TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/28 I416 2122793-2

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Veröffentlicht am 28.03.2019
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Entscheidungsdatum

28.03.2019

Norm

BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46 Abs1
FPG §46 Abs2
FPG §46 Abs2a
FPG §46a
FPG §46a Abs1 Z3
FPG §46a Abs3 Z3
FPG §46a Abs4
FPG §55
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §8a Abs1
ZPO §63 Abs1

Spruch

I416 2122793-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Algerien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 31.01.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe wird gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG abgewiesen.

C)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Algeriens, stellte am 15.07.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid der belangten Behörde vom 15.02.2016, Zl. XXXX, abgewiesen wurde. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist. Die dagegen fristgerecht erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.07.2017, Zl. I409 2122793-1/37E, als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis erwuchs am 11.07.2017 in Rechtskraft. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 25.09.2018, Zl. E 2883/2017-17, wurde die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde abgelehnt.

2. Am 30.01.2018 wurde ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates eingeleitet.

3. Am 17.01.2019 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte nach § 46a FPG. Begründend führte er aus, dass eine Abschiebung seiner Person aus dem österreichischen Bundesgebiet nicht möglich sei, weil er - aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen - über kein gültiges (Ersatz-)Reisedokument Algeriens verfüge.

4. Mit Schreiben vom 18.01.2019 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte abzuweisen. Der Beschwerdeführer halte sich seit dem rechtskräftigen Abschluss seines Asylverfahrens nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, er sei bis dato seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen und dem Verfahrensakt sei nicht zu entnehmen, dass er Bemühungen betreffend die Ausstellung eines Heimreisezertifikates gesetzt habe. Es sei davon auszugehen, dass die Vertretungsbehörde seines Herkunftsstaates bei Bekanntgabe seiner wahren Identität bzw. persönlicher Kontaktaufnahme seinerseits dem Beschwerdeführer ein Heimreisezertifikat ausstellen würde. Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert, binnen einer Woche schriftlich Stellung zu nehmen.

5. Mit rechtzeitig übermittelter Stellungnahme vom 28.01.2019 erklärte der Beschwerdeführer, seine Abschiebung erscheine aus tatsächlichen, von ihm nicht zu vertretenden Gründen unmöglich. Weder habe er falsche Angaben zu seiner Identität gemacht, noch habe er seine Mitwirkungspflicht zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes verletzt. Zudem leide er an einer schweren Erkrankung, die engmaschige fachärztliche Behandlungen und medikamentöse Therapien für ihn unerlässlich mache. Der Stellungnahme beigelegt war ein Konvolut an ärztlichen Unterlagen.

6. Mit Bescheid vom 31.01.2019, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde diesen Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Karte für Geduldete "gemäß § 46a Absatz 4 in Verbindung mit Absatz 1 Ziffer 3 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer nicht die notwendigen Schritte unternommen habe, an der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes mitzuwirken, um seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen.

7. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und monierte darin im Wesentlichen die Verletzung von Verfahrensvorschriften, ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren, mangelhafte Beweiswürdigung und unrichtige rechtliche Beurteilung. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sehr wohl bei der algerischen Botschaft in Wien vorgesprochen habe, diese jedoch seinen Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates abgelehnt habe. Es sei daher nicht vom Beschwerdeführer zu vertreten, dass die Ausreise bisher nicht möglich gewesen sei. Der Beschwerdeführer stellte die Anträge, das Bundesverwaltungsgericht möge die Verfahrenshilfe in Höhe der Eingabegebühren gewähren; den bekämpften Bescheid wegen Rechtswidrigkeit beheben und aussprechen, dass dem Beschwerdeführer eine Karte für Geduldete auszustellen ist; eine mündliche Verhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchführen; in eventu den Bescheid beheben und zur Verfahrensergänzung an die Behörde erster Instanz zurückverweisen. Dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe war ein Vermögensbekenntnis beigelegt.

8. Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 08.03.2019 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Algerien und damit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Seine Identität steht nicht fest.

Das Asylverfahren des Beschwerdeführers wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.07.2017, Zl. I409 2122793-1/37E, rechtskräftig negativ entschieden. Der damit verbundenen Ausreiseverpflichtung kam der Beschwerdeführer nicht nach, sondern verblieb unrechtmäßig im Bundesgebiet.

Der Beschwerdeführer verfügt über kein Reisedokument.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen ist oder dass er versucht hat, unter Angabe seiner richtigen Identitätsdaten die Ausstellung eines Reisepasses oder eines Ersatzreisedokumentes bei der Vertretungsbehörde seines Heimatstaates Algerien zu beantragen.

Der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers steht einer Erfüllung seiner Mitwirkungspflicht nicht entgegen. Es wäre ihm möglich und zumutbar, sich zur Erlangung entsprechender Dokumente mit der Vertretungsbehörde seines Heimatstaates in Verbindung zu setzen.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Richter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz, sowie in den Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes zu Zl. I409 2214960-1.

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorgelegt hat, steht seine Identität nicht fest. Die Feststellung zu seiner Staatsangehörigkeit ergibt sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben vor der belangten Behörde.

Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer auch an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitgewirkt:

Wie in der rechtlichen Würdigung zu zeigen sein wird, ist nach aktueller Rechtslage ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt, verpflichtet, bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen.

Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschwerdeführer sich jemals aus Eigenem um die Ausstellung eines Reisepasses bemüht hätte. Wenn in der Beschwerde behauptet wird, der Beschwerdeführer habe sowohl im März als auch im Oktober 2018 bei der algerischen Botschaft in Wien vorgesprochen und ein Formblatt für die Ausstellung eines Heimreisezertifikates ausgefüllt, dieser Antrag sei jedoch seitens der Botschaft abgelehnt worden, so ist dies - mangels Vorlage einer geeigneten Bestätigung über die behaupteten Bemühungen des Beschwerdeführers - als reine Schutzbehauptung zu werten. Der belangten Behörde ist in ihrer Ansicht beizutreten, dass der Beschwerdeführer bis dato den Nachweis einer selbstständigen Kontaktaufnahme mit seiner Vertretungsbehörde schuldig geblieben ist.

Es ist davon auszugehen, dass die Vertretungsbehörde seines Herkunftsstaates bei Bekanntgabe seiner wahren Identität bzw. persönlicher Kontaktaufnahme seinerseits dem Beschwerdeführer ein Heimreisezertifikat ausstellen würde.

Es liegen keine Hinweise vor, dass die geltend gemachte Erkrankung den Beschwerdeführer an der Erfüllung seiner Mitwirkungspflichten gehindert hätte. Derartiges wurde auch in der Beschwerde nicht behauptet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

3.1.1. Rechtslage

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 32/2018, lauten:

Gemäß § 46 Abs. 2 FPG hat ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, - vorbehaltlich des Abs. 2a - bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.

Gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 FPG ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet zu dulden, solange deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint, es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an. Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt.

Gemäß Abs. 3 leg cit liegen vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) jedenfalls vor, wenn er

1. seine Identität verschleiert,

2. einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder

3. an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.

Gemäß Abs. 4 leg cit hat das Bundesamt bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen.

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Eingangs ist festzuhalten, dass es nach dem Ergehen einer Rückkehrentscheidung allein an dem betroffenen Fremden gelegen ist, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen und von sich aus alle dazu notwendigen, vorbereitenden Maßnahmen zu setzen (vgl § 46 Abs. 2 FPG). Schließlich handelt es sich bei einer Rückkehrentscheidung um einen höchstpersönlich wirkenden Leistungsbescheid, der den Bescheidadressaten - allenfalls unter Gewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 FPG (Paritionsfrist) - zum Verlassen des Bundesgebietes verpflichtet.

Da somit nur der Fremde selbst als Bescheidadressat diese Leistungspflicht erfüllen kann, muss er sich, sofern er über kein gültiges Reisedokument verfügt, rechtzeitig um die Ausstellung eines solchen bemühen.

Eine Abschiebung von ausreisepflichtigen Fremden - sprich: eine zwangsweise Vollstreckung der Ausreiseverpflichtung - ist ausschließlich bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 Z 1 bis 4 FPG vorgesehen, nämlich (u.a.) wenn sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind (Z 2).

Nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 FPG hat die belangte Behörde also die Abschiebung des Fremden zu veranlassen und nur wenn der Fremde über kein Reisedokument verfügt und die Abschiebung nicht ohne ein solches durchgeführt werden kann, hat die belangte Behörde darüber hinaus gemäß Abs. 2 leg cit bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde ein Ersatzreisedokument für die Abschiebung einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen auszustellen.

Aus dem Wortlaut des § 46a Abs. 1 Z 3 FPG in Verbindung mit einer teleologisch-systematischen Betrachtungsweise ergibt sich somit Folgendes:

Wird gegen einen Fremden eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung erlassen und seine Abschiebung für zulässig erklärt, liegen die Voraussetzungen für eine Duldung des Aufenthaltes dieses Fremden jedenfalls dann nicht vor, wenn dieser Fremde seiner Verpflichtung zur freiwilligen Ausreise aus dem Bundesgebiet schuldhaft nicht nachgekommen ist (vgl. dazu VwGH 09.12.2014, G 160/2014 ua; G 171/2014 ua, zur Unmöglichkeit einer [freiwilligen] Ausreise). Der Aufenthalt eines ausreisepflichtigen Fremden im Bundesgebiet ist überdies dann nicht zu dulden, wenn dieser seine Mitwirkungspflicht nach § 46 Abs. 2 FPG verletzt hat, weil er an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments nicht im erforderlichen Umfang mitgewirkt hat.

Für den vorliegenden Beschwerdefall bedeutet das, dass dem Beschwerdeführer eine schuldhafte Verletzung seiner Ausreiseverpflichtung zur Last zu legen ist, zumal nicht festgestellt werden konnte, dass er sich jemals aus Eigenem bei der Vertretungsbehörde seines Heimatstaates um die Ausstellung eines Reisepasses bemüht hätte.

Das Gesetz setzt als Regelfall voraus, dass der Fremde seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig, also aus eigenem Antrieb und ohne begleitende Zwangsmaßnahme seitens des Bundesamtes bzw. - in dessen Auftrag - der Landespolizeidirektion (§ 5 BVA-VG), nachkommt. Dies folgt aus § 46 Abs. 1 FPG, wonach eine Abschiebung nur unter den darin genannten (alternativen) Voraussetzungen in Betracht kommt, sowie aus den Bestimmungen über die Ausreisefrist (§§ 55, 56) und den Durchsetzungsaufschub (§§ 70 Abs. 3 und 4, 71). Liegen nun im Einzelfall bestimmte faktische Ausreisehindernisse vor, wie sie insbesondere im Fehlen eines für die Ausreise erforderlichen Reisedokumentes bestehen können, so ist es auch Teil einer freiwilligen Erfüllung der Ausreiseverpflichtung, sich aus Eigenem um die Beseitigung dieser Ausreisehindernisse zu kümmern, im Falle eines nicht (mehr) vorhandenen Reisedokumentes also z.B. dessen Neuausstellung bei der zuständigen ausländischen (Vertretungs-) Behörde zu beantragen. Dies ergibt sich aus § 46 Abs. 2 FPG, wonach ein zur Ausreise verpflichteter Fremder grundsätzlich angehalten ist, das im Fehlen eines Reisedokumentes regelmäßig gelegene Ausreisehindernis im Rahmen seiner Möglichkeiten selbst zu beseitigen.

Die Pflicht des Fremden nach Abs. 2 umfasst unter anderem die Antragstellung auf Ausstellung eines Reisedokumentes bei der dafür zuständigen ausländischen Behörde (Botschaft oder Konsulat) sowie die Erstattung sämtlicher dazu erforderlicher Angaben, insbesondere die wahrheitsgemäße Angabe der Identität und die Bekanntgabe allfälliger sonstiger erkennungsdienstlicher Daten. Satz 2 dieser Bestimmung sieht vor, dass der Fremde die Erfüllung seiner Pflichten dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen hat. Die eigenständige Beschaffung eines Reisedokumentes und die Erstattung der dazu erforderlichen Angaben gemäß Abs. 2 erfolgt im Zusammenwirken zwischen dem Fremden und der zuständigen ausländischen Behörde (Botschaft oder Konsulat), also ohne direkte Einbeziehung des Bundesamtes. Das Bundesamt hat daher ein Interesse daran, über die diesbezüglichen Maßnahmen des Fremden und deren Erfolg unterrichtet zu sein, zumal die Nichterfüllung der Verpflichtung gemäß Abs. 2 nicht nur zur Verhängung von Zwangsstrafen nach dem VVG, einschließlich der Beugehaft, führen kann, sondern auch für die Prüfung der Zulässigkeit einer (späteren) Anordnung der Schubhaft zu berücksichtigen ist (insoweit ist auf die Erläuterungen zu § 76 Abs. 3 Z 1a zu verweisen).

Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Verfahren keinen Nachweis darüber erbracht, dass er zwecks Ausstellung eines Reisedokumentes auf elektronischem oder postalischem Weg mit der algerischen Botschaft Kontakt aufgenommen hat. Sohin ist der Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall nicht seiner Pflicht nachgekommen ist, bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument zu beantragen und die Erfüllung dieser Pflicht dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen.

Damit liegen gemäß § 46a Abs. 3 Z 3 FPG vom Beschwerdeführer zu vertretende Abschiebungshindernisse vor.

Nachdem der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz als unbegründet abgewiesen wurde und auch keine gesundheitlichen Gründe entgegenstehen, wäre es ihm, wie belangte Behörde zur Recht ausgeführt hat, jedoch zumutbar, sich zur Erlangung entsprechender Dokumente mit der Vertretungsbehörde seines Heimatstaates in Verbindung zu setzen.

Wenn in der Beschwerde ausgeführt wird, dass der Beschwerdeführer rechtsunkundig sowie der deutschen Sprache nicht mächtig sei und daher nicht wissen habe können, welche Umstände für die Bewilligung seines Antrages maßgeblich seien, so ist dem entgegenzuhalten, dass er selbst in seiner Antragsbegründung sämtliche formale Erfordernisse dafür aufzählt, sodass dies augenscheinlich als reine Schutzbehauptung anzusehen ist.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass die belangte Behörde im gegenständlichen Verfahren keine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers durchgeführt hat. Allerdings lässt sich der entscheidungsmaßgebliche Sachverhalt aus dem Akteninhalt ableiten. Zudem wurde der Beschwerdeführer mit Schreiben der belangten Behörde vom 18.01.2019 dezidiert darauf hingewiesen, dass sein Antrag voraussichtlich abgewiesen werde, unter anderem, weil allfällige Bemühungen des Beschwerdeführers zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes nicht erkennbar seien. Dem Beschwerdeführer wurde die Gelegenheit zur Erstattung einer schriftlichen Stellungnahme eingeräumt und somit das Recht des Beschwerdeführers auf Parteiengehör gewahrt. Aus der von ihm rechtzeitig in deutscher Sprache übermittelten Stellungnahme vom 28.01.2019 ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass er das Schreiben der belangten Behörde nicht verstanden habe.

Im Übrigen wurde in der Beschwerdeschrift kein neues Vorbringen erstattet, welches im gegenständlichen Fall dazu geeignet wäre, die erstinstanzliche Entscheidung in Frage zu stellen. Dies insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der im Beschwerdeverfahren nunmehr rechtsvertretene Beschwerdeführer lediglich die nicht durchgeführte Einvernahme monierte, ohne jedoch substantiiert darauf einzugehen, weshalb die Voraussetzungen für die Ausstellung einer Karte für Geduldete vorliegen.

Dem Beschwerdeführer wäre es zudem zumutbar gewesen, sich an die Caritas oder den Verein Menschenrechte Österreich zu wenden, die unterstützte freiwillige Rückkehr in Anspruch zu nehmen und zu versuchen, mit Unterstützung dieser Organisationen die Ausstellung entsprechender Dokumente zu erwirken. Auch sonst lässt sich der Beschwerde kein Grund entnehmen, warum ihm eine - freiwillige - Ausreise aus dem Bundesgebiet nicht möglich gewesen wäre.

Die Voraussetzung des § 46a Abs. 1 Z 3 FPG für eine Duldung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, nämlich, dass seine Abschiebung "aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint", ist daher nicht erfüllt.

Wenn die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Karte für Geduldete mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 46a Abs. 4 iVm Abs. 1 Z 3 FPG abgewiesen hat, ist dazu festzuhalten, dass der Erlassung des angefochtenen Bescheides ein Asylverfahren vorangegangen ist, welches rechtskräftig negativ entschieden wurde. Die Abschiebung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet wurde für zulässig erklärt. Damit gehen die vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgebrachten Umstände, welche einer Abschiebung entgegenstünden, ins Leere, weil eine neuerliche Auseinandersetzung mit diesem Thema im Verfahren zur Ausstellung einer Duldungskarte dem Gedanken der Rechtskraft zuwiderlaufen und es einem ehemaligen Asylwerber ermöglichen würde, sein bereits rechtskräftig entschiedenes Asylverfahren wieder aufzurollen (vgl VwGH 28.08.2014, 2013/21/0218, wonach die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung eines Fremden in seinen Herkunftsstaat im Rahmen eines Verfahrens auf internationalen Schutz zu klären ist).

Da die Voraussetzungen für eine Duldung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nach § 46a Abs. 1 Z 3 FPG nicht vorliegen und das Nichtvorliegen der Voraussetzungen nach § 46a Abs. 1 Z 1 FPG bereits im Asylverfahren abgeklärt wurde, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Der Sachverhalt ist aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (entspricht der bisherigen Judikatur zum § 67d AVG, wobei darauf hinzuweisen ist, dass § 24 VwGVG dem aufgehobenen § 67d AVG entspricht). Es ergab sich sohin auch kein Hinweis auf die Notwendigkeit, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern (vgl. VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291). Was das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein Tatsachenvorbringen, welches zu einem anderen Verfahrensausgang führen könnte. Es hat sich daher aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keine Notwendigkeit ergeben, den als geklärt erscheinenden Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer näher zu erörtern.

Zu B) Abweisung des Antrags auf Gewährung der Verfahrenshilfe:

Die Bewilligung der Verfahrenshilfe nach § 8a VwGVG kommt nur insoweit in Betracht, als durch Bundes- oder Landesgesetz hinsichtlich der Regelung von Verfahrenshilfe nicht anderes bestimmt ist; die Bestimmung gelangt daher nur subsidiär zur Anwendung. Dabei ist wesentlich, dass in den betreffenden Materiengesetzen der Verfahrenshilfe entsprechende Regelungen, die eine unentgeltliche Unterstützung der Partei im Verfahren gewährleisten, vorhanden sind (siehe dazu Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Aufl., Wien 2017, K2 zu § 8a VwGVG). Ein Rechtsanspruch auf Bewilligung der Verfahrenshilfe besteht jedoch nur, wenn nachstehende Voraussetzungen kumulativ vorliegen:

* Art 6 EMRK und Art. 47 GRC erfordern die Bewilligung;

* der notwendige Unterhalt der Partei wird durch die Kosten der Verfahrensführung beeinträchtigt;

* die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung darf nicht offenbar mutwillig erscheinen;

* die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung darf nicht offenbar aussichtslos erscheinen (Eder/Martschin/Schmid, Verfahrensrecht, 2. Aufl., K 5 zu § 8a VwGVG).

Der Antragsteller stellte im Rahmen seiner eingebrachten Beschwerde einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe lediglich im Umfang der einstweiligen Befreiung von den Gerichtsgebühren von EUR 30,00.

Im Rahmen der Antragstellung brachte der Antragsteller vor, er verfüge derzeit über keine Mittel, um die Kosten für die Führung des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Er legte ein entsprechendes Vermögensbekenntnis vor, wonach er weder Einkommen, noch Vermögen habe, dafür aber Schulden in Höhe von EUR 455,00 und Unterhaltspflichten gegenüber seiner Ehefrau und seinen Kindern.

Die Bewilligung der Verfahrenshilfe setzt gemäß § 63 Abs. 1 ZPO unter anderem voraus, dass die antragstellende Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhaltes zu bestreiten; als notwendiger Unterhalt ist derjenige Unterhalt anzusehen, den die Partei für sich oder ihre Familie, für deren Unterhalt sie zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung benötigt (vgl. zB VfGH 22. 3. 2002, B 254/02; 2. 4. 2004, B 397/04).

Zwar ergibt sich aus dem vorgelegten aktuellen Vermögensbekenntnis im Einklang mit dem übrigen Akteninhalt, dass der Antragsteller weder über Vermögen, noch über ein Einkommen verfügt, doch gleichzeitig befindet er sich, wie auch seine unterhaltsberechtigten Angehörigen, in Grundversorgung, womit deren Versorgung sichergestellt ist.

Aus diesem Grund ist nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass bei Entrichtung der Eingabegebühr von € 30,00- der notwendige Unterhalt des Beschwerdeführers gefährdet wäre, dies vor allem in Anbetracht des seine Versorgung sicherstellenden Bezugs der Grundversorgung.

Das Gericht hegt im Übrigen auch keine inhaltlichen Bedenken wegen der Wirkung der gesetzlichen Eingabegebühr. Dass die Eingabegebühr das Recht des Beschwerdeführers auf Zugang zu Gericht beschneidet, trifft im Hinblick auf die geringe Höhe nicht zu. Der Gebührensatz von € 30,-- kann keineswegs als prohibitiv hoch angesehen werden. Dazu kommt, dass die Eingabe selbst und deren inhaltliche Behandlung nicht von der Entrichtung der Gebühr abhängig sind.

Der Vollständigkeit halber ist auch anzumerken, dass aus dem Akteninhalt keine Anhaltspunkte hervorgehen, wonach der Beschwerdeführer die gesetzlich vorgesehene Eingabengebühr überhaupt bezahlt hat.

Daher war der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG abzuweisen.

Zu C) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Ausreiseverpflichtung, Ersatz, Karte für Geduldete,
Mitwirkungspflicht, Reisedokument, Verfahrenshilfe, Verschulden,
Zumutbarkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I416.2122793.2.00

Zuletzt aktualisiert am

19.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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