TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/6 W281 2239609-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.04.2021
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Entscheidungsdatum

06.04.2021

Norm

AVG §19
B-VG Art133 Abs4
FPG §46 Abs2a
FPG §46 Abs2b

Spruch


W281 2239609-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Rosemarie HALBARTH-KRAWARIK über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria (ungeklärt), vertreten durch: LegalFocus, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Wien (BFA-W) vom 19.01.2021, Zl. XXXX , betreffend Mitwirkungsverpflichtung und Ladung nach § 46 Abs. 2a iVm Abs. 2b FPG iVm § 19 AVG, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG iVm § 19 AVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 24.11.2012 erstmalig einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Der Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.11.2012, Zl. XXXX , hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten „gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF“ (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria gemäß „§ 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG“ (Spruchpunkt II.) als unbegründet abgewiesen und gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

1.3. Die dagegen fristgerecht erhobene Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 17.09.2013, Zl. A10 431.340-1/2012/5E, gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005, in der Fassung BGBl. Nr. 38/2011 als unbegründet ab.

2. Am 08.04.2014 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers hinsichtlich der durchsetzbaren Ausweisungsentscheidung, in deren Verlauf, er befragt zu seinen persönlichen Verhältnissen anführte, ledig zu sein und keine Sorgepflichten zu haben, in Österreich keine Familienangehörigen zu haben und seinen Lebensunterhalt aus der Grundversorgung zu bestreiten. Gefragt, ob er bereit sei das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen, antwortet er wörtlich: „Ich möchte mich heute nicht definitiv festlegen, ich wäre jedoch bereit bei der Caritas Rückkehrhilfe vorzusprechen und mir einmal anzuhören, welche Möglichkeiten ich nun habe.“

3.1. Am 16.04.2014 stellte der Beschwerdeführer seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

3.2. Mit Bescheid Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.06.2017, Zl. XXXX wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 16.04.2014 gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen „gemäß § 57 AsylG“ nicht erteilt. „Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF“ wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung „gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF“ erlassen und wurde „gemäß § 52 Absatz 9 FPG“ festgestellt, dass seine Abschiebung „gemäß § 46 FPG“ nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt II.). Letztlich wurde eine Frist für eine freiwillige Ausreise „gemäß § 55 Absatz 1a FPG" nicht eingeräumt (Spruchpunkt III.).

3.3. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.09.2017, I416 2163403-1, wurde die gegen den Bescheid vom 09.06.2017 erhobene Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz des ersten Spruchteils des Spruchpunktes II. wie folgt lautet:

"Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 Asylgesetz 2005 wird nicht erteilt.“.

4.1. Am 20.03.2019 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf humanitären Aufenthalt gemäß § 55 AsylG 2005.

4.2. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 09.06.2020 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 53 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), festgestellt, dass die Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.) und die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen festgesetzt (Spruchpunkt IV.)

4.3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer eine mit 06.07.2020 datierte Beschwerde. Das Beschwerdeverfahren ist seit 13.07.2020 beim Bundesverwaltungsgericht zur Zahl I410 2163403-2 anhängig.

5.1. Mit verfahrensgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes vom 19.01.2021 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG in Verbindung mit § 19 AVG aufgetragen, zur Einholung eines Ersatzreisedokuments zum angegebenen Termin und Ort als Beteiligter persönlich zu kommen und an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments mitzuwirken, im Konkreten hatte er: „Den Interviewtermin durch eine Experten-Delegation Nigeria am XXXX um 09:00 Uhr wahrzunehmen. Es sind dieser Bescheid und in Ihrem Besitz befindlichen relevante Dokumente mitzubringen: Reisepass, Ausweise, Urkunden und sonstige Ihre Identität oder Staatsangehörigkeit bescheinigende Dokumente. Wenn Sie diesem Auftrag ohne wichtigen Grund (Krankheit, Behinderung, andere wichtige Gründe) nicht Folge leisten, müssen Sie damit rechnen, dass eine Haftstrafe von 14 Tagen verhängt wird.“ (Spruchpunkt I.). Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchpunkt II.).

Nach der Übersetzung dieser Spruchpunkte ist angeführt:

„Termin

Zeit

Adresse

XXXX

09:00

Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, 1080 Wien

Hernalser Gürtel 6-12, 1. Stock Zi. 121 -

Wartebereich“

Begründend führte das Bundesamt nach Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen und Literatur aus, dass der Beschwerdeführer über kein gültiges Reisedokument verfüge und bisher seit seiner seit 08.09.2017 bestehenden Verpflichtung zur Ausreise nicht nachgekommen sei. Er habe aus Eigenem nicht die notwendigen Schritte zur Erlangung eines Identitätsdokumentes gesetzt und sei bewusst und unerlaubt im Bundesgebiet verblieben. Da eine aufrechte aufenthaltsbeendende Maßnahme bestehe und ohne ein Reisedokument (Ersatzreisedokument) eine Durchsetzung dieser aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht möglich sei, sei ihm die Verpflichtung zur Mitwirkung, ein (Ersatz-)Reisedokument zu erlangen, daher aufzuerlegen. Andernfalls wäre eine Durchsetzung seiner gesetzlichen Verpflichtung nicht möglich. Die möglichen Zwangsstrafen zur Erfüllung von unvertretbaren Leistungen wie dem gegenständlichen Auftrag seien gemäß § 5 Abs. 3 VVG eine Geldstrafe bis zu 726 Euro oder eine Haftstrafe bis zu 4 Wochen. Bei Säumnis oder Zuwiderhandeln sei es sofort zu vollstrecken und für den Verzug ein schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Zwar sei grundsätzlich das gelindeste, zum Ziel führende Zwangsmittel anzuwenden (§ 2 Abs 1 VVG), allerdings müsse dieses auch tauglich sein. Dies könne bei vermögenslosen oder wenig einsichtigen Personen eben auch durch die Androhung einer entsprechenden Haftstrafe erfolgen. Der Beschwerdeführer sei seiner seit 08.09.2017 bestehenden Ausreiseverpflichtung seit der negativen rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.09.2017 nicht nachgekommen und bis dato unerlaubt im Bundesgebiet verblieben. Daher sei die Zielerreichung, die Erfüllung des Auftrags, nur durch die Androhung einer Haftstrafe von 14 Tagen zu erreichen.

Im Fall des Beschwerdeführers werde die aufschiebende Wirkung der Beschwerde aufgrund eines überwiegenden öffentlichen Interesses am sofortigen Vollzug des Bescheides ausgeschlossen. Er sei seiner bereits bestehenden und vollstreckbaren Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen, und sein weiterer unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet widerspreche dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen. Demgegenüber stehe lediglich sein bloßes faktisches Interesse an einem Verbleib im Bundesgebiet. Daher überwiegen klar die öffentlichen Interessen. Durch seinen fortgesetzten unrechtmäßigen Aufenthalt bestehe weiters auch Gefahr in Verzug, da für eine Durchsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme ein Reisedokument erforderlich sei. Ohne dieses könne das BFA seiner Verpflichtung, den vollstreckbaren Bescheid auch tatsächlich zu vollstrecken, nicht nachkommen. Weiters mache sich der Beschwerdeführer durch seinen fortgesetzten unrechtmäßigen Aufenthalt verwaltungsrechtlich strafbar (§ 120 FPG). Durch den weiteren Verbleib im Bundesgebiet werde zunehmend dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen widersprochen, sodass der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung auch wegen Gefahr im Verzug – dem weiteren unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet – dringend geboten sei.

5.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am XXXX eine mit 10.02.2020 datierte Beschwerde, welche dem Bundesverwaltungsgericht am 16.02.2021 vorgelegt wurde.

Begründet wurde die Anfechtung mit inhaltlich falscher Entscheidung, mangelhafter Verfahrensführung und Verletzung der Fairness. Die Entscheidung verletze den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Aufenthalt und Privatleben in Österreich.

Der Beschwerdeführer habe sowohl in seinem ersten Asylverfahren bei der Erstbefragung alle Fragen beantwortet und alle erforderlichen diesbezüglichen Angaben getätigt. Gegenteiliges sei ihm weder bei dieser Gelegenheit noch später vorgehalten worden, er habe seine Angaben nie geändert. Auch in seinem zweiten Asylverfahren habe er keine anderen Angaben gemacht. Seine Identität sei wieder insofern ermittelt worden, als von den unbestrittenen Angaben des Beschwerdeführers – weiterhin – ausgegangen werde und diese im Protokoll der Erstbefragung dokumentiert worden sein. Trotz nachweislicher Bemühungen habe der Beschwerdeführer keine Identitätsdokumente erlangen können. Auch der Behörde sei es nicht gelungen, seitens der Heimatbehörden des Beschwerdeführers ein Ersatzreisedokument zu bekommen.

Am 20.03.2019 habe er einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gestellt. Er sei zu diesem Zeitpunkt bereits über 6 Jahren und mehr als 4 Monaten in Österreich aufhältig. Seit der der negativen Entscheidung im Asylverfahren hätten sich vielfältige Änderungen des Sachverhaltes hinsichtlich der Integration des Antragstellers im Bundesgebiet ergeben. Maßgebliche Änderungen bestünden insbesondere in seinem Erwerb der deutschen Sprache. Er sei krankenversichert, habe eine ortsübliche Unterkunft, habe sich immer tadellos verhalten und sei unbescholten und unterstütze seine Tochter, mit der er nicht zusammenlebe. Es sei insgesamt eine intensive Integration des Beschwerdeführers gegeben. Der Beschwerdeführer habe das Original der Geburtsurkunde bei der Einvernahme vorgelegt. Ebenso habe er eine Antragsbegründung und einen Antrag auf Heilung des Mangels vom Erfordernis eines Reisepasses gestellt. Die belangte Behörde habe schließlich auch seinen Antrag gemäß § 55 AsylG 2005 negativ entschieden. Der Mangel vom Erfordernis eines Reisedokuments könne durch den Zusatzantrag auf Heilung überwunden werden; dieser Antrag sei auch rechtskonform gestellt und erklärt worden. An der Identität des Beschwerdeführers hätten sich nie Zweifel ergeben.

Der Mangel des Bescheids bestehe ua darin, dass keine Interessensabwägung iSd Art 8 EMRK dargestellt werden könne. Das BFA begnüge sich damit, auf mehreren Seiten immer wieder mit leicht veränderter Formulierung wie ein Mantra zu repetieren, dass der BF nicht an seiner Ausreiseverpflichtung mitgewirkt hätte. Eine Gegenüberstellung der persönlichen Interessen des BF mit jenen Faktoren, die (weiterhin) für eine Notwendigkeit der Aufenthaltsbeendigung sprechen, fehle aber. Der Bescheid leide daher unter einen qualifizierten Begründungsmangel. Im Ergebnis liege ein Verweigern der Behörde vor, (1.) eine Interessensabwägung gem Art 8 EMRK vorzunehmen und (2.) den maßgeblichen Sachverhalt iSd gesetzlichen Erteilungsvoraussetzungen zu ermitteln. Die privaten und familiären Bindungen des BF seien insgesamt nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Wenn die Behörde eine Nichtmitwirkung am fremdenrechtlichen Verfahren behaupte, so sei dies schlicht aktenwidrig. Er habe jegliche behördlichen Ladungen befolgt und sei nachweislich bei der Vertretungsbehörde bezüglich der Erlangung eines Reisepasses vorstellig gewesen. Aus dem Akteninhalt ergebe sich somit, dass der BF die Voraussetzungen zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gem § 55 AsylG gut erfülle. Die Behörde deute im Bescheid immer wieder an, dass die Interessen des BF aufgrund der zeitlichen Komponente des Aufenthalts (noch) „nichts wert“ wären.

Die belangte Behörde habe daher keinen Grund, den BF zur Delegation der nigerianischen Botschaft vorzuladen, diese Vorladung diene einzig einer zukünftigen Abschiebung. Wie sich aus den oben genannten Punkten ergebe, seien Gründe vorhanden, die gegen eine Ausweisung und für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sprechen. Das Verfahren zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gem § 55 AsylG befinde sich im Stande der Beschwerde und sei beim BVwG anhängig. Es stehe somit gegenwärtig im Ermessen des Bundesverwaltungsgerichts – und nicht in der Kompetenz der Behörde – über die Notwendigkeit einer unmittelbaren Abschiebung zu entscheiden. Die belangte Behörde habe gegenwärtig nicht die Kompetenz, über die sofortige Abschiebung zu entscheiden. Ob eine Ausreiseverpflichtung bestehe, habe gegenwärtig nicht das BFA zu beurteilen. Die Begründung des Bescheids sei daher rechtlich verfehlt. Die belangte Behörde könne keine tauglichen Gründe nennen, die eine Vorsprache zum Interview bei der Delegation der nigerianischen Botschaft notwendig erscheinen lassen könnten. Sinngemäß seien daher auch die Begründungen zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung insgesamt verfehlt. Beantragt werde, die bekämpfe Entscheidung ersatzlos zu beheben. Um Grundrechtswidrigkeiten zu vermeiden, werde ersucht, als ersten Schritt dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung stattzugeben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Sache dieses Verfahrens ist ausschließlich der Bescheid der belangten Behörde vom 19.01.2021.

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer gibt an nigerianischer Staatsbürger zu sein. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Er verfügt über keinen Aufenthaltstitel.

Gegen ihn lag zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 19.01.2021 mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.09.2017, I416 2163403-1, eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vor. Er kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach.

Zum Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlichen Bescheides war kein Verfahren auf Zuerkennung internationalen Schutzes anhängig. Es ist ein Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG beim Bundesverwaltungsgericht anhängig, dieses Verfahren ist nicht rechtskräftig abgeschlossen.

Er hat eine Geburtsurkunde vorgelegt (OZ 2, AS 6, 36 und 51). Am 08.04.2019 stellte er einen Antrag auf Ausstellung eines nigerianischen E-Reisepasses „wegen zu ändernder Daten aufgrund von Fehlern/einem Irrtum“ bei der nigerianischen Botschaft. Die Ausstellung eines E-Reisepasses bei geänderten Daten aufgrund von Fehlern/einem Irrtum ist nur in Nigeria möglich und muss der Beschwerdeführer nach Nigeria reisen, um sich unter diesen Voraussetzungen einen E-Reisepass ausstellen zu lassen (OZ 2, AS 35).

Eine Duldung des BF liegt nicht vor.

Mit Bescheid vom 19.01.2021 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG iVm § 19 AVG aufgetragen, zur Einholung eines Ersatzreisedokuments am XXXX um 09:00 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an näher genannter Adresse einen Interviewtermin durch eine Experten-Delegation Nigeria wahrzunehmen und in seinem Besitz befindliche relevante Dokumente wie Reisepass, Ausweise, Urkunden und sonstige Identitätsbezeugende Dokumente mitzubringen. Der Bescheid wurde dem BF am 24.01.2021 zugestellt.

Er ist nicht erwerbstätig und besitzt kein nennenswertes Vermögen.

1.2. Zur Vorgehensweise bei der Erlangung eines Heimreisezertifikates

Der operative Ablauf bei der Beschaffung der Reisedokumente mit der nigerianischen Botschaft stellt sich wie folgt dar:

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellt einen Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikats (HRZ) an die nigerianische Botschaft und leitet damit das HRZ-Verfahren ein. Nach Übermittlung der entsprechenden Formblätter, sowie allfälliger begleitender Unterlagen (bspw. Dokumentenkopien, wenn vorhanden, Fingerabdruckblätter) an die nigerianische Botschaft, wird die betroffene Person zu einem Interview zur Feststellung der Staatsangehörigkeit geladen.

Diese Interviewtermine finden idR alle 2 bis 3 Wochen statt. Kürzere Abstände zwischen den Terminen sind möglich. In Ausnahmefällen kann auch ein separater Interviewtermin vereinbart werden. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird idR unmittelbar bzw. einige Tage nach dem Interviewtermin mündlich über das Ergebnis informiert. Kann die Staatsangehörigkeit des Fremden von der nigerianischen Botschaft bestätigt werden, erfolgt die Ausstellung des HRZ grundsätzlich innerhalb von 30 Tagen. In Ausnahmefällen erfolgt die Ausstellung des HRZ innerhalb weniger Werktage. HRZ Verlängerungen sind möglich und werden vom Bundesamt nach Bedarf umgehend veranlasst. In Einzelfällen bedarf es eines erneuten Interviewtermins; im Anschluss erfolgt im Rahmen des Vorführtermins die HRZ Zu- bzw. Absage.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage (I410 2163403-2 und I416 2163403-1 sowie W281 2239609-1) fest und das erkennende Gericht ist in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt (§ 37 AVG) ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Dass der BF vorbringt nigerianischer Staatsbürger zu sein ergibt sich aus seinem Vorbringen in der Beschwerde (OZ 1). Es liegt keine geklärte Identität des Beschwerdeführers vor. Er hat zwar eine Geburtsurkunde bereits im Verfahren nach § 55 AsylG 2005 vorgelegt (OZ 2 AS 51), er verfügt aber über kein Reisedokument. Es sprechen viele Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer nigerianischer Staatsbürger ist, ein Staatsbürgerschaftsnachweis oder ein Reisepass konnte der Beschwerdeführer im Verfahren aber nicht vorlegen. Auch die Antragstellung bei der nigerianischen Botschaft vom 08.04.2019 wegen „zu ändernder Daten“ aufgrund von einem Fehler/Irrtum („with change of data due to error“; OZ 2, AS 35) belegt nicht, dass der Beschwerdeführer nigerianischer Staatsbürger ist. Aus dieser Bestätigung ergibt sich aber bereits, dass der Beschwerdeführer bei der Antragstellung Daten aufgrund von Fehlern oder einem Irrtum ändern wollte, wobei nicht hervorgeht, um welche Daten es sich handelt. Es ist daher weiterhin von einer nicht geklärten Identität – insbesondere von einer ungeklärten Staatsangehörigkeit - auszugehen.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter ist und über keinen Aufenthaltstitel verfügt ergibt sich bereits aus der Beschwerde und der Aktenlage. So wurden seine beiden Asylanträge zur Gänze abgewiesen. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.09.2017, I416 2163403-1, besteht eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme.

Seinen Antrag vom 20.03.2019 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl abgewiesen, gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer Beschwerde erhoben (I410 2163403-2). Dieser kommt keine aufschiebende Wirkung zu und kann der am 20.03.2019 gestellt Antrag dem Beschwerdeführer weder ein Aufenthalts- noch ein Bleiberecht vermitteln. Das Bundesverwaltungsgericht hat über diesen Antrag nach Einsicht in die Datenbank noch nicht rechtskräftig entschieden.

Die Feststellung, dass er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkam, ergibt sich aus dem Umstand, dass er trotz zwei negativer Asylentscheidungen immer noch im Bundesgebiet ohne Aufenthaltstitel verblieben ist.

Die Feststellungen zur Geburtsurkunde und zum Antrag auf Ausstellung eines E-Reisepasses wegen zu ändernder Daten aufgrund von Fehlern/einem Irrtum ergeben sich aus den vorgelegten Akten im Verfahren zu (I410 2163403-2 und im gegenständlichen Verfahren aus OZ 2, AS 51 36, 6 und 35). Aus der Bestätigung der Antragstellung ergibt sich zweifelsfrei, dass eine derartige Antragstellung, nämlich wegen „zu ändernder Daten“, nur direkt in Nigeria möglich ist und der Beschwerdeführer dazu nach Nigeria reisen muss.

Hinweise für eine Duldung sind im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen

Die Feststellungen zum Bescheid vom 19.01.2021 ergeben sich aus eben diesem, das Datum der Zustellung aus dem Zustellnachweis (AS 17).

Die Feststellungen zur fehlenden Erwerbstätigkeit ergeben sich aus einer Abfrage zum AJ-Web vom 17.02.2021, aus der ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer keiner sozialversicherungsrelevanten Beschäftigung nachgeht. Auch in der Beschwerde wird vorgebracht, dass er keiner Beschäftigung nachgeht (S. 4 der Beschwerde). Einer solche dürfte er auch nicht nachgehen, da er über keinen Aufenthaltstitel verfügt. Er hat im Verfahren nicht vorgebracht, Vermögen oder dergleichen zu besitzen.

2.2. Zur Vorgehensweise bei der Erlangung eines Heimreisezertifikates

Die Feststellungen zu diesem Punkt sind gerichtsbekannt und ergeben sich aus dem vom Bundesamt übermittelten halbjährlichen HRZ-Länderinformationen vom 10.02.2021, BFA Abt. BII, Ref. BII/1 (OZ 3).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

3.1. Zur Rechtslage

3.1.1. § 46 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet auszugsweise:

„§ 46. (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

(2) Ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, hat – vorbehaltlich des Abs. 2a – bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.

(2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.

(2b) Die Verpflichtung gemäß Abs. 2 oder 2a Satz 2 kann dem Fremden mit Bescheid auferlegt werden. Für die Auferlegung der Verpflichtung gemäß Abs. 2a Satz 2 gilt § 19 Abs. 2 bis 4 iVm § 56 AVG sinngemäß mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Ladung die Auferlegung der Verpflichtung tritt; ein solcher Bescheid kann mit einer Ladung vor das Bundesamt oder zu einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung bei der zuständigen ausländischen Behörde verbunden werden (§ 19 AVG). § 3 Abs. 3 BFA-VG gilt.

(3) Das Bundesamt hat alle zur Durchführung der Abschiebung erforderlichen Veranlassungen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles (insbesondere Abs. 2 und 4) ehestmöglich zu treffen, insbesondere hat es allfällige Gebühren und Aufwandersatzleistungen an ausländische Behörden im Zusammenhang mit der Abschiebung zu entrichten und sich vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Fremden zu vergewissern, dass dieser einem Mitglied seiner Familie, einem offiziellen Vormund oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung im Zielstaat übergeben werden kann. Amtshandlungen betreffend Fremde, deren faktischer Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, sind prioritär zu führen.

(4) Liegen bei Angehörigen (§ 72 StGB) die Voraussetzungen für die Abschiebung gleichzeitig vor, so hat das Bundesamt bei der Erteilung des Auftrages zur Abschiebung Maßnahmen anzuordnen, die im Rahmen der Durchführung sicherstellen, dass die Auswirkung auf das Familienleben dieser Fremden so gering wie möglich bleibt.

(5) Die Abschiebung ist im Reisedokument des Fremden ersichtlich zu machen, sofern dadurch die Abschiebung nicht unzulässig oder unmöglich gemacht wird. Diese Eintragung ist auf Antrag des Betroffenen zu streichen, sofern deren Rechtswidrigkeit durch das Bundesverwaltungsgericht festgestellt worden ist.

(6) Abschiebungen sind systematisch zu überwachen. Nähere Bestimmungen über die Durchführung der Überwachung hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen.

(7) Befindet sich der Fremde in einer Krankenanstalt (§§ 1 und 2 des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten – KAKuG, BGBl. Nr. 1/1957) und steht seine Abschiebung zeitnah bevor, so hat die Krankenanstalt das Bundesamt auf Anfrage unverzüglich über den feststehenden oder voraussichtlichen Zeitpunkt der Entlassung aus der Anstaltspflege zu informieren. Ändert sich der nach Satz 1 mitgeteilte Zeitpunkt, so hat die Krankenanstalt das Bundesamt aus Eigenem zu informieren.“

3.1.2. § 19 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) lautet:

„§ 19. (1) Die Behörde ist berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen.

(2) In der Ladung ist außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Geladene vor der Behörde erscheinen soll (als Beteiligter, Zeuge usw.) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind. In der Ladung ist ferner bekanntzugeben, ob der Geladene persönlich zu erscheinen hat oder ob die Entsendung eines Vertreters genügt und welche Folgen an ein Ausbleiben geknüpft sind.

(3) Wer nicht durch Krankheit, Behinderung oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, hat die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden. Die Anwendung dieser Zwangsmittel ist nur zulässig, wenn sie in der Ladung angedroht waren und die Ladung zu eigenen Handen zugestellt war; sie obliegt den Vollstreckungsbehörden.

(4) Eine einfache Ladung erfolgt durch Verfahrensanordnung.“

3.1.3. Maßgebliche Bestimmungen des Rückübernahmeabkommens zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Bundesrepublik Nigeria, BGBl. III Nr. 116/2012 (im Folgenden: Rückübernahmeabkommen), lauten auszugsweis:

„ARTIKEL III

Rückführungsverfahren

(1) Die Rückführungsverfahren erfolgen ohne Ausstellung eines Reisedokuments, wenn die

betroffene Person im Besitz eines aktuell gültigen nationalen Reisepasses oder eines

international anerkannten und gültigen Reisedokuments ist.

(2) Nationale Reisepässe und international anerkannte Reisedokumente im Sinne dieses

Abkommens sind:
für die Republik Österreich:
- Reisepass
- Dienstpass

- Diplomatenpass
- Sammelpass
- Konventionspass
für die Bundesrepublik Nigeria:

- Standardpass
- Dienstpass
- Diplomatenpass
- Seemannspass

- Emergency Travel Certificate

(3) Für die Zwecke von Absatz 1 tauschen die Vertragsparteien Muster der in Absatz 2

angeführten Dokumente aus.

(4) Alle Fälle von Rückführungen werden von der ersuchenden Vertragspartei in Verbindung

mit dem konsularischen Vertreter der ersuchten Vertragspartei zum Zweck der

ordnungsgemäßen Identifizierung und entsprechenden Freigabe koordiniert.

(5) Die zuständigen Behörden der ersuchenden Vertragspartei stellen dem konsularischen

Vertreter der ersuchten Vertragspartei Angaben zur rückzuführenden Person und

Einzelheiten über den Flug mindestens fünf (5) Werktage vor dem Tag der Rückführung

bereit.

ARTIKEL IV

Nachweis der Staatsangehörigkeit

(1) Ist kein gültiges nationales Reisedokument oder international anerkanntes Reisedokument

gemäß Artikel III Absatz 2 vorhanden, ist die rückzuführende Person zu identifizieren und

bei Vorlage eines der Dokumente oder anderer Beweismittel, die in Absatz 2 und 3

nachstehend angeführt sind, durch die ersuchende Vertragspartei mit einem

Reisedokument als Staatsangehörige der ersuchten Vertragspartei zu versehen.

(2) Der Nachweis der Staatsangehörigkeit kann erbracht werden durch:
(a) Staatsangehörigkeitsnachweise;
(b) abgelaufene Pässe jeder Art (wie in Artikel III Absatz 2 festgelegt);
(c) Personalausweise, einschließlich vorübergehender oder provisorischer;
(d) öffentliche Urkunden, in denen die Staatsangehörigkeit der betroffenen Person

angegeben ist;
(e) Seemannsregistrierungsbücher und Kapitänsdienstkarten;
(f) von den zuständigen Behörden gelieferte eindeutige Informationen;

(g) für die nigerianische Seite ein von den nigerianischen Behörden ausgestelltes

Herkunftsstaatszeugnis oder ein ECOWAS-Reisedokument oder -Zeugnis;
(h) jedes andere von der Regierung der ersuchten Vertragspartei anerkannte

Dokument, das die Feststellung der Identität der betroffenen Person erlaubt.

(3) Die Glaubhaftmachung der Staatsangehörigkeit kann insbesondere erfolgen durch:

(a) Photokopien der in Absatz 2 dieses Artikels angeführten Dokumente;
(b) Führerscheine;
(c) Ausweise von Unternehmen;
(d) Geburtsurkunden;
(e) Zeugenaussagen;
(f) eigene Angaben der betroffenen Person;
(g) Sprache der betroffenen Person. Jedoch weist die Fähigkeit, eine der Sprachen der

ersuchten Vertragspartei zu sprechen, nicht automatisch die Staatsangehörigkeit der

betroffenen Person nach;
(h) jedes andere Dokument, das dazu beitragen kann, die Staatsangehörigkeit der

betroffenen Person nachzuweisen.

(4) Wenn die Staatsangehörigkeit glaubhaft gemacht wird und diese Glaubhaftmachung durch

Unterstützung der ersuchten Vertragspartei, insbesondere nach einer Befragung durch die

jeweils zuständigen Stellen, bestätigt wurde, gilt die Staatsangehörigkeit unter den

Vertragsparteien als nachgewiesen.

(5) Die ersuchte Vertragspartei stellt innerhalb von vier (4) Werktagen ab Eingang der

Dokumente oder anderen Beweismittel nach Absatz 2 und 3 dieses Artikels ein

Reisedokument gemäß Absatz 1 aus.

(6) Die Dokumente nach Absatz 2 und 3 dieses Artikels reichen auch bei Ablauf von deren

Gültigkeitsdauer für den Nachweis oder die Glaubhaftmachung der Staatsangehörigkeit

aus.

ARTIKEL V

Besonderes Identifizierungsverfahren

(1) In Fällen, die nicht unter Artikel III und IV oben fallen, können, abgesehen von Fällen, in

denen die Staatsangehörigkeit nach Artikel IV widerlegt wurde, wenn es nicht möglich ist,

die erforderlichen Dokumente zum Nachweis der Staatsangehörigkeit des Betroffenen zu

erlangen, aber Nachweise existieren, die es erlauben, die Staatsangehörigkeit zu

vermuten, die Behörden der ersuchenden Vertragspartei die diplomatischen und

konsularischen Vertreter der ersuchten Vertragspartei um Unterstützung bei der Feststellung der Staatsangehörigkeit des Betroffenen bitten. Das Identifizierungsverfahren

verläuft wie folgt:
(a) die Person wird so bald wie möglich, spätestens jedoch fünf (5) Tage nach dem

Eingang des Ersuchens befragt;
(b) die Befragung findet im Allgemeinen in den Räumlichkeiten der Botschaft statt;
(c) das Ergebnis der Befragung wird der ersuchenden Vertragspartei so bald wie

möglich, spätestens jedoch fünf (5) Werktage nach dem Tag der Befragung

übermittelt;
(d) nach Bestätigung der Staatsangehörigkeit der Person wird von der ersuchten

Vertragspartei innerhalb von vier (4) Werktagen ein Reisedokument ausgestellt.

(2) Ist es schwierig oder unpraktisch, die Befragung in der Botschaft der ersuchten

Vertragspartei, wie in Absatz (1) (b) vorgesehen, abzuhalten, bezahlt die ersuchende

Vertragspartei die Reisekosten, die dem Vertreter der ersuchten Vertragspartei entstehen.“

3.2. Zur Judikatur

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Ladungen von Fremden zum Zweck der Klärung ihrer Identität im Zusammenhang mit einer Ausreiseverpflichtung grundsätzlich zulässig. Auch Ladungen eines Fremden zum Zweck einer Befragung durch Vertreter des Herkunftsstaates sind zulässig, wenn die weiteren Voraussetzungen des dafür als Rechtsgrundlage allein in Frage kommenden § 19 AVG erfüllt sind (VwGH 05.07.2012, 2012/21/0081, RS 1).

Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu ausgeführt, dass der Fremde bei der amtswegig vorzunehmenden Erlangung des Ersatzreisedokumentes "im erforderlichen Umfang" mitzuwirken hat. Insoweit kann ihm ein die zu erbringende Mitwirkungsverpflichtung konkret umschreibender Auftrag mittels Bescheides nach dem ersten Satz des § 46 Abs. 2a FPG 2005 erteilt werden. Das kommt insbesondere in Bezug auf die in den ErläutRV (RV582 BlgNR 25. GP 18) genannten Handlungen ("Herausgabe von Dokumenten und Urkunden, über die der Fremde bereits verfügt, die Mitwirkung an der Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit sowie an den erforderlichen Handlungen bei der ausländischen Behörde") in Betracht. Die Gesetzesmaterialien weisen darauf hin, dass die "Vollziehungsverfügung" nach dem ersten Satz des § 46 Abs. 2a FPG 2005 im Regelfall mit einer Ladung nach dessen zweiten Satz zu verbinden sein wird, weil die Anwesenheit des Fremden regelmäßig notwendig ist. Die Ladung kann auch zu einer ausländischen Behörde erfolgen. Dabei ist stets eine Amtshandlung, das heißt die Leitung durch einen Organwalter des Bundesamtes, notwendig (vgl. VwGH 11.06.2013, 2013/21/0097; VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0354).

Im Erkenntnis vom 16.05.2012, 2010/21/0023, hat der VwGH festgehalten, dass, die Rechtmäßigkeit der gegenständlichen Ladung voraussetzt, diese im Sinne des § 19 Abs. 1 AVG nötig ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes obliegt die Beurteilung, ob zur Erreichung des mit einer Ladung verfolgten Zwecks ein Erscheinen des Geladenen nötig ist, oder ob dieser Zweck auch auf andere Weise erreicht werden kann, grundsätzlich der Behörde (zu Ladungen in Angelegenheiten nach dem FPG vgl. VwGH 17.07.2008, 2008/21/0055 und 2008/21/0386; VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0149). So hat der VwGH in seinem Judikat vom 20.01.1992, 91/19/0326, hervorgehoben, dass die Beurteilung der Frage, ob zur Erreichung des mit der Ladung verfolgten Zweckes ein Erscheinen des Geladenen nötig ist, oder ob dieser Zweck auf andere Weise erreicht werden kann, allein der Behörde und nicht auch der Partei obliege. Stets muss es sich demnach um eine Ladung zu einer behördlichen Amtshandlung handeln, in deren Rahmen die beabsichtigte Befragung stattfinden soll. Um sie als "behördlich" verstehen zu können, ist die Leitung durch ein Organ der Behörde unverzichtbar (VwGH 05.07.2011, Zl. 2010/21/0316).

In Fällen, in denen für den Fremden im Zeitpunkt der Ladung aufgrund einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme eine Ausreiseverpflichtung besteht, kann der Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie – offenbar unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit – die Ladung des Fremden und dessen persönliches Erscheinen zur Erörterung der Frage, wie der auferlegten Ausreiseverpflichtung entsprochen wird und welche Maßnahmen allenfalls zu ihrer Sicherung erforderlich sind, für "nötig" iSd § 19 Abs. 1 AVG erachtet. In einer solchen Konstellation besteht keine Verpflichtung, diese Fragen im Korrespondenzweg abzuklären (vgl. VwGH 14.04.2011, 2010/21/0037).

Gemäß § 19 Abs. 2 AVG ist im Ladungsbescheid der Gegenstand der geplanten Amtshandlung offen zu legen, um dem Betreffenden die Gelegenheit zu geben, sich genügend auf diesen Gegenstand der Ladung vorzubereiten (vgl. VwGH 06.03.2014, 2012/11/0099).

Die Auferlegung der Mitwirkungsverpflichtung (vgl. § 46 Abs. 2a FPG) und die damit verbundene Ladung sind nicht notwendig, wenn der Fremde tatsächlich im Besitz eines gültigen Reisepasses ist; da er aber im Verfahren vor dem BFA nur eine Kopie vorgelegt und erklärt hat, über das Original des Reisepasses nicht zu verfügen, und auch im Beschwerdeverfahren nur auf die Kopie des Reisepasses verwiesen wurde, kann dem BFA und dem VwG nicht entgegen getreten werden, wenn sie von der Erforderlichkeit der Erlangung eines (Ersatz-)Reisedokuments unter Mitwirkung des Fremden ausgegangen sind. Das vom Fremden ins Treffen geführte abgelaufene Heimreisezertifikat kann daran schon deswegen nichts ändern, weil es unter einer anderen Identität des Fremden ausgestellt worden war. Selbst dann, wenn das besondere Identifizierungsverfahren nach Art. V des Rückübernahmeabkommens mit Nigeria wegen Vorliegens eines abgelaufenen (Ersatz-)Reisedokuments nicht erforderlich ist, kann eine persönliche Vorsprache zur Identifizierung im Sinn des Art. IV Abs. 1 des Abkommens geboten sein (vgl. VwGH 25.4.2014, 2013/21/0191; VwGH 20.12.2018, Ra 2018/21/0224).

Der VwGH hat ausgeführt, "dass bloße Vorbereitungen für eine allfällige Abschiebung - etwa die Erwirkung eines Heimreisezertifikates - unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässig sind, solange nicht feststeht, dass eine Ausreiseverpflichtung nicht besteht" (20.12.2016, Ra 2016/21/0354 mwN).

3.3. Zur Abweisung der Beschwerde

3.3.1. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.09.2017, I416 2163403-1, besteht gegen den Beschwerdeführer eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung und ist der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen. Am 20.03.2019 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf humanitären Aufenthalt gemäß § 55 AsylG 2005, dieses Verfahren ist nach erhobener Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht anhängig.

Gemäß § 58 Abs. 13 AsylG 2005 begründen Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten.

Es steht auch nicht fest, dass eine Ausreiseverpflichtung nicht besteht, sondern ist der Beschwerdeführer die österreichische Rechtsordnung missachtet und ist unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieben und auch aktuell unrechtmäßig aufhältig.

3.3.2. Mit angefochtenem Bescheid vom 19.01.2021 wurde der Beschwerdeführer zur Mitwirkung an seiner Identitätsfeststellung aufgefordert. Zur Feststellung der Identität gehört auch die Feststellung der Staatsbürgerschaft.

3.3.2.1. Das Bundesamt hatte die Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers genau beschrieben:

Dem Beschwerdeführer wurde aufgetragen, zu einem vorgesehenen Termin zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes als Beteiligter persönlich in das Bundesamt, zu kommen und an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes mitzuwirken. Im Konkreten habe er den Interviewtermin durch eine Experten-Delegation Nigeria am XXXX um 09:00 Uhr wahrzunehmen sowie in seinem Besitz befindlichen relevante Dokumente mitzubringen: Reisepass, Ausweise, Urkunden und sonstige seine Identität oder Staatsangehörigkeit bescheinigende Dokumente. Zudem waren Datum und Uhrzeit aus dem Bescheid klar und deutlich ersichtlich.

Die Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers wurde demnach im Sinne der Judikatur durch einen konkreten Auftrag mittels Bescheides des Bundesamtes umschrieben (VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0102). Somit entspricht der angefochtene Ladungsbescheid den Inhaltserfordernissen des § 19 Abs. 2 AVG.

3.3.2.2. Die Vorgehensweise der belangten Behörde entspricht zudem der Vorgabe des § 46 Abs. 2a FPG. Der Beschwerdeführer ist zwar im Besitz einer Geburtsurkunde und hat diese aus im Verfahren vorgelegt, diese ist aber nicht ausreichend um eine positive Identifizierung als nigerianischer Staatsbürger vorzunehmen und war offenbar auch nicht ausreichend, um ihm bei der nigerianischen Botschaft einen E-Reisepass ausstellen zu lassen:

Der Beschwerdeführer verfügt über kein Reisedokument und seine Identität, insbesondere seine Staatsangehörigkeit, ist nicht geklärt. Er beantragte am 08.04.2019 einen nigerianischen E-Reisepass „with change of data due to error“, folglich aufgrund zu ändernder Daten aufgrund von einem Irrtum/von Fehlern. Aus der vorgelegten Bestätigung geht aber klar hervor, dass eine solche Beantragung und offenbar Änderung der Daten ausschließlich in Nigeria möglich ist. Dies war dem Beschwerdeführer bereits am 08.04.2019 bewusst. Weitere Schritte zur Erlangung eines Reisepasses oder eines Ersatzreisedokumentes hat der Beschwerdeführer aus Eigenem nicht unternommen.

Eine Duldung des Beschwerdeführers in Österreich liegt ebenfalls nicht vor.

Es liegt in der Natur der Sache, konkret der Identitätsfeststellung zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments, dass der Beschwerdeführer persönlich zu erscheinen hat.

Dies ergibt sich bereits aus den HRZ-Länderinformationen des Bundesamtes, aus denen zweifelsfrei hervorgeht, dass bei Fehlen eines Reisedokumentes zur Feststellung der Staatsangehörigkeit immer ein Interviewtermin und eine Ladung des Fremden zu demselben stattfindet. Es ergibt sich auch, dass es allenfalls notwendig sein kann, dass ein weiterer Interviewtermin erforderlich wird.

Auch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann eine persönliche Vorsprache bei einer Delegation zur Identifizierung im Sinn des Art. IV Abs. 1 des Rückübernahmeabkommens geboten sein, selbst dann, wenn das besondere Identifizierungsverfahren nach Art. V des Rückübernahmeabkommens mit Nigeria wegen Vorliegens eines abgelaufenen (Ersatz-)Reisedokuments nicht erforderlich ist. Im vorliegenden Fall liegt kein (abgelaufenes) Ersatz-Reisedokument vor, sondern liegt überhaupt kein (Ersatz-)Reisedokument vor und ist die Identität, insbesondere die Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers, nicht geklärt.

Der BF war daher gemäß § 46 Abs. 2 FPG verpflichtet, bei der zuständigen ausländischen Behörde ein solches Reisedokument zu beantragen und dieses der Behörde vorzulegen. Dem Beschwerdeführer war aufgrund der Bestätigung der nigerianischen Botschaft bereits am 08.04.2019 auch bereits bewusst, dass ihm ein E-Reisepass in Österreich nicht ausgestellt wird, sondern er dazu nach Nigeria reisen muss. Wenn aber die Ausstellung eines Reisepasses aufgrund der besonderen Konstellation nicht möglich ist und eine solche im konkreten Fall nur in Nigeria möglich wäre, steht es des dem Bundesamt gemäß § 46 Abs. 2a und Abs. 2b FPG jedenfalls zu und ist es auch geboten, die Ausstellung eines Ersatzreisedokumentes auf andere Weise sicher zu stellen. Dass dabei eine persönliche Vorsprache bei einer Delegation zur Identifizierung erforderlich sein kann, scheint im vorliegenden Fall die einzige Möglichkeit, ein (Ersatz-)Reisedokument für den Beschwerdeführer zu erlangen. Diese Vorgehensweise ist auch generell gemäß der HRZ-Länderinformationen des Bundesamtes vorgesehen und somit jedenfalls geboten.

Nach § 46 Abs. 2b FPG konnte diese Verpflichtung dem BF auch bescheidmäßig aufgetragen werden. In Ermangelung eines Reisepasses ist für eine potentielle Abschiebung des Beschwerdeführers ein Ersatzreisedokument erforderlich. Im angefochtenen Ladungsbescheid wird der Ort und die Zeit sowie der Gegenstand der Amtshandlung bezeichnet; weiters wird angegeben, in welcher Eigenschaft der Beschwerdeführer geladen wird, dass er persönlich zu erscheinen hat und welche Rechtsfolgen an ein unentschuldigtes Fernbleiben geknüpft sind.

Die gesetzlich geforderten Tatbestandselemente für eine behördliche, bescheidmäßige Anordnung zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes sind daher im gegenständlichen Fall als erfüllt anzusehen.

3.3.2.3. Die Auferlegung der Mitwirkungsverpflichtung und die damit verbundene Ladung wären zwar nicht notwendig, wenn der Beschwerdeführer tatsächlich im Besitz eines gültigen Reisepasses wäre; da er aber im Verfahren vor der belangten Behörde nur eine Geburtsurkunde und eine Bestätigung über die Beantragung eines nigerianischen Reisepasses vorgelegt hat, aus der deutlich hervorgeht, dass ihm aufgrund des Antrages ein solcher Reisepass in Österreich nicht, sondern nur in Nigeria ausgestellt werden kann, kann der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie von der Erforderlichkeit der Erlangung eines (Ersatz-)Reisedokuments unter Mitwirkung des Beschwerdeführers ausgegangen ist. Im Vorliegenden Fall ist daher eine persönliche Vorsprache zur Identifizierung im Sinn des Art. IV Abs. 1 des Abkommens geboten (vgl. idS VwGH 25.4.2014, 2013/21/0191; VwGH 20.12.2018, Ra 2018/21/0224).

3.3.3. Der Beschwerdeführer konnte somit keine Gründe vorbringen, die einer Ladung gemäß § 19 AVG in Verbindung mit § 46 Abs. 2a FPG entgegenstehen würden.

3.3.4. Wenn der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde, die bis auf wenigen Einschübe wörtlich der Beschwerde im Verfahren zur Zahl I410 2163403-2 gleicht, ausführt, dass der Mangel des Bescheides darin besteht, dass keine Interessensabwägung iSd Art. 8 EMRK dargestellt werden könnte (S. 7 der Beschwerde), ist ihm zu entgegnen, dass es im gegenständlichen Verfahren auf eine Interessensabwägung, gemeint wohl auch iSd § 9 Abs. 2 BFA-BG, gerade nicht ankommt.

Auch wenn er im Vergleich ausführt, dass in einem gänzlich anderen, den Beschwerdeführer nicht betreffenden, Verfahren das Bundesverwaltungsgericht eine „Ausweisung auf Dauer unzulässig“ erklärt habe und das Bundesamt dagegen keine Amtsrevision erhoben hätte und man daraus ableiten könnte, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel zu erteilen wäre (S. 9 der Beschwerde), geht diese Argumentation für das gegenständliche Verfahren jedenfalls ins Leere, da Sache des Verfahrens der Mitwirkungsbescheid und die Ladung und nicht die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist.

Wenn der Beschwerdeführer noch zusammengefasst ausführt, dass es gegenwärtig nicht das Bundesamt zu beurteilen habe, ob eine Ausreiseverpflichtung des Beschwerdeführers bestehe (S. 10 der Beschwerde), übersieht der Beschwerdeführer dabei, dass gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vom 06.07.2017 vorliegt und er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen ist. Wie bereits erwähnt, begründen Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen und können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten.

3.3.5. Mangels Nachweises eines Einkommens oder Vermögens erfolgte die Androhung einer entsprechenden Haftstrafe bei Nichtbefolgung der Ladung ebenfalls zu Recht.

3.3.6. Die Wieder-Zuerkennung der gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossenen aufschiebenden Wirkung ist nicht Selbstzweck, sondern zielt darauf, dass der Betroffene nicht einseitig mit den Folgen einer potenziell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung so lange belastet wird, bis sein Rechtsschutzgesuch (seine Beschwerde) endgültig erledigt ist.

Mit der gegenständlichen (inhaltlichen) Entscheidung über die Beschwerde erübrigt sich daher im Ergebnis eine Entscheidung über den gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

3.3.7. Zu dem in der Beschwerde gestellten Beweisantrag:

Auf S. 2 der Beschwerde führt der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, dass der er aus Nigeria stamme und im November 2012 als Flüchtling nach Österreich gekommen sei und unverzüglich einen Asylantrag gestellt. Er habe alle Fragen bei der Erstbefragung beantwortet und alle diesbezüglichen Angaben getätigt, gegenteiliges sei ihm bei dieser Gelegenheit noch später vorgehalten worden und habe er später seine Angaben zur Identität nie geändert.

Wenn der Beschwerdeführer nun zum Beweis dieser Angaben die zeugenschaftliche Einvernahme der Befragenden bei der Erstbefragung beantragt, ist dieses Beweismittel nicht geeignet, die personenbezogenen und personeneigenen Angaben des Beschwerdeführers zu bestätigen, da die Befragenden nicht einmal wissen können, ob der Beschwerdeführer die Wahrheit angegeben hat. Nur weil der Beschwerdeführer seine Daten nicht geändert hat, heißt es nicht, dass allein aufgrund dieser Angaben von einer geklärten Identität insbesondere von einer geklärten Staatsangehörigkeit auszugehen ist. Zu diesem Beweis können aber auch die Befragenden der Erstbefragung nichts beitragen. Zudem können diese Personen auch keine Angaben darüber machen, ob der Beschwerdeführer seine Angaben in weiterer Folge geändert hat. Das beantragte Beweismittel ist daher nicht tauglich den entsprechenden Beweis zu liefern. Die Aussage von den Befragenden der Erstbefragung ist – im Gegensatz zur Vorführung vor eine Delegation - per se auch nicht geeignet den Beweis über eine ungeklärte Staatsbürgerschaft zu liefern, da ein Referent des Bundesamtes oder ein Vertreter der Polizei durch seine Aussage nicht den Beweis liefern kann, ob eine von ihnen befragte Person eine Staatsangehörigkeit besitzt oder nicht. Es wäre auch nicht möglich dadurch – rechtsverbindlich für andere Staaten wie zB Nigeria – eine Staatsbürgerschaft festzustellen.

Von der zeugenschaftlichen Einvernahme der Befragenden bei der Erstbefragung wird daher Abstand genommen und dem Beweisantrag nicht stattgegeben.

Darüber hinaus ist es nicht Sache des vorliegenden Verfahrens, die Identität des Beschwerdeführers rechtsverbindlich und auch für andere Staaten verbindlich festzustellen.

3.3.7. Die Beschwerde war daher im Ergebnis als unbegründet abzuweisen.

3.4. Zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung

Da der Sachverhalt in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG im gegenständlichen Fall die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Sofern der Beschwerdeführer seine Einvernahme in der mündlichen Verhandlung beantragt, bezog sich diese Beweisanträge allesamt auf Umstände, die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens waren, sondern haben sich allesamt auf das Verfahren I410 2163403-2 bezogen. So ist dem gegenständlichen Verfahren eine Interessensabwägung nach § 9 Abs. 2 BFA-VG und die Berücksichtigung von Art. 8 Abs. 2 EMRK fremd und nicht Sache des Verfahrens. So sind auch Fragen der Integration im vorliegenden Verfahren nicht zu klären. Der Sachverhalt war daher bereits aufgrund der Aktenlage, insbesondere der im Verfahren zur Zahl I410 2163403-2 vorgelegten Aktenbestandteile als geklärt anzusehen.

Es konnte daher von der beantragten Verhandlung Abstand genommen werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (siehe dazu insbesondere die unter 3.2. zitierte Judikatur und VwGH 20.12.2018, Ra 2018/21/0224), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung Ausreiseverpflichtung Ladungsbescheid Mitwirkungspflicht Reisedokument

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W281.2239609.1.00

Im RIS seit

10.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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