TE Lvwg Erkenntnis 2019/5/20 VGW-105/020/6705/2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.05.2019
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Entscheidungsdatum

20.05.2019

Index

50/01 Gewerbeordnung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

GewO 1994 §91 Abs2
AVG §13a

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Schopf über die Beschwerde der Firma A. Gesellschaft mbH gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 02.04.2019, Zl. …, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994,

zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit angefochtenem Bescheid entzog die belangte Behörde der Beschwerdeführerin, der A. Gesellschaft mbH gemäß § 91 Abs. 2 in Verbindung mit § 85 Z 2 und § 13 Abs. 3 GewO 1994 die Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes: Drucker und Druckformenherstellung im Standort Wien, B.-Straße. Im Wesentlichen ist diese Entscheidung darauf gestützt, dass die Beschwerdeführerin einer auf § 91 GewO 1994 gestützten Verfahrensanordnung fristgemäß nicht entsprochen habe.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wurde zusammengefasst Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung mit der Begründung behauptet, die belangte Behörde habe es unterlassen, die bis dahin nicht durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter vertretene Beschwerdeführerin gemäß § 13a AVG anzuleiten, statt des abzuberufenden C. A. Senior dessen Sohn C. A. Junior, der sämtliche Voraussetzungen für die Ausübung als handelsrechtlicher Geschäftsführer erfülle, zum Geschäftsführer zu bestellen und somit einen Zustand herbeizuführen, der nicht zur Entziehung der Gewerbeberechtigung geführt hätte.

Beantragt wurde, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und selbst dahingehend zu entscheiden, dass die Gewerbeberechtigung nicht entzogen werde, eventuell den Bescheid aufzuheben und das Verfahren an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Folgender Sachverhalt, der auch schon von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, wird gegenständlich als erwiesen angenommen:

Die Beschwerdeführerin, die A. Gesellschaft mbH besitzt die Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes: Drucker und Druckformenherstellung im Standort Wien, B.-Straße. Als handelsrechtlicher Geschäftsführer fungiert Herr C. A.. Diesem kommt ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb gegenständlicher Gesellschaft zu. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes vom 25.09.2018, Zl. …, wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Herrn C. A. mangels kostendeckenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet. Der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei in diesen Insolvenzfall Einsicht gewährt wird, ist noch nicht abgelaufen. Mit Schreiben vom 27.09.2018 wurde die Beschwerdeführerin über diesen Sachverhalt und die Rechtslage informiert und eine entsprechende Verfahrensanordnung angekündigt. Eine Reaktion erfolgte nicht. Daraufhin erging die Verfahrensanordnung vom 23.01.2019, mit welcher die Aufforderung erging, Herrn C. A. binnen einer Frist von zwei Monaten als Person mit maßgebendem Einfluss aus den Betrieb der Geschäfte zu entfernen und dies der Behörde bekanntzugeben. Für den Fall des Nichtbefolgens wurde die Entziehung der Gewerbeberechtigung angekündigt. Diese Anordnung wurde nicht befolgt, woraufhin der angefochtene Bescheid erging.

Dieser Sachverhalt findet im unbedenklichen Akteninhalt seine Deckung, wurde nicht bestritten und auch den Ausführungen in der Beschwerde zugrunde gelegt.

Gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eine eingetragene Personengesellschaft ist und sich die im § 87 angeführten Entziehungsgründe oder der in § 85 Z 2 GewO angeführte Endigungsgrund sinngemäß auf eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, dem Gewerbetreibenden eine Frist bekanntzugeben, innerhalb der der Gewerbetreibende diese Person zu entfernen hat. Hat der Gewerbetreibende die genannte natürliche Person innerhalb der gesetzten Frist nicht entfernt, so hat die Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen.

Nach § 85 Z 2 GewO 1994 endigt die Gewerbeberechtigung mit Eintritt des Ausschlussgrundes gemäß § 13 Abs. 3 oder § 13 Abs. 5 erster Satz.

Gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1994 sind Rechtsträger von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2 GewO) ausgeschlossen, wenn

1. das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet oder aufgehoben wurde und

2. der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen ist.

(Die Einsicht in die Eintragung der mangels kostendeckenden Vermögens oder wegen Vermögenslosigkeit nach § 68 Insolvenzordnung (IO) nicht eröffneten Insolvenzverfahren ist gemäß § 256 Abs. 4 IO nach drei Jahren nach der Eintragung nicht mehr zu gewähren.)

Gemäß § 13 Abs. 5 erster Satz GewO 1994 ist eine natürliche Person von der Ausübung des Gewerbes als Gewerbetreibender ausgeschlossen, wenn ihr ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte eines anderen Rechtsträgers als einer natürlichen Person zusteht oder zugestanden ist, bei dem der Ausschluss von der Gewerbeausübung gemäß Abs. 3 eintritt oder eingetreten ist.

Gemäß § 13a AVG hat die Behörde Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen in der Regel mündlich zu geben und sie über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren.

Die Aufforderung nach § 91 Abs. 2 GewO 1994 hat der Gewerbeentziehung nach dieser Gesetzesstelle voranzugehen und stellt insofern eine Voraussetzung für diese dar. Diese Aufforderung ist mangels eines rechtserzeugenden oder rechtsfeststellenden Inhalts kein Bescheid. Dem Rechtsschutzbedürfnis dessen, dem bei nicht fristgerechter Befolgung der Aufforderung die Gewerbeberechtigung entzogen wird, ist jedoch Rechnung getragen, wenn er die Rechtmäßigkeit der Aufforderung, also auch die dafür bestimmenden Gründe, im sodann folgenden Entziehungsverfahren geltend machen sowie den (allenfalls) ergangenen Entziehungsbescheid (auch) aus diesen Gründen im Rechtsmittelweg bekämpfen kann. Aus dem akzessorischen Charakter einer Entziehung nach § 91 Abs. 2 GewO 1994 folgt aber auch, dass diese nicht auf einen Entziehungstatbestand gegründet werden darf, der nicht Gegenstand der vorausgegangenen Aufforderung war (siehe VwGH 18.2.2009, 2008/04/0213, mit Verweis auf VwGH 24.1.1995, 94/04/0221). Durch die Aufforderung nach § 91 Abs. 2 GewO 1994 wird die Sache des Entziehungsverfahrens festgelegt, welche auch die in dieser Aufforderung angeführten für die Entfernung der genannten natürlichen Person bestimmenden Gründe umfasst (vgl. VwGH 18.6.2012, 2012/04/0013, mwN).

Es steht dem Verwaltungsgericht daher nicht zu, nach der Aufforderung gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 die Gründe, aus denen die Entfernung einer Person mit maßgebendem Einfluss für erforderlich erachtet wurde, auszutauschen. Dies würde nämlich, weil nur die im Entziehungsbescheid genannten Gründe überprüfbar sind, dazu führen, dass die nicht gesondert anfechtbare Aufforderung und vor allem die dafür bestimmend gewesenen Gründe keiner rechtlichen Kontrolle unterlägen, was dem Rechtsschutzbedürfnis des Gewerbetreibenden zuwider liefe (vgl. wiederum das bereits zitierte Erkenntnis 2008/04/0213).

Die in § 91 Abs. 2 GewO 1994 geregelte Entziehung der Gewerbeberechtigung stellt eine Sanktion für die Nichtentfernung der Person, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, dar; Änderungen im maßgebenden Sachverhalt nach Ablauf der dem Gewerbetreibenden gesetzten behördlichen Frist sind unbeachtlich (vgl. VwGH 2.2.2012, 2011/04/0197, 21.1.2015, 2013/04/0127, 17.2.2016, Ra 2016/04/0012, 11.11.2015, Ra 2015/04/0063, 29.06.2017, Ra 2017/04/0059).

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in einer Vielzahl von Erkenntnissen mit der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 auseinandergesetzt und dabei festgehalten, dass die in § 91 Abs. 2 GewO 1994 geregelte Entziehung der Gewerbeberechtigung eine Sanktion für die Nichtentfernung darstellt.

Eine Aufforderung zur Entfernung einer Person mit maßgebendem Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 hat unabhängig davon zu ergehen, ob und auf welche Weise es dem Gewerbetreibenden möglich ist, der betroffenen Person die mit dem maßgeblichen Einfluss auf den Geschäftsbetrieb verbundene Position zu entziehen. Gelingt die Entfernung von dieser Position - aus welchen Gründen immer - nicht fristgerecht, so ist die Gewerbeberechtigung zu entziehen (vgl. VwGH 22.2.2012, 2007/04/0001 mit Hinweis auf Erkenntnis vom 3.9.2008, Zl. 2008/04/0121, mwN).

Zur tragenden Begründung der Beschwerde, die belangte Behörde habe im Zuge des der angefochtenen Entscheidung vorangegangenen Verfahrens nach § 91 Abs. 2 GewO 1994 ihre Manuduktionspflicht verletzt, ist auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 97/04/0125 zu verweisen, wo der Gerichtshof einen ähnlich gelagerten Fall betreffend Folgendes ausgeführt hat:

„Mit ihrem weiteren, eine Verletzung der die Behörde treffenden Manuduktionspflicht rügenden Vorbringen, die Beschwerdeführerin hätte Günther P. aus seiner Funktion fristgerecht entfernt, wäre sie über die rechtlichen Konsequenzen einer Nichtbefolgung der behördlichen Aufforderung belehrt worden, verkennt sie den normativen Gehalt des § 13a AVG. Nach dieser Bestimmung ist die Behörde nämlich verpflichtet, Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, "die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen" in der Regel mündlich zu geben und sie über die "mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen" zu belehren. Die Anleitungspflicht der Behörde ist auf verfahrensrechtliche Belange eingeschränkt; sie bezieht sich nicht auch auf Belehrungen in der Sache selbst (vgl. RV 160 BlgNR, XV. GP, 6 sowie die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5 (1996) 180 f referierte hg. Judikatur). Die belangte Behörde war daher nicht verpflichtet, diese über die materiellen Rechtsfolgen der Unterlassung, den Geschäftsführer Günther P. fristgerecht aus seiner Funktion zu entfernen, zu belehren.“

Diese Rechtsansicht hat der Gerichtshof auch in seiner jüngeren Rechtsprechung beibehalten. (vgl. Ra 2018/04/0165, 24.10.2018, wonach es nach der zu § 13a AVG ergangenen Rechtsprechung des VwGH nicht Aufgabe der Behörde ist, zur Erhebung von Einwendungen und zu deren inhaltlicher Gestaltung anzuleiten mit Hinweis auf VwGH 99/04/0034, VwGH 95/04/0171 bis 0173, wonach eine Beratung der Verfahrensparteien in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu den Pflichten der Behörde zählt; Ra 2018/06/0007, 27.03.2018 wonach die Manuduktionspflicht nach § 13a AVG keine Beratung der Verfahrensparteien in materiell-rechtlicher Hinsicht verlangt. Auch unvertretenen Personen sind nur die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen zu geben, sie sind aber nicht in materieller Hinsicht zu beraten und nicht anzuleiten, welche für ihren Standpunkt günstigen Behauptungen sie aufzustellen bzw. mit welchen Anträgen sie vorzugehen haben)

Wenn die Beschwerdeführerin somit einen Verfahrensverstoß darin erblickt, dass die belangte Behörde sie nicht dahingehend angeleitet habe, durch welche Schritte die Beschwerdeführerin die Entziehung der Gewerbeberechtigung vermeiden hätte können, so verkennt sie den rechtlichen Inhalt des § 13a AVG sowie die Grenzen der Manuduktionspflicht. Die Behörde war nicht verpflichtet, nachdem sie die Beschwerdeführerin bereits mit Schreiben der Behörde vom 27.09.2018 über den Sachverhalt informiert und über die beabsichtigte Vorgangsweise der Behörde in Kenntnis gesetzt hat, die Beschwerdeführerin dahingehend anzuleiten, wie sie die in der Verfahrensordnung vom 23.01.2019 angedrohte Entziehung vermeiden hätte können. Aus der Verfahrensanordnung ergibt sich auf Grund des eindeutigen Wortlautes eindeutig, welcher Schritt zu setzen war und welche Rechtsfolgen an dessen Unterlassung geknüpft waren. Inhaltliche Anleitungen zur Vermeidung dieser Rechtsfolgen sind auch im Lichte des § 13a AVG keine die Behörde treffende Pflicht, deren Unterlassung zu einer Rechtswidrigkeit des Entziehungsbescheides führt.

Da somit die Voraussetzungen für die Entziehung der Gewerbeberechtigung vorlagen, die in der Verfahrensanordnung festgelegte Frist von zwei Monaten, insbesondere im Hinblick auf die vorangehende Information als angemessen anzusehen ist und der von der Beschwerdeführerin relevierte Verfahrensverstoß nicht vorlag, war die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte trotz eines Antrags der Beschwerdeführerin gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil der entscheidungserhebliche Sachverhalt unstrittig ist, sich im Wesentlichen aus dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin ergibt und somit eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Auch steht Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 GRC dem Entfall einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Gewerbeberechtigung; Entziehung; Person mit maßgeblichem Einfluss; Entfernung; Aufforderung, Manduktionspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.105.020.6705.2019

Zuletzt aktualisiert am

27.11.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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