen Rückzug zwecks Ausrastens geben. Obzwar teilweise die Zelte auch zum Schlafen („Ausrasten“) genutzt wurden, dienten sie nicht dazu, dass sich anwesende Teilnehmer vor Ort darin in der Nacht zum Schlafen zurückziehen sollten, zumal die meisten Teilnehmer immer wieder nach Hause gingen, um sich in den eigenen Betten auszuschlafen. In den vor Ort aufgestellten (ca.15 bis 20) Zelten wurden unter anderem auch Materialien aufbewahrt.

An mehreren Zelten waren auch Banner und Transparente bzw. politische Symbole (etwa die für D. typische ...) angebracht. Zudem waren auch im gesamten Bereich des C.-platzes Banner und Transparente mit politischen Botschaften angebracht, welche auch in den Nachtstunden angebracht blieben.

Die Beschwerdeführerin traf am Abend des 28.09.2020 am C.-platz ein und plante an der Versammlung bis zum Abend des 29.09.2020 vor Ort teilzunehmen.

Die Versammlungsteilnehmer waren instruiert worden, dass die Versammlung durchgehend und auch in der Nacht manifesten Charakter aufweisen müsse.

Zu diesem Zweck waren auch in der Nacht vom 28. auf den 29.09.2020 durchgängig mindestens drei Personen außerhalb der Zelte aufhältig.

Ebenso wie in der Nacht vom 27./28.09.2020 herrschte auch in der Nacht von 28./29.09.2020 starker Regen und kühle Temperatur. Passanten waren in den frühen Morgenstunden aufgrund des kalten und feuchten Wetters kaum vorhanden. Aktiv angesprochen wurden lediglich Passanten, welche der Aussage des Zeugen O. zufolge, nach Herstellung von Blickkontakt Interesse zeigten, wobei nach 04:00 Uhr des 29.09.2020 ein Passant die Teilnehmer auch aktiv ansprach und bis zur behördlichen Räumung verblieb.

4.1.3.1. Die Versammlung am C.-platz wurde von der belangten Behörde dokumentiert: So etwa in den Berichten zum Lagebild und stündlicher Dokumentation der PI P.-gasse (Zeitraum 27.09.2020, von 20:00 Uhr bis 28.09.2020 07:33 Uhr, verfasst von BI Q.; Zeitraum 28.09.2020, von 08:00 bis 11:00 Uhr, verfasst von BI Q.; Zeitraum 28.09.2020, von 19:00 Uhr bis 29.09.2020 02:00 Uhr, verfasst von CI R.) und andererseits im Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (datiert mit 28.09.2020, betreffend Spontankundgebung durch „D. Österreich“, C.-platz, für den Zeitraum 27.09.2020, 09:30 Uhr - für den Zeitraum von einer Woche).

4.1.3.2 Im Schreiben des Journaldienstes des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (nachfolgend kurz: LVT) vom 27.09.2020 (E-Mail Mag. S., von 15:56 Uhr) ist zunächst vermerkt, dass die nicht angezeigte Versammlung der Umweltschutzbewegung „D.“ absolut friedlich verlaufe, Verkehrsbehinderungen sich in Grenzen hielten und kein Auflösungsgrund im Sinne des Versammlungsgesetzes vorliege.

Mit dem Landespolizeipräsidenten sei folgende weitere Vorgehensweise festgelegt worden: vorerst keine weiteren Maßnahmen bei unveränderter Lage. Großer Wert werde auf lückenlose Dokumentation des Versammlungsablaufes, auch in der Nacht auf 28.09.2020 gelegt, wobei besonderes Augenmerk darauf zu legen sei, ob in den Nachtstunden weiterhin manifestativer Charakter gegeben sei, oder die Örtlichkeit lediglich als „Schlaflager“ genutzt werde. Wenn die Örtlichkeit am Morgen des 28.09.2020 nicht verlassen werde, werde eine neuerliche Beurteilung der Lage vorgenommen. Weiters wörtlich: „Sollte sich bei Fortführung der Versammlung auch im Laufe des 28.09.2020 kein Grund für eine Auflösung herausstellen, so ist allenfalls ein Einschreiten iSd Wr. KampierVO in der Nacht von 28.09.2020 auf 29.09.2020 angedacht.“

4.1.3.3. Im Bericht zum Lagebild-stündliche Dokumentation der PI P.-gasse ist über den Zeitraum 27.09.2020 von 20:00 Uhr bis 28.09.2020 07:33 Uhr zusammengefasst vermerkt: „Reden mit Bezug zum Versammlungszweck werden abgehalten, sowie Flyer an die Teilnehmer verteilt. Die in den Lichtbildern ersichtlichen Transparente und Plakate verbleiben permanent an ihren angebrachten Stellen. Die geschlossene Versammlungsgesellschaft versuchte nicht direkt mittels Gesprächsanbahnung oder Flyerverteilung außenstehende Passanten auf ihre Sache aufmerksam zu machen. Ab 21:00 Uhr wurde musikalische Darbietung geboten, die keinen Zusammenhang mit dem Versammlungszweck erkennen ließ. Seitens der Teilnehmer wurde lediglich getanzt und Getränke konsumiert. Gegen 22.00 Uhr wurden die elektronischen Hilfsmittel zur Beschallung, sowie das für die Abhaltung von Reden bestimmte Zelt abgebaut. In der Zeit von 22:00 – 24:00 Uhr wurden zwar in Gruppenform gemeinschaftliche Aktivitäten unternommen, diese standen jedoch nicht in direktem Zusammenhang mit dem Versammlungszweck (Meditation, Gesang, Yoga). Etwa die Hälfte der Teilnehmer verließ in diesem Zeitraum die Versammlungsörtlichkeit. Die verbliebenen Teilnehmer unterhielten sich in einer kleinen Sitzgruppe am C.-platz. Die meisten Teilnehmer bezogen ihre Campingzelte gegen 00:00 Uhr. 5 Personen verblieben bis zum Einsetzen des Regenschauers um 02:20 Uhr im Gruppenkreis. Von 02:20 Uhr bis zum Zeitpunkt der Berichtslegung vom 07:45 Uhr herrschte absolute Nachtruhe, nur die angebrachten Transparente und Plakate ließen den C.-platz als Versammlungsörtlichkeit erscheinen.“

4.1.3.4. Im Bericht zum Lagebild-stündliche Dokumentation der PI P.-gasse ist über den Zeitraum 28.09.2020 von 08:00 bis 11:00 Uhr auszugsweise zusammengefasst vermerkt: „Im Laufe des Vormittages sammelten sich wieder vermehrt Teilnehmer an der Einsatzörtlichkeit, bzw. wurden durch diese eine Meditationsrunde veranstaltet, es wurden Diskussionsrunden gebildet sowie vereinzelt Flyer an Passanten verteilt. Um 09:25 Uhr wurde ML durch die Versammlungsteilnehmer mitgeteilt, dass im Kollektiv beschlossen wurde, dass das Zeltlager nicht abgebaut werde, bzw. durch diese aber auch nicht bekannt gegeben werden könne, wie lange die Kundgebungsteilnehmer noch vor Ort gedenken zu bleiben. (…) Zu einer Beschallung der Örtlichkeit wie am gestrigen Tage kam es im Laufe des Vormittages noch nicht. Mit Stand 11.00 Uhr waren ca. 30 Personen vor Ort anwesend. (…)“.

4.1.3.5. Im Bericht zum Lagebild-stündliche Dokumentation der PI P.-gasse ist über den Zeitraum 28.09.2020 von 19:00 Uhr bis 29.09.2020 02:00 Uhr vermerkt:

19:00 bis 20:00 Uhr: ca. 40 Teilnehmer anwesend, welche vor Ort Tanzeinlagen durchführten, während der eine Beschallung erfolgte. Vor Ort wurden keine Flyer verteilt.

20:00 bis 22:00 Uhr: Teilenehmeranzahl ca. 20 Personen; Sitzkreis vor Ort. Im Sitzkreis werden Reden geführt. Keine Beschallung mehr.

22:00 bis 24:00 Uhr: Teilenehmeranzahl ca. 20 Personen. Keine Beschallung.

00:00 bis 02:00 Uhr: Vereinzelte Teilnehmer anwesend. Keine Beschallung. Die Personen haben sich in die Zelte zurückgezogen.

Zusammenfassend ist vermerkt: „In der Zeit von 19:00 Uhr bis 02:00 Uhr nahmen weiterhin fluktuierend zwischen 20 und 35 Personen an der Kundgebung teil, das Lagebild war unverändert. Im angegebenen Zeitraum wurden lediglich weiterhin Diskussionsrunden unter den Pavillon-Zelten durchgeführt bzw. wurden weiterhin sporadisch Flyer an Passanten verteilt und es wurden auch zeitweise durch die Teilnehmer vor Ort Tanzeinlagen durchgeführt, bzw. währenddessen erfolgte eine Beschallung, es wurden keine Flyer vor Ort verteilt. Zu weiterem Aktionismus von Seiten der Kundgebungsteilnehmer kam es nicht.“

4.1.3.6. Im Bericht des LVT datiert mit 28.09.2020 ist auszugsweise ab dem Zeitraum 11:00 Uhr vermerkt:

Im Zeitraum von 11:00 bis 13:00 Uhr befanden sich fluktuierend 20-40 Personen vor Ort. Weiterhin wurden Flyer verteilt (zwei Personen) und durch andere Aktivisten Diskussionen abgehalten. Die Inhalte dieser Besprechungen konnten nicht wahrgenommen werden. (…) Am C.-platz selbst war ein Kommen und Gehen von Personen wahrnehmbar. Es konnten insgesamt 18 Schlafzelte, ein Partyzelt und ein großes weißes Zelt festgestellt werden und zudem waren zahlreichen Transparente aufgehängt.

Zeitraum von 13:00 bis 15:00 Uhr: Keine nennenswerten Veränderungen wahrnehmbar. Zwischenzeitlich wurden durch 14 Personen ein Tanz einstudiert und in weiterer Folge zu Musik getanzt. Die Aktion dauerte etwa 15 Minuten und wurde u.a. von Medienvertretern gefilmt. Es konnten drei Personen mit Flyer wahrgenommen werden, welche sich im o.a. Zeitraum jedoch die meiste Zeit miteinander unterhielten, Ansprachen konnten nicht wahrgenommen werden.

Im Zeitraum von 15:00 bis 17:00 Uhr waren ca. 40 Personen anwesend. Weiterhin werden interne Diskussionsrunden abgehalten, ansonsten unveränderte Lage.

Im Zeitraum von 17:00 bis 19:00 Uhr waren ca. 50 Personen anwesend. Von zwei Personen wurden Flyer verteilt und Passanten angesprochen. Einige Passanten ließen sich auf diese Gespräche ein und gingen auch mit in ein Zelt, wo sie sich augenscheinlich in Listen eintrugen. Inmitten des C.-platzes standen Personengruppen, bestehend offensichtlich aus Mitgliedern der „D." zusammen, und unterhielten sich. Ansprachen wurden nicht gehalten.

Im Zeitraum von 19:00 bis 21:00 Uhr waren ca. 40 Personen anwesend, davon 15 bis 20 direkt am C.-platz bei den Zelten und ca. 20 Personen im Platz in der T.. Aufgrund des einsetzenden Regens zogen sich die Teilnehmer am C.-platz unter die Regenschutzplanen zurück. Einige Teilnehmer unterhielten sich miteinander, von einer anderen Gruppe wurden Plakate bemalt. Passanten wurden zu diesem Zeitpunkt nicht mehr angesprochen. Im Platz in der T. sangen ca. 20 Personen Jodellieder. Ansprachen wurden nicht gehalten.

Der Leiter des LVT hielt seine Wahrnehmungen aufgrund eines Augenscheins zwischen ca. 19:40 und 20:20 Uhr wie folgt fest (wörtliche Wiedergabe):

„•  Es waren 18 Zelte oder zeltähnliche (jedenfalls Planen) Aufbauten errichtet.

•   Die Zelte/zeltähnlichen Aufbauten befanden sich im Bereich der „AA." (also innerhalb des Kreisverkehrs) oder aber im Bereich des AB.

•   Der Bereich in Richtung C. Kirche war dagegen völlig frei.

•   Die Autobusse der Linien …A (ca. 20.13 Uhr) und …A (ca. 20.09 Uhr) konnten ungehindert passieren

•   Der gesamte Platz war mit Transparenten verhängt. Alle wahrnehmbaren Transparente trugen das Symbol der D., nämlich die ....

•   Im Bereich der Zelte waren etwa 25 Personen wahrnehmbar.

•   Es wurde (lateinamerikanische) Musik abgespielt und die Personen tanzten dazu.

•   Mehrere Menschen, aber auch Gefertigter, spazierten über den Platz, vom inneren T.-hof kommend in Richtung V.. (In der Gegenrichtung kaum Passanten)

•   Weder die vorbeigehenden Passanten, noch Gefertigter wurden angesprochen.

•   Es fand kein Versuch statt, auf das/die Anliegen der D. aufmerksam zu machen.

•   Es wurden - anders als früher am Tag- keine Flyer verteilt.“

Im Zeitraum von 21:00 bis 23:00 Uhr waren ca. 40 Personen anwesend, allesamt davon im Bereich der aufgebauten Zelte und Wetterschutzplanen am C.-platz. Die Teilnehmer führten Gespräche untereinander. Es gab kaum noch Passanten, weshalb zu diesem Zeitpunkt auch keine Flyer mehrverteilt wurden.

Im Zeitraum von 23:00 bis 0:00 Uhr waren ca. 15 Personen anwesend, allesamt davon im Bereich der aufgebauten Zelte und Wetterschutzplanen am C.-platz und diskutierten untereinander. Sonst keine weiteren relevanten Wahrnehmungen.

Im Zeitraum von 03:30 bis 05:00 Uhr waren lediglich noch drei Personen beim Haupt-/Versorgungszeit munter, alle anderen Personen hatten sich in Zelte oder einen Kleinkraftwagen zurückgezogen.

4.1.4. Behördenvertreter und behördlicher Entscheidungsträger im Zusammenhang mit der beschwerdegegenständlichen Amtshandlung war Mag. J.. Dieser hatte keine eigenen Wahrnehmungen zur Versammlung am C.-platz. Er traf erst um ca. 05:00 Uhr am beschwerdegegenständlichen Tag vor Ort ein. Von den Geschehnissen vor Ort hatte er seiner Aussage zu Folge ausschließlich aufgrund des vom LVT (!) verfassten bzw. genannten schriftlichen Berichts sowie des Mail des LVT vom 27.09.2020 Kenntnis.

In Kenntnis dieses Berichts/Mails kam Mag. J. zum Ergebnis, dass keine Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes vorlag, weil, mangels aktiver Interaktion mit der Außenwelt zu diesem Zeitpunkt, keine Manifestation nach außen erfolgte. Ausgehend von den genannten Berichten gab es beim „Zeltlager“ nach Ansicht Mag. J. in der Nacht vom 28./29.09.2020 – anders als in der Nacht vom 27./28.09.2020 – keinen Versammlungscharakter mehr. Mag. J. nahm aber Transparente bei der Absperrung der AA.. Weiters herrschte seiner Aussage zu Folge bei seinem Eintreffen Nachtruhe, wobei er nicht mehr wusste, ob bei seinem Eintreffen noch Personen munter/außerhalb der Zelte waren oder erst geweckt werden mussten. Ob Passanten am C.-platz vorbei gingen, wusste Mag. J. ebenso nicht.

Mag. J. ordnete dann (ca. 05:02 Uhr) die Räumung der Zelte an, weil keine Versammlung, sondern eine Übertretung bzw. Verwaltungsübertretung nach der Wiener Kampierverordnung vorlag. Damit wurde den Teilnehmern die Möglichkeit eingeräumt, die Zelte abzubauen und das Lager innerhalb einer bestimmten Frist zu räumen.

Die Beschwerdeführerin befand sich bei Eintreffen des Behördenvertreters im Kleinkraftwagen, wo sie mit Medienvertretern via Twitter kommunizierte (und zwischenzeitlich auch einmal eingeschlafen war). Die Teilnehmer, welche Nachtdienst hatten, klopften am Fahrzeug und informierten sie über die Räumung mit dem Hinweis, es läge illegales Campieren vor.

Die Beschwerdeführerin besprach sich in weiterer Folge mit den anderen Teilnehmern und legte dar, dass diese schwierig war, weil Teilnehmer geschockt waren und nicht alle zu derartigen Situationen geschult waren. Einige Teilnehmer wollten der Auflösungsanordnung nicht Folge leisten (und seien letztlich festgenommen worden, weil sie der Aufforderung zur Identitätsfeststellung nicht nachkamen).

In weiterer Folge (um ca. 05:19 Uhr) forderte Mag. J. die Teilnehmer zur „Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes“ auf. Dazu erging auch der Hinweis, wenn die Teilnehmer dieser Aufforderung nicht innerhalb einer bestimmten Zeit aus eigenem Folge leisten würde, käme es zu einer zwangsweisen Räumung. Weiters wurden die Teilnehmer zur Legitimation aufgefordert samt Androhung der Festnahme gemäß § 35 Z 1 VStG bei Verweigerung der Bekanntgabe der Identität. Etwa zu diesem Zeitpunkt begannen die ersten Teilnehmer gemeinsam zu singen, gefolgt von Sprechchören, um den aufrechten Manifestationscharakter darzutun. Der Aussage Mag. J. zu Folge war der Räumungsbefehl jedoch weiterhin aufrecht. Der nach Ergehen des Räumungsbefehles in den Morgenstunden am C.-platz eingetroffenen Zeugin M. war ihrer Aussage zufolge gesagt worden, dass die Versammlung als solches nicht aufgelöst worden wäre, aber die Zelte weg müssten.

Die Beschwerdeführerin fungierte anschließend als „Polizeikontakt“. Es mussten in weiterer Folge alle Zelte – einschließlich des Versorgungszeltes - und die Bühne entfernt werden. Lediglich das Erste-Hilfe-Zeit, welches nicht am runden Plateau des C.-platzes errichtet war, durfte verbleiben.

Die Beschwerdeführerin wurde von einem Polizisten nach ihrem Ausweis gefragt. Ihrer Aussage zu Folge ist sie dieser Aufforderung auch gleich nachgekommen, weil ihr Kooperation wichtig sei.

4.2. Diese Feststel

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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