TE Vwgh Erkenntnis 2019/11/6 Ra 2019/12/0048

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.11.2019
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz

Norm

AVG §56
AVG §68 Abs1
BDG 1979 §14 Abs4 idF 2018/I/060
BDG 1979 §14 Abs5
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §17
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens und Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrat Mag. Cede als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des J K in S, vertreten durch Dr. Wolfgang Hochsteger, Dr. Dieter Perz und Dr. Georg Wallner, Rechtsanwälte in 5400 Hallein, Salzgasse 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Juni 2019, Zl. W128 2108477-2/34E, betreffend amtswegige Ruhestandsversetzung gemäß § 14 BDG 1979 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Salzburg), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber stand in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und wurde mit Bescheid vom 1. Februar 2016 gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 mit Ablauf des 31. März 2016 in den Ruhestand versetzt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) seine dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Das BVwG erklärte die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für unzulässig und begründete dies mit dem Fehlen einer grundsätzlichen Rechtsfrage.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision des Revisionswerbers; die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung. 4 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird. 5 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu prüfen. 6 Zur Begründung der Zulässigkeit seiner Revision führt der Revisionswerber aus, dass die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde bei Erlassung des Bescheides vom 1. Februar 2016 ausgesprochen habe, dass der Revisionswerber mit Ablauf des 31. März 2016 in den Ruhestand versetzt werde, und nicht festgehalten habe, dass der Revisionswerber mit Rechtskraft des Bescheides in den Ruhestand versetzt sei. Das Bundesverwaltungsgericht habe dieses Datum nicht korrigiert, sondern die Beschwerde gegen den Bescheid vom 1. Februar 2016 als unbegründet abgewiesen. Dies bedeute, dass der Revisionswerber rückwirkend mit 1. April 2016 in den Ruhestand versetzt sei, was von der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 2.7.2007, 2006/12/0131) abweiche und im Ergebnis eine nach dem Gesetz nicht zulässige rückwirkende Ruhestandsversetzung bewirke. Gemäß § 14 Abs. 4 BDG 1979 beginne die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit mit Ablauf des Monats, in dem die Ruhestandsversetzung rechtskräftig werde. Dies sei dann der Fall, wenn entweder der Bescheid der Verwaltungsbehörde oder die Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes rechtskräftig werde. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts werde mit ihrer Erlassung rechtskräftig. Daher hätte die Ruhestandsversetzung nicht mit 1. April 2016 erfolgen dürfen.

7 Die Revision ist in diesem Punkt zulässig und berechtigt. 8 § 14 BDG 1979 lautet auszugsweise (Überschrift und Abs. 1 in der Fassung BGBl. I Nr. 140/2011, Abs. 4 in der Fassung BGBl. I Nr. 60/2018):

"Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit

§ 14. (1) Die Beamtin oder der Beamte ist von Amts wegen oder auf ihren oder seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie oder er dauernd dienstunfähig ist.

...

(4) Die Versetzung in den Ruhestand wird mit Ablauf jenes Monats wirksam, in dem sie rechtskräftig wird."

9 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seiner bisherigen Rechtsprechung zu (inhaltlich mit der geltenden Fassung gleichartigen) Vorgängerbestimmungen des § 14 Abs. 4 (vormals Abs. 5) BDG 1979 dargelegt, dass die Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand von der Rechtskraft des Bescheides abhängt, mit dem sie ausgesprochen (bestätigt) wird (vgl. VwGH 2.7.2007, 2006/12/0131; 25.8.2010, 2010/12/0088 (jeweils zur Fassung nach der Novelle BGBl. Nr. 201/1996); sowie zu früheren Fassungen VwGH 22.5.1989, 89/12/0027 (= VwSlg. 12925 A/1989); 18.9.1992, 91/12/0167; 26.5.1993, 92/12/0145; 16.4.1997, 96/12/0192; vgl. auch zur wortgleichen Bestimmung des § 12 Abs. 6 LDG 1984 VwGH 16.3.2005, 2004/12/0223; 21.11.2017, Ra 2016/12/0116). Die Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand zu einem vor Rechtskraft liegenden Zeitpunkt des sie verfügenden Bescheides (bzw. bestätigenden Erkenntnisses) schließt § 14 Abs. 4 BDG 1979 aber eindeutig aus, ergibt sich doch aus ihm, dass Wirksamkeit und Rechtskraft der Ruhestandsversetzung (bei rechtmäßiger Vorgangsweise) in zeitlicher Hinsicht bestenfalls zusammenfallen können (etwa bei Zustellung eines letztinstanzlichen Bescheides am Monatsletzten), im Regelfall jedoch die Ruhestandsversetzung erst mit einem nach dem Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft liegenden Zeitpunkt wirksam wird. Das Verwaltungsgericht handelt daher rechtswidrig, wenn es der Beschwerde des Beamten keine Folge gibt und den Bescheid bestätigt, obwohl die Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung im bekämpften Bescheid der Dienstbehörde zu einem Tag verfügt worden war, der vor dem Tag der Erlassung des verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses liegt. Es ordnet damit im Ergebnis eine nach dem Gesetz nicht zulässige rückwirkende Ruhestandsversetzung an.

10 Dies trifft auch im vorliegenden Revisionsfall zu. Das angefochtene Erkenntnis war daher in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

11 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung Nr. 8/2014. Das Mehrbegehren des Revisionswerbers war abzuweisen, weil mit dem in dieser Verordnung festgesetzten Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand auch die Umsatzsteuer abgegolten ist (vgl. etwa VwGH 5.5.2017, Ra 2016/02/0036, mwN; 20.11.2018, Ra 2017/12/0125).

Wien, am 6. November 2019

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Besondere RechtsgebieteIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeZeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der Rechtswirkungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019120048.L02

Im RIS seit

13.01.2020

Zuletzt aktualisiert am

13.01.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten