TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/7 W146 2152546-2

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Veröffentlicht am 07.05.2020
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Entscheidungsdatum

07.05.2020

Norm

AsylG 2005 §75 Abs24
B-VG Art133 Abs4
FPG §125
FPG §94 Abs5
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W146 2152546-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Stefan HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.10.2019, Zl.: IFA 1076595100, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

1. Verfahrensgang und Feststellungen:

Der Beschwerdeführer stellte am 06.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 07.03.2017 wurde dieser Antrag bezüglich des Status des Asylberechtigten abgewiesen, hingegen der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 06.03.2018 erteilt. In Erledigung der dagegen erhobenen Beschwerde wurde dem Beschwerdeführer mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.01.2019 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

Am 11.03.2019 stellte der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses, der ihm am 10.05.2019 erteilt und am 15.05.2019 zugestellt wurde.

Am 13.05.2019 stellte der Beschwerdeführer einen "Antrag auf Ausstellung einer Identitätskarte für Asylberechtigte nach § 125 Abs. 29 FPG idgF und § 94a FPG idF vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBL. I Nr. 24/2016" und begründete dies damit, dass der Beschwerdeführer seinen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15.11.2015 gestellt habe, weshalb § 51a Abs. 1 AsylG idgF aufgrund der Übergangsbestimmung bzw. Inkrafttretensbestimmung im Asylgesetz auf ihn nicht anwendbar sei. Da der Beschwerdeführer somit keine Karte für Asylberechtigte gemäß § 51a Abs. 1 AsylG erhalten könne, sei in seinem Fall gemäß § 125 Abs. 29 FPG - in sachgerechter Weise - die Ausstellung der Identitätskarte für Fremde weiterhin vorgesehen (vgl. ErläutRV 996 d. B. BlgNR 25 GP zu § 94a und 125 Abs. 29 FPG). Damit es in diesem Fall zu keiner unsachlichen Differenzierung komme, sei § 94a FPG idF vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 in dem Sinne auszulegen, dass dem Beschwerdeführer auch dann eine Identitätskarte für Fremde auszustellen sei, obwohl ihm weder die Ausstellung eines Konventionsreisepasses versagt, noch sein Konventionsreisepasses entzogen worden sei (vgl. § 94a idF vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016). Die Übergangsbestimmung im § 125 Abs. 29 FPG sei demnach im Lichte des Gleichheitssatzes und solcherart in verfassungskonformer Interpretation derart auszulegen, dass dem asylberechtigten Beschwerdeführer, der seinen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15.11.2015 gestellt habe, eine Identitätskarte für Fremde unter den gleichen Voraussetzungen wie sie in § 51a Abs. 1 AsylG normiert seien, ausgestellt werde.

Mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 22.10.2019 wurde der Antrag auf Ausstellung einer Identitätskarte gemäß § 94a Abs. 1 FPG idF BGBl. I Nr. 24/2016 als unzulässig zurückgewiesen. Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der Beschwerdeführer am 06.07.2015, somit vor dem Stichtag des 15.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, sodass ihm, obwohl ihm mit 15.01.2019 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden sei, keine Karte für Asylberechtigte gemäß § 51a AsylG 2005 zukomme. Am 10.05.2019 habe der Beschwerdeführer das beantragte Konventionsreisedokument ausgestellt bekommen. Gemäß § 129 Abs. 29 FPG idgF seien auf einen Fremden, dem der Status des Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG 2005 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt worden sei, die §§ 94 Abs. 5 und 94a in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 anzuwenden. Die Bestimmung des § 94a Abs. 1 FPG in der Fassung vor Inkrafttreten der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016, somit in der Fassung BGBl. I. Nr. 121/2015 laute: Das Bundesamt könne Fremden, denen die Ausstellung eines Konventionsreisepasses (§ 94 Abs. 1) gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 92 versagt worden sei oder denen ein Konventionsreisepass (§ 94 Abs. 1) gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 93 entzogen worden sei eine Identitätskarte ausstellen, wenn die Voraussetzungen zur neuerlichen Ausstellung eines Konventionsreisepasses nicht vorliegen würden. Der Beschwerdeführer erfülle die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Konventionsreisedokuments und sei ihm ein solches auf seinen Antrag hin ausgestellt worden. Die von ihm als Argument für die Ausstellung einer Identitätskarte vorgebrachte Auslegung der Übergangsbestimmungen stelle insoweit eine denkunmögliche Anwendung des Gesetzes dar, insoweit diese nur Asylberechtigten ausgestellt werden könne, denen der Konventionsreisepass entzogen oder die Ausstellung versagt worden sei.

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und dazu ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seinen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15.11.2015 gestellt habe, weshalb § 51a Abs. 1 AsylG idgF (Ausstellung einer Identitätskarte für Asylberechtigte) aufgrund der Übergangsbestimmung bzw. Inkrafttretensbestimmung im Asylgesetz nicht anwendbar sei. Da der Beschwerdeführer somit keine Karte für Asylberechtigte gemäß § 51a Abs. 1 Asylgesetz erhalten könne, wäre in seinem Fall gemäß § 125 Abs. 29 FPG - in sachgerechter Weise - die Ausstellung der Identitätskarte für Fremde weiterhin vorgesehen (vgl. ErläutRV 996 d.B. BlgNR 25 GP zu § 94a und 125 Abs. 29 FPG). Damit es in diesem Fall aber zu keiner unsachlichen Differenzierung komme, sei § 94a FPG idF vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 in dem Sinne auszulegen, dass dem Beschwerdeführer auch dann eine Identitätskarte für Fremde auszustellen sei, obwohl ihm weder die Ausstellung eines Konventionsreisepasses versagt, noch sein Konventionsreisepass entzogen worden sei (§ 94a in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016). Es sei nämlich nicht nachvollziehbar, weshalb Asylberechtigte, die den Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15.11.2015 gestellt hätten, gegenüber solchen, deren Antrag nach diesem Datum gestellt worden sei, schlechter gestellt sein sollen. Diese Ungleichbehandlung sei sachlich nicht zu rechtfertigen. Daher habe die Norm im Sinne der Herstellung eines verfassungskonformen Zustandes unangewendet zu bleiben, da Gesetze so zu interpretieren seien, dass sie im Zweifel nicht gleichheitswidrig seien (vgl. zB VfSlg 10.387/1985, 13.210/1992). So könne in diesem Fall eine Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander hintangehalten werden.

Die Übergangsbestimmung in § 125 Abs. 29 FPG sei demnach im Lichte des Gleichheitssatzes und solcherart in verfassungskonformer Interpretation derart auszulegen, dass dem asylberechtigten Beschwerdeführer, der seinen Antrag auf internationalen Schutz vor den 15.11.2015 gestellt habe, eine Identitätskarte für Fremde unter den gleichen Voraussetzungen wie sie in § 51a Abs. 1 AsylG normiert seien, ausgestellt werde.

Der Beschwerdeführer stelle daher den Antrag im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation der §§ 125 Abs. 29 FPG idgF und § 94a FPG in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 eine Identitätskarte für Asylberechtigte auszustellen sowie ein Gesetzesprüfungsverfahren beim VfGH anzuregen.

2. Beweiswürdigung:

Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

Wenn die Behörde in erster Instanz den Antrag zurückgewiesen hat, ist das VwG lediglich befugt, darüber zu entscheiden, ob die von der Behörde ausgesprochene Zurückweisung als rechtmäßig anzusehen ist. Dies allein bildet den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens (VwGH E 23.06.2015, Ra 2015/22/0040).

Der § 75 Abs. 24, 1. Satz AsylG 2005 idgF lautet: Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden.

Gemäß § 51a Abs. 1 AsylG 2005 idgF ist einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, eine Karte für Asylberechtigte auszustellen. Diese Karte dient dem Nachweis der Identität und der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes im Bundesgebiet. Die Karte ist nach Aberkennung des Status des Asylberechtigten dem Bundesamt zurückzustellen.

Der § 125 Abs. 29 FPG idgF lautet: Auf einen Fremden, dem der Status des Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG 2005 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde, sind die §§ 94 Abs. 5 und 94a in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 anzuwenden.

Gemäß § 94a Abs. 1 FPG idF BGBl. I. Nr. 121/2015 kann das Bundesamt Fremden, denen die Ausstellung eines Konventionsreisepasses (§ 94 Abs. 1) gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 92 versagt wurde oder denen ein Konventionsreisepass (§ 94 Abs. 1) gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 93 entzogen wurde eine Identitätskarte ausstellen, wenn die Voraussetzungen zur neuerlichen Ausstellung eines Konventionsreisepasses nicht vorliegen.

Die ErläutAbA (BGBl I 2016/24) zu § 94a FPG besagen:

"Aufgrund der Einführung einer Karte für Asylberechtigte hat der bisherige Abs 1 zu entfallen, da Asylberechtigte somit künftig ohnehin ein Identitätsdokument bekommen. Hintergrund der Identitätskarte für Fremde ist schließlich, für Fremde, die ansonsten über kein Identitätsdokument verfügen, ein solches zur Verfügung zu stellen, damit sie nicht ohne Identitätsdokument von der Fremdenpolizeibehörde im Bundesgebiet aufgegriffen werden (vgl. ErläutRV 330 BlgNR 24. GP zu § 94a FPG). Für jene Asylberechtigte, die aufgrund der Übergangsbestimmung bzw. Inkrafttretensbestimmung im AsylG 2005 nicht unter die Befristung des Aufenthaltsrecht fallen und daher keine Karte für Asylberechtigte erhalten (haben), ist in sachgerechter Weise gemäß § 125 Abs 29 die Ausstellung der Identitätskarte weiterhin vorgesehen." (Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht § 94a FPG 2005 (Stand 1.6.2016, rdb.at))

Der Beschwerdeführer stellte seinen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15.11.2015, weshalb § 51a Abs. 1 AsylG 2005 idgF auf Ausstellung einer Karte für Asylberechtigte aufgrund des § 75 Abs. 24 AsylG 2005 idgF nicht anwendbar ist. § 125 Abs. 29 FPG idgF regelt für diese Fälle die Anwendbarkeit des § 94a FPG idF BGBl. I. Nr. 121/2015, somit die Ausstellung einer Identitätskarte für Fremde. Dieser Wille des Gesetzgebers ergibt sich auch aus den Erläuternden Bemerkungen zur Gesetzesnovelle BGBl. I Nr. 24/2016.

Die Antragstellung des Beschwerdeführers erfolgte somit gesetzeskonform, weshalb dieser Antrag von der belangten Behörde nicht wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen hätte werden dürfen.

Der angefochtene Bescheid war daher ersatzlos zu beheben.

Wegen der Behebung des angefochtenen Bescheides konnte eine Verhandlung gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen.

Zu Spruchpunkt B)

Die Revision ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG iVm Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, da der gegenständliche Fall nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Gesetzeslage erscheint im entscheidungswesentlichen Zusammenhang insgesamt klar und eindeutig (zur Unzulässigkeit einer Revision aus diesem Grunde vgl. VwGH 27.08.2014, Ra 2014/05/0007 mwN).

Schlagworte

Behebung der Entscheidung ersatzlose Behebung Identität Kassation unzulässiger Antrag Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W146.2152546.2.00

Im RIS seit

04.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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