TE Vwgh Erkenntnis 1997/5/21 95/19/1137

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Veröffentlicht am 21.05.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/08 Urheberrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs1;
AVG §37;
UrhG §10 Abs1;
UrhG §12 Abs1;
UrhG §12;
UrhG §60;
UrhG §61;
UrhG §61a;
UrhG §61b Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Zens, Dr. Bayjones und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des P in M, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 18. August 1995, Zl. 491.022/1-I.4/1995, betreffend Anmeldung zum Urheberregister, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Justiz) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, die Anmeldung seines literarischen Regelwerks "Der Pokerjackpot" in das vom Bundesminister für Justiz geführte Urherberregister gemäß den §§ 61a ff Urheberrechtsgesetz (UrhG), BGBl. Nr. 111/1936 in der Fassung BGBl. Nr. 93/1993, einzutragen, ab. Der Beschwerdeführer begehre zwar die Eintragung der Urheberbezeichnung unter dem - nach seinen Behauptungen - wahren Namen (dem des Beschwerdeführers), doch sei das Werk nach seinem Vorbringen vor der belangten Behörde auch bereits bisher unter dieser Urheberbezeichnung verwendet worden; diese Bezeichnung solle auch weiterhin verwendet werden. Damit aber sei die Antragsvoraussetzung, daß das Werk unter einem Pseudonym oder anonym veröffentlicht worden sei, nicht gegeben.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde hat den Akt des Verwaltungsverfahrens

vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 UrhG ist Urheber eines Werkes, wer es

geschaffen hat.

§ 12 UrhG regelt die Vermutung der Urheberschaft. Sein Abs 1 lautet:

"(1) Wer auf den Vervielfältigungsstücken eines erschienenen Werkes oder auf einem Urstück eines Werkes der bildenden Künste in der üblichen Weise als Urheber bezeichnet wird, gilt bis zum Beweis des Gegenteils als Urheber (§ 10 Abs. 1) des Werkes, wenn die Bezeichnung in der Angabe seines wahren Namens oder eines von ihm bekanntermaßen gebrauchten Decknamens oder - bei Werken der bildenden Künste - in einem solchen Künstlerzeichen besteht."

Das Urheberregister ist im VIII. Abschnitt des Urheberrechtsgesetzes unter der Überschrift "Dauer des Urheberrechtes" geregelt. § 60 UrhG bestimmt zur Dauer des Urheberrechts insoweit:

"Das Urheberrecht an Werken der Literatur, der Tonkunst und der bildenden Künste, deren Urheber (§ 10 Abs. 1) auf eine Art bezeichnet worden ist, die nach § 12 die Vermutung der Urheberschaft begründet, endet 70 Jahre nach dem Tode des Urhebers (§ 10 Abs. 1), bei einem von mehreren Urhebern gemeinsam geschaffenen Werke (§ 11) endet das Urheberrecht 70 Jahre nach dem Tode des letztlebenden Miturhebers (§ 10 Abs. 1)."

Nach § 61 UrhG idF vor der Novelle BGBl. Nr. 151/1996 endet das Urheberrecht an Werken der Literatur, der Tonkunst und der bildenden Künste, bei denen eine Bezeichnung im Sinne des § 12 UrhG fehlt - also bei anonymen oder pseudonymen Werken -, grundsätzlich 70 Jahre nach der Veröffentlichung.

§ 61a UrhG bestimmt über das Urheberregister:

"Innerhalb der im § 61 bezeichneten Frist kann der wahre Name des Urhebers (§ 10 Abs. 1) von ihm selbst oder von den Personen, auf die das Urheberrecht nach seinem Tod übergegangen ist, zu dem vom Bundesminister für Justiz geführten Urheberregister angemeldet werden. Eine solche Anmeldung bewirkt, daß die Schutzfrist nach § 60 zu bemessen ist."

Der Beschwerdeführer beruft sich insbesondere auf § 61b Abs. 2 erster Satz UrhG:

"Die Eintragung ist vom Bundesminister für Justiz ohne Prüfung der Befugnis des Anmelders zum Einschreiten und der Richtigkeit der angemeldeten Tatsachen vorzunehmen; sie hat jedenfalls die im Abs. 1 vorgeschriebenen Angaben zu enthalten."

Ausgehend von der zuletzt genannten Bestimmung, bestreitet der Beschwerdeführer eine Prüfungsbefugnis der belangten Behörde, zumindest über das Vorliegen der in § 61b Abs. 1 UrhG näher geregelten Angaben hinaus (dies sind - neben der Schriftform - Art und Titel des Werkes oder seine andere Bezeichnung, Zeit, Ort und Art der Veröffentlichung, die bisher verwendeten Urheberbezeichnungen, Vor- und Familiennamen des Urhebers und Vor- und Familiennamen, Beschäftigung und Wohnort des Anmeldenden). Da unter diesen - unstrittig - das Vorliegen eines Pseudonyms oder eines anonymen Werkes, somit die Frage der Urheberbezeichnung, nicht genannt sei, könne diese Frage auch vom Bundesminister für Justiz nicht als Abweisungsgrund herangezogen werden.

Nach österreichischem Recht entsteht das Urheberrecht bereits mit dem Realakt der Schaffung des Werkes; ein Formalakt, wie etwa die Registrierung, ist - anders als etwa nach dem Recht der Vereinigten Staaten von Amerika - nicht erforderlich (vgl. Kucsko, Österreichisches und europäisches Urheberrecht4, 30). Das Urheberregister wurde in das österreichische Recht durch das Urheberrechtsgesetz 1895 eingeführt. Über den damit beabsichtigten Zweck geben die Materialien (abgedruckt bei Dillenz, Materialien zur Geschichte des österreichischen Urheberrechts, 40) Aufschluß:

"Das deutsche und das ungarische Recht ermöglichen bei anonym oder pseudonym erschienenen Werken eine Verlängerung der Schutzfrist auf die für Namenwerke festgesetzte Dauer in der Weise, dass sie dem Urheber oder seinen hiezu legitimirten Rechtsnachfolgern gestatten, vor Ablauf der dreißigjährigen Schutzfrist den wahren Namen des Urhebers zur Eintragung in ein Register anzumelden, was zur Folge hat, dass das Werk bei Berechnung der Schutzfrist als Namenwerk behandelt wird. Die Zweckmäßigkeit einer solchen Bestimmung lässt sich nicht verkennen. Es kann nämlich sehr wohl vorkommen, dass ein Urheber sich scheut, unter seinem Namen mit einem Werke in die Öffentlichkeit zu treten, dessen Erfolg er nicht vorauszusehen vermag. Ist der Erfolg ein günstiger, so ist es nur billig, ihm durch nachträgliches Hervortreten aus seiner Verborgenheit die volle Ausnützung seines Geistesproductes zu ermöglichen. Insbesondere dann, wenn der Urheber unter seinem Pseudonym besser und allgemeiner bekannt ist, als unter seinem wahren Namen, ... würde man sich mit dem allgemeinen Rechtsbewusstsein in scharfem Widerspruch befinden, wenn man es nicht ermöglichen wollte, die Werke eines solchen Autors des gleichen Schutzes, wie Namenwerke, theilhaftig zu machen. ...

Die Eintragungen (Anmerkung: in das Urheberregister) sind lediglich bestimmt, dasjenige zur öffentlichen Kenntnis zu bringen, was bei Namenwerken auf dem Titelblatte, unter der Vorrede, Zueignung, an der Spitze oder am Schlusse des Werkes steht. Aus diesem Grunde kann auch bei der Eintragung in das Register von einer Prüfung der Richtigkeit der angemeldeten Tathsachen und der Berechtigung des Anmeldenden Umgang genommen werden. Hiezu kommt, dass durch die Vornahme besonderer Erhebungen das Verfahren verlangsamt würde, und dass die Führung eines Gegenbeweises im Falle einer strafgerichtlichen Untersuchung oder eines Rechtsstreites doch offen gelassen werden müßte. ..."

Der Zweck des Urheberregisters ist es also nach dem oben wiedergegebenen § 61a zweiter Satz UrhG, für anonyme oder pseudonyme Werke durch Registrierung des wahren Namens des Urhebers dieselbe Dauer des Schutzes zu eröffnen wie für Werke, die von vornherein mit dem wahren Namen des Urhebers in Verbindung gebracht werden können (§ 61 UrhG in der oben zitierten Fassung), also die Schutzfrist für derartige anonyme oder pseudonyme Werke um die (nach Veröffentlichung verbleibende) Lebensspanne des Urhebers zu verlängern.

Unter der von der belangten Behörde getroffenen Annahme, daß das behauptetermaßen vorliegende Werk unter dem wahren Namen des Urhebers veröffentlicht wurde, hätte die vom Beschwerdeführer angestrebte Eintragung ins Urheberregister auf dem Boden der bisher dargestellten Rechtslage keine Verlängerung der Schutzfrist zur Folge. Da es aber nicht Aufgabe der das Urheberregister führenden belangten Behörde sein kann, darin rechtlich irrelevante Eintragungen vorzunehmen, hätte diese den Antrag des Beschwerdeführers insoweit zutreffend abgewiesen.

Eine abschließende Stellungnahme zu dieser Frage sowie auch zur Auslegung der bis 1. Juli 1995 in nationales Recht umzusetzende Richtlinie 93/98/EWG des Rates vom 29. Oktober 1993 zur Harmonisierung der Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte hat aber im gegebenen Zusammenhang noch nicht zu erfolgen.

Eine Eintragung in das Urheberregister kommt - wie oben dargelegt - nur bei solchen Werken in Betracht, die nicht auf eine Art bezeichnet worden sind, die nach § 12 UrhG die Vermutung der Urheberschaft begründet. Die Vermutung der Urheberschaft im Sinne des § 12 UrhG tritt aber nur dann ein, wenn auf den Vervielfältigungsstücken eines erschienenen Werkes (oder auf einem Urstück des Werkes der bildenden Künste) ein Urheber in der üblichen Weise als Urheber bezeichnet wird. Dieser gilt dann bis zum Beweis des Gegenteiles als Urheber, wenn die Bezeichnung in der Angabe seines wahrens Namens oder eines von ihm bekanntermaßen gebrauchten Decknamens (oder - bei Werken der bildenden Künste - in einem solchen Künstlerzeichen) besteht.

Der ursprüngliche Antrag des Beschwerdeführers auf Entgegennahme der Anmeldung zum Urheberregister wird damit begründet, daß ein solcher Sachverhalt, wie eben beschrieben, nicht vorliegt. Das Werk werde "seit seiner Schaffung" unter dem Namen "Der Pokerjackpot" geführt. Die dem Antrag angeschlossene Beilage läßt keine Urheberbezeichnung im Sinne des § 12 Abs. 1 UrhG erkennen. Es handelt sich nach diesem Antragsinhalt sachverhaltsbezogen um ein anonymes Werk.

Damit steht der "Nachtrag zur Anmeldung in das Urheberregister" vom 2. Juni 1995 in einem für den Zweck des Verfahrens und den Ausgang desselben relevanten Widerspruch. In diesem "Nachtrag" heißt es:

"In Ergänzung meiner Anmeldung in das Urheberregister vom 6.3.1995 bringe ich vor, daß es sich bei dem von mir verfaßten literarischen Werk "Der Poker-Jackpot" um ein Sprachwerk im Sinne des § 2 Abs. 1 UrhG. handelt.

Das Werk wurde bisher unter der Urheberbezeichnung "P" verwendet und soll diese Urheberbezeichnung auch weiterhin beibehalten werden. Mit dem literarischen Sprachwerk "Der Poker-Jackpot" wurde eine von mir stammende schöpferische Idee eigenpersönlich geformt und festgelegt. Mein Sprachwerk lehnt sich nur teilweise an bekannte Spielregeln an, doch haben auch diese Veränderungen erfahren und wurden diese Elemente mit meinen Ideen derart kreiert, daß ein eigentümliches literarisches Sprachwerk im Sinne des § 1 Abs. 1) UrhG. entstanden ist."

Die Wendung "das Werk wurde bisher unter der Urheberbezeichnung "P" verwendet und soll diese Urheberbezeichnung auch weiterhin beibehalten werden" ist - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - auslegungsbedürftig. Damit könnte zum einen behauptet worden sein, daß auf den Vervielfältigungsstücken der Name des Beschwerdeführers als "Urheberbezeichnung" ersichtlich war, er also auf diesen Stücken als Urheber bezeichnet wurde. Dies stünde mit dem zunächst gestellten Antrag vom 6. März 1995 auf "Anmeldung in das Urheberregister" und dessen Beilage im Widerspruch. Die Behauptung im Nachtrag könnte zum anderen aber auch so verstanden werden, daß die Vervielfältigungsstücke des erschienenen Werkes anonym waren (also weder den Namen des Beschwerdeführers noch einen Decknamen enthielten), die Spieler (oder ein Teil von ihnen oder lediglich die Spielveranstalter) aber wußten, daß der Beschwerdeführer der Urheber war; der behauptete Sachverhalt wäre demnach so gestaltet, als ob landläufig gesagt worden wäre, man spiele jetzt einen "P" oder einen "Pokerjackpot nach P" oder dergleichen bzw. das Personal verwende als Grundlage für das Spiel den "P". Der Anmeldungsnachtrag selbst läßt diese Deutungen offen. Das Beschwerdevorbringen schließt eher die erstgenannte Deutung aus, wenn der Beschwerdeführer dort sagt, von den beteiligten Spielerkreisen sei das Werk - "mangels Kenntnis" (mangels Erkennbarkeit aus den Vervielfältigungsstücken) - nicht ihm zugeschrieben worden.

In der ersten Auslegungsvariante der Parteienerklärung wäre eine Anmeldung - wie oben ausgeführt - in der Tat überflüssig und unzulässig. Im zweiten Fall hingegen könnte nicht von vornherein gesagt werden, daß die Voraussetzungen für eine Anmeldung aus den hier in Rede stehenden Gründen nicht gegeben gewesen wären.

Die belangte Behörde hätte daher im Sinne des §§ 37 AVG der Partei im Ermittlungsverfahren Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlicher Interessen zu geben gehabt. Die Behörde ist nämlich verpflichtet, den Sinn eines mehrdeutigen Parteienantrages durch Herbeiführung einer entsprechenden Parteienerklärung festzustellen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. Dezember 1984, Slg. Nr. 11.625/A).

Die belangte Behörde hätte bei dem vorliegenden Sachverhalt davon ausgehen müssen, daß das vom Beschwerdeführer tatsächlich Gewollte zumindest unklar war. Ist aber der Umfang eines von einer Partei gestellten Antrages unklar, dann ist die Behörde verpflichtet, den Antragsteller zu einer Präzisierung des nicht eindeutigen Umfanges seines Begehrens aufzufordern. Solange ein eindeutiger Antrag der Partei nicht vorliegt, ist die Erlassung eines darauf gestützten Verwaltungsaktes rechtswidrig (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Mai 1993, Zl. 92/04/0273). Bei antragsbedürftigen Verwaltungsakten ist es unzulässig, entgegen dem erklärten Willen der Partei ihrem Begehren eine Deutung zu geben, die aus dem Wortlaut des Begehrens nicht unmittelbar erschlossen werden kann, mag auch das Begehren, so wie es gestellt worden ist, von vornherein aussichtslos oder gar unzulässig sein (hg. Beschluß vom 27. Juni 1980, Slg. Nr. 10.179/A).

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Bei diesem Ergebnis konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG von der beantragten Verhandlung abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Neben dem pauschalierten Ersatz des Schriftsatzaufwandes konnte ein Ersatz weiterer Kosten unter dem Titel von Umsatzsteuer nicht zugesprochen werden.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995191137.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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