TE Lvwg Beschluss 2020/3/2 405-6/166/1/2-2020

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Veröffentlicht am 02.03.2020
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Entscheidungsdatum

02.03.2020

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §352 Abs8
GewO 1994 §352 Abs9

Text

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg fasst durch den Richter Mag. Erwin Ziermann über die Beschwerde von Herrn Ing. AB AA, AD AE, vertreten durch Rechtsanwalt AF, AG 1a, 5020 Salzburg, gegen den Bescheid der Meisterprüfungsstelle der Wirtschaftskammer Salzburg (belangte Behörde) vom 02.09.2019 (Kandidatennummer xx), den

B E S C H L U S S

I.     Die Beschwerde wird mangels Vorliegens eines Bescheides und somit mangels eines tauglichen Beschwerdegegenstandes als unzulässig zurückgewiesen.

II.    Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.     Angefochtener „Bescheid“ und Beschwerdevorbringen:

1. Die angefochtene Erledigung der Meisterprüfungsstelle der Wirtschaftskammer Salzburg vom 02.09.2019 mit der Überschrift „Bescheid“ lautet im Einleitungssatz und im Spruch wie folgt:

„Sehr geehrter Herr AA!

Über die von Ihnen abgelegte schriftliche Prüfung vom 08.04.2019 ergeht von der Meisterprüfungsstelle der Wirtschaftskammer Salzburg folgender

S p r u c h:

Die Prüfungskommission hat beschlossen, dass Sie den Prüfungsgegenstand „Projektplanung“ des Moduls 2 der Holzbau-Meister Befähigungsprüfung vom 08.04.2019 gem. § 352 Abs. 9 GewO nicht bestanden haben.“

Die Fertigungsklausel der Erledigung lautet:

„Freundliche Grüße

Mag. BA BB

Leiter der Meisterprüfungsstelle

der Wirtschaftskammer Salzburg“

2. Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe am 09.06.2017 das Modul 1 und am 03.11.2017 das Modul 3 der Holzbau-Meister Befähigungsprüfung bestanden.

Am 27.03.2017 habe er die Gegenstände „Projektumsetzung“ und „Konstruktiver Holzbau und Bauphysik“ des Moduls 2 dieser Befähigungsprüfung bestanden.

Den Gegenstand „Projektplanung“ des Moduls 2 habe er am 27.03.2017 nicht bestanden. Die Prüfungskommission habe gemäß § 18 Holzbau-Meister Befähigungsprüfungsordnung entschieden, dass nur der Gegenstand „Projektplanung“ des Moduls 2 zu wiederholen sei. Dies sei dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 30.06.2017 mitgeteilt worden.

Am 26.03.2018 habe er den Gegenstand „Projektplanung“ abermals nicht bestanden.

Die 2. Wiederholungsprüfung habe vom 01.04.2019 bis 04.04.2019 stattgefunden. Die Prüfungskommission habe über den Prüfungsgegenstand „Projektplanung“ eine Niederschrift verfasst und diesen Gegenstand negativ beurteilt, zumal sie die für die selbständige Berufsausübung im Prüfungsgegenstand „Projektplanung“ erforderlichen fortgeschrittenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen auf höherem Niveau gemäß § 22 Abs 1 iVm § 20 Abs 1 GewO nicht habe feststellen können.

3. Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in der im Wesentlichen ausgeführt wird, der Beschwerdeführer erachte sich in seinem subjektiven Recht auf Feststellung des Bestehens des Prüfungsgegenstandes „Projektplanung“ des Moduls 2 der Holzbau-Meister Befähigungsprüfung verletzt. Die belangte Behörde sei vorbehaltslos den Feststellungen der Prüfungskommission gefolgt und habe sie die Beurteilung der Prüfungskommission keiner eingehenden Prüfung unterzogen.

Der Beschwerdeführer habe eine Stellungnahme des gerichtlich beeideten Sachverständigen Dr. BD BE eingeholt. Der Sachverständige habe die Prüfungsarbeit beurteilt und komme dieser zum Schluss, dass der Beschwerdeführer das Modul 2 der Holzbau-Meister Befähigungsprüfung bestanden habe.

Zudem werde festgehalten, dass der Beschwerdeführer nach Abschluss der HTL für Bautechnik mit Ausbildungsschwerpunkt Holzbau Erfahrungen auf diversen Baustellen habe sammeln können. Er arbeite seit mittlerweile drei Jahren im elterlichen Holzbaubetrieb und sei er dort unter anderem für die Einreichplanung verantwortlich. Die von ihm erstellten Pläne würden von den Behörden stets genehmigt. Auch aus diesem Umstand sei ersichtlich, dass der Beschwerdeführer über die notwendigen fortgeschrittenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen auf höherem Niveau verfüge.

II.    Sachverhalt und Beweiswürdigung:

1. Der Beschwerdeführer hat im Jahre 2017 die Module 1 und 3 sowie die Gegenstände „Projektumsetzung“ und „Konstruktiver Holzbau und Bauphysik“ aus dem Modul 2 der Holzbau-Meister Befähigungsprüfung bestanden. Im Gegenstand „Projektplanung“ des Moduls 2 hat er im Jahre 2017 die Prüfung und im Jahre 2018 die 1. Wiederholungsprüfung nicht bestanden. Von 01.04.2019 bis 04.04.2019 legte er die 2. Wiederholungsprüfung ab, zu der er von der Meisterprüfungsstelle Salzburg zugelassen worden war.

2. In der über die letztgenannte (schriftliche) Prüfung angefertigten Niederschrift, welche mit 08.04.2019 datiert ist, wird das Prüfungsergebnis im Gegenstand „Projektplanung“ (mit den Teilen „Projektentwicklung und Vorentwurf“, „Einreichpläne samt Baubeschreibung“, „Polierpläne und Werksatz“ sowie „Zeichnungen bestimmter Details“) als negativ beurteilt. Die handschriftlich verfasste Begründung, welche lediglich drei Zeilen umfasst, ist nicht leserlich.

3. Der Niederschrift ist ein Beurteilungsbogen „Projektarbeit“ angefügt, in welchem Bewertungspunkte hinsichtlich einzelner Beurteilungskriterien angeführt sind. Dieser Beurteilungsbogen ist mit 26.04.2019 datiert. Er enthält keinen Namen des Prüfungswerbers. In der Rubrik „Kandidat“ enthält dieser Beurteilungsbogen die Zahl 12.02. Diese Zahl ist auf der Niederschrift vom 08.04.2019 ebenfalls handschriftlich beigefügt.

4. Mit Eingabe vom 25.07.2019 (eingegangen bei der Meisterprüfungsstelle Salzburg am 29.07.2019) stellte der Beschwerdeführer einen Antrag mit dem nachstehend angeführten Wortlaut:

Betreff: Ausstellung – Bescheid – „Holzbau M2 Projektplanung“

Sehr geehrte Frau Mag. BF,

ich ersuche um Ausstellung eines Bescheids zur schriftlichen Prüfung „Holzbau M2 Projektplanung“.“

5. In der Folge wurde der nunmehr angefochtene Bescheid vom 02.09.2019 (mit dem oben dargestellten Spruch) erlassen.

6. Der festgestellte (unbestrittene) Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem vorgelegten Behördenakt.

III.   Rechtslage und rechtliche Beurteilung:

1. Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen lauten:

Gewerbeordnung 1994 idgF:

Organisation und Verfahren bei Prüfungen

§ 350 Zur Durchführung der Meister- und Befähigungsprüfungen und der Unternehmerprüfung sind im übertragenen Wirkungsbereich der Landeskammern der gewerblichen Wirtschaft Meisterprüfungsstellen eingerichtet. Diese werden durch einen Leiter vertreten.

§ 352 Anmeldung zur Prüfung und Prüfungsverfahren

(2) Die Anmeldung zur Prüfung hat spätestens sechs Wochen vor dem festgesetzten Termin (Abs. 1) bei der Meisterprüfungsstelle zu erfolgen. Die Wahl der Meisterprüfungsstelle steht den Prüfungskandidaten frei.

(3) Prüfungskandidaten sind von der Meisterprüfungsstelle rechtzeitig zur Prüfung einzuladen. Sind die Voraussetzungen für die Zulassung zur Prüfung nicht erfüllt, hat die Meisterprüfungsstelle mit Bescheid die Zulassung zu verweigern.

(5) Das Ergebnis des schriftlichen Teils der Prüfung ist durch die Meisterprüfungsstelle schriftlich bekannt zu geben. Dem Prüfungskandidaten ist auf sein Ersuchen innerhalb eines Jahres nach der Prüfung in der Meisterprüfungsstelle Einsicht in die Beurteilung seiner schriftlichen Prüfungsarbeiten zu gewähren.

(6) Über den Verlauf der Prüfung und die Beratung der Prüfungskommission ist eine Niederschrift anzufertigen, die von allen Prüfern zu unterzeichnen ist.

(7) Eine Prüfung ist positiv absolviert, wenn in allen Modulen bzw. im Fall einer gemäß § 22 Abs. 2 abweichenden inhaltlichen Struktur der Prüfungsordnung in allen vorgeschriebenen Prüfungsgegenständen die für die selbständige Berufsausübung erforderlichen Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenz gemäß dem vorgeschriebenen Qualifikationsniveau nachgewiesen wurden. Die Absolvierung mit Auszeichnung setzt eine exzellente Beherrschung der fachlich-praktischen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie Problemlösungs- und Innovationsfähigkeit auch in unvorhersehbaren Arbeitskontexten voraus. Das Ergebnis bestimmt sich nach der Stimmenmehrheit, bei Stimmengleichheit entscheidet der Vorsitzende.

(8) Die Meisterprüfungsstelle hat für jedes positiv absolvierte Modul einer Prüfung eine Bestätigung auszustellen. Wurden sämtliche Module bzw. alle vorgeschriebenen Prüfungsgegenstände positiv absolviert, ist ein Meisterprüfungszeugnis oder Befähigungsprüfungszeugnis auszustellen. Sind die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt, hat die Meisterprüfungsstelle über Verlangen des Prüfungskandidaten einen Bescheid zu erlassen.

(9) Hat der Prüfungskandidat die Prüfung lediglich teilweise bestanden, kann die Prüfungskommission unter Berücksichtigung der bei der Prüfung festgestellten Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenz festlegen, welcher Prüfungsgegenstand bei der Prüfung nicht zu wiederholen ist. Über Verlangen des Prüfungskandidaten hat die Meisterprüfungsstelle darüber einen Bescheid zu erlassen.

(10) Bei der Durchführung der Prüfungen haben die Prüfungskandidaten ein Recht auf eine abweichende Prüfungsmethode, wenn eine Behinderung nachgewiesen wird, die die Ablegung der Prüfung in der vorgeschriebenen Methode unmöglich macht und der Inhalt und die Anforderungen der Prüfung dadurch erfüllt werden können.

(11) Prüfungen oder einzelne Module, deren Ergebnis durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder auf andere Weise erschlichen worden ist oder deren Aufgabenstellung oder Abwicklung nachweisbar schwere Mängel aufweist, können vom Landeshauptmann mit Bescheid für ungültig erklärt werden.

(12) Gegen Bescheide der Meisterprüfungsstelle steht dem Prüfungskandidaten das Recht auf Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Landes zu.

Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 (EGVG):

Artikel I

(3) Soweit nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, sind die Verwaltungsverfahrensgesetze nicht anzuwenden:

6. auf die Durchführung von Prüfungen, die der Beurteilung der Kenntnisse von Personen auf bestimmten Sachgebieten dienen, soweit es sich nicht um die Zulassung zur Prüfung handelt.

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)

Verfahren vor dem Verwaltungsgericht

Anzuwendendes Recht

§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, … und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Artikel 130.

(1) Die Verwaltungsgerichte erkennen über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.

2. Die anzuwendende Verordnung des Erweiterten Präsidiums der Wirtschaftskammer Österreich über die Befähigungsprüfung für das reglementierte Gewerbe Holzbau-Meister (Holzbau-Meister-Befähigungsprüfungsordnung) lautet (auszugsweise)

Gliederung

§ 2. (1) Die Prüfung gliedert sich in drei Module, die getrennt zu beurteilen sind.

(5) Modul 1 umfasst drei Prüfungsgegenstände, Modul 2 besteht aus drei Prüfungsgegenständen und Modul 3 umfasst drei Prüfungsgegenstände.

Modul 2

§ 7. (1) Die Prüfung hat sich auf die Ausarbeitung eines Entwurfes für ein Hochbauwerk und für ein Tiefbauwerk auf gegebenem Bauplatz nach gegebenem Programm zu erstrecken, wobei die Ausarbeitung der Entwürfe auch in Verbindung miteinander erfolgen kann.

(2) Die Prüfung wird in drei Prüfungsgegenstände geteilt:

1. Projektplanung,

2. Projektumsetzung,

3. Konstruktiver Holzbau und Bauphysik.

(3) Für Prüfungswerber, die den ersten und zweiten Prüfungsgegenstand zu absolvieren haben, sind die beiden Prüfungsgegenstände im Rahmen eines einheitlichen Projektes zu absolvieren.

(4) Für Prüfungswerber, die alle drei Prüfungsgegenstände zu absolvieren haben, müssen die Arbeiten in der Regel in 39,5 Stunden ausgeführt werden können. Die Arbeiten sind nach 49 Stunden zu beenden, die 49 Stunden sind zu möglichst gleichen Teilen auf sieben aufeinander folgende Werktage aufzuteilen, wobei der Samstag prüfungsfrei bleiben darf.

§ 8. (1) Die Prüfung im Prüfungsgegenstand Projektplanung erfolgt schriftlich.

(2) Die Prüfung im Prüfungsgegenstand Projektplanung hat im Einzelnen folgende Arbeiten zu umfassen:

1. Projektentwicklung und Vorentwurf,

2. Einreichpläne samt Baubeschreibung,

3. Polierpläne und Werksatz,

4. Zeichnungen bestimmter Details.

(3) Es ist eine Aufgabe zu stellen, die in der Regel in 23 Stunden ausgeführt werden kann. Die Prüfung ist nach 29 Stunden zu beenden. Die 29 Stunden sind zu möglichst gleichen

Prüfungsstoff bei Vorqualifikation

§ 15.

2) Für Prüfungswerber, die den erfolgreichen Abschluss einer berufsbildenden höheren Schule, deren Ausbildung im Bereich der Bautechnik liegt oder deren Sonderformen, durch Zeugnisse nachweisen, besteht die Befähigungsprüfung aus den Prüfungsgegenständen Bautechnologie 2 des Moduls 1 und den Modulen 2 und 3.

3. Zum Fehlen eines tauglichen Beschwerdegegenstandes wegen mangelnder Bescheidqualität der angefochtenen „Erledigung“:

3.1. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus § 352 GewO, dass die Meisterprüfungsstelle zur Erlassung von Bescheiden im Zusammenhang mit einer Befähigungs- oder Meisterprüfung nur in drei ausdrücklich genannten Fällen zuständig ist.

So hat sie zum einen gemäß § 352 Abs 3 GewO die Zulassung zu einer Prüfung mit Bescheid zu verweigern, wenn die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind und zum anderen - seit der 1. Gewerbeordnungsnovelle 2017 – über Antrag des Prüfungskandidaten Bescheide gemäß § 352 Abs 8 und Abs 9 GewO zu erlassen.

Nach den letztgenannten Bestimmungen hat die Meisterprüfungsstelle Bescheidkompetenz jedoch nur hinsichtlich der Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Prüfungszeugnisses nicht erfüllt sind (§ 352 Abs 8 GewO) und hinsichtlich der Frage, welcher Prüfungsgegenstand bei einer nur teilweise bestandenen Prüfung nicht zu wiederholen ist (§ 352 Abs 9 GewO).

3.2. Ein selbständiges Recht der Meisterprüfungsstelle, das Ergebnis einer vor der Prüfungskommission abgelegten Prüfung inhaltlich (nachträglich) zu beurteilen und bescheidmäßig ein positives oder negatives Prüfungsergebnis festzusetzen, kann dem Gesetz auch in der Fassung nach der Gewerbeordnungsnovelle 2017 nicht entnommen werden.

Unter Hinweis auf Art II Abs 6 Z 4 EGVG aF (nunmehr Artikel I Abs 3 Z 6 EGVG idgF), wonach die Verwaltungsverfahrensgesetze auf die Durchführung von Prüfungen keine Anwendung finden, soweit es sich nicht um die Zulassung zur Prüfung handelt, vertritt der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung die Auffassung, dass Prüfungsentscheidungen nicht Bescheide, sondern Gutachten darstellen, weshalb - nach der herrschenden "Gutachtenstheorie" - der Behörde und dem Verwaltungsgerichtshof eine inhaltliche Überprüfung des Prüfungsergebnisses verwehrt ist (vgl zB VwGH 10.09.2009, 2008/12/0174; 19.01.1994, 93/12/0325 uva).

3.3. Diese Rechtsansicht, die auch in der Literatur vertreten wird [vgl zB Funk, Die rechtliche Qualität von Prüfungsentscheidungen, in FS zum 100jährigen Bestehen des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes (1979) 175 ff; Rill, Ermessensprüfung/Beurteilungsspielraum/Kontrolle von Prüfungsentscheidungen, in FS Geck (1990) 115 ff; ausführlich dazu auch Hengstschläger/Leeb, AVG §§ 56 und 58, rdb.at], ist auch auf das geltende Recht und auch auf Verfahren vor den Verwaltungsgerichten übertragbar.

3.3.1. Die GewO nimmt eine ausdrückliche Qualifikation von Prüfungen als Bescheide nicht vor; eine solche ergibt sich weder aus der Bestimmung des § 352 Abs 8 und 9 GewO, noch aus anderen Bestimmungen dieses Gesetzes.

3.3.2. Wenngleich in § 352 Abs 9 GewO der Ausdruck „Gegen den Beschluss der Kommission steht dem Prüfling kein Rechtsmittel zu“ mit der 1. GewO-Novelle 2017 entfallen ist, hat sich hinsichtlich der Art der Kontrolle von Prüfungen an der bisherigen (allgemein geltenden) Vorgangsweise nichts geändert.

Da die Anwendung des EGVG in der GewO (weiterhin) nicht ausgeschlossen ist, ist gemäß Art I Abs 3 Z 6 EGVG idgF hinsichtlich der Verfahren über Prüfungen für die Behörde die Anwendung der verfahrensrechtlichen Bestimmungen (sohin auch der Bestimmungen des AVG über das Beweisverfahren) ausgeschlossen.

Dies gilt aufgrund der Bestimmung des § 17 VwGVG auch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren, zumal auf dieses Verfahren (nur) jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden sind, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.3.3. Der Grund für den Ausschluss der Durchführung eines (nachträglichen) Beweisverfahrens bei bereits absolvierten Prüfungen liegt darin, dass bei Prüfungen die relevanten Umstände (Kenntnisse) durch persönliche Leistungen des zu Prüfenden festgestellt werden sollen, nicht jedoch durch ein Beweisverfahren, wie es das AVG vorsieht (vgl zB VwGH 28.09.1993, 93/12/0224 mwN).

Die Beurteilung dieser Leistung bei abgelegten Prüfungen bleibt somit - schon im Hinblick darauf, dass die Leistung für eine nachträgliche Beurteilung nur begrenzt nachvollziehbar ist - dem fachkundigen Prüfer vorbehalten, sodass der Prüfungsbeurteilung der Charakter eines Werturteiles des Prüfers zukommt.

Die Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich demnach auf die Beobachtung der wesentlichen Verfahrensrichtigkeit – und nicht auf den Inhalt der Prüfung - zu beschränken (vgl dazu auch VwGH 22.11.2000, 98/12/0020 mwN).

3.4. Ob das Prüfungsergebnis in einer vom Gesetz (oder gemäß einer auf dem Gesetz beruhenden Vorschrift) vorgesehenen Art zustande gekommen ist, kann gemäß § 352 Abs 11 GewO weiterhin vom Landeshauptmann geprüft werden, und kann dieser eine Prüfung (unter bestimmten Voraussetzungen) mit Bescheid für ungültig erklären.

3.5. Im vorliegenden Fall war – in Anbetracht der von der Meisterprüfungsstelle gewählten Spruchformulierung und vor dem rechtlichen Hintergrund, dass ihr (wie oben dargelegt) eine Zuständigkeit zur inhaltlichen Beurteilung des Prüfungsergebnisses nicht zukam und sie eine derartige Beurteilung auch nicht vornahm - zunächst zu prüfen, ob die angefochtene Erledigung der Meisterprüfungsstelle, für die die Bescheidform mit einem „Spruch“ gebraucht und inhaltlich nur die Prüfungsentscheidung der Prüfungskommission wiedergegeben wurde, überhaupt als Bescheid im Rechtssinne qualifiziert werden kann.

3.5.1. Nach der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung ist für den Bescheidcharakter einer behördlichen Erledigung maßgebend, dass aus dem Inhalt des Spruchs ein autoritatives Wollen der Behörde, also eine normative Willenserklärung, zu entnehmen ist (vgl VwGH 25. 01. 1990, 89/16/0195; 18. 10. 2001, 2000/07/0054). Der Erledigung muss - bei objektiver Betrachtung - ein normativer Wille entnommen werden können, der auf eine Rechtsgestaltung oder -feststellung gerichtet ist (vgl zB VwGH 16. 05. 2001, 2001/08/0046).

Bloße Mitteilungen, die keinen solchen autoritativen Abspruch enthalten (Wissenserklärungen) können nicht als Spruch iSd § 58 Abs 1 AVG gewertet werden (vgl zB VwGH 19. 02. 1992, 92/12/0015; 16. 09. 2003, 2003/05/0142; 22. 09. 1992, 92/07/0121).

Die ausdrückliche Bezeichnung einer Erledigung als Bescheid ist für die Frage der rechtlichen Einordnung als Bescheid nach der Rechtsprechung (nur) dann essenziell, wenn eine behördliche Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter aufkommen lässt (vgl zB VwGH 09.11.2004, 2003/05/0087).

3.5.2. Gestützt auf diese Rechtslage vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zur Rechtsnatur von Prüfungen die Auffassung, dass die Verkündung des Prüfungsergebnisses nicht als Erlassung eines Bescheides, sondern als die Bekanntgabe eines Gutachtens zu werten ist. Somit kommt der bloßen Mitteilung von Prüfungsentscheidungen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Bescheidqualität zu (vgl zB VwGH 19.04. 1995, 93/12/0264; 21.02. 2001, 98/12/0073).

3.5.3. Auch im vorliegenden Fall vermag aus der Formulierung „Sehr geehrter Herr AA … die Prüfungskommission hat beschlossen, dass Sie den Prüfungsgegenstand … nicht bestanden haben“ der für eine Qualifikation als Bescheid erforderliche normative Wille der Behörde nicht erkannt zu werden.

Die sprachliche Gestaltung („Sehr geehrter Herr…“) und der Wortlaut („die Prüfungskommission hat beschlossen“) des Spruchs lassen keinen Zweifel darüber aufkommen, dass der Wille der Behörde offensichtlich nur dahin geht, dem Beschwerdeführer das - von der Prüfungskommission beschlossene - Prüfungsergebnis mitzuteilen.

Eigene (gesetzlich ohnehin nicht vorgesehene) Feststellungen der Behörde zum Prüfungsergebnis oder eine eigene inhaltliche Beurteilung der Prüfung enthält die Erledigung nicht. Auch die Fertigungsklausel der Erledigung, mit der verwendeten Höflichkeitsfloskel „Freundliche Grüße“ … “Leiter der Meisterprüfungsstelle der Wirtschaftskammer Salzburg“, lässt darauf schließen, dass keine normative Willenserklärung der Meisterprüfungsstelle als Behörde, sondern eine bloße Wissenserklärung (des Leiters der Meisterprüfungsstelle) über einen Beschluss der Prüfungskommission vorliegt (vgl zB auch VwGH 11.04.2018, Ra 2015/08/0033; 28.09.1993, 93/12/0124; 24.04.1996, 95/12/0248, je mwN).

Der Inhalt des „Spruchs“ stellt somit in keiner Weise einen normativen behördlichen Abspruch rechtsfeststellender oder rechtsgestaltender Art dar.

Die - gesetzlich vorgesehene - (der Rechtskraft fähige und verbindliche) Aussage der Meisterprüfungsstelle über das Bestehen oder Nichtbestehen der Voraussetzungen für die Ausstellung eines Meister- oder Befähigungsprüfungszeugnisses (gemäß § 352 Abs 8 GewO) oder über die erforderliche Wiederholung oder Nichtwiederholung von Prüfungsteilen (gemäß § 352 Abs 9 GewO) ist dem „Spruch“ nicht zu entnehmen.

Somit handelt es sich bei der angefochtenen Erledigung um eine „bloße Mitteilung“. Da kein Bescheid vorliegt, fehlt auch ein tauglicher Beschwerdegegenstand. Die Beschwerde war daher als unzulässig zurückzuweisen.

An dieser Beurteilung vermag der Umstand, dass die „Erledigung“ die äußere Form eines Bescheides aufweist, als Bescheid bezeichnet ist und einen als „Spruch“ gekennzeichneten Teil enthält, nichts zu ändern (vgl zB VwGH 24.02.1993, 92/02/0271; 19.10.1977, 2183/77), da im gegenständlichen Fall keine Zweifel daran bestehen, dass die Erledigung ihrem Inhalt nach nicht normativ ist.

4. Zum noch unerledigten Antrag des Beschwerdeführers:

Der Vollständigkeit halber ist noch auf Folgendes hinzuweisen:

4.1. Aufgrund der verfahrensgegenständlichen rechtlichen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, die zur Zurückweisung der Beschwerde führte, ist der Antrag des Beschwerdeführers (vom 25.07.2019; „ich ersuche um Ausstellung eines Bescheids zur schriftlichen Prüfung Holzbau M2 Projektplanung“) noch unerledigt.

Somit liegt für den Beschwerdeführer durch die Zurückweisung der Beschwerde mangels eines tauglichen Beschwerdegegenstandes kein Rechtschutzdefizit vor.

4.2. Im fortzusetzenden Verfahren wird die Meisterprüfungsstelle zunächst – im Wege eines Verbesserungsauftrages – zu klären haben, welchen konkreten Bescheid (gemäß

§ 352 Abs 8 oder gemäß § 352 Abs 9 GewO) der Antragsteller begehrt.

Dies ist deshalb erforderlich, weil es sich bei den hier im Gesetz vorgesehenen Bescheiden jeweils um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt (arg.: „auf Verlangen des Prüfungskandidaten“) handelt, wobei der Antrag die Voraussetzung für die Entscheidung der Behörde ist und zugleich die materiell-rechtliche Grundlage für die Erlassung des Bescheides schafft (vgl zB VwGH 17.01.2000, 97/09/0014).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Behörde verpflichtet, den Antragsteller zu einer Präzisierung des nicht eindeutigen Begehrens aufzufordern, wenn der Antrag der Partei unklar ist oder einen nicht genügend bestimmten Inhalt aufweist. Sie hat den Gegenstand des Anbringens von Amts wegen zu ermitteln (vgl zB VwGH 19.02.1997, 95/21/0515; 27.07.2017, Ra 2015/07/0109).

Der Inhalt eines solchen Antrags konstituiert und begrenzt den Prozessgegenstand des Verwaltungsverfahrens und bildet die „Sache“ des Verfahrens.

Dementsprechend muss ein Anbringen, um überhaupt einen Feststellungsantrag darzustellen und damit einen diesbezüglichen Erledigungsanspruch zu begründen, nach seinem objektiven Erklärungswert auf die bescheidmäßige Feststellung bestimmter Rechte oder Rechtsverhältnisse gerichtet sein (vgl zB VwGH 27. 08. 2002, 2002/10/0120).

4.3. Ein Bescheid gemäß § 352 Abs 8 GewO hat die Frage zu beurteilen, ob „sämtliche Module“ bzw. „alle vorgeschriebenen Prüfungsgegenstände“, die nach der jeweiligen Prüfungsordnung (unter Berücksichtigung der Vorqualifikation des Prüflings) zu absolvieren sind, positiv absolviert wurden.

Gegenstand eines Bescheides gemäß § 352 Abs 9 GewO wäre die Beurteilung der Frage, welcher Prüfungsgegenstand (hier: welcher der drei Gegenstände des Moduls 2) bei einer nur teilweise bestandenen Prüfung nicht zu wiederholen ist.

Je nach Inhalt des Antrages, unterscheiden sich somit die „Sache“ des Verfahrens und der Inhalt des jeweiligen Feststellungsbescheides gemäß § 352 Abs 8 und § 352 Abs 9 GewO. Der Antragsteller ist daher verpflichtet, in seinem Antrag klar zum Ausdruck zu bringen, ob er einen Bescheid gemäß § 352 Abs 8 GewO oder einen Bescheid gemäß

§ 352 Abs 9 GewO begehrt.

4.4. Durch den Spruch des zu erlassenden Feststellungsbescheides wird von der Meisterprüfungsstelle (als Behörde) in einer der Rechtskraft fähigen und damit für die anderen Behörden (bzw dieselbe Behörde in einem anderen Verfahren) und die Parteien bindenden Weise über das Bestehen oder Nichtbestehen der Voraussetzungen für die Ausstellung eines Meister- oder Befähigungsprüfungszeugnisses bzw über die erforderliche Wiederholung oder Nichtwiederholung von Prüfungsteilen (somit über Rechtsverhältnisse) abgesprochen.

Durch seine normative Wirkung unterscheidet sich ein von der Meisterprüfungsstelle - als Behörde - erlassener rechtsverbindlicher Feststellungsbescheid von einer bloßen Beurkundung der Meisterprüfungsstelle (zB der Ausstellung einer Bestätigung über ein positiv absolviertes Prüfungsmodul) bzw von bloßen Festlegungen einer Prüfungskommission, welche Prüfungsgegenstände (nicht) zu wiederholen sind.

5. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Gegen diesen Beschluss ist die ordentliche Revision nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Für die Zurückweisung der Beschwerde war für das Verwaltungsgericht lediglich entscheidungsrelevant, ob die - als Bescheid bezeichnete - „Erledigung“ inhaltlich als Bescheid im Rechtssinne zu qualifizieren ist und somit einen tauglichen Beschwerdegegenstand bildet. Diese Rechtsfrage war - bezogen auf den vorliegenden Einzelfall - aufgrund der konkreten Merkmale der „Erledigung“ zu beurteilen.

Das Verwaltungsgericht ist bei dieser Beurteilung von den angeführten (in zahlreichen Judikaten dargelegten) Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Beurteilung der Bescheidqualität einer „Erledigung“ nicht abgewichen.

Schlagworte

Gewerbeordnung, Meisterprüfungsstelle, Prüfungsergebnis, Bescheid, normativer Abspruch, Wissensmitteilung, Beschwerdegegenstand

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2020:405.6.166.1.2.2020

Zuletzt aktualisiert am

06.05.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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