TE Vwgh Beschluss 1999/3/24 98/12/0404

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.03.1999
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

AVG §56;
AVG §73 Abs2;
GehG 1956 §79 Abs1 idF 1994/550;
GehG 1956 §79 Abs3 idF 1994/550;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, in der Beschwerdesache des H in H, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bundesminister für Justiz wegen Verletzung der Entscheidungspflicht über einen Antrag auf Abspruch über eine Verwendungsabgeltung nach § 79 des Gehaltsgesetzes 1956, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Auf Grund seiner Optionserklärung ist er seit 1. Jänner 1995 Beamter der Besoldungsgruppe Exekutivdienst E 2b/Grundlaufbahn. Seine Dienststelle ist die Justizanstalt Innsbruck.

Infolge der langandauernden Erkrankung des Betriebsleiters der Tischlerei nahm sein (mit dieser Funktion betrauter) Stellvertreter dessen Aufgaben und der Beschwerdeführer ab 14. August 1995 die Aufgaben des Betriebsleiter-Stellvertreters wahr, ohne mit dieser Funktion formell betraut zu sein. Nach der Ruhestandsversetzung des Betriebsleiters und der Neubesetzung der Leitung wurde der Beschwerdeführer mit Wirkung vom 1. Oktober 1997 mit dem Arbeitsplatz "Stellvertreter Betriebsleiter Tischlerei" betraut. Mit Bescheid vom 3. Oktober 1997 wurde dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde für die Dauer seiner Verwendung auf diesem Arbeitsplatz eine ruhegenußfähige Verwendungszulage nach § 75 GG 1956 im Ausmaß von 50 v.H. des Unterschiedsbetrages zwischen seinem und dem analogen Gehalt der Verwendungsgruppe E 2a bemessen.

Mit Schreiben vom 13. Oktober 1997 beantragte der Beschwerdeführer "eine bescheidmäßige Feststellung einer allfälligen Verwendungsabgeltung gemäß § 79 Gehaltsgesetz 1956" für die Zeit vom 14. August 1995 bis 30. September 1997 wegen seiner Verwendung auf einem Arbeitsplatz einer höheren Verwendungsgruppe (Betriebsleiter-Stellvertreter in der Tischlerei). Die Voraussetzungen für eine mindestens 29 aufeinanderfolgende Kalendertage vorübergehende (höhere) Verwendung lägen vor.

Da in der Folge keine bescheidförmige Erledigung seines Antrages erfolgte, machte der Beschwerdeführer mit der vorliegenden Beschwerde vom 8. Oktober 1998 Verletzung der Entscheidungspflicht geltend und beantragte, daß ihm für die Zeit vom 14. August 1995 bis 30. September 1997 eine Verwendungsabgeltung nach § 79, in eventu eine Verwendungszulage nach § 75 GG in gesetzlicher Höhe bemessen werde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde das Vorverfahren nach § 36 Abs. 2 VwGG eingeleitet.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte, erstattet. Sie bringt im wesentlichen vor, daß der Leiter der Justizanstalt, der in seinem Vorlagebericht die Angaben des Beschwerdeführers über seine dienstliche Verwendung im fraglichen Zeitraum bestätigt habe, auf der Grundlage des Antrages des Beschwerdeführers die Auszahlung einer Verwendungsabgeltung angeregt habe. Der während der fraglichen Zeit vom Beschwerdeführer konsumierte Erholungsurlaub und Krankenstände hätten zwar die Bezahlung einer Verwendungsabgeltung (während dieser Zeiträume) ausgeschlossen; die Zeit der Funktionsausübung sei aber hiedurch nicht unterbrochen worden. Daraus habe sich ein Anspruch auf Verwendungsabgeltung in Form eines halben Vorrückungsbetrages ergeben. Der sich aus einer im Personalakt enthaltenen Aufstellung ergebende Gesamtbetrag in der Höhe von S 4.238,50 sei dem Beschwerdeführer am 21. November 1997 von der Buchhaltung des OLG W. angewiesen worden. Es liege weder in materiell- noch in verfahrensrechtlicher Hinsicht eine Rechtsverletzung vor. Eine Verletzung der Entscheidungspflicht im Sinne des § 73 AVG liege im Beschwerdefall deshalb nicht vor, weil die faktische Anweisung der Beträge die antragsgemäße Bemessungsentscheidung der belangte Behörde voraussetze. Diese sei dem (Nachtrags)Bezugszettel zu entnehmen gewesen, in dem die Auszahlung von S 4.238,50 (brutto) mit der Angabe "1430/VWA" versehen gewesen sei. Die Notwendigkeit einer bescheidmäßigen Erledigung des Antrages auf Bemessung der Verwendungsabgeltung nach § 79 GG habe nicht bestanden, weil weder die Gebührlichkeit noch die Höhe der Abgeltung strittig gewesen seien; im übrigen laute sogar der Antrag in der Säumnisbeschwerde auf Bemessung in der gesetzlichen Höhe. Ein Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung bestehe nicht, wenn es sich lediglich um die Frage der Liquidierung handle.

Der Beschwerdeführer, der sich dazu über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes äußerte, bestätigte in seiner Stellungnahme vom 22. Jänner 1999, daß ihm der genannte Betrag überwiesen worden sei. Er habe den Zusammenhang mit seiner Sache übersehen, weil er nach seinen Berechnungen einen Betrag in der Größenordnung von S 15.000,-- erwartet habe. Abgesehen davon sei ihm auch nie bekannt gegeben worden, wie dieser Betrag ermittelt worden sei. Daraus ergebe sich ein weiter bestehendes rechtliches Interesse. Es folgen weitere Ausführungen, insbesondere zur Frage, ob selbst bei Zugrundelegung der Bemessung in Höhe eines halben Vorrückungsbetrages nicht eine höhere Abgeltung gebührt hätte.

Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG u. a. erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat.

Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde mangels einer für die Dienststelle des Beschwerdeführer zuständigen nachgeordneten Dienstbehörde als oberste Dienstbehörde in erster und letzter Instanz berufen, über den geltend gemachten besoldungsrechtlichen Anspruch zu entscheiden. Eine Säumnisbeschwerde ist auch dann zulässig, wenn die oberste Behörde in erster Instanz zuständig ist und säumig geworden ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 21. August 1990, 88/04/0036).

Nach der ständigen mit VfSlg. 3259/1957 eingeleiteten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zB VfSlg. 7846/1976, 8371/1978; ebenso die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Mai 1968, 46/68, oder vom 3. Mai 1983, 82/09/0138) werden besoldungsrechtliche Ansprüche eines Beamten in der Regel in drei Phasen - Schaffung eines Rechtstitels, Bemessung und Liquidierung - verwirklicht. Die letzte Phase (Liquidierung, Auszahlung) ist ein technischer Vorgang, der zur Verwirklichung vorangegangener Phasen dient, und selbst nicht durch Bescheid zu erledigen ist (sodaß für die Entscheidung über ein solches Liquidierungsbegehren, da hierüber auch nicht die ordentlichen Gerichte zu entscheiden haben, die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art. 137 B-VG gegeben ist - vgl. dazu zB VfSlg. 13221/1992).

Geht es nicht bloß um die Liquidierung eines besoldungsrechtlichen Anspruches, sondern um die Rechtsfrage seiner Gebührlichkeit, so ist darüber im Streitfall mit Bescheid der zuständigen (Dienst)Behörde zu entscheiden (vgl. die mit VfSlg. 7172/1973 und 7173/1973 beginnende Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sowie zB VfSlg. 12024/1989 uva).

Der vom Beschwerdeführer in seinem Antrag vom 13. Oktober 1997 geltend gemachte Anspruch eines Beamten des Exekutivdienstes nach § 79 Abs. 1 GG in der Fassung des Besoldungsreform-Gesetzes 1994 gebührt dem Grunde nach bei Vorliegen der im Gesetz genannten Voraussetzungen kraft Gesetzes. Da die Verwendungsabgeltung nach § 79 Abs. 3 Z. 2 GG - nur diese Bestimmung kommt auf Grund des unstrittigen Sachverhaltes in Betracht - für den Unterschied von der Verwendungsgruppe E 2b auf die Verwendungsgruppe E 2a einen halben Vorrückungsbetrag beträgt, ergibt sich auch die Höhe des geltend gemachten Anspruches aus dem Gesetz.

Der Beschwerdeführer hat in seinem Antrag vom 13. Oktober 1997 ausdrücklich einen Antrag auf bescheidmäßige Feststellung gestellt, obwohl zu diesem Zeitpunkt weder die Gebührlichkeit noch die Höhe der von ihm angesprochenen Verwendungsabgeltung nach § 79 GG strittig waren. Insbesondere hat der Beschwerdeführer in seinem Antrag auch nicht geltend gemacht, daß ihm die angesprochene Verwendungsabgeltung in einer bestimmten Höhe gebühre, die mit dem Gesetz nicht in Einklang steht. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist es bei dieser Fallkonstellation zulässig, daß die Dienstbehörde mangels jeglichen Hinweises auf eine erkennbare Strittigkeit die Liquidierung (Auszahlung) ohne vorherige Erlassung eines Bescheides durchführt. Geht sie - wie im Beschwerdefall - in dieser Weise vor und konnte dies der Beamte auch erkennen oder hätte er dies bei Anlegen eines objektiven Maßstabes auf Grund der Umstände des Falles zumindest erkennen müssen - daran ist im Beschwerdefall im Hinblick auf die unbestrittene Überweisung eines Betrages in Verbindung mit dem Bezugszettel der Nachzahlung, in der der Zahlungsgrund (wenn auch chiffriert) hinreichend erkennbar angegeben ist und dies überdies innerhalb sehr kurzer Zeit nach Antragstellung erfolgte, nicht zu zweifeln - dann kann die Dienstbehörde von der Erledigung des Antrages des Beamten ausgehen und ist nicht zur Erlassung eines (offenbar nur vorsorglich beantragten) Bescheides verpflichtet, wenn und solange der Beamte nicht nach der erfolgten Auszahlung ihr gegenüber die Gesetzmäßigkeit der Liquidierung (unter Angabe der strittigen Punkte wie zB der Bemessung) in Frage stellt und damit ein (weiterhin) gegebenes rechtliches Interesse geltend macht (vgl. zu einer ähnlichen Problemlage bei der Überprüfung der Einstufung im Funktionszulagenschema nach Optierung eines Beamten das hg. Erkenntnis vom 25. März 1998, 98/12/0007).

Im Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer gegenüber der belangten Behörde nach Auszahlung der Verwendungsabgeltung im November 1997 ein derartiges Vorbringen nicht erstattet. Vor dem Hintergrund der Rechtslage war daher die belangte Behörde nicht gehalten, den Antrag des Beschwerdeführers einer bescheidmäßigen Erledigung zuzuführen. Mangels Verletzung einer sie treffenden Entscheidungspflicht erweist sich die Säumnisbeschwerde als unzulässig und war daher nach § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 und 49 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. März 1999

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998120404.X00

Im RIS seit

21.02.2002

Zuletzt aktualisiert am

03.02.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten