TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/14 I415 2165504-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.05.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

14.05.2020

Norm

AVG §78
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
BVwAbgV §1
FPG §46 Abs1
FPG §46 Abs2
FPG §46a
FPG §46a Abs1 Z1
FPG §46a Abs1 Z3
FPG §46a Abs4
Gebührengesetz 1957 §14 TP6
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

I415 2165504-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Republik Côte d'Ivoire (Elfenbeinküste), vertreten durch: Verein Legal Focus, Lazarettgasse 28/3, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 22.07.2019, Zl. XXXX ,

zu Recht erkannt:

A)

I.       Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. wird als unbegründet abgewiesen.

II.      Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt II. stattgegeben und dieser ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Republik Côte d'Ivoire (Elfenbeinküste), reiste legal mit einem am 27.05.2015 auf seinen Namen ausgestellten ivorischen Reisepass und einem von 27.07.2015 bis 26.08.2015 gültigen Visum C als Tourist nach Österreich ein.

2.       Er überschritt die zulässige Aufenthaltsdauer und stellte am 29.02.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA, belangte Behörde) vom 27.06.2017, Zl. XXXX , wurde dieser Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen, gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und seine Abschiebung nach Côte d'Ivoire für zulässig erklärt. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.12.2017, Zl. XXXX , als unbegründet abgewiesen.

3.       Am 19.03.2018 beantragte der Beschwerdeführer die Ausstellung einer Karte für Geduldete nach § 46a Abs 1 Z 3 FPG. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer über keinen Reisepass mehr verfüge und ihm die Erlangung eines neuen Reisedokuments nicht möglich sei, sodass ihm eine Rückkehr in die Elfenbeinküste weder freiwillig, noch erzwungen möglich sei.

4.       Am 21.11.2018 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Er gab an, sich bei der Botschaft seines Heimatlandes um die Ausstellung eines neuen Reisepasses bemüht zu haben, diese Bemühungen aber mangels der Erfüllbarkeit der Voraussetzungen, und zwar der Vorlage von Leumundszeugnis, Staatsbürgerschaftsnachweis, österreichischem Aufenthaltsdokument und Geburtsurkunde, erfolglos geblieben seien. Eine Bestätigung über eine erfolgte Vorsprache bei der Botschaft legte er nicht vor.

5.       Am 23.04.2019 übermittelte der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung eine Säumnisbeschwerde.

6.       Mit dem angefochtenen Bescheid vom 22.07.2019, Zl. XXXX , wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs 4 iVm Abs 1 Z 1 und 3 FPG ab (Spruchpunkt I.) und trug ihm die Entrichtung von Verwaltungsabgaben in Höhe von EUR 6,50 binnen vier Wochen auf (Spruchpunkt II.).

7.       Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung fristgerecht am 20.08.2019 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Begründend führte er im Wesentlichen aus, dass er keinen Reisepass habe und bei der Botschaft seines Herkunftsstaates vorgesprochen habe, um einen solchen zu beantragen, jedoch ohne Erfolg. Die Gründe für die Nichtausstellung eines Reisedokumentes würden nicht im Einflussbereich des Beschwerdeführers liegen. Er habe seine Identität nicht verschleiert, das Verfahren nicht verzögert und keine behördlichen Termine verabsäumt. Zudem seien weder die Vorschreibung der Bundesverwaltungsabgabe von 6,50 EUR, noch die Beschwerdegebühr von 30,00 EUR zulässig.

8.       Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 28.04.2020 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Côte d'Ivoire. Seine Identität steht fest.

Das Asylverfahren des Beschwerdeführers wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.12.2017, Zl. XXXX , rechtskräftig negativ entschieden. Der darin ausgesprochenen Rückkehrentscheidung und der damit verbundenen Ausreiseverpflichtung kam der Beschwerdeführer aber nicht nach, sondern verblieb unrechtmäßig im Bundesgebiet.

Der Beschwerdeführer war in Besitz eines ivorischen Reisepasses Nr. XXXX , ausgestellt am 27.05.2015 und gültig bis zum 26.05.2020.

Der Beschwerdeführer war nicht Willens, der belangten Behörde oder dem Bundesverwaltungsgericht seinen Reisepass oder sonstige identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen und gab an, keine Identitätsdokumente zu haben.

Durch sein Verhalten verletzte der Beschwerdeführer seine Mitwirkungspflicht.

Der Beschwerdeführer selbst unternahm keinerlei Versuche, die Ausstellung eines Reisepasses bei der Vertretungsbehörde seines Herkunftslandes zu beantragen, obwohl ihm dies möglich und zumutbar wäre.

Es konnten keine außerhalb der Sphäre des Beschwerdeführers liegenden Gründe festgestellt werden, die seine Abschiebung aus dem Bundesgebiet unmöglich erscheinen ließen.

2. Beweiswürdigung:

2.1 Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der Angaben des Beschwerdeführers vor dieser, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz. Einsicht wurde auch genommen in den Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zl XXXX . Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen entscheidungsrelevanten Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zum negativ abgeschlossenen Asylverfahren des Beschwerdeführers und zu seinem illegalen Verbleib im Bundesgebiet ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und der vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes.

Bereits im rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.12.2017, Zl. XXXX , wurde festgestellt, dass die Identität des Beschwerdeführers feststeht, obwohl dieser offensichtlich nicht Willens war, dem BFA oder dem Bundesverwaltungsgericht identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen. Einer im Akt enthaltenen Auskunft der Österreichischen Botschaft Dakar (AS 92) und einer Visadatenauskunft des BMI (AS 90 bis 91) samt vorliegender Reisepasskopie (AS 93) ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer in Besitz eines am 27.05.2015, bis 26.05.2020 auf seinen Namen ausgestellten ivorischen Reisepasses war, wodurch seine Identität zweifelsfrei feststeht.

Bei seiner fremdenpolizeilichen Anhaltung im Bundesgebiet am 29.02.2016 wies sich der Beschwerdeführer zunächst mit einer auf eine andere Person ausgestellten grauen Karte für subsidiär Schutzberechtigte aus, gab jedoch schließlich zu, dass er einen eigenen Reisepass habe und sich dieser in seiner Wohnung befinde (AS 5). Im Asylerfahren machte er divergierende Angaben über den Verbleib seiner Dokumente. Bei seiner polizeilichen Erstbefragung zwei Tage später behauptete er, den Pass verloren zu haben und in seiner niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA am 22.05.2017 machte er geltend, keinen Reisepass zu haben. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA am 21.11.2018 zu dem verfahrensgegenständlichen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete erklärte er auf Vorhalt dieser unterschiedlichen Angaben lediglich: „Wenn ich einen Pass hätte, wäre ich damit gekommen“. Weder erstattete er eine Verlustanzeige bei der LPD XXXX , noch wollte er eine Bestätigung über die Beantragung eines neuen Reisepasses vorlegen. Auf das Angebot des BFA, dem Beschwerdeführer eine Passkopie auszufolgen, um die Beantragung eines neuen Reisepasses bei der Botschaft zu erleichtern, antwortete der Beschwerdeführer nur: „Das Problem ist… wenn die erfahren, dass ich Asyl beantragt habe ...“ (AS 200) Der belangten Behörde war in Zusammenschau zuzustimmen, dass den Angaben des Beschwerdeführers kein Glauben geschenkt werden kann und sich der Beschwerdeführer nicht kooperativ verhielt.

Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich daher, dass der Beschwerdeführer auch im gegenständlichen Verfahren weder seinen Reisepass, noch sonstige identitätsbezeugende Dokumente vorgelegt hat.

Ebenso aus dem Verwaltungsakt ergibt sich die Feststellung, dass der Beschwerdeführer sich bisher nicht um die Ausstellung eines Reisepasses bei der Vertretungsbehörde seines Herkunftslandes bemüht hat. Der Beschwerdeführer legte keinerlei Bestätigungen vor, wonach er sich tatsächlich mit den Behörden seines Herkunftsstaates in Verbindung gesetzt hätte, um die Ausstellung eines neuen Reisepasses zu veranlassen.

Es liegen keinerlei Umstände vor, die den Beschwerdeführer an einer Kontaktaufnahme mit der Botschaft der Republik Côte d'Ivoire in Wien hindern würden und wurde derartiges auch in der Beschwerde nicht substantiiert behauptet.

Es konnte daher nicht festgestellt werden, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers aus tatsächlichen, vom Beschwerdeführer nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheine.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1.    Zur Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

3.1.1.  Rechtslage

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 27/2020, lauten:

Gemäß § 46 Abs 2 FPG hat ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, – vorbehaltlich des Abs. 2a – bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.

Gemäß § 46a Abs 1 Z 3 FPG ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet zu dulden, solange deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint, es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an. Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt.
Gemäß Abs 3 leg cit liegen vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) jedenfalls vor, wenn er

1.       seine Identität verschleiert,

2.       einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder

3.       an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.
Gemäß Abs 4 leg cit hat das Bundesamt bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen.

3.1.2.  Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

1.1.    Eingangs ist festzuhalten, dass es nach dem Ergehen einer Rückkehrentscheidung allein an dem betroffenen Fremden gelegen ist, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen und von sich aus alle dazu notwendigen, vorbereitenden Maßnahmen zu setzen (vgl § 46 Abs 2 FPG). Schließlich handelt es sich bei einer Rückkehrentscheidung um einen höchstpersönlich wirkenden Leistungsbescheid, der den Bescheidadressaten – allenfalls unter Gewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 FPG (Paritionsfrist) – zum Verlassen des Bundesgebietes verpflichtet.

Die Pflicht des Fremden nach Abs. 2 umfasst unter anderem die Antragstellung auf Ausstellung eines Reisedokumentes bei der dafür zuständigen ausländischen Behörde (Botschaft oder Konsulat) sowie die Erstattung sämtlicher dazu erforderlicher Angaben, insbesondere die wahrheitsgemäße Angabe der Identität und die Bekanntgabe allfälliger sonstiger erkennungsdienstlicher Daten. Da nur der Fremde selbst als Bescheidadressat diese Leistungspflicht erfüllen kann, muss er sich, sofern er über kein gültiges Reisedokument verfügt, rechtzeitig um die Ausstellung eines solchen bemühen. Ein zur Ausreise verpflichteter Fremder ist dazu angehalten, das im Fehlen eines Reisedokumentes regelmäßig gelegene Ausreisehindernis im Rahmen seiner Möglichkeiten selbst zu beseitigen. Satz 2 dieser Bestimmung sieht vor, dass der Fremde die Erfüllung seiner Pflichten dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen hat. Die eigenständige Beschaffung eines Reisedokumentes und die Erstattung der dazu erforderlichen Angaben gemäß Abs. 2 erfolgt im Zusammenwirken zwischen dem Fremden und der zuständigen ausländischen Behörde (Botschaft oder Konsulat), also ohne direkte Einbeziehung des Bundesamtes. Das Bundesamt hat daher ein Interesse daran, über die diesbezüglichen Maßnahmen des Fremden und deren Erfolg unterrichtet zu sein, zumal die Nichterfüllung der Verpflichtung gemäß Abs. 2 nicht nur zur Verhängung von Zwangsstrafen nach dem VVG, einschließlich der Beugehaft, führen kann, sondern auch für die Prüfung der Zulässigkeit einer (späteren) Anordnung der Schubhaft zu berücksichtigen ist.

1.2.    Eine Abschiebung von ausreisepflichtigen Fremden – sprich: eine zwangsweise Vollstreckung der Ausreiseverpflichtung – ist ausschließlich bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 Z 1 bis 4 FPG vorgesehen, nämlich (u.a.) wenn sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind (Z 2).

Nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 FPG hat die belangte Behörde also die Abschiebung des Fremden zu veranlassen und nur wenn der Fremde über kein Reisedokument verfügt und die Abschiebung nicht ohne ein solches durchgeführt werden kann, hat die belangte Behörde darüber hinaus gemäß Abs 2 leg cit bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde ein Ersatzreisedokument für die Abschiebung einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen auszustellen.

1.3.    Aus dem Wortlaut des § 46a Abs 1 Z 3 FPG in Verbindung mit einer teleologisch-systematischen Betrachtungsweise ergibt sich somit Folgendes:

Wird gegen einen Fremden eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung erlassen und seine Abschiebung für zulässig erklärt, liegen die Voraussetzungen für eine Duldung des Aufenthaltes dieses Fremden jedenfalls dann nicht vor, wenn dieser Fremde seiner Verpflichtung zur freiwilligen Ausreise aus dem Bundesgebiet schuldhaft nicht nachgekommen ist (vgl. dazu das Erkenntnis vom 9. Dezember 2014, G 160/2014 ua; G 171/2014 ua, in dem der Verfassungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Duldung nach § 46a Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011, auf die Unmöglichkeit einer [freiwilligen] Ausreise Bezug nimmt). Der Aufenthalt eines ausreisepflichtigen Fremden im Bundesgebiet ist überdies dann nicht zu dulden, wenn dieser seine Mitwirkungspflicht nach § 46 Abs 2 FPG verletzt hat, weil er an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments nicht im erforderlichen Umfang mitgewirkt hat.

1.4.    Für den vorliegenden Beschwerdefall bedeutet das, dass dem Beschwerdeführer eine schuldhafte Verletzung seiner Ausreiseverpflichtung zur Last zu legen ist, zumal nicht festgestellt werden konnte, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers aus tatsächlichen, vom Beschwerdeführer nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheine.

Der Beschwerdeführer war aktenkundig in Besitz eines bis zum 26.05.2020 gültigen ivorischen Reisepasses. Er legte jedoch weder eine polizeiliche Verlustanzeige, noch eine Bestätigung der Behörden seines Herkunftslandes hervor, wonach er sich um die Ausstellung eines neuen Reisepasses bemüht hätte, um aus eigenem in die Republik Côte d'Ivoire zurückkehren zu können.

Sollte die Beantragung eines Reisepasses von Österreich aus tatsächlich nicht möglich sein, wäre es am Beschwerdeführer gelegen, dies durch die Vorlage geeigneter Beweismittel darzulegen.

Die Voraussetzung des § 46a Abs. 1 Z 3 FPG für eine Duldung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, nämlich, dass seine Abschiebung "aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint", ist daher nicht erfüllt.

Auch sonst lässt sich der Beschwerde kein Grund entnehmen, warum ihm eine – freiwillige – Ausreise aus dem Bundesgebiet nicht möglich gewesen wäre.

Vor dem Hintergrund des oben Ausgeführten geht auch das gesamte Beschwerdevorbringen, das zur Frage erstattet wurde, ob die belangte Behörde für den Beschwerdeführer zum Zweck seiner Abschiebung ein Heimreisezertifikat erlangen könne, im vorliegenden Zusammenhang an der Sache vorbei.

Der Beschwerdeführer ist im gegenständlichen Fall nicht seiner Pflicht nachgekommen, bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument zu beantragen und die Erfüllung dieser Pflicht dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen und er hat offensichtlich auch keine Anstrengungen unternommen, mit seiner Familie, seinen Bekannten und Freunden in seiner Heimat Kontakt aufzunehmen, um sich entsprechende Unterlagen schicken zu lassen.

Die Voraussetzung des § 46a Abs 1 Z 3 FPG für eine Duldung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, nämlich dass seine Abschiebung "aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint", ist daher nicht erfüllt.

Wenn die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Karte für Geduldete mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 46a Abs 4 iVm Abs 1 Z 1 und 3 FPG abgewiesen hat, ist dazu festzuhalten, dass der Erlassung des angefochtenen Bescheides ein Asylverfahren vorangegangen ist, in welchem rechtskräftig eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Republik Côte d'Ivoire für zulässig erklärt wurde.

Da die Voraussetzungen für eine Duldung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nach § 46a Abs 1 Z 3 FPG nicht vorliegen und das Nichtvorliegen der Voraussetzungen nach § 46a Abs. 1 Z 1 FPG bereits im Asylverfahren abgeklärt wurde, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

3.2.    Zur Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Das Bundesamt sprach im angefochtenen Bescheid aus, dass der Beschwerdeführer gemäß § 78 AVG eine Bundesverwaltungsabgabe in Höhe von Euro 6,50 binnen 4 Wochen zu entrichten habe.

§ 78 AVG lautet: "§ 78 (1) Den Parteien können in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung (unmittelbare oder mittelbare Bundesverwaltung, übertragener Wirkungsbereich der Gemeinden in Bundesangelegenheiten) für die Verleihung von Berechtigungen oder sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen der Behörden Bundesverwaltungsabgaben auferlegt werden, sofern die Freiheit von derlei Abgaben nicht ausdrücklich durch Gesetz festgesetzt ist. Wenn ein im Verwaltungsverfahren als Partei auftretender Rechtsträger zur Vollziehung der Gesetze berufen ist, so unterliegt er insoweit der Verpflichtung zur Entrichtung von Bundesverwaltungsabgaben nicht, als die Amtshandlung eine unmittelbare Voraussetzung der dem Rechtsträger obliegenden Vollziehung der Gesetze bildet. Die Gebietskörperschaften unterliegen ferner der Verpflichtung zur Entrichtung einer Bundesverwaltungsabgabe nicht, wenn diese der als Partei einschreitenden Gebietskörperschaft zufließen würde.

(2) Für das Ausmaß der Bundesverwaltungsabgaben sind, abgesehen von den durch Gesetz besonders geregelten Fällen, durch Verordnung der Bundesregierung zu erlassende Tarife maßgebend, in denen die Abgaben mit festen Ansätzen, die nach objektiven Merkmalen abgestuft sein können, bis zum Höchstbetrag von 1 090 Euro im einzelnen Fall festzusetzen sind.

(3) Das Ausmaß der Verwaltungsabgaben in den Angelegenheiten der Landes- und Gemeindeverwaltung richtet sich nach den auf Grund des Finanz-Verfassungsgesetzes und des Finanzausgleichsgesetzes bestehenden landesgesetzlichen Vorschriften.

(4) Die Bundesverwaltungsabgaben sind von der Behörde einzuheben und fließen der Gebietskörperschaft zu, die deren Aufwand zu tragen hat.

(5) Die Art der Einhebung ist für die Bundesbehörden durch Verordnung der Bundesregierung, für die Behörden der Länder und Gemeinden durch Verordnung der Landesregierung zu regeln."

§ 1 Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983 - BVwAbgV lautet: "1.

(1) Die Parteien haben für jede Verleihung einer Berechtigung oder für sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen, die von Behörden im Sinne des Art. VI Abs. 1 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen oder infolge Säumnis einer solchen Behörde vom Verwaltungsgerichtshof vorgenommen wurden, in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung - abgesehen von den durch Gesetz besonders geregelten Fällen - die gemäß dem Abschnitt II festgesetzten Verwaltungsabgaben zu entrichten.

(2) Im Verwaltungsstrafverfahren und im Verwaltungsvollstreckungsverfahren sind keine Verwaltungsabgaben zu entrichten."

Tarif A Tarifpost 2 der BVwAbgV lautet:

"TARIF über das Ausmaß der Verwaltungsabgaben in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung

A. Allgemeiner Teil

2. Sonstige Bescheide oder Amtshandlungen, die wesentlich im Privatinteresse der Partei liegen, soweit nicht eine andere

Tarifpost Anwendung findet ..............Euro 6,50"

Dazu sprach der Verwaltungsgerichthof mit Erkenntnis vom 28.01.2004, Zl. 2002/04/0193, aus, dass eine Amtshandlung, welche die Rechtslage der Partei nicht verändert, nicht wesentlich in ihrem Privatinteresse liegt (siehe dazu auch VwGH 02.10.1973, VwSlg. 8473A/73). Bundesverwaltungsabgaben können nur für "Amtshandlungen" der Behörde vorgesehen werden (zB für Bescheide und Beurkundungen), die Amtshandlungen müssen weiters "wesentlich im Privatinteresse" der Partei liegen, sie also begünstigen (zB die Verleihung von Berechtigungen), so Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht (2011), Rz 685.

Im vorliegenden Verfahren wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Karte für Geduldete ab, weshalb nach oben Gesagtem nicht von einem "im Privatinteresse der Partei" liegenden Sachverhalt ausgegangen werden kann. Aus diesem Grund war der Tatbestand für die Vorschreibung einer Verwaltungsabgabe im gegenständlichen Fall nicht erfüllt, weshalb dieser Spruchteil ersatzlos zu beheben war.

3.3. Zur Frage der Eingabegebühr:

In der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides findet sich der Hinweis, dass für eine Beschwerde gemäß § 14 TP 6 Gebührengesetz iVm § 2 BuLVwG-EGebV) eine Gebühr von 30 Euro an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel zu entrichten ist. In der Beschwerde wurde vorgebracht, dass die gegenständliche Beschwerde nicht der Gebührenpflicht unterliege, da der Antrag nur wegen der Untätigkeit der Behörde nötig gewesen sei. Ein Antrag auf Befreiung von der Eingabengebühr wurde in der Beschwerde jedoch nicht gestellt und wäre ein solcher mangels Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes als unzulässig zurückzuweisen. Ebensowenig wurde ein Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe in Bezug auf die Eingabengebühr gestellt. Sache des Beschwerdeverfahrens ist jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (VwGH, 17.12.2014, Ra 2014/03/0049).

4.       Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Der Sachverhalt ist aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (entspricht der bisherigen Judikatur zum § 67d AVG, wobei darauf hinzuweisen ist, dass § 24 VwGVG dem aufgehobenen § 67d AVG entspricht). Es ergab sich sohin auch kein Hinweis auf die Notwendigkeit, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern (vgl. VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291). Was das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein Tatsachenvorbringen, welches zu einem anderen Verfahrensausgang führen könnte. Es hat sich daher aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keine Notwendigkeit ergeben, den als geklärt erscheinenden Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer näher zu erörtern.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung Ausreiseverpflichtung Duldung Eingabengebühr ersatzlose Teilbehebung illegaler Aufenthalt Karte für Geduldete Kassation Mitwirkungspflicht Reisedokument Spruchpunktbehebung Verschulden Verwaltungsabgabe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I415.2165504.2.01

Im RIS seit

23.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten