TE Bvwg Beschluss 2018/10/24 W113 2013493-2

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Veröffentlicht am 24.10.2018
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Entscheidungsdatum

24.10.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
UVP-G 2000 §19 Abs7
UVP-G 2000 §3 Abs7a
UVP-G 2000 §40 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §32
VwGVG §32 Abs1
VwGVG §32 Abs2
VwGVG §32 Abs3
VwGVG §32 Abs5

Spruch

W113 2013493-2/4E

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Katharina DAVID als Vorsitzende und die Richterinnen Dr. Silvia KRASA und MMag. Dr. Gabriele FISCHER-SZILAGYI als Beisitzerinnen über den Antrag der Marktgemeinde XXXX , XXXX , der XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , der XXXX , XXXX , der XXXX , XXXX , XXXX , XXXX und XXXX , alle vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Michael Schuszter, vom 02.08.2017 auf Wiederaufnahme des mit Bescheiden des Umweltsenates vom 12.03.2010, Zl. US 4A/2010/1-9, sowie vom 23.10.2012, Zl. US 4A/2010/1-20, abgeschlossenen Verfahrens betreffend das UVP-Feststellungsverfahren über das Vorhaben "Schleife Eisenstadt" beschlossen:

A)

Der Wiederaufnahmeantrag wird zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Vorgeschichte:

1. Auf Antrag der ÖBB-Infrastruktur Bau AG vom 09.04.2009 führte die Burgenländische Landesregierung ein Feststellungverfahren gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 durch und stellte mit Bescheid vom 07.12.2009, Zl. 5-G-UVP1015/21-2009, fest, dass das Vorhaben "Schleife Eisenstadt" nicht der Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliege. In diesem Verfahren wurde die Marktgemeinde XXXX (im Folgenden: Erstantragstellerin) als Standortgemeinde beigezogen, die oben genannten weiteren vierzehn Antragsteller (im Folgenden: Zweit- bis Fünfzehntantragsteller) nahmen an diesem Verfahren nicht teil.

Gegen diesen Feststellungsbescheid erhob die Erstantragstellerin Berufung an den Umweltsenat.

2. Mit Bescheid des Umweltsenates vom 12.03.2010, Zl. US 4A/2010/1-9, wurde die Berufung der Erstantragstellerin abgewiesen.

Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft und wurde dagegen von der Erstantragstellerin keine Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts erhoben.

3. Mit Schreiben vom 26.06.2012 beantragte die Erstantragstellerin die Wiederaufnahme des durch Bescheid des Umweltsenates vom 12.03.2010 abgeschlossenen UVP-Feststellungsverfahrens.

Mit einem gesonderten, gleichfalls auf den 26.06.2012 datierten Schreiben beantragten auch dreizehn weitere Antragsteller (mehrere natürliche Personen sowie Körperschaften des öffentlichen Rechts, zum Großteil, jedoch nicht gänzlich identisch mit den nunmehrigen Zweit- bis Fünfzehntantragstellern) die Wiederaufnahme des UVP-Feststellungsverfahrens.

4. Mit Schreiben vom 08.08.2012 beantragten die soeben genannten dreizehn weiteren Antragsteller die Zustellung des Bescheides der Landesregierung vom 07.12.2009, der ihnen "zur Kenntnisnahme" übermittelt wurde, und erhoben daraufhin Berufung gegen den erstinstanzlichen Feststellungsbescheid.

5. Mit Bescheid des Umweltsenates vom 23.10.2012, Zl. US 4A/2010/1-19, wurde der Wiederaufnahmeantrag der Erstantragstellerin abgewiesen und der Wiederaufnahmeantrag der dreizehn weiteren Antragsteller wurde mangels Parteistellung im wiederaufzunehmenden Verfahren zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid wurde von der Erstantragstellerin sowie von den dreizehn weiteren Antragstellern Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

6. Mit Erkenntnis vom 24.09.2014, Zl. 2012/03/0165, wies der Verwaltungsgerichtshof diese Beschwerde als unbegründet ab.

7. Mit einem weiteren Bescheid des Umweltsenates vom 23.10.2012, Zl. US 4A/2010/1-20, wurde die Berufung der dreizehn Antragsteller bzw. Berufungswerber gegen den Bescheid der Landesregierung vom 07.12.2009 aufgrund fehlender Berufungslegitimation mangels Parteistellung im UVP-Feststellungsverfahren als unzulässig zurückgewiesen.

Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft und wurde dagegen keine Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts erhoben.

Gegenständliches Wiederaufnahmeverfahren:

8. Mit Schreiben vom 02.08.2017 stellten die Erst- bis Fünfzehntantragsteller einen Antrag auf "Wiederaufnahme des Feststellungsverfahrens" unter Nennung der Zahl des Bescheides vom 07.12.2009 an das Amt der Burgenländischen Landesregierung, dort eingelangt am 04.08.2017. Dazu wurde im Wesentlichen vorgebracht, im Verfahren betreffend die Feststellung, ob für das Vorhaben "Schleife Eisenstadt" eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei, sei festgestellt worden, dass das "Irrelevanzkriterium" nicht überschritten werde. Aufgrund einer schall- und lufttechnischen Stellungnahme (welche von der Erstantragstellerin im Zusammenhang mit einem Verfahren beim BMVIT eingeholt worden sei) hätten die Beteiligten nunmehr erfahren, dass seitens der ÖBB-Infrastruktur AG bei den "Ist-Werten" der Belastungen und Immissionen zu hohe Werte angegeben worden seien, sodass die Differenzen zu den "Prognosewerten" zu gering ausgefallen seien. Würden die richtigerweise zugrunde zu legenden "Ist-Werte" mit den "Prognosewerten" verglichen, dann werde das Irrelevanzkriterium überschritten und demzufolge wäre die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen gewesen. Die als Beilage angefügte schall- und lufttechnische Stellungnahme vom 22.07.2017 sei den Beteiligten am 24.07.2017 übermittelt worden.

9. Mit Schreiben der Burgenländischen Landesregierung vom 29.01.2018 wurde der gegenständliche Wiederaufnahmeantrag vom 02.08.2017 zuständigkeitshalber an das Bundesverwaltungsgericht übermittelt und langte hier am 30.01.2018 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1. Mit Bescheid vom 07.12.2009, Zl. 5-G-UVP1015/21-2009, stellte die Burgenländische Landesregierung fest, dass das Vorhaben "Schleife Eisenstadt" nicht dem UVP-G 2000 und nicht der Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliege. In diesem Verfahren wurde die Erstantragstellerin als Standortgemeinde beigezogen, die Zweit- bis Fünfzehntantragsteller nahmen an diesem Verfahren nicht teil.

2. Mit Bescheid des Umweltsenates vom 12.03.2010, Zl. US 4A/2010/1-9, wurde die Berufung der Erstantragstellerin gegen den Feststellungsbescheid vom 07.12.2009 abgewiesen. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft und wurde dagegen von der Erstantragstellerin keine Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts erhoben.3. Mit Bescheid des Umweltsenates vom 23.10.2012, Zl. US 4A/2010/1-20, wurde die Berufung von dreizehn Berufungswerbern (weitgehend identisch mit den nunmehrigen Zweit- bis Fünfzehntantragstellern) gegen den Feststellungsbescheid vom 07.12.2009 aufgrund fehlender Berufungslegitimation mangels Parteistellung im UVP-Feststellungsverfahren als unzulässig zurückgewiesen. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft und wurden dagegen ebenso keine Beschwerden an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts erhoben.4. Mit Schreiben vom 02.08.2017 stellten die Erst- bis Fünfzehntantragsteller einen Antrag auf "Wiederaufnahme des Feststellungsverfahrens" an das Amt der Burgenländischen Landesregierung, dort eingelangt am 04.08.2017. Beigelegt war eine schall- und lufttechnische Stellungnahme vom 22.07.2017, die den Beteiligten am 24.07.2017 übermittelt wurde. Mit Schreiben der Burgenländischen Landesregierung vom 29.01.2018 wurde dieser Wiederaufnahmeantrag zuständigkeitshalber an das Bundesverwaltungsgericht übermittelt und langte hier am 30.01.2018 ein. Die Wiederaufnahme ist zweifelsfrei auf das UVP-Feststellungsverfahrens gerichtet.

2. Beweiswürdigung:

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die vorliegenden Verwaltungsakte Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden und im Verfahren unbeanstandeten Aktenlage fest.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Allgemeines

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 40 Abs. 2 UVP-G 2000 liegt Senatszuständigkeit vor.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine mündliche Erörterung der Angelegenheit eine weitere Klärung der Rechtssache nicht hätte erwarten lassen. Der der Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt wird von den Antragstellern nicht bestritten. Der Sachverhalt war daher iSd § 24 Abs. 4 VwGVG entscheidungsreif und dem Entfall der Verhandlung stehen weder Art 6. Abs. 1 EMRK (vgl. VwGH 04.03.2008, 2005/05/0304), noch Art. 47 Grundrechte-Charta (vgl. VfGH 14.03.2012, U466/11, wonach die Judikatur zu Art. 6 EMRK auch zur Auslegung der Art. 47 Grundrechte-Charta heranzuziehen ist) entgegen. Zudem hatte das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Fall ausschließlich über Rechtsfragen zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt A)

Nach § 3 Abs. 6 Bundesgesetz betreffend den Übergang zur zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz - VwGbk-ÜG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, entscheiden die Verwaltungsgerichte ab 01.01.2014 über die Wiederaufnahme von Verfahren, die entweder in diesem Zeitpunkt gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf die Verwaltungsgerichte übergegangen sind, oder, wären sie in diesem Zeitpunkt noch anhängig, übergehen würden. Die §§ 32 und 33 des VwGVG sind sinngemäß anzuwenden.

Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idF der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, iVm Z 26 der Anlage zu diesem Bundesgesetz wurde der Umweltsenat mit 01.01.2014 aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31.12.2013 beim Umweltsenat anhängigen Verfahren wurde den Verwaltungsgerichten übertragen. Gemäß Art. 131 Abs. 4 Z 2 lit. a B-VG iVm § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen nach dem UVP-G 2000 mit 01.01.2014 das Bundesverwaltungsgericht.

Das gegenständlich wiederaufzunehmende Verfahren wurde vom Umweltsenat mit Bescheiden vom 12.03.2010, Zl. US 4A/2010/1-9, bzw. vom 23.10.2012, Zl. US 4A/2010/1-20, und sohin vor dem 31.12.2013 rechtskräftig abgeschlossen. Wäre das Verfahren am 01.01.2014 noch anhängig, würde die Zuständigkeit für das Verfahren nach Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG iVm Z 26 der Anlage zu diesem Bundesgesetz auf das Bundesverwaltungsgericht übergehen. Im Sinne der Bestimmung des § 3 Abs. 6 VwGbk-ÜG ist für die Entscheidung über die Wiederaufnahme daher das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

Gemäß § 17 VwGVG ist der IV. Teil des AVG und folglich die Bestimmung des § 69 AVG nicht anzuwenden. In der Regierungsvorlage zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 (2009 der Beilagen, XXIV. GP) ist festgehalten, dass die Bestimmungen über die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im VwGVG weitgehend den Bestimmungen der §§ 69 bis 72 AVG mit den entsprechenden Anpassungen aufgrund der Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz entsprechen. Durch den Ausschluss der Anwendung des IV. Teiles des AVG ist das AVG in diesem Bereich für unanwendbar erklärt worden - was Auslegungsprobleme, die sich aus der subsidiären Anwendbarkeit der Bestimmungen des AVG ergeben, ausschließt -, wobei aufgrund der inhaltlichen Übereinstimmung und ähnlichen Formulierung der Bestimmung des § 32 Abs. 1 bis 3 VwGVG mit § 69 AVG die bisher ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidungen sinngemäß anzuwenden sind bzw. die bisherigen Judikaturrichtlinien zu § 69 AVG herangezogen werden können (vgl. auch VwGH 31.08.2015, Ro 2015/11/0012).

§ 32 VwGVG regelt die Wiederaufnahme des Verfahrens. In welcher Erledigungsform das Verwaltungsgericht zu entscheiden hat, ist gesetzlich nicht angeordnet. Der allgemeinen Systematik des VwGVG folgend ist anzunehmen, dass sämtliche Entscheidungen über Wiederaufnahmeanträge - als selbständige Erledigungen - in Beschlussform erfolgen (Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, § 32 VwGVG, Anm. 13; vgl. auch Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 [2014] Rz 893, wonach alle Entscheidungen des Verwaltungsgerichtes über Wiederaufnahmeanträge gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG als Beschlüsse ergehen, weil es sich um Entscheidungen prozessualer Art handelt).

§ 32 VwGVG lautet:

"Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn

1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder

3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Das Verwaltungsgericht hat die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

(5) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse."

Zur Frage der Parteistellung ist Folgendes auszuführen:

Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Wiederaufnahmeantrages ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Parteistellung im wiederaufzunehmenden Verfahren (VwGH 20.09.1994, 94/05/0209; VwGH 30.04.2008, 2007/04/0033). Nur Parteien des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens sind zur Stellung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens legitimiert (VwGH 30.04.2008, 2007/04/0033; vgl. dazu auch insbesondere das im vorliegenden Fall bereits ergangene Erk des VwGH vom 24.09.2014, 2012/03/0165, mwN).

Das im vorliegenden Fall zugrundeliegende UVP-Feststellungsverfahren (Feststellungsbescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 07.12.2009) wurde gegenüber der nunmehrigen Erstantragstellerin, der Marktgemeinde XXXX , mit Bescheid des Umweltsenates vom 12.03.2010, Zl. US 4A/2010/1-9, rechtskräftig abgeschlossen. Die Erstantragstellerin war als Standortgemeinde Partei jenes Feststellungsverfahrens, dessen Wiederaufnahme sie nunmehr (erneut) begehrt, und ist damit auch zur Stellung des hier gegenständlichen Wiederaufnahmeantrages berechtigt.

Im vorliegenden Fall haben, wie oben ausgeführt, dreizehn Personen bzw. Körperschaften des öffentlichen Rechts - zum Großteil, jedoch nicht gänzlich identisch mit den nunmehrigen Zweit- bis Fünfzehntantragstellern - die Zustellung des Feststellungsbescheides der Landesregierung vom 07.12.2009 beantragt und daraufhin Berufung gegen den Feststellungsbescheid erhoben. Darüber hat der Umweltsenat mit Bescheid vom 23.10.2012, Zl. US 4A/2010/1-20, insofern entschieden, als er die Berufung aufgrund fehlender Berufungslegitimation mangels Parteistellung im UVP-Feststellungsverfahren als unzulässig zurückgewiesen hat. Gegen diesen Bescheid des Umweltsenates haben die damaligen Berufungswerber allerdings keine Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts erhoben. Somit wurde zumindest über die Parteistellung dieser dreizehn Antragsteller bereits in einem rechtskräftigen Bescheid abgesprochen und festgehalten, dass diesen eine Parteistellung im abgeschlossenen UVP-Feststellungsverfahren nicht zugekommen ist (vgl. dazu wieder ausführlich VwGH 24.09.2014, 2012/03/0165; hinzuzufügen ist, dass der Verwaltungsgerichtshof im genannten Erkenntnis die fehlende Parteistellung der dreizehn Antragsteller im Zusammenhang mit dem damaligen Wiederaufnahmeantrag bestätigt hat). Daher sind diese Personen bzw. Körperschaften des öffentlichen Rechts (dreizehn bzw. nunmehr zwölf, da eine Person gegenüber dem damaligen Verfahren weggefallen ist) - die nunmehrigen Zweit- bis Dreizehntantragsteller - jedenfalls nicht dazu legitimiert, einen Antrag auf Wiederaufnahme zu stellen.

Was die nunmehrigen Vierzehnt- und Fünfzehntantragsteller betrifft, die im soeben genannten damaligen Berufungsverfahren nicht beteiligt waren und neu hinzugetreten sind, so waren auch diese nicht Partei des damaligen Feststellungsverfahrens. Gemäß der oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind diese beiden Personen deshalb ebenfalls nicht zur Stellung eines Wiederaufnahmeantrages berechtigt.

Auch durch die in den letzten Jahren sukzessive erfolgte Änderung der Rechtslage im UVP-G 2000 ist für die Zweit- bis Fünfzehntantragsteller nichts zu gewinnen:

Mit der UVP-G-Novelle 2012 idF BGBl. I Nr. 77/2012 (die am 03.08.2012 in Kraft trat) wurde für gemäß § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisationen mit dem in § 3 neu eingefügten Absatz 7a die Möglichkeit geschaffen, einen Antrag auf Überprüfung der Einhaltung von Vorschriften über die UVP-Pflicht an den Umweltsenat zu stellen. § 3 Abs. 7a leg.cit. wurde durch die UVP-G-Novelle BGBl. I Nr. 95/2013 an die Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit angepasst. Seit der UVP-G-Novelle idF BGBl. I Nr. 4/2016 ist gemäß § 3 Abs. 7a leg.cit. nun auch ein Nachbar berechtigt, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben.

Im vorliegenden Fall könnten sich die Nachbarn auf § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 stützen. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch bereits mehrfach ausgesprochen, dass die Klärung der Frage, ob die Behauptung einer Person, im Verfahren als Partei übergangen zu sein, zutreffend ist, nach der im Zeitpunkt der Erlassung des bisher an andere Verfahrensparteien bereits ergangenen Bescheides geltenden Sach- und Rechtslage zu geschehen hat (vgl. dazu erneut VwGH 24.09.2014, 2012/03/0165, mwN). Zum Zeitpunkt der Erlassung des das UVP-Feststellungsverfahren abschließenden Bescheides des Umweltsenates im März 2010 war die Bestimmung des § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 daher schon deswegen nicht beachtlich, weil sie erst am 03.08.2012 in Kraft getreten ist; die Novelle betreffend die Nachbarn trat mit 24.02.2016 in Kraft. Nachbarn haben somit bei verfahrensgegenständlicher Konstellation keine Möglichkeit, sich nachträglich am Verfahren zu beteiligen.

Aus den genannten Gründen war der gegenständliche Antrag auf Wiederaufnahme bezüglich der Zweit- bis Fünfzehntantragsteller als unzulässig zurückzuweisen und es ist nur mehr auf den Wiederaufnahmeantrag der Erstantragstellerin einzugehen.

Zur Frage der fristgerechten Antragstellung ist Folgendes auszuführen:

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 32 VwGVG muss u. a. alle für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit, d.h. der Einhaltung der subjektiven (Antrag ist binnen zwei Wochen ab Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes beim Verwaltungsgericht einzubringen) und der objektiven (Antrag kann nur innerhalb der Frist von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses gestellt werden) Frist, maßgeblichen Angaben enthalten (vgl. VwGH 19.05.1993, 91/13/0099; VwGH 25.01.1996, 95/19/0003). Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen, was bedeutet, dass dieser die Beweislast für die Rechtzeitigkeit des Wiederaufnahmeverfahrens im Sinne der Rechtsprechung des VwGH zu § 69 Abs. 2 AVG trägt (VwGH 14.11.2006, 2005/05/0260).

Die subjektive Frist ist gewahrt, wenn der Wiederaufnahmeantrag bis zum Ende der zweiwöchigen Frist bei der zuständigen Behörde eingebracht wird. Da es sich bei dieser Frist um eine verfahrensrechtliche Frist handelt, sind die Tage des Postenlaufs nicht einzurechnen (vgl. auch Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 [2014] Rz 605). Bei der nicht zuständigen Behörde eingebrachte Wiederaufnahmeanträge sind jedoch gemäß § 6 Abs. 1 AVG auf Gefahr des Einschreiters (insbesondere hinsichtlich der Einhaltung der subjektiven und objektiven Frist) an die zuständige Stelle weiterzuleiten. In diesem Fall wird der Fristenlauf weder gehemmt noch unterbrochen, sodass ein bei der unzuständigen Stelle eingebrachtes fristgebundenes Anbringen nur dann nicht verspätet ist, wenn das Schriftstück noch innerhalb der Frist bei der zuständigen Behörde einlangt (VwGH 13.09.2011, 2011/22/0239). Das Risiko eines falsch eingebrachten Wiederaufnahmeantrages trägt im Sinne der Judikatur des VwGH zu § 69 AVG daher der Einschreiter (VwGH 19.12.1995, 95/20/0700).

Bei dem gegenständlichen Verfahren "Schleife Eisenstadt" handelt es sich um den Fall, dass ein - bereits vor dem 31.12.2013 - vom Umweltsenat rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren vorliegt. Wie oben bereits dargestellt wurde der Umweltsenat mit 01.01.2014 aufgelöst. Eine Zuständigkeit des Umweltsenates, der den im wiederaufzunehmenden Verfahren ergangenen Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, für die Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag kann aufgrund der Auflösung nun nicht mehr bestehen. Für die Entscheidung über die Wiederaufnahme ist, wie ebenfalls bereits ausgeführt, das Bundesverwaltungsgericht zuständig und ein Wiederaufnahmeantrag ist nach der aktuellen, bereits seit 01.01.2014 geltenden Rechtslage gemäß § 32 Abs. 2 erster Satz VwGVG beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Davon ausgehend, dass die Erstantragstellerin nach ihren Angaben am 24.07.2017 Kenntnis vom behaupteten Wiederaufnahmegrund, der Stellungnahme vom 22.07.2017, erlangte und dass der Wiederaufnahmeantrag am 30.01.2018 beim Bundesverwaltungsgericht als zuständige Stelle einlangte, wurde die subjektive Frist von zwei Wochen ab Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes nicht eingehalten. Die zweiwöchige Frist für die Stellung des Antrages lief bereits am 07.08.2017 ab.

Die Erstantragstellerin muss sich den Zeitpunkt des Einlangens des Wiederaufnahmeantrages beim Bundesverwaltungsgericht als zuständige Stelle im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zurechnen lassen. Da die Erstantragstellerin den Wiederaufnahmeantrag fälschlicherweise beim Amt der Burgenländischen Landesregierung, und nicht bei der zuständigen Stelle des Bundesverwaltungsgerichts eingebracht hat, musste die Erstantragstellerin auch das Risiko tragen, dass der gegenständliche Antrag erst weitergeleitet werden musste und dass durch diese Weiterleitung Zeit in Anspruch genommen wurde, die die subjektive Frist zur Einbringung versäumen ließ (dabei wäre irrelevant, ob die nicht zuständige Behörde an der nicht fristgerechten Weiterleitung des Antrages ein Verschulden trifft, vgl. VwGH 19.12.1995, Zl. 95/20/0700, weshalb auf die Frage eines möglichen Verschuldens der Landesregierung im vorliegenden Fall nicht einzugehen war).

Der Antrag der Erstantragstellerin auf Wiederaufnahme leidet an einem formellen Mangel, da die Prozessvoraussetzung der Einhaltung der subjektiven Antragsfrist von zwei Wochen fehlt. Der Antrag ist aus diesem Grund verspätet. Somit war der Wiederaufnahmeantrag auch bezüglich der Erstantragstellerin zurückzuweisen. Ergänzend kann noch darauf hingewiesen werden, dass der Zurückweisungsgrund der Verspätung auch für die Zweit- bis Fünfzehntantragsteller gelten würde.

Hinzuzufügen ist, dass im vorliegenden Fall auch die objektive Frist, wonach ein Wiederaufnahmeantrag nur innerhalb von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses gestellt werden kann, bereits abgelaufen ist. Gegenständlich handelt es sich nicht um ein Erkenntnis (des Bundesverwaltungsgerichtes), sondern um Bescheide des Umweltsenates, mit denen das wiederaufzunehmende Verfahren rechtskräftig abgeschlossen wurde, und zwar vom 12.03.2010 und vom 23.10.2012. Der Antrag auf Wiederaufnahme wurde aber erst im Jahr 2017 eingebracht (bzw. ist im Jahr 2018 beim zuständigen Bundesverwaltungsgericht eingelangt), somit deutlich mehr als drei Jahre nach Erlassung der Bescheide.

Eine amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens ist nach Ablauf von drei Jahren nur mehr dann zulässig, wenn das Erkenntnis (hier: der Bescheid) durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist. Hinweise darauf, dass einer dieser Gründe vorliegt, haben sich im gegenständlichen Fall nicht ergeben. Eine amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens scheidet somit ebenfalls aus.

Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Zur Möglichkeit des Zurückgreifens auf das bisherige Verständnis der Wiederaufnahmegründe nach § 69 AVG bei der Anwendung des § 32 VwGVG vgl. VwGH 31.08.2015, Ro 2015/11/0012. Dazu, dass das Recht, einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu stellen, nur einer Partei des vorangegangenen Verwaltungsverfahrens zukommt, vgl. etwa VwGH 20.09.1994, 94/05/0209, 30.04.2008, 2007/04/0033, sowie das im vorliegenden Fall ergangene Erk vom 24.09.2014, 2012/03/0165. Zur Frage, nach welcher Sach- und Rechtslage bei der Klärung der Frage zu entscheiden ist, ob die Behauptung, als Partei übergangen zu sein, zutreffend ist, vgl. u.a. VwGH 24.06.2014, 2011/05/0098, sowie erneut VwGH 24.09.2014, 2012/03/0165. Betreffend die Rechtzeitigkeit eines Wiederaufnahmeantrages vgl. etwa VwGH 19.05.1993, 91/13/0099, 25.01.1996, 95/19/0003; zur Beweislast in diesem Zusammenhang VwGH 14.11.2006, 2005/05/0260. Zum Risiko des Einschreiters für einen falsch eingebrachten Wiederaufnahmeantrag vgl. schließlich ausführlich VwGH 19.12.1995, 95/20/0700, sowie VwGH 13.09.2011, 2011/22/0239.

Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen liegen nicht vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder im gegenständlichen Wiederaufnahmeantrag vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Antragsfristen, Feststellungsbescheid, Feststellungsverfahren,
Fristablauf, Gemeinde, Parteistellung, Rechtskraft der Entscheidung,
Rechtzeitigkeit, Standort, Umweltverträglichkeitsprüfung,
verspäteter Antrag, Verspätung, Wiederaufnahme,
Wiederaufnahmeantrag, Wiederaufnahmegrund, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W113.2013493.2.00

Zuletzt aktualisiert am

29.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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