TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/29 I422 2217409-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.04.2019
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Entscheidungsdatum

29.04.2019

Norm

AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §31 Abs1 Z3
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I422 2217409-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. am XXXX, StA. Ägypten, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Farah ABU-JURJI, Währinger Straße 5-7/15, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.03.2019, Zl. 1014926401-181217711/BMI-BFA_WIEN_RD, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgegenstand:

1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 19.03.2019, Zl. 1014926401-181217711/BMI-BFA_WIEN_RD, erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I.), erließ über ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.) und stellte zugleich fest, dass seine Abschiebung nach Ägypten zulässig ist (Spruchpunkt III.). Als Frist für seine freiwillige Ausreise räumte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer einen Zeitraum von 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung ein (Spruchpunkt IV.).

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und begründete diese zusammengefasst damit, dass die Annahme der Behörde wonach sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich aufhalte, unrichtig sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Ägyptens und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20b AsylG. Er ist volljährig, ledig und kinderlos. Seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer weist in Ägypten eine mehrjährige Schulbildung auf. In Ägypten lebt auch ein Teil der Familie des Beschwerdeführers, bestehend aus seinen Eltern und einer Schwester. Die Eltern des Beschwerdeführers finanzieren seinen Aufenthalt und sein Studium in Österreich.

Der Beschwerdeführer kann im Falle seiner Rückkehr sein Studium in Ägypten fortsetzten bzw. hat eine Chance im ägyptischen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen und sich in seinem Herkunftsstaat seinen Lebensunterhalt zu sichern.

Es konnten keine Umstände festgestellt werden, wonach die Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Heimatstaat Ägypten unzulässig ist.

Der Beschwerdeführer reiste legal in das Bundesgebiet ein und er ist seit 11.08.2014 durchgehend mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet. In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über familiäre Anknüpfungspunkte in Form seines Bruders, mit dem er aber in keinem gemeinsamen Haushalt lebt. Ein Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich ist gegeben. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich diente seinem Studium und geht er in Österreich keiner Beschäftigung nach. Der Beschwerdeführer spricht Deutsch. Eine maßgebliche und tiefgreifende Verfestigung in kultureller, sozialer und integrativer Hinsicht konnte nicht festgestellt werden.

Im Zeitraum vom 01.07.2014 bis 30.06.2015 und vom 01.05.2015 bis 01.07.2016 sowie vom Zeitraum 15.03.2017 bis 15.03.2018 verfügte der Beschwerdeführer über einen Aufenthaltstitel für Studierende. Seinen Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels wies das Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35 (MA 35), mit Bescheid vom 13.06.2018, Zl. MA35-9/3016578-04, mangels Vorliegen der besonderen Erteilungsvoraussetzungen ab. Die Entscheidung erwuchs mit 10.06.2018 in Rechtskraft. Seit diesem Zeitpunkt hält sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich auf. Gegen die Entscheidung des MA 35 stellte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 01.04.2019 beim MA 35 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zu den Feststellungen zur Lage in Ägypten:

Hinsichtlich Ihrer Lage im Herkunftsstaat sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 19.03.2019 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Der Beschwerdeführer ist Ägypten keinerlei politische, strafrechtliche oder sonstige Verfolgung ausgesetzt. Er verfügt dort über einen familiären Anknüpfungspunkt und besitzt eine eigene Wohnung. In seinem Herkunftsstaat herrscht eine allgemein stabile politische und wirtschaftliche Situation in seinem Herkunftsstaat vor und ist eine medizinische Grundversorgung gegeben. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vom 19.03.2019 vor dieser, den sich im Verwaltungsakt befindlichen Bescheid der MA 35, in den gegenständlichen bekämpften Bescheid der belangten Behörde und in den Beschwerdeschriftsatz, dem Informationsverbundsystem Zentrales Melderegister (IZR), dem Zentralen Melderegister (ZMR) sowie in das Strafregister der Republik Österreich.

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellung zur Staatsangehörigkeit und der daraus resultierenden Drittstaatsangehörigkeit gründen sich ebenso wie die Feststellungen zu seiner Volljährigkeit und seinem Familienstand auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt. Durch die Vorlage seines ägyptischen Reisepasses ist die Identität des Beschwerdeführers geklärt.

Aus der Tatsache, dass sich der Beschwerdeführer sein Studium in Österreich betreibt, leitet sich die Feststellung ab, dass er in Ägypten bereits eine mehrjährige Schulbildung absolviert hat. Glaubhaft sind die Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner in Ägypten aufhältigen Familie. Ebenso bestätigte der Beschwerdeführer in der Einvernahme durch die belangte Behörde, dass ihm seine Eltern seinen Aufenthalt und sein Studium in Österreich finanzieren.

Aus der Überlegung, dass der Beschwerdeführer volljährig ist, er weder in der Einvernahme vor der belangten Behörde, noch in seiner Beschwerde eine gesundheitliche Beeinträchtigung geltend machte, ist davon auszugehen, dass er erwerbsfähig ist. In Zusammenschau mit der Tatsache, dass er über eine höherwertige Schulbildung verfügt, resultiert die Feststellung, dass er eine Chance im ägyptischen Arbeitsmarkt und zur Sicherung seines Lebensunterhaltes hat. Ungeachtet dessen steht es ihm frei im Falle seiner Rückkehr sein Studium in Ägypten fortsetzten.

Die Feststellung betreffend die Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat beruht darauf, dass der Beschwerdeführer weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde substantiierte Angaben dahingehend getätigt hat, denen zufolge eine rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung anzunehmen gewesen wäre. So bestätigte er in seiner Einvernahme durch die belangte Behörde vom 19.03.2019, dass er in Ägypten weder politisch, noch strafrechtlich oder aus anderen Gründen verfolgt wird. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG aus vom Beschwerdeführer zu vertretenden Gründen nicht möglich wäre (§ 52 Abs. 9 FPG).

Die legale Einreise des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem Verwaltungsakt. Die Einsichtnahme in das ZMR belegt seinen Aufenthalt in Österreich. Glaubhaft werden auch die Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde erachtet, wonach sich sein Bruder ebenfalls in Österreich wohnt, er mit ihm aber in keinem gemeinsamen Haushalt lebt. Bereits aufgrund seines seit Mitte 2014 andauernden Aufenthaltes in Österreich resultiert zwangsläufig das Bestehen eines Privatlebens des Beschwerdeführers in Österreich. Dass sich der Beschwerdeführer seines Studiums wegen in Österreich aufhält und er keiner Beschäftigung nachgeht, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und wurde dahingehend auch nichts anderslautendes Vorbringen erstattet. Aus der Einsichtnahme in den Bescheid des MA 35 ist belegt, dass der Beschwerdeführer am 18.02.2018 eine Ergänzungsprüfung absolvierte und er über ein Sprachzeugnis auf dem Niveau B2 verfügt und er somit Deutsch spricht. Anhaltspunkte für eine maßgebliche und tiefgreifende Verfestigung in kultureller, sozialer und integrativer Hinsicht konnten dem Verwaltungsakt nicht entnommen werden und wurde diese Tatsache in der Beschwerde auch nicht bestritten bzw. dahingehend auch kein anderslautendes Vorbringen erstattet.

Der dem Beschwerdeführer erteilte Aufenthaltstitel bzw. dessen Verlängerung ergibt sich aus dem Bescheid der MA 35 sowie einer Einsichtnahme in das IZR. Ebenso leitet sich aus dem im Verwaltungsakt sowie dem darin einliegenden Bescheid der MA 35 die Feststellung ab, dass seinen Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels mangels Vorliegen der besonderen Erteilungsvoraussetzungen abgewiesen wurde, diese Entscheidung 10.06.2018 in Rechtskraft erwuchs und er sich somit ab diesem Zeitpunkt unrechtmäßig in Österreich aufhält. Eine Kopie seines Wiedereinsetzungsantrages an das MA 35 liegt im Verwaltungsakt ein.

Zum Einwand des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde, wonach er hinsichtlich seines NAG-Verfahrens bei der MA 35 einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt habe und daher die Annahme der belangten Behörde unrichtig sei, ist wie folgt auszuführen:

Unter Rechtskraft ist im Zweifel immer die formelle Rechtskraft zu verstehen (VwGH 02.10.1985, 85/11/0015; 03.10.1997, 97/19/0785; 12.09.2006, 2003/03/0279;) und tritt die Rechtskraft eines Bescheides nach der Judikatur der Höchstgerichte "frühestens mit dem ungenutzten Ablauf der Beschwerdefrist" an das Verwaltungsgericht ein (VwGH 21.12.2016, Ra 2014/10/0054; 19.09.2017, Ro 2017/20/0001; sowie VfGH 12. 12. 2016, E 580/2016). Nachdem die Beschwerdefrist im NAG-Verfahren ungenutzt ablief und der belangten Behörde seitens der MA 35 der Eintritt der Rechtskraft bestätigt wurde, ging die belangte Behörde im gegenständlichen Fall zu Recht von einem rechtskräftigen Abschluss des NAG-Verfahrens aus.

In dieser Angelegenheit ist zudem in analoger Anwendung auf nachstehende höchstgerichtliche Rechtsprechung zu verweisen:

Hat der Fremde einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Berufung gegen den seinen Asylantrag abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes eingebracht, so ist ein Abwarten des Ausganges des Wiedereinsetzungsverfahrens für die Fremdenpolizeibehörde bei ihrer Entscheidung über die Ausweisung des Fremden gem § 33 Abs 1 FrG 1997 durch keine gesetzliche Regelung geboten (Hinweis E 27.06.1996, 96/18/0248). Auch kann die Stellung des genannten Wiedereinsetzungsantrages bzw die Erhebung einer Berufung gegen die Abweisung dieses Antrages in erster Instanz nichts daran ändern, daß das den Fremden betreffende Asylverfahren mit Eintritt der Rechtskraft des negativen Asylbescheides als abgeschlossen und grundsätzlich unabänderlich anzusehen ist und dem Fremden daher, selbst wenn er über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 1991 verfügt hätte, diese nach § 7 Abs 3 AsylG 1991 seither nicht mehr zukäme (Hinweis E 23.10.1997, 95/18/0600). Auch unter Berücksichtigung dieser höchstgerichtlichen Rechtsprechung gehen die Einwendungen des Beschwerdeführers ins Leere.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik.

2.3. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zu seiner Lage im Herkunftsstaat sind bereits im Bescheid vom 19.03.2019 enthalten und haben keine Aktualisierung erfahren. Dass in Ägypten eine allgemein stabile politische und wirtschaftliche Situation in seinem Herkunftsstaat vorherrscht und eine medizinische Grundversorgung gegeben ist, ist offenkundig. Daher konnte eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation im Herkunftsstaat verneint werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 oder Z 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes I., erster Satz des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 57 AsylG, abzuweisen war.

3.2. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Die belangte Behörde hat sich bei ihrer Rückkehrentscheidung auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützt, wonach gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen ist, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Nach § 31 Abs. 1 Z 3 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind bis zu drei Monaten (Artikel 21 SDÜ gilt), sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen.

Zu diesen Einreisevoraussetzungen gehören, neben dem Besitz allenfalls nötiger weiterer Dokumente, ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für den Aufenthalt als auch die Rück- oder die Durchreise in einen Drittstaat, in dem die Zulassung gewährleistet ist, oder die Fähigkeit, diese Mittel auf legale Weise zu erwerben. Die Person darf außerdem keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, nationale Sicherheit oder internationalen Beziehungen einer Vertragspartei sein.

Der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, ergibt sich aufgrund des Ablaufes der Gültigkeitsdauer seines Aufenthaltstitels (15.03.2018), weshalb die Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gegeben waren.

Zu prüfen ist im Weiteren, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

Zunächst im Lichte des Art. 8 Abs. 1 EMRK zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt des volljährigen Beschwerdeführers im August 2014 bis zur Erlassung des nunmehr bekämpften Bescheides rund viereinhalb Jahr gedauert hat (vgl. dazu etwa das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 08.04.2008, Nnyanzi gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06, demzufolge der Gerichtshof es nicht erforderlich erachtete, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob während des fast zehnjährigen Aufenthalts des betreffenden Beschwerdeführers ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist).

Auch zu berücksichtigten ist, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich zur Absolvierung seines Studiums und nicht zur dauerhaften Niederlassung im Bundesgebiet ausgelegt war. Auch führt er in Österreich kein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben. Zwar lebt der Bruder des Beschwerdeführers in Österreich, aber ein sich daraus ableitendes schützenswertes Familienleben lässt sich daraus nicht ableiten und wurde dies von ihm auch nicht behauptet.

Es liegen auch keine Hinweise vor, dass der Beschwerdeführer während seines Aufenthaltes in Österreich einen maßgeblichen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde. So war er bislang - weder im Administrativ- noch im Beschwerdeverfahren - nicht imstande, seine allfällige sprachliche, soziale bzw. integrative Verfestigung in Österreich darzulegen oder formell nachzuweisen.

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Überdies würde dies dazu führen, dass Fremde, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch ihre illegale Einreise und durch die Stellung eines unbegründeten oder sogar rechtsmissbräuchlichen Asylantrages erzwingen, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11.12.2003, Zl. 2003/07/0007; vgl. dazu auch das Erkenntnis VfSlg. 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang explizit erklärt, dass "eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde.").

Dementgegen kann auch nach wie vor von einem Bestehen von Bindungen des Beschwerdeführers zu seinem Herkunftsstaat ausgegangen werden, zumal er dort den überwiegenden Teil seines Lebens verbracht hat und dort hauptsozialisiert wurde, er nach wie vor seine Muttersprache spricht und durchaus mit den regionalen Sitten und Gebräuchen der Kultur seines Herkunftsstaates vertraut ist und er selbst angab, dass seine Eltern und seine Schwester nach wie vor in Ägypten aufhalten.

Hinsichtlich seiner strafrechtlichen Unbescholtenheit ist auszuführen, dass dies nach Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen darstellt (VwGH 21.01.1999, 98/18/0420), da der VwGH davon ausgeht, dass es von einem Fremden, welche sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass sie die geltenden Rechtsvorschriften einhält.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich (bzw Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber.

Ihm steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Auch wenn der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten ist, kommt in seinem Fall hinzu, dass er nach Ablauf seines Aufenthaltstitels seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen ist, wodurch er seine Missachtung der verwaltungsabgaben- und steuerrechtlich in Österreich (und insgesamt in der Union) geschützten Werte zeigte. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art 8 Abs 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), schwerer als die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

Die im vorliegenden Beschwerdefall vorzunehmende Interessenabwägung schlägt somit zuungunsten des Beschwerdeführers und zugunsten des öffentlichen Interesses an seiner Außerlandesschaffung aus.

Aus dem Gesagten war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zum Ausspruch, dass die Abschiebung nach Ägypten zulässig ist (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

Dafür, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Ägypten die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Artikels 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Artikels 3 EMRK vergleiche VwGH vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist volljährig, machte keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen geltend und ist somit arbeitsfähig. Im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat steht ihm die Fortführung seines Studiums offen bzw. sollte er durch die Aufnahme einer entsprechenden Beschäftigung zum Verdienst seines Lebensunterhaltes und dem Aufbau einer Lebensgrundlage imstande sein. Zudem lebt die Familie des Beschwerdeführers in Ägypten, wodurch sich ein familiärer Anknüpfungspunkt ergibt.

Damit ist der Beschwerdeführer nicht durch die Außerlandesschaffung nach Ägypten in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Ägypten bessergestellt ist, genügt für die Annahme, er würde in Ägypten keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können, nicht. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Außerdem besteht ganz allgemein in Ägypten derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Artikel 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre. Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Artikel 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.

3.4. Zur freiwilligen Ausreisefrist von 14 Tagen (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Derartige "besondere Umstände" wurden vom Beschwerdeführer nicht ins Treffen geführt und sind auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen.

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

3.5. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, VfSlg. 19.632/2012).

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des VfGH festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall wurde der Sachverhalt nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Abschiebung, Asylverfahren, Aufenthaltsberechtigung besonderer
Schutz, Aufenthaltstitel, berücksichtigungswürdige Gründe,
freiwillige Ausreise, Frist, Interessenabwägung, öffentliche
Interessen, Privat- und Familienleben, private Interessen,
Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I422.2217409.1.00

Zuletzt aktualisiert am

19.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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