TE Vwgh Erkenntnis 1998/3/10 95/08/0284

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Veröffentlicht am 10.03.1998
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
19/05 Menschenrechte;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
60/02 Arbeitnehmerschutz;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

ABGB §5;
AlVG 1977 §24 Abs2;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AlVG 1977 §26 Abs3 litd;
AlVG 1977 §26 Abs4 lite;
AlVG 1977 §31a;
AlVG 1977 §32a Abs2;
AlVG 1977 §71 Abs2;
AlVGNov 1993 Art1 Z21;
MRK Art7;
MSchG 1979 §15c;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winkler, über die Beschwerde der G in R, vertreten durch Dr. Walter Brandt und Dr. Karl Wagner, Rechtsanwälte in 4780 Schärding, Unterer Stadtplatz 4, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 4. Mai 1995, Zl. B1-AlV-7022-1-B/3937 051265/Schärding, betreffend Widerruf und Verpflichtung zur Rückzahlung von Karenzurlaubsgeld und Verhängung eines Zuschlages nach § 32a Abs. 2 AlVG sowie Widerruf und Verpflichtung zur Rückzahlung von Sondernotstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

1. Die Beschwerde wird - soweit sie sich gegen den Widerruf und die Verpflichtung zur Rückzahlung von Karenzurlaubsgeld und Sondernotstandshilfe richtet - als unbegründet abgewiesen.

2. Der angefochtene Bescheid wird - soweit er die Verhängung eines Zuschlages betrifft - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde gemäß §§ 24 Abs. 2 und 29 Abs. 1 AlVG den Widerruf des der Beschwerdeführerin für die Zeit vom 24. September 1992 bis 29. Juli 1994 gewährten Karenzurlaubsgeldes sowie die gemäß § 25 Abs. 1 AlVG ergangene Verpflichtung zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Leistung in Höhe von S 134.286,-- (Spruchpunkt 1.).

Ferner wurde die Beschwerdeführerin unter Berufung auf § 32a Abs. 2 AlVG zur Zahlung eines Zuschlages in der Höhe von S 21.356,-- verpflichtet (Spruchpunkt 2.).

Mit Spruchpunkt 3. bestätigte die belangte Behörde gemäß §§ 24 Abs. 2, 38 und 39 Abs. 3 AlVG den Widerruf der für die Zeit vom 12. September bis 26. November 1994 gewährten Sondernotstandshilfe sowie die gemäß § 25 Abs. 1 AlVG ergangene Verpflichtung zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Leistung im Gesamtbetrag von S 15.268,--.

Nach der Begründung habe die Beschwerdeführerin am 29. September 1992 aus Anlaß der Geburt ihrer Tochter bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice die Zuerkennung von Karenzurlaubsgeld beantragt. Die auf Seite 2 des Antragsformulares unter Punkt 4. angegebene Frage, ob sie derzeit in Beschäftigung stünde (z.B. etwa als Mitarbeiter im Familienbetrieb), habe sie verneint. Nach der vorgelegten Arbeitsbescheinigung des Betriebes ihres Ehegatten habe das bestehende Dienstverhältnis am 1. Februar 1991 begonnen; vom 24. September 1992 bis 29. Juli 1994 sei Karenzurlaub vereinbart worden. Der Beschwerdeführerin sei daraufhin Karenzurlaubsgeld zuerkannt worden.

Am 12. September 1994 habe die Beschwerdeführerin die Gewährung von Sondernotstandshilfe beantragt. Nach ihren Angaben habe sich ihr Ehegatte seit 26. August 1994 in Konkurs befunden; sein Einkommen im Wirtschaftsjahr 1994 sei mit weniger als Null angegeben worden. Die Beschwerdeführerin habe daraufhin Sondernotstandshilfe erhalten.

Im Zuge des Insolvenzverfahrens des Unternehmens ihres Ehegatten sei die Beschwerdeführerin am 1. Dezember 1994 zur Klärung ihres Anspruches auf Insolvenz-Ausfallgeld niederschriftlich vor dem Arbeitsmarktservice befragt worden. Dabei habe sie in Gegenwart ihres Rechtsvertreters im wesentlichen angegeben, vor ihrem Karenzurlaub ca. fünfzehn bis zwanzig Stunden pro Woche im Betrieb ihres Ehegatten beschäftigt gewesen zu sein. Auch während des Karenzurlaubes sei sie etwa zwanzig Stunden pro Woche für das Unternehmen tätig gewesen. Die Tätigkeit während des Karenzurlaubes habe sie ihrer Auffassung nach im Rahmen ihrer ehelichen Beistandspflicht geleistet; außerhalb ihres Karenzurlaubes sei sie im Rahmen eines Arbeitsvertrages tätig gewesen. Das Arbeitsausmaß sei sowohl während des aufrechten Dienstverhältnisses als auch während des Karenzurlaubes immer gleich gewesen. Lediglich ab Jänner 1993 habe sich das Arbeitsausmaß auf fünfundzwanzig bis dreißig Stunden in der Woche erhöht. Nach dem Ende des Karenzurlaubes sei sie wieder mit zwanzig Wochenstunden bei der Gebietskrankenkasse angemeldet worden.

In ihrer Berufung gegen die erstinstanzlichen Bescheide habe die Beschwerdeführerin erklärt, während ihres Karenzurlaubsgeldbezuges von ihrem Ehegatten kein wie immer geartetes Einkommen erhalten zu haben. Da sie ihren Ehegatten im Rahmen der ehelichen Beistandspflicht unterstützt habe, lägen ihrer Ansicht nach keinesfalls die Voraussetzungen für eine Rückzahlung der ihr gewährten Leistungen vor.

Nach Wiedergabe der im Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes verwies die belangte Behörde auf den Umstand, daß die Beschwerdeführerin sowohl vor als auch nach ihrem Karenzurlaub bei der Gebietskrankenkasse mit zwanzig Stunden pro Woche gemeldet gewesen sei. Nach den Angaben der Beschwerdeführerin in der Niederschrift vom 1. Dezember 1994 sei sie auch während des Karenzurlaubsgeldbezuges im Betrieb ihres Ehegatten tätig gewesen. Gemäß § 26 Abs. 3 lit. c (richtig: d) AlVG komme es nicht auf das Bestehen eines Dienstverhältnisses, sondern allein auf die Tätigkeit im Betrieb des Ehegatten an. Bei der Beurteilung des Vorliegens der Geringfügigkeit bei mithelfenden Angehörigen sei zu prüfen, welches Entgelt einem betriebsfremden Dienstnehmer bei gleicher Arbeitszeit und gleicher Tätigkeit gebühren würde. Hätte die Beschwerdeführerin die von ihr erledigten Tätigkeiten nicht verrichtet, so hätte ihr Ehegatte einen betriebsfremden Dienstnehmer einstellen und entlohnen müssen. Die Beschwerdeführerin habe für ihre Tätigkeit im Jahre 1992 einen monatlichen Bruttolohn von S 7.535,-- bezogen, woraus sich ein Bruttostundenlohn von S 87,-- ergebe. Werde dieser Stundenlohn jenen Beschäftigungszeiten, die die Beschwerdeführerin in ihrer Niederschrift vom 1. Dezember 1994 angegeben habe, zugrundegelegt, so ergebe sich, daß der der Beschwerdeführerin (bzw. einem betriebsfremden Dienstnehmer) gebührende Anspruchslohn die monatliche Geringfügigkeitsgrenze laufend überschritten habe.

Ebenso verhalte es sich mit dem Bezug der Sondernotstandshilfe vom 12. September bis 26. November 1994. Für diesen seien - abgesehen von der Arbeitswilligkeit - alle Voraussetzungen für den Bezug von Notstandshilfe zu erfüllen, also insbesondere der Tatbestand der Arbeitslosigkeit. Gemäß § 38 iVm § 12 Abs. 3 lit. d AlVG gelte als arbeitslos inbesondere nicht, wer, ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen, im Betrieb des Ehegatten tätig sei. Auch diesbezüglich sei die monatliche Geringfügigkeitsgrenze überschritten worden.

Bezüglich der Verpflichtung zum Leistungsrückersatz sei davon auszugehen, daß die Beschwerdeführerin ihre Tätigkeit im Betrieb ihres Gatten während des Leistungsbezuges verschwiegen habe. Davon abgesehen habe sie in ihrem Antrag auf Gewährung von Karenzurlaubsgeld die Frage, ob sie derzeit in Beschäftigung stehe, verneint, obwohl diesbezüglich als nähere Erläuterung auch die Mitarbeit im Familienbetrieb angeführt sei. Auch fahrlässig geäußerte Angaben erfüllten den Rückforderungstatbestand.

Die Regelung über die Verhängung eines Zuschlages nach § 32a Abs. 2 AlVG sei mit der Novelle BGBl. Nr. 817/1993 mit Wirkung vom 1. Jänner 1994 in Kraft getreten. Dieser Tatbestand sei daher auf Sachverhalte vor dem 1. Jänner 1994 nicht anwendbar. Vom 1. Jänner bis 29. Juli 1994 habe die Beschwerdeführerin allerdings zu Unrecht Karenzurlaubsgeld in der Höhe von S 42.713,-- bezogen. Aus berücksichtigungswürdigen sozialen Erwägungen (Betreuung und Versorgung von drei minderjährigen Kindern) sei jedoch nach Auffassung der belangten Behörde eine 50 %ige Verringerung des Zuschlages auf S 21.356,-- gerechtfertigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zum Karenzurlaubsgeld

Nach § 26 Abs. 3 lit. d AlVG haben keinen Anspruch auf Karenzurlaubsgeld Mütter, die ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen, im Betrieb des Ehegatten, der Eltern oder Kinder tätig sind.

Gemäß § 26 Abs. 4 lit. e AlVG haben Anspruch auf Karenzurlaubsgeld jedoch bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen Mütter, die ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen, im Betrieb des Ehegatten, der Eltern oder Kinder tätig sind, sofern das Entgelt aus dieser Tätigkeit, würde sie von einem Dienstnehmer ausgeübt, die in § 5 Abs. 2 lit. a bis c ASVG angeführten Beträge nicht übersteigen würde.

Gemäß § 29 AlVG sind auf das Karenzurlaubsgeld unter anderem die §§ 24 und 25 AlVG sinngemäß anzuwenden.

§ 24 Abs. 2 AlVG bestimmt, daß dann, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosengeldes nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt, die Zuerkennung zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen ist.

Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist gemäß § 25 Abs. 1 AlVG der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat, oder wenn er erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, daß sie in der Zeit, in der sie Karenzurlaubsgeld bezog, im Betrieb ihres Ehegatten in der von der belangten Behörde festgestellten Art tätig war. Sie wirft der belangten Behörde jedoch zunächst vor, diese habe es vollkommen unterlassen, den Umfang dieser Tätigkeit zu prüfen.

Dieser Einwand ist nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen:

Die belangte Behörde hat nämlich, gestützt auf die in Gegenwart ihres Rechtsvertreters durchgeführte Vernehmung der Beschwerdeführerin, festgestellt, daß diese in der strittigen Zeit des Bezuges von Karenzurlaubsgeld in dem von ihr selbst angegebenen Ausmaß im Betrieb ihres Ehegatten tätig gewesen ist. Diesbezüglich hat die Beschwerdeführerin erklärt, es sei "das Ausmaß meiner Tätigkeit während des Karenzurlaubes ... 20 Stunden in der Woche" gewesen, "das Arbeitsausmaß" sei "sowohl während des aufrechten Dienstverhältnisses als auch während des Karenzurlaubes immer gleich" gewesen, "lediglich ab Jänner 1993" sei es "zu einer Erhöhung meines Arbeitsumfanges" gekommen, es habe "das ungefähre Ausmaß meiner Tätigkeit ...

bis Dezember 1992 ... ca. 15 bis 20 Stunden und ab Jänner ...

ca. 25 bis 30 Stunden je Woche ... betragen". Im Hinblick auf

diese Angaben der Beschwerdeführerin ist nicht erkennbar, was die belangte Behörde diesbezüglich noch hätte prüfen sollen.

In der Beschwerde wird ferner die Auffassung vertreten, daß die Tätigkeit der Beschwerdeführerin allein keinen Ausschlußgrund für ihren Anspruch auf Karenzurlaubsgeld darstelle, weil auch bei einer Teilzeitbeschäftigung ein vermindertes Karenzurlaubsgeld beansprucht werden könne. Die belangte Behörde habe daher den Begriff der Tätigkeit zu restriktiv ausgelegt.

Mit diesem Vorbringen spricht die Beschwerdeführerin erkennbar die Bestimmung des § 31a AlVG (Karenzurlaubsgeld bei Teilzeitbeschäftigung) in Verbindung mit § 15c des Mutterschutzgesetzes (Karenzurlaub) an. Von einer Teilzeitbeschäftigung iS des Mutterschutzgesetzes kann im Beschwerdefall allerdings nicht die Rede sein, da eine solche schon begrifflich (arg.: "... Herabsetzung ihrer Arbeitszeit ..." in § 15c Abs. 2 MSchG) eine Reduzierung der Arbeitszeit zur Voraussetzung hat (vgl. auch Knöfler, Mutterschutzgesetz, S. 324 ff, sowie Rebhahn, Das Recht der Eltern von Kleinkindern auf Teilzeitbeschäftigung, ÖJZ 1991, S. 649 ff). Die Beschwerdeführerin hat jedoch ausdrücklich erklärt, vor und während des Karenzurlaubes gleich viel gearbeitet zu haben (ab Jänner 1993 habe sich das Arbeitsmaß sogar auf 25 bis 30 Stunden erhöht).

Gegen die Verneinung der Tatbestandsmäßigkeit des § 26 Abs. 4 lit. e AlVG durch die belangte Behörde wendet die Beschwerdeführerin ein, die belangte Behörde stelle lediglich fest, daß von ihrem Ehegatten ein betriebsfremder Dienstnehmer hätte eingestellt und entlohnt werden müssen. Dieser angenommene Sachverhalt hätte von der belangten Behörde aber im Rahmen eines durchzuführenden Ermittlungsverfahrens festgestellt werden müssen.

An diesem Vorbringen ist richtig, daß die belangte Behörde derartiges festgestellt hat. Darauf kommt es jedoch nicht an. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 14. November 1995, Zl. 95/08/0172, ausgeführt hat, schließt nach § 26 Abs. 4 lit. e AlVG die Mithilfe im Betrieb des Ehegatten zwar vom Anspruch auf Karenzurlaubsgeld aus, diese Ausschlußwirkung tritt aber (ausnahmsweise) nicht ein, wenn auch bei Bestehen eines Dienstverhältnisses zwischen den Ehegatten kein Entgelt erzielt worden wäre, welches die genannten Geringfügigkeitsgrenzen des § 5 Abs. 2 lit. a bis c ASVG übersteigt. Es war daher im Beschwerdefall nicht zu prüfen, ob "vom Gatten ein betriebsfremder Dienstnehmer eingestellt und entlohnt hätte werden müssen", sondern welchen Entgeltanspruch die Beschwerdeführerin selbst im strittigen Zeitraum vom 24. September 1992 bis 29. Juli 1994 gehabt hätte, wenn sie wie ein familienfremder Dienstnehmer im Betrieb ihres Ehegatten in dem von ihr behaupteten Umfang und in der von ihr behaupteten Art beschäftigt gewesen wäre. Dies hat aber die belangte Behörde ohnedies getan und entsprechende Feststellungen getroffen. Die diesbezüglichen Ergebnisse werden in der Beschwerde nicht bestritten.

Die Beschwerdeeinwände sind daher nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit des Widerrufes des zuerkannten Karenzurlaubsgeldes aufzuzeigen.

Die belangte Behörde hat aber auch zu Recht das Karenzurlaubsgeld gemäß § 25 Abs. 1 AlVG zurückgefordert: Die Beschwerdeführerin hat in ihrem Antrag vom 29. September 1992 die Frage nach einer derzeitigen Beschäftigung verneint, obgleich in der Rubrik nach der Art der Tätigkeit ausdrücklich "Mitarbeiter im Familienbetrieb" als Beispiel angegeben ist. Da die Beschwerdeführerin nach ihren eigenen Angaben in der Niederschrift vom 1. Dezember 1994 auch während ihres Karenzurlaubes im Betrieb ihres Ehegatten mitgearbeitet hat, wurde somit ein für den Bezug von Karenzurlaubsgeld bedeutsamer Umstand verschwiegen.

Die diesbezüglich erhobene Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2. Zur Verhängung eines Zuschlages

Gemäß § 32a Abs. 2 AlVG idF der Novellen BGBl. Nr. 817/1993 und BGBl. Nr. 314/1994 hat die regionale Geschäftsstelle Beziehern bzw. Bezieherinnen von Karenzurlaubsgeld, die grob fahrlässig oder vorsätzlich unwahre Angaben gemacht oder maßgebliche Tatsachen verschwiegen und dadurch zu Unrecht Karenzurlaubsgeld bezogen haben, unbeschadet der Bestimmungen des § 25 einen Zuschlag in der Höhe des zu Unrecht bezogenen Karenzurlaubsgeldes zur Zahlung vorzuschreiben. Im Falle außergewöhnlicher sozialer Härten kann die Höhe dieses Zuschlages gesenkt werden.

Diese Bestimmung trat gemäß Art. I Z. 21 der Novelle BGBl. Nr. 817/1993 am 1. Jänner 1994 in Kraft. Sie hat Strafcharakter und knüpft - ähnlich einem Straftatbestand - an grob fahrlässig oder vorsätzlich gemachte unwahre Angaben bzw. an die Verschweigung maßgeblicher Tatsachen an und ist daher in zeitlicher Hinsicht nur auf jene (derartigen) Sachverhalte anzuwenden, die sich nach ihrem Inkrafttreten ereignet haben (vgl. dazu das bereits genannte Erkenntnis vom 14. November 1995, Zl. 95/08/0172).

Soweit daher die belangte Behörde die Verhängung eines Zuschlages im Sinne des § 32a Abs. 2 AlVG an die unrichtige Angabe im Antragsformular vom 29. September 1992 (d.h. vor dem Inkrafttreten des § 32a AlVG) knüpft, hat sie ihren Bescheid diesbezüglich mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb dieser daher insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

3. Zur Sondernotstandshilfe

Den Widerruf der von der Beschwerdeführerin im Zeitraum vom 12. September bis 26. November 1994 bezogenen Sondernotstandshilfe stützt die belangte Behörde - unter erkennbarem Bezug auf § 39 Abs. 1 Z. 3 AlVG - darauf, daß in diesem Zeitraum der Tatbestand der Arbeitslosigkeit als Bezugsvoraussetzung nicht erfüllt gewesen sei. Gemäß § 38 iVm § 12 Abs. 3 lit. d AlVG gelte nämlich als arbeitslos insbesondere nicht, wer, ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen, im Betrieb des Ehegatten tätig sei. Hiefür gelte (zu ergänzen: nach § 12 Abs. 6 lit. d AlVG) gleiches wie zu § 26 Abs. 3 lit. c AlVG (gemeint: § 26 Abs. 3 lit. d iVm § 26 Abs. 4 lit. e AlVG).

Der Widerruf der Sondernotstandshilfe erweist sich dabei im Ergebnis als zutreffend: Hat nämlich - wie im Beschwerdefall - von Anfang an kein Anspruch auf Karenzurlaubsgeld bestanden, kommt aufgrund des § 39 Abs. 1 Z. 1 AlVG die Gewährung von Sondernotstandshilfe gar nicht in Frage.

Bezüglich der Verpflichtung zum Rückersatz der gewährten Leistung ist auf die Ausführungen zu Pkt. 1. zu verweisen.

Die diesbezüglich erhobene Beschwerde war daher ebenfalls gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4. Die Entscheidung über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Stempelgebührenersatz konnte nur für drei Beschwerdeausfertigungen und eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides zuerkannt werden.

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1995080284.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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