TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/13 W199 2142044-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.05.2019
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Entscheidungsdatum

13.05.2019

Norm

AVG §58 Abs2
AVG §60
B-VG Art133 Abs4
GEG §6c Abs1 Z1
GGG Art1 §14
GGG Art1 §15 Abs2
GGG Art1 §19a
GGG Art1 §32 TP1
GGG Art4 Z39
JN §55 Abs2
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W 199 2142044-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael SCHADEN als Einzelrichter über die Beschwerde von der XXXX gegen den Bescheid der Präsidentin des Handelsgerichtes XXXX vom 24.10.2016, Zl. Jv 2861/16b - 33, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 14 GGG iVm § 55 Abs. 2 JN und § 6c Abs. 1 Z 1 GEG stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahin abgeändert, dass dem Antrag auf Rückzahlung der zu viel eingezogenen Pauschalgebühr von 1456,40 Euro Folge gegeben wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die beschwerdeführende Gesellschaft brachte am 12.12.2011 beim Handelsgericht XXXX eine Klage gegen zwei Gesellschaften ein und bezifferte den Streitwert mit 100.000 Euro. Sie führte aus, sie habe der erstbeklagten Partei am 24.1.2006 einen Einmalbarkredit von ursprünglich 320.000 Euro gewährt. Die erstbeklagte Partei sei Eigentümerin von XXXX Anteilen an einer näher bezeichneten Liegenschaft. Zur Sicherstellung des Kredites habe sie mit Pfandurkunde vom 12.12.2007 der beschwerdeführenden Gesellschaft ob ihrer Liegenschaftsanteile eine Höchstbetragshypothek über 350.000 Euro eingeräumt. Die zweitbeklagte Partei sei Eigentümerin von XXXX Anteilen an einer anderen, näher bezeichneten Liegenschaft. Zur Sicherstellung des der erstbeklagten Partei gewährten Kredites habe sie mit Pfandurkunde vom 11.4.2011 der beschwerdeführenden Gesellschaft ob ihrer Liegenschaftsanteile eine Höchstbetragshypothek über 100.000 Euro eingeräumt. Beide Parteien seien bereits vergeblich zur Zahlung aufgefordert worden. Aus prozessökonomischen Gründen würden vorerst nur 100.000 Euro eingeklagt. Der Urteilsantrag lautet wie folgt:

"1. Die erstbeklagte Partei ist zur ungeteilten Hand mit der zweitbeklagten Partei schuldig, der klagenden Partei EUR 100.000 samt 5 % Zinsen p.a. und 9 % Verzugszinsen p.a. jeweils berechnet ab 30.11.2011 bei vierteljährlicher Kapitalisierung sowie die Prozesskosten gem. § 19a RAO zu Handen des Klagevertreters binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution in ihr gesamtes Vermögen, insbesondere in ihre XXXX Anteile an der Liegenschaft [...] zu bezahlen.

2. Die zweitbeklagte Partei ist zur ungeteilten Hand mit der erstbeklagten Partei schuldig, der klagenden Partei EUR 100.000 samt 5 % Zinsen p.a. und 9 % Verzugszinsen p.a. jeweils berechnet ab 30.11.2011 bei vierteljährlicher Kapitalisierung sowie die Prozesskosten gem. § 19a RAO zu Handen des Klagevertreters binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution in ihre XXXX Anteile an der Liegenschaft [...] zu bezahlen."

Die Klagsschrift enthält sodann noch den Antrag auf Klagsanmerkung gemäß § 60 Abs. 2 des Allgemeines Grundbuchsgesetzes 1955.

Am 14.12.2011 zog die Kostenbeamtin des Handelsgerichtes XXXX namens des Präsidenten dieses Gerichtshofes - der belangten Behörde - als Pauschalgebühr nach TP 1 des Gerichtsgebührengesetzes BGBl. 501/1984 (in der Folge: GGG) 2909,50 Euro ein. Am 24.6.2016 zog sie eine weitere Gebühr von 1456,40 Euro ein.

1.2. Am 1.7.2016 brachte die beschwerdeführende Gesellschaft den Antrag auf Rückzahlung der - ihrer Ansicht nach - zu viel bezahlten Pauschalgebühr von 1456,40 Euro ein.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diesen Antrag ab. Begründend schildert sie den Verfahrensgang und führt aus, der nachträglich eingezogene Betrag von 1456,40 Euro setze sich aus der Pauschalgebühr nach TP 1 GGG in der Höhe von 3969 Euro zuzüglich 10 % Streitgenossenzuschlag abzüglich des bereits durch Einzug entrichteten Betrages von 2909,50 Euro zusammen. In rechtlicher Hinsicht führt sie aus, das GGG knüpfe bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernen würde, als sie über das Fehlen eines Elements des im Gesetz umschriebenen formalen Tatbestandes hinwegsehe, an den die Gebührenpflicht oder die Ausnahme (hievon) geknüpft sei, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden. Nach dem formalen äußeren Tatbestand habe die beschwerdeführende Gesellschaft zweimal 100.000 Euro klagsweise geltend gemacht. Dies ergebe sich aus den Formulierungen der einzelnen Klagebegehren. Wären nur insgesamt 100.000 Euro geltend gemacht worden, so wäre das Klagebegehren unter einem Punkt (die Erstbeklagte zur ungeteilten Hand mit der Zweitbeklagten) abzufassen gewesen.

Dieser Bescheid wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft am 2.11.2016 zu Handen ihrer rechtsfreundlichen Vertreter zugestellt.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, fristgerechte Beschwerde vom 24.11.2016, in der ausgeführt wird, das "Gericht" (gemeint: die belangte Behörde, eine Justizverwaltungsbehörde) hätte festzustellen gehabt, dass die beklagten Parteien solidarisch für den Anspruch der beschwerdeführenden Gesellschaft hafteten. Hätte es dies festgestellt, so hätte es von den Zusammenrechnungsregelungen des § 55 Jurisdiktionsnorm (in der Folge: JN) ausgehen müssen, wonach mehrere Begehren nur insoweit zusammenzurechnen seien, als sie auf eine mehrfache Leistung gingen. In der Klage werde aber unmissverständlich und ausdrücklich angeführt, dass "aus prozessökonomischen Gründen vorerst nur ein Betrag in Höhe von EUR 100.000,00 eingeklagt wird". Dass das Urteilsbegehren in zwei Absätze gegliedert sei, könne nichts daran ändern, dass eine solidarische Haftung der beiden beklagten Parteien vorliege. Es gehe um einen einzigen Anspruch, für denen mehrere Personen solidarisch hafteten, sodass die gegen die beklagten Parteien geltend gemachte Forderung gemäß § 14 GGG iVm § 52 (gemeint: § 55) Abs. 2 JN die Bemessungsgrundlage für das Verfahren bilde. Die rechtlichen Ausführungen in der Begründung des "Gerichtes" seien eine exakte Wiedergabe des Rechtssatzes des Verwaltungsgerichtshofes zu 2013/16/0218 (gemeint ist das Erk. vom 28.3.2014 zu dieser Zahl). In dieser Entscheidung werde nicht die formale äußere Gliederung des Klagebegehrens behandelt, sondern es handle sich um die Auslegung eines Befreiungstatbestandes der Anm. 7 zu TP 9 lit. b GGG. Auf die Gliederung des Urteilsbegehrens werde dort nicht abgestellt. Der beschwerdeführenden Gesellschaft sei nicht verständlich, wie "das belangte Gericht" zur Annahme komme, dass zweimal 100.000 Euro geltend gemacht worden seien und dass sich dies aus den Formulierungen der Klagebegehren ergebe. Vielmehr sei nur ein Anspruch geltend gemacht worden, für den die beiden Beklagten solidarisch hafteten. Das Klagebegehren sei nur deshalb in zwei Punkte gegliedert worden, um die jeweils bestehende Sachhaftung für ein und dieselbe Forderung präzise und unmissverständlich zu formulieren, eine Formulierung in einem einheitlichen Spruch hätte zu einem komplizierten Schachtelsatz geführt. Dem Klagebegehren eine andere Bedeutung beizumessen, als gewollt gewesen sei, sei auch im "Gebührengesetz" (gemeint: im GGG) nicht vorgesehen, sondern es sei auch dort auf den Willen der Partei abzustellen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Das Bundesverwaltungsgericht geht vom oben dargelegten Sachverhalt aus.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und der Beschwerde. Der Rückzahlungsantrag wurde dem Bundesverwaltungsgericht nicht vorgelegt, sein Inhalt ergibt sich aus den übereinstimmenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid und in der Beschwerde. Das Gericht geht daher von diesem Inhalt aus, der zwischen den Parteien seines Verfahrens, wie auch der Sachverhalt insgesamt, nicht strittig ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Dies ist bei Rechtssachen nach dem GGG der Fall, wie sich aus § 1 Z 1 und § 6 Abs. 1 des Gerichtlichen Einbringungsgesetzes BGBl. 288/1962 (in der Folge: GEG) ergibt.

3.2. Gemäß § 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, Art. 1 BG BGBl. I 33/2013 (in der Folge: VwGVG), idF BG BGBl. I 122/2013 ist das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens bereits kundgemacht waren, unberührt. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit im VwGVG nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG - wie die vorliegende - das AVG mit Ausnahme seiner §§ 1 bis 5 und seines IV. Teiles, die Bestimmungen weiterer, hier nicht relevanter Verfahrensgesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, welche die Verwaltungsbehörde in jenem Verfahren angewandt hat oder anzuwenden gehabt hätte, das dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - und somit auch das Bundesverwaltungsgericht - über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder seine Feststellung durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Verwaltungsbehörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde "unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens" widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Verwaltungsbehörde ist dabei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von der das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine andere als die Zuständigkeit des Einzelrichters ist für die vorliegende Rechtssache nicht vorgesehen, daher ist der Einzelrichter zuständig.

Zu A)

1.1.1. § 14 GGG lautet:

"Bemessungsgrundlage ist, soweit nicht im folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN."

Diese Bestimmung gilt in der Stammfassung des GGG.

§ 15 Abs. 2 GGG lautet:

"Mehrere in einem zivilgerichtlichen Verfahren von einer einzelnen Partei oder von Streitgenossen geltend gemachte Ansprüche sind zusammenzurechnen; die Summe der geltend gemachten Ansprüche bildet, soweit nicht im folgenden etwas anderes bestimmt wird, eine einheitliche Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren."

Diese Bestimmung gilt in der Stammfassung des GGG. Die Novellierungen des § 15 GGG durch Art. 5 Z 1 Budgetbegleitgesetz 2001 BGBl. I 142/2000, durch Art. 1 Z 9 lit. a Euro-Gerichtsgebühren-Novelle BGBl. I 131/2001 (in der Folge: EGN), durch Art. XX Z 1 Außerstreit-Begleitgesetz BGBl. I 112, durch Art. X Z 2 Zivilverfahrens-Novelle 2004 BGBl. I 128 und durch Art. 1 Z 4 Budgetbegleitgesetz 2007 BGBl. I 24 betrafen § 15 Abs. 2 GGG nicht.

§ 55 JN lautet:

"(1) Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche sind zusammenzurechnen, wenn

1. sie von einer einzelnen Partei gegen eine einzelne Partei erhoben werden und in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen oder

2. sie von mehreren Parteien oder gegen mehrere Parteien erhoben werden, die Streitgenossen nach § 11 Z 1 ZPO sind.

(2) Wird der gleiche Anspruch durch oder gegen mehrere Personen geltend gemacht, denen der Anspruch solidarisch zusteht oder für den sie solidarisch haften, so richtet sich der Wert nach der Höhe des einfachen Anspruchs.

(3) Wird nur ein Teil einer Kapitalsforderung begehrt, so ist der Gesamtbetrag der noch unberichtigten Kapitalsforderung maßgebend.

(4) Die Abs. 1 bis 3 sind auch für die Besetzung des Gerichts (§ 7a), die Zulässigkeit von Rechtsmitteln und die Berufungsgründe (§ 501 ZPO) maßgebend."

1.1.2. Der Tarif der TP 1 - ungeachtet der Anmerkungen - wurde durch Art. 1 Z 19 lit. a EGN neu gefasst. Durch Art. 23 Z 11 lit. b Budgetbegleitgesetz 2011 BGBl. I 111/2010 wurden in der Spalte "Gegenstand" in TP 1 GGG die Beträge durch neue Beträge ersetzt; danach lautet TP 1 GGG auszugsweise:

"I. Pauschalgebühren in zivilgerichtlichen Verfahren erster Instanz bei einem Wert des Streitgegenstandes ...

über 70 000 Euro bis 140 000 Euro 2 165 Euro

über 140 000 Euro bis 210 000 Euro 3 249 Euro"

Der links stehende Ausdruck steht in der Spalte "Gegenstand", der Betrag rechts in der Spalte "Höhe der Gebühren".

Gemäß Art. VI Z 39 GGG idF des Art. 23 Z 24 lit. b Budgetbegleitgesetz 2011 trat diese Änderung der TP 1 GGG mit 1.1.2011 in Kraft; sie ist auf (ua.) Klagen anzuwenden, die nach dem 31.12.2010 einlangen.

Durch Art. I Z 3 lit. a V BGBl. II 252/2006, Art. I Z 3 lit. a V BGBl. II 188/2009 und Art. I Z 1 lit. a V BGBl. II 242/2011 wurden die Beträge von 2 165 Euro und von 3 249 Euro in der Spalte "Höhe der Gebühren" jeweils angehoben ("geändert"), zuletzt auf 2 645 Euro bzw. auf 3 969 Euro. Die V BGBl. II 242/2011 trat gemäß ihrem Art. II am 1.8.2011 in Kraft und war auf alle Schriften und Amtshandlungen anzuwenden, bezüglich derer der Anspruch auf die Gebühr nach dem 31.7.2011 begründet wurde.

Die Verordnungen BGBl. II 280/2013 und BGBl. II 152/2017 sind nur auf Schriften und Amtshandlungen anzuwenden, bezüglich derer der Anspruch auf die Gebühr nach dem 30.9.2013 bzw. nach dem 31.7.2017 begründet wurde. Sie sind daher für das vorliegende Verfahren unbeachtlich.

1.1.3. § 19a GGG lautet:

"Die in den Tarifposten 1 bis 4 angeführten Gebühren erhöhen sich, wenn in einer Rechtssache mehrere Personen gemeinsam einen Anspruch gerichtlich geltend machen oder gerichtlich in Anspruch genommen werden oder wenn mehrere Personen gemeinsam ein Rechtsmittel erheben oder wenn dem Rechtsmittelwerber mehrere Personen als Rechtsmittelgegner gegenüberstehen. Die Erhöhung beträgt 10 vH, wenn zumindest auf einer Seite zwei Streitgenossen (Antragsteller, Antragsgegner), Rechtsmittelwerber oder Rechtsmittelgegner vorhanden sind, und 5 vH für jeden weiteren Streitgenossen (Antragsteller, Antragsgegner), Rechtsmittelwerber oder Rechtsmittelgegner, jedoch nie mehr als insgesamt 50 vH; Erhöhungsbeträge, die nicht auf volle 10 Cent lauten, sind auf die nächsten vollen 10 Cent aufzurunden."

§ 19a GGG wurde durch Art. 73 Z 2 Strukturanpassungsgesetz BGBl. 201/1996 eingefügt. Der letzte Halbsatz in § 19a ("Erhöhungsbeträge, die ...") erhielt seine Gestalt durch Art. 1 Z 13 EGN, er ist gemäß Art. VI Z 16 GGG idF des Art. 1 Z 34 lit. b EGN auf alle Schriften und Amtshandlungen anzuwenden, hinsichtlich derer der Anspruch auf die Gebühr nach dem 31.12.2001 begründet wird.

1.1.4. § 6c GEG steht unter der Überschrift "Rückzahlung" und lautet:

"(1) Die nach § 1 einzubringenden Beträge mit Ausnahme der Beträge nach § 1 Z 6 sind zurückzuzahlen

1. soweit sich in der Folge ergibt, dass überhaupt nichts oder ein geringerer Betrag geschuldet wurde und der Rückzahlung keine rechtskräftige Entscheidung entgegensteht;

2. soweit die Zahlungspflicht aufgrund einer nachfolgenden Entscheidung erloschen ist.

(2) Die Rückzahlung ist von Amts wegen oder auf Antrag der Partei, die die Beträge entrichtet hat, zu verfügen. Insoweit sich jedoch der Rückzahlungsanspruch als nicht berechtigt erweist, ist er von der Behörde (§ 6) mit Bescheid abzuweisen."

§ 6c GEG wurde durch Art. 2 Z 14 GGN 2014 ins GEG eingeführt; er trat gemäß § 19a Abs. 14 GEG idF Art. 2 Z 36 GGN 2014 mit 1.7.2015 in Kraft. Daher ist er im vorliegenden Verfahren anzuwenden. Weder der Beschwerdeführer noch die belangte Behörde haben eine Rechtsgrundlage angegeben.

2.1. Gemäß § 14 GGG ist Bemessungsgrundlage, soweit nicht in den darauffolgenden Bestimmungen etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den §§ 54 bis 60 JN. Gemäß § 15 Abs. 2 GGG sind mehrere in einem zivilgerichtlichen Verfahren von einer einzelnen Partei gemachte Ansprüche zusammenzurechnen. Gemäß § 55 Abs. 2 JN richtet sich der Wert des Streitgegenstandes, wenn der gleiche Anspruch gegen mehrere Personen geltend gemacht wird, die für ihn solidarisch haften, nach der Höhe des einfachen Anspruchs.

Nach der Klagserzählung schuldet die erstbeklagte Partei der beschwerdeführenden Gesellschaft einen Geldbetrag. Dafür bestellte sie ein Pfandrecht. Später bestellte auch die zweitbeklagte Partei ein Pfandrecht zur Sicherung dieser Forderung. Mit der Klage machte die beschwerdeführende Gesellschaft einen Teil ihrer Forderung, nämlich 100.000 Euro, geltend und richtete diese Klage gegen beide Schuldner gleichzeitig. Es ist offenkundig, dass es sich dabei nur um eine Forderung handelt, dh. ein stattgebendes Urteil hätte dazu geführt, dass der beschwerdeführenden Gesellschaft 100.000 Euro zu zahlen gewesen wären, gleichgültig, von welcher der beiden Beklagten. (Die Sachhaftung der Zweitbeklagten war überdies auf den Klagsbetrag beschränkt, während die Erstbeklagte nach den Angaben der Klage tatsächlich einen höheren Betrag schuldete.)

Der angefochtene Bescheid enthält keine Ausführungen dazu, auf welcher Rechtsgrundlage die Bemessungsgrundlage nach dem GGG zu berechnen sei. Die Formulierung, die Klägerin habe zweimal 100.000 Euro geltend gemacht, deutet aber darauf hin, dass die belangte Behörde § 15 Abs. 2 GGG im Auge hatte. Dies ist nach der Formulierung der Klage auszuschließen. Selbst wenn die Formulierung des Urteilsbegehrens sich anders auslegen ließe, schließt ein Blick auf die Klagserzählung dies aus. Auch unabhängig davon wird der unbefangene Leser des Urteilsbegehrens annehmen, dass es um eine einzige Forderung geht, die mit zwei Pfandrechten besichert ist. Der von der belangten Behörde zitierte Rechtssatz vom Anknüpfen des GGG an formale äußere Tatbestände - welcher der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (statt vieler VwGH 10.4.2008, 2007/16/0228; 29.4.2013, 2011/16/0004; 28.3.2014, 2013/16/0218 [das ist die in der Beschwerde bezogene Entscheidung]; 22.10.2015, Ro 2014/16/0021, mwN; 12.9.2017, Ra 2017/16/0119; ausdrücklich auf eine solche Handhabung durch den Kostenbeamten abstellend VwGH 21.9.2005, 2005/16/0138; 26.9.2006, 2006/16/0065; 25.1.2007, 2006/16/0141; 5.11.2009, 2008/16/0057; vgl. auch schon VwGH 17.10.2001, 2001/16/0347) entspricht, ohne dass die belangte Behörde dies erwähnt hätte - kann nicht dazu führen, über die Formulierung der Klage völlig hinwegzugehen und das Klagebegehren in einer Weise auszulegen, die nicht dem Willen der klagenden Partei entspricht. Es handelt sich gleichsam um eine Regel zur Auslegung nicht nur des GGG, sondern - wie im vorliegenden Fall - des Schriftsatzes einer Partei. (Dies gilt nur für den ersten Teil dieses Rechtssatzes. Soweit dann von einer Auslegung des Gesetzes die Rede ist, gilt dies selbstverständlich nicht.) Dass dieser Schriftsatz für Zwecke der Gebührenbemessung anders auszulegen wäre als (vom Gericht) im gerichtlichen Verfahren, kann dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden. Dass durch die Auslegung, welche die belangte Behörde gewählt hat, eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes gewährleistet wäre, ist überdies schon deshalb fraglich, weil die Kostenbeamtin dieser Auslegung zunächst nicht gefolgt, sondern erst später vom Revisor darauf hingewiesen worden war.

2.2. Bemessungsgrundlage waren somit nicht zweimal 100.000 Euro, sondern der tatsächlich eingeklagte Betrag von 100.000 Euro. Dazu kommt ein Streitgenossenzuschlag von 10 %. Die Gebühr nach TP 1 GGG einschließlich des Streitgenossenzuschlages beträgt somit 2909,50 Euro. Da vom Konto des rechtsfreundlichen Vertreters der beschwerdeführenden Gesellschaft weitere 1456,40 Euro eingezogen wurden, hat sie diesen Betrag zu viel entrichtet.

2.3. Den Anspruch auf Rückzahlung des zuviel gezahlten Betrages stützt die beschwerdeführende Gesellschaft der Sache nach offenbar auf § 6c Abs. 1 Z 1 GEG, wonach die nach § 1 GEG einzubringenden Beträge mit Ausnahme der Beträge nach § 1 Z 6 GEG zurückzuzahlen sind, soweit sich in der Folge ergibt, dass überhaupt nichts oder ein geringerer Betrag geschuldet wurde und der Rückzahlung keine rechtskräftige Entscheidung entgegensteht. Genau das ist hier der Fall.

Somit steht der beschwerdeführenden Gesellschaft gemäß § 6c Abs. 1 Z 1 GEG ein Rückzahlungsanspruch in der Höhe des zuviel gezahlten Betrages zu, somit von 1456,40 Euro.

3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Sie kann gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (MRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegensteht.

Eine mündliche Verhandlung konnte daher unterbleiben, da der Sachverhalt feststeht, eine weitere Klärung der Rechtssache durch eine Verhandlung nicht zu erwarten ist und dem auch die oben genannten Vorschriften nicht entgegenstehen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Aktiengesellschaft Begründungsmangel Bemessungsgrundlage Klagebegehren Parteiwille Pauschalgebührenauferlegung Pfandrechtseintragung Rechtslage Rückzahlungsanspruch Streitgenossenzuschlag Streitwert

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W199.2142044.1.00

Im RIS seit

11.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

11.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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