TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/29 W141 2228992-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.06.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

29.06.2020

Norm

AVG §35
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W141 2228992-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Rebecca FIGL-GATTINGER und
Josef HERMANN, als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX ,
geboren am XXXX , VN XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice (AMS) Wien Redergasse vom 23.01.2020, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 35 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG), BGBl. 651/1991, in der geltenden Fassung, hinsichtlich Spruchpunkt 2.) stattgegeben und Spruchpunkt 2.) des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 23.01.2020 wurde unter Spruchpunkt 1.) der Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides vom 10.12.2019 als unzulässig zurückgewiesen. Unter Spruchpunkt 2.) wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 35 AVG wegen offenbar mutwilliger Inanspruchnahme des Arbeitsmarktservice Wien Redergasse eine Mutwillensstrafe in Höhe von € 300,00 verhängt.

Begründend wurde ausgeführt, dass es in den Jahren 2018 und 2019 nur ein einziges den Leistungsanspruch des Beschwerdeführers betreffendes Rechtsverfahren gegeben habe. Dieses habe mit einer der Beschwerde stattgebenden Beschwerdevorentscheidung vom 24.05.2018 geendet. Der Beschwerdeführer habe mit Nachricht vom 02.12.2019 der belangten Behörde mitgeteilt, dass er Akteneinsicht betreffend dieses Verfahren nehmen wolle und habe vier Termine zur Auswahl erhalten. Das vom Beschwerdeführer gestellte Feststellungsbegehren, in dem der Beschwerdeführer aufgrund der Terminvorschläge ein rechtswidriges Verhalten der belangten Behörde monierte, stelle eine grundlose Behelligung der belangten Behörde dar, die die Verhängung einer Mutwillensstrafe gemäß § 35 AVG rechtfertige.

2. Gegen diesen Bescheid richtete sich die, am 21.02.2020 bei der belangten Behörde eingelangte, Beschwerde des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer führte begründend an, seine Eingaben an die belangte Behörde seien jedenfalls aus konkreten, für jedermann nachvollziehbaren Gründen erfolgt, wenn die belangte Behörde die Rechte des Beschwerdeführers offenkundig verletzt habe. Aufgrund der der Beschwerde stattgebenden Beschwerdevorentscheidung vom 24.05.2018 sei jedenfalls erwiesen, dass das Anbringen des Beschwerdeführers keinesfalls mutwillig und aussichtlos erfolgte. Der Beschwerdeführer stellte den Antrag, den zweiten Teil des Spruches ersatzlos aufzuheben.

3. Am 27.02.2020 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein, wo die gegenständliche Rechtssache aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 19.05.2020 der bisherigen Gerichtsabteilung abgenommen und in weiterer Folge am 25.05.2020 der Gerichtsabteilung W141 neu zugewiesen wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (entscheidungswesentlicher Sachverhalt):

Die belangte Behörde und das BVwG haben die notwendigen Ermittlungen des maßgeblichen Sachverhaltes ausreichend durchgeführt. Auf dieser Grundlage werden folgende Feststellungen getroffen und der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt:

Der Beschwerdeführer übermittelte der belangten Behörde am 02.12.2019 eine Ankündigung auf Akteneinsicht zu einem von ihm frei wählbaren Termin und verwies dabei auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und führte aus, dass diese Rechtsprechung klarstellt, dass keine Terminvereinbarung oder Antrag zur Akteneinsicht notwendig ist.

Die belangte Behörde übermittelte dem Beschwerdeführer daraufhin vier Terminvorschläge, da aufgrund des laufenden Kundenverkehrs aus behördenorganisatorischen Gründen eine Terminvereinbarung unvermeidbar war.

Der Beschwerdeführer stellte am 10.12.2019 einen Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides und begründete dies damit, dass festzustellen ist, dass die Akteneinsicht, entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, nur an Terminen möglich ist, welche von der Behörde vorgegeben werden.

Dem Beschwerdeführer wurde am 27.12.2019 die begehrte Akteneinsicht – ohne vorherige Terminvereinbarung – gewährt.

Der Beschwerdeführer bekämpft in der verfahrensgegenständlichen Beschwerde ausschließlich Spruchpunkt 2.) und ist Spruchpunkt 1.) somit rechtskräftig.

2. Beweiswürdigung:

Der unter I. angeführte Verfahrensgang und der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt und dem vorgelegten Verfahrensakt der belangten Behörde.

Die Feststellungen ergeben sich insbesondere aus den im Akt aufliegenden Schreiben des Beschwerdeführers vom 02.12.2019, dem Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides vom 10.12.2019, den Antwortschreiben der belangten Behörde vom 02.12.2019 und 12.12.2019 sowie der Niederschrift vom 27.12.2019.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat – vorliegend sohin das AMS.

§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Die entsprechende Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Gemäß § 7 BVwGG bestehen die Senate aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. Ist in Materiengesetzen die Mitwirkung fachkundiger Laienrichter an der Rechtsprechung vorgesehen, sind diese anstelle der Mitglieder nach Maßgabe der Geschäftsverteilung als Beisitzer heranzuziehen.

In der gegenständlichen Rechtssache obliegt somit die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Senat.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg. cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren, angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit, als das Verwaltungsgericht (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: "Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."

Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG. Die vorliegend relevanten Abs. 1 und 2 dieser Bestimmung lauten wie folgt:

„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1.         der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2.         die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist“.

Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest.

Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich in der Sache selbst zu entscheiden.

Zu A):

1. Entscheidung in der Sache:

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Verhängung einer Mutwillensstrafe in Höhe von € 300,00.

Gemäß § 35 AVG kann gegen Personen, die offenbar mutwillig die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder in der Absicht einer Verschleppung der Angelegenheit unrichtige Angaben machen, die Behörde eine Mutwillensstrafe bis 726 Euro verhängen.

Die Verhängung von Mutwillensstrafen fällt in die Zuständigkeit jener Behörde, die auch in der Hauptsache einzuschreiten hat bzw. einzuschreiten hätte (vgl. auch VwGH 27.05.2010, Zl. 2009/03/0004). Bei der Mutwillensstrafe handelt es sich nicht um die Ahndung eines Verwaltungsdeliktes, sondern um ein Mittel zur Sicherung einer befriedigenden, würdigen und rationellen Handhabung des Verfahrens; die Verhängung einer Mutwillensstrafe soll die Behörde vor Behelligung, die Partei aber vor Verschleppung der Sache schützen (VwGH 16.02.2012, Zl. 2011/01/027; VwGH 23.12.2016, Zl. Ro 2016/03/0030).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt iSd § 35 AVG mutwillig, wer sich in dem Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit, der Nutz- und Zwecklosigkeit seines Anbringens an die Behörde wendet, sowie wer aus Freude an der Behelligung der Behörde handelt. Darüber hinaus verlangt das Gesetz aber noch, dass der Mutwille offenbar ist; dies ist dann anzunehmen, wenn die wider besseres Wissen erfolgte Inanspruchnahme der Behörde unter solchen Umständen geschieht, dass die Aussichtslosigkeit, den angestrebten Erfolg zu erreichen, für jedermann erkennbar ist (vgl. VwGH 16.02.2012, Zl. 2011/01/0271).

Der Zweck der Verhängung einer Mutwillensstrafe liegt auch nicht darin, auf prozesstaktische Erwägungen gegründete legitime Handlungsweisen einer Verfahrenspartei - mögen sie im Einzelfall auch eine längere Dauer eines Beweisverfahrens bzw. einer mündlichen Verhandlung bewirken - zu pönalisieren (Vgl. VwGH 16.02.2012, Zl. 2011/01/027).

Weiters wurde vom Verwaltungsgerichtshof zu § 35 AVG wiederholt betont, dass mit dem Vorwurf des Missbrauchs von Rechtsschutzeinrichtungen mit äußerster Vorsicht umzugehen und ein derartiger Vorwurf nur dann am Platz ist, wenn für das Verhalten einer Partei nach dem Gesamtbild der Verhältnisse keine andere Erklärung bleibt; die Verhängung einer Mutwillensstrafe komme demnach lediglich im "Ausnahmefall" in Betracht (VwGH 16.02.2012, Zl. 2011/01/0271, VwGH 29.06.1998, Zl. 98/10/0183).

Die belangte Behörde erblickt die mutwillige Inanspruchnahme der Behörde darin, dass der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides bezüglich der ihm angebotenen Termine auf Akteneinsicht gestellt hat, anstatt einen der vorgegebenen Termine wahrzunehmen oder einen anderen Termin zu vereinbaren.

Bei der Argumentation der belangten Behörde wurde nicht darauf eingegangen, dass gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs der Vorwurf des Missbrauchs von Rechtsschutzeinrichtungen nur dann am Platz ist, wenn für das Verhalten einer Partei nach dem Gesamtbild der Verhältnisse keine andere Erklärung bleibt bzw. nicht ausreichend berücksichtigt, dass bei einer diesbezüglichen Beurteilung mit äußerster Vorsicht umzugehen ist. Das Bundesverwaltungsgericht geht zugunsten des Beschwerdeführers davon aus, dass der Feststellungsantrag nicht ausschließlich aus Freude an der Behelligung der belangten Behörde gestellt wurde und daher in diesem konkreten Fall die vom Verwaltungsgerichtshof geforderten Voraussetzungen der "Ausnahmefälle" nicht vorlag.

Diesbezüglich ist darauf zu verweisen, dass die belangte Behörde im Zuge des Feststellungsantrages dem Beschwerdeführer eine – ohne vorherige Terminvereinbarung –Akteneinsicht am 27.12.2019 ermöglicht hat und somit selbst dessen Begehren entgegengekommen ist. Darüber hinaus geht der erkennende Senat davon aus, dass der Beschwerdeführer nicht in Kenntnis der Aussichtslosigkeit seines Anbringens gehandelt hat, sondern davon ausgegangen ist, dass er einen Anspruch auf Akteneinsicht ohne vorherige Terminvereinbarung und auf Erlassung eines Feststellungsbescheides hat.

Angesichts dessen, dass unter Heranziehung der höchstgerichtlichen Judikatur zudem von einem besonders restriktiven Verständnis des § 35 AVG auszugehen ist, war in der vorliegenden Konstellation unter Berücksichtigung des bisher Ausgeführten letztlich ein die Verhängung einer Mutwillensstrafe rechtfertigender "Ausnahmefall" in concreto noch nicht erkennbar.

Aus all diesen Gründen konnte dem Beschwerdevorbringen gefolgt werden und es war spruchgemäß zu entscheiden.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1.       der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.       die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall wird das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt, dass der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien, weil der Sachverhalt durch die belangte Behörde nach einem grundsätzlich ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren festgestellt wurde und den Sachverhaltsfeststellungen, insbesondere jenen in der Beschwerdevorentscheidung, in der Beschwerde bzw. im Vorlageantrag nicht substantiiert entgegengetreten wurde. Der Sachverhalt – wie er in der Beschwerdevorentscheidung festgestellt wurde – war weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen. Zudem liegt eine Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität vor (vgl. zum Erfordernis einer schlüssigen Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Bescheid und zur Verhandlungspflicht bei Neuerungen VwGH 11.11.1998, 98/01/0308, und 21.01.1999, 98/20/0339; zur Bekämpfung der Beweiswürdigung in der Berufung VwGH 25.03.1999, 98/20/0577, und 22.04.1999, 98/20/0389; zum Abgehen von der erstinstanzlichen Beweiswürdigung VwGH 18.02.1999, 98/20/0423; zu Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens VwGH 25.03.1999, 98/20/0475; siehe auch VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist). Das Bundesverwaltungsgericht hat vorliegend daher ausschließlich über eine Rechtsfrage zu erkennen (vgl. EGMR 20.6.2013, Appl. Nr. 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz. 34 ff). Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art 6. Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte entgegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.  

Schlagworte

Akteneinsicht Feststellungsbescheid Mutwillensstrafe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W141.2228992.1.00

Im RIS seit

30.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

30.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten