TE Lvwg Erkenntnis 2017/8/3 LVwG-2017/37/0657-13

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Veröffentlicht am 03.08.2017
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Entscheidungsdatum

03.08.2017

Index

81/01 Wasserrechtsgesetz;
L82007 Bauordnung Tirol;

Norm

WRG 1959 §10 Abs2
WRG 1959 §32 Abs2 litc
WRG 1959 §39
WRG 1959 §138 Abs1 lita
BauO Tir 2011 §26
BauO Tir 2011 §31
BauO Tir 2011 §35

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Wolfgang Hirn über die Beschwerde der BB und des CC, beide Adresse 1, **** X, beide vertreten durch die DD Rechtsanwälte GmbH, Adresse 2, **** W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 31.01.2017, Zl ****, betreffend einen Wiederherstellungsauftrag nach § 138 WRG 1959 (belangte Behörde: Bezirkshauptmannschaft X; mitbeteiligte Partei: AA GmbH), nach Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

zu Recht:

1.       Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

2.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensablauf:

1.       Verfahren vor der belangten Behörde:

Mit Bescheid vom 14.06.2016, Zl ****, hat der Bürgermeister der Stadtgemeinde X der AA GmbH, Adresse 3, **** Z, die Baubewilligung für den Abbruch und den Neubau eines Wohnhauses auf Gst Nr **1 in EZ ****, GB **** Y, nach Maßgabe näher bezeichneter Einreichunterlagen und unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.

Bereits mit Bescheid vom 19.01.2016, Zl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft X der AA GmbH die mit 31.12.2036 befristete wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Oberflächen-entwässerungsanlage auf Gst Nr **1, GB **** Y, unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt. Mit Schriftsatz vom 28.07.2016 hat die EE GmbH der Behörde mitgeteilt, dass die Oberflächenentwässerungsanlage in der projektierten (und bewilligten) Form nicht umgesetzt werden könne. Die Bezirkshauptmannschaft X hat in weiterer Folge die AA GmbH mit Schriftsatz vom 09.08.2016, ****, aufgefordert, möglichst rasch ein geändertes Projekt für die Oberflächenentwässerung zur wasserrechtlichen Bewilligung einzureichen.

Mit Schriftsatz vom 11.10.2016 hat die AA GmbH zur Entsorgung der auf dem Gst Nr **1, GB **** Y, anfallenden Oberflächenwässern überarbeitete Unterlagen vorgelegt und um die Erteilung der wasserrechtlichen Genehmigung für das neu eingereichte Projekt ersucht.

[In der Zwischenzeit hat die Bezirkshauptmannschaft X der AA GmbH mit Bescheid vom 19.07.2017, Zl ****, die wasserrechtliche Bewilligung für die vorgesehene Entsorgung der anfallenden Dach- und Oberflächenwässer unter Vorschreibung von Auflagen erteilt und das dafür erforderliche Wasserbenutzungsrecht zur Einleitung von 1,26 l/s Niederschlagswässer in den Ubach befristet bis 31.12.2037 verliehen.]

Mit Schriftsatz vom 22.12.2016 haben BB und CC, Adresse 1, **** X, beide vertreten durch die DD Rechtsanwälte GmbH, Adresse 2, **** W, beantragt, die Bezirkshauptmannschaft X möge als zuständige Wasserrechtsbehörde auf Grundlage des § 138 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) umgehend die Einstellung der auf Gst Nr **1, GB **** Y, durchgeführten Maßnahmen verfügen sowie der AA GmbH ? als der für die auf dem Gst Nr **1, GB **** Y, durchgeführten baulichen Maßnahmen verantwortlichen Bauherrin ? die Umsetzung näher bezeichneter Sanierungsmaßnahmen auftragen.

Im Wesentlichen bringen die Antragswerber vor, durch die Art der von der AA GmbH zu vertretenden Bauführung auf dem Nachbargrundstück seien sämtliche unterirdischen Wässer, die im Umfeld des Gst Nr **1, GB **** Y, bisher diffus in das Tal abgesickert seien, in die Baugrube des Bauvorhabens „Adresse 4“ geleitet und dort an der Sohle gesammelt worden. Dieses Wasser sei in weiterer Folge in die Hinterfüllung des Kellers ihres Hauses (Anschrift: Adresse 1) eingedrungen und habe entsprechende Schäden verursacht. Diesem Antrag waren Unterlagen, insbesondere die baugeologische Beurteilung der „FF gmbH“ vom 15.12.2016 beigefügt.

Mit Bescheid vom 31.01.2017, Zl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft X den Anträgen der/des rechtsfreundlich vertretenen BB und CC vom 22.12.2016 keine Folge gegeben. Die belangte Behörde hat im Wesentlichen argumentiert, auch wenn sich möglicherweise die Baumaßnahme und Bauführung auf dem Gst Nr **1, GB **** Y, auf das Nachbargrundstück der Antragsteller ausgewirkt hätten, führe dies nicht automatisch zu einer Bewilligungspflicht gemäß § 32 WRG 1959 und sei von einer Bewilligungspflicht im gegenständlichen Fall auch nicht auszugehen. Die Erteilung eines Auftrages nach § 138 WRG 1959 setze das Vorliegen einer ohne die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung durchgeführten Maßnahme voraus. Dieses Tatbestandsmerkmal sei aber nicht erfüllt.

Gegen diesen Bescheid haben BB und CC, beide vertreten durch die DD Rechtsanwälte GmbH, Adresse 2, **** W, Beschwerde erhoben und beantragt, das Landesverwaltungsgericht Tirol möge der Beschwerde Folge geben und in der Sache selbst entscheiden, „somit umgehend die Einstellung der auf Grundstück Nr. **1, EZ ****, KG **** Y, durchgeführten Maßnahmen verfügen, sowie die in Kapitel 6 der baugeologischen Beurteilung der ‚FF gmbh‘ (GG) vom 15.12.2016 […] genannten Sanierungsmaßnahmen auftragen“; hilfsweise wird beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

2.       Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol:

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat bei der Stadtgemeinde X den Bescheid vom 14.06.2016, Zl **** eingeholt. Auf eine telefonische Anfrage am 31.03.2017 hat die zuständige Sachbearbeiterin des Stadtbauamtes X mitgeteilt, dass im Hinblick auf das Ansuchen der BB und des CC vom 05.12.2016 keine Baueinstellung verfügt worden sei.

Zum Beschwerdevorbringen hat sich die AA GmbH, vertreten durch JJ, Rechtsanwalt in **** Z, im Schriftsatz vom 26.04.2017 geäußert und die an die Bezirkshauptmannschaft X gerichtete Stellungnahme vom 21.03.2017 sowie den an die Bezirkshauptmannschaft X gerichteten, von der „KK GmbH“ verfassten Schriftsatz vom 04.04.2017, Zl ****, in Kopie vorgelegt.

Über Ersuchen des Landesverwaltungsgerichtes Tirol hat die rechtsfreundlich vertretene AA GmbH das von LL erstellte „Gutachten zur Sicherung des Beweises“ vom 14.02.2017 (ohne Lichtbildbeilage) übermittelt.

Mit Schriftsatz vom 17.07.2017 hat die rechtsfreundlich vertretene AA GmbH das in ihrem Auftrag von MM erstellte Gutachten vom 14.07.2017, Nr ****, vorgelegt. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat in Wahrung des Parteiengehörs dieses Gutachten an die rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer sowie an die Bezirkshauptmannschaft V als belangte Behörde weitergeleitet.

Über Ersuchen des Landesverwaltungsgerichtes Tirol hat das Bauamt des Stadtamtes X mit Schriftsatz vom 18.07.2017 die Widmung der Gste Nrn **1 und **2, beide GB **** Y, laut gültigem Flächenwidmungsplan bekanntgegeben und einen Auszug aus dem TIRIS (= Tiroler Rauminformationssystem) beigelegt.

Am 19.07.2017 hat die öffentliche mündliche Verhandlung stattgefunden. Die rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer haben im Wesentlichen auf ihr bisherigen Vorbringen verwiesen und nochmals betont, dass die Voraussetzungen für die Erteilung des beantragten Auftrages nach § 138 WRG 1959 vorlägen, da das Bauvorhaben der AA GmbH wasserrechtliche Tatbestände erfülle, die dafür erforderliche wasserrechtliche Bewilligung allerdings nicht erteilt worden sei. Ergänzend zum Vorbringen haben die rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer den von GG, „FF-gmbH“, verfassten Aktenvermerk über den Lokalaugenschein am 30.06.2017 vorgelegt.

Der Rechtsvertreter der AA GmbH hat ebenfalls auf das bereits erstattete schriftliche Vorbringen verwiesen. Ergänzend hat er festgehalten, dass die Bauführung aufgrund einer aufrechten baurechtlichen Bewilligung erfolgt sei und nach wie vor erfolge. Durch die Bauführung sei in keine wasserrechtlich relevanten Rechte der Beschwerdeführer eingegriffen worden. Darüber hinaus finde die beantragte Einstellung aller aufgrund der baubehördlichen Bewilligung durchgeführten Arbeiten und allenfalls noch anhängiger Arbeiten keine Deckung in § 138 WRG 1959.

Beweis wurde aufgenommen durch die Einvernahme des Beschwerdeführers CC sowie der Privatgutachter GG und MM, jeweils als Partei, durch die Einvernahme des Zeugen NN sowie durch Einsichtnahme und Verlesung des Aktes der belangten Behörde, Zl ****, und des Aktes des Landesverwaltungsgerichtes Tirol, Zl LVwG-2017/37/0657, jeweils samt Beilagen.

Den Beweisantrag der rechtsfreundlich vertretenen AA GmbH auf Einvernahme des Zeugen PP zum Beweis dafür, dass im Zuge des Bauvorhabens der AA GmbH die erforderliche Drainage ordnungsgemäß verlegt worden sei, und auf Einholung eines Gutachtens zum Beweis dafür, dass der Keller des Gebäudes der Familie CC nicht dicht sei bzw gewesen sei, hat das Landesverwaltungsgericht Tirol als unerheblich zurückgewiesen.

Weitere Beweise wurden daher auch nicht aufgenommen.

Nach der öffentlichen mündlichen Verhandlung hat die Bezirkshauptmannschaft X mit Schriftsatz vom 03.08.2017 eine Ausfertigung des Bescheides vom 19.07.2017, Zl ****, an das Landesverwaltungsgericht Tirol übermittelt.

II.      Beschwerdevorbringen und Stellungnahmen der mitbeteiligten Partei:

1.       Beschwerdevorbringen:

Nach Darlegung des wesentlichen Sachverhaltes erläutern die Beschwerdeführer zunächst unter Hinweis auf die einschlägige Judikatur den Inhalt des § 138 Abs 1 lit a WRG 1959 sowie den Begriff des „Betroffenen“ im Sinne des § 138 Abs 6 WRG 1959.

Zur Bewilligungspflicht nach § 32 WRG 1959 halten die Beschwerdeführer fest, dass eine solche immer dann gegeben sei, wenn nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer zu rechnen sei. Entgegen den Darlegungen der belangten Behörde würden die von der mitbeteiligten Partei durchgeführten Maßnahmen jedenfalls einer wasserrechtlichen Bewilligung gemäß § 32 WRG 1959 bedürfen. Da massiv in den Grundwasserbereich eingegriffen worden sei und dadurch über die komplette hintere Spritzbetonsicherung verteilt die Hangwässer ausgetreten und zur Gänze zu ihnen [den Beschwerdeführern] „umgeleitet“ worden seien, sei von keiner geringfügigen Einwirkung im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auszugehen.

In diesem Zusammenhang bemängeln die Beschwerdeführer, dass die Bezirksverwaltungsbehörde dem Verfahren keine Sachverständigen beigezogen hätte. Der Sachverhalt, den die Bezirkshauptmannschaft X beurteile, habe sie somit unzureichend und rechtswidrig ermittelt. Auch damit belaste die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit.

Die Beschwerdeführer verweisen zudem auf § 39 WRG 1959. Dabei betonen sie, dass sie in dem bereits abgeführten Baubewilligungsverfahren Einwendungen betreffend die Bauausführung und damit zu geologischen/geotechnischen Fragen und zur Ableitung der Hangwässer nicht rechtswirksam erheben hätten können. Auf Basis der einschlägigen baurechtlichen Vorschriften bestünde somit kein Rechtsanspruch auf Abwehr oder Einstellung der auf dem Nachbargrund gesetzten Maßnahme. Daher sei vor dem Hintergrund der dargestellten Judikatur § 39 WRG 1959 anwendbar. Dass die AA GmbH auf dem Gst Nr **1, GB **** Y, dem Verbot des § 39 WRG 1959 widersprechende Maßnahmen gesetzt hätte, sei evident. Die Wasserrechtsbehörde sei verpflichtet, einem Grundstückseigentümer, der § 39 Abs 1 WRG 1959 zuwiderhandle, gestützt auf § 138 Abs 1 lit a WRG 1959 aufzutragen, eigenmächtig vorgenommenen Neuerungen auf dessen Kosten zu beseitigen.

Darüber hinaus bringen die Beschwerdeführer vor, dass auch der Bewilligungstatbestand nach § 10 Abs 2 WRG 1959 erfüllt sei, da im gegenständlichen Fall nicht von einem außerplanmäßigen Grundwasseranschnitt auszugehen sei.

2.       Stellungnahme der mitbeteiligten Partei (AA GmbH):

Die Antragsgegnerin bringt hervor, dass sie während der Bauphase anfallende Oberflächen- und Hangwässer über Drainageleitungen und über kleine Gräben der Vorflut (Kanal) zugeleitet hätten. Die Ausführungen der „FF-gmbH“ vom 15.12.2016, Seite 13 zweiter Absatz ff, seien deshalb technisch nicht nachvollziehbar. Durch die Bauführung sei keine Verschlechterung, sondern vielmehr eine Verbesserung des Zustandes eingetreten, da anfallende Gewässer nun geordnet abgeleitet würden und auch im Endzustand der Bauführung eine Einleitung von Drainagewässern in die Vorflut erfolge. Darüber hinaus sei der Kelleraushub des Wohnhauses der Beschwerdeführer in Fels erfolgt und es sei somit kein natürlicher Ablauf gegeben. Das Wohngebäude der Beschwerdeführer sei im Kellergeschoß auch nicht mit einer dichten Wanne versehen. Die Antragsgegnerin betont in diesem Zusammenhang, dass bereits vor Beginn des Bauvorhabens Wassereintritte in das Gebäude der Beschwerdeführer stattgefunden hätten.

Die von den Beschwerdeführern geforderten Sanierungsmaßnahmen (vgl Seite 14 der Stellungnahme der „FF-gmbH“ vom 15.12.2016) seien keinesfalls erforderlich. Die anfallenden Oberflächen- und Hangwässer würden über Drainageleitungen und über kleine Gräben der Vorflut (Kanal) zugeleitet, dies sei auch in der Vergangenheit bereits passiert.

III.    Sachverhalt:

1.       Allgemeine Feststellungen:

Die Beschwerdeführer BB und CC sind Miteigentümer des in der EZ **** eingetragenen Gst Nr **2, GB **** Y, mit der Anschrift „Adresse 1, **** X“. Das darauf befindliche Gebäude wurde in den Jahren 2000/2001 errichtet.

Hangseitig der Sohle des Wohnhauses wurden zwei Drainagen verlegt. Die in den Drainagen gesammelten Wässer ? es handelt sich um unterirdisch zufließende Hang- und Schichtenwässer ? werden in einem Schacht am Vorplatz der Garage zusammengeführt und über Pumpen schadlos abgeleitet.

Die anfallenden Niederschlagswässer werden über zwei Zuleitungen vom Dach in einen am südöstlichsten Ende des Grundstückes befindlichen Schacht ein- und unter Verwendung einer Pumpe in den städtischen Regenwasserkanal abgeleitet.

Vor dem November 2016 kam es in den Kellerräumlichkeiten des Wohnhauses der Beschwerdeführer lediglich zweimal zu Wasserschäden. Ursache für diese Wasserschäden waren aber nicht eindringende Hang- und Schichtenwässer.

Die AA GmbH ist Eigentümerin des Gst Nr **1, GB **** Y. Auf dieses Grundstück gelangen unterirdisch abfließende Wässer ? es handelt sich dabei um einzelne, gesonderte Wasserstränge ?, die sich in Richtung des Nachbargrundstückes Nr **2, GB **** Y, fortbewegen.

Mit Bescheid vom 14.06.2016, Zl ****, hat der Bürgermeister der Stadtgemeinde X als zuständige Baubehörde der AA GmbH die baubehördliche Bewilligung für den Abbruch und den Neubau eines Wohnhauses auf Gst Nr **1, GB **** Y (EZ ****) erteilt. Dieser Bescheid ist am 04.07.2016 in Rechtskraft erwachsen.

Laut gültigem Flächenwidmungsplan sind die Gste Nrn **1 und **2, beide GB **** Y, jeweils als Wohngebiet ausgewiesen.

2.       Entsorgung von Oberflächenwässern im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben auf Gst Nr **1, GB **** Y:

Mit Schriftsatz vom 30.09.2015 hat die AA GmbH bei der Bezirkshauptmannschaft X um die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Oberflächenentwässerungsanlage auf Gst Nr **1 (vormals Gste Nrn **1 und **3), alle GB **** Y, angesucht.

Mit Bescheid vom 19.01.2016, Zl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft X der AA GmbH die wasserrechtliche Bewilligung für die beantragte Versickerung der anfallenden Dach- und Oberflächenwässern für ein Wohnobjekt auf Gst Nr **1, GB **** Y, samt den dafür erforderlichen Anlagen befristet bis zum 31.12.2036 erteilt.

Mit Schriftsatz vom 28.07.2016 hat die EE GmbH der Bezirkshauptmannschaft X mitgeteilt, dass eine Umsetzung der mit Bescheid vom 19.01.2016, Zl ****, wasserrechtlich bewilligten Versickerungsanlage aufgrund der vorgefundenen Untergrundverhältnisse nicht möglich sei.

Mit Schriftsatz vom 11.10.2016 hat die AA GmbH für ein geändertes Projekt zwecks Entsorgung von auf dem Gst Nr **1, GB **** Y, anfallenden Dach- und Oberflächenwässern angesucht. Laut dem geänderten Projekt sollen die auf den Einzugsflächen 1 bis 16 anfallenden Niederschlagswässer in einem Retentionsbecken gesammelt und in den „Ubach“ abgeleitet werden.

[Mit Bescheid vom 19.07.2017, Zl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft X der AA GmbH die wasserrechtliche Bewilligung für die vorgesehene Entsorgung der anfallenden Dach- und Oberflächenwässer unter Vorschreibung von Auflagen erteilt und das dafür erforderliche Wasserbenutzungsrecht zur Einleitung von 1,26 l/s Niederschlagswässer in den Ubach befristet bis 31.12.2037 verliehen.]

3.       Bauvorhaben der AA GmbH – Auswirkungen:

Auf der Grundlage der mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde X vom 14.06.2016, Zl ****, erteilten Bewilligung hat die AA GmbH im Juli 2016 mit der Ausführung ihres Bauvorhabens begonnen. Im Zuge des Neubaus auf dem Gst Nr **1, GB **** Y, kam es zu einem bis auf wenige Dezimeter an die umgebenden Grundgrenzen reichenden Abtrag, der Hanganschnitte bis etwa zehn Meter erforderte und zur Gänze mit einer vernagelten Spritzbetonschale gesichert wurde. Zur notwendigen Entlastung dieser Baugrubensicherung gegen Wasserdruck aus Hangwässern wurden in Abständen Entlastungsbohrungen in die Spritzbetonschale ausgeführt. Die Entlastungsbohrungen weisen einen Durchmesser von drei bis fünf cm auf und erfassen einen Bereich von ca drei m2.

Aufgrund der Errichtung dieser Baugrube wurden die Wasserwege der vormals im Fels bzw Untergrund unterirdisch abgeflossenen Hang- und Sickerwässer unterbrochen. Ein Teil dieser Hang- und Sickerwässer ist über die Entlastungsbohrungen und in weiterer Folge über die Spritzbetonwand in die Baugrube geflossen. Die Baugrube wirkte gleichsam als „Brunnen“ und bewirkte tendenziell eine „Entwässerung“ des umgebenden Geländes.

Im Zuge der Herstellung der Liftgruben, deren Aushubniveau ca einen Meter unter der sonst tiefsten Baugrubensohle lag, konnte ein relativ starker Wasserandrang festgestellt werden. Da bei der Errichtung der Liftgruben ein kleinräumiger Bereich von lediglich zwei bis drei m2 betroffen war, ergaben sich keine nachteiligen Auswirkungen auf die Bauführung.

Am Beginn der Bauarbeiten auf dem Gst Nr **1, GB **** Y, hat die bauausführende Firma in Absprache mit den Stadtwerken der Stadtgemeinde X einen Sickerschacht errichtet. Der Standort dieses Sickerschachtes befand und befindet sich im unmittelbaren Zufahrtsbereich von der Gemeindestraße auf das Gst Nr **1, GB **** Y. Dieser Sickerschacht ist mit einem Notüberlauf ausgestattet. An diesen Sickerschacht schließt eine auf dem Gst Nr **1, GB **** Y, von der bauausführenden Firma verlegte Drainageleitung an. Zweck dieser Drainageleitung ist, in der Baugrube anfallendes Wasser zu fassen, in den Sickerschacht zu leiten und dort zu versickern oder ? falls erforderlich ? über den Notüberlauf in den in der Tstraße verlaufenden städtischen Schmutzwasserkanal einzuleiten.

Den eben beschriebenen ? auf dem Gst **1, GB **** Y, errichteten ? Sickerschacht hat in weiterer Folge die bauausführende Firma ? in Absprache mit den Stadtwerken der Stadtgemeinde X ? überschüttet, weil dort die für das Bauvorhaben bzw dessen Umsetzung notwendige Baustraße angelegt wurde. Dieses Überschütten hat sich nicht nachteilig auf die Funktionsfähigkeit des Sickerschachtes ausgewirkt. Eine Wartung dieses Schachtes war allerdings nicht mehr möglich.

Während der Bauarbeiten wurden in der Baugrube anfallende Wässer über die Ringdrainageleitung erfasst und ? zumindest anteilsmäßig ? über den Sickerschacht in den im Adresse 4 verlaufenden Schmutzwasserkanal abgeleitet.

Unterhalb der Bodenplatte/Betonplatte wurde eine Filterbetonschicht mit einer Stärke von ca 40 cm eingebracht. Eine derartige Filterbetonschicht weist ein Aufnahmevolumen von 30 bis 35 % auf, eine derartige Schicht kann daher pro m3 ca 300 l Wasser aufnehmen.

Am 29.11.2016 bemerkte man erstmalig Wasser im Keller des Wohnhauses der Beschwerdeführer. In weiterer Folge trat permanent Wasser in den Keller und mussten laufend 6.000 l aus dem Keller abgepumpt werden. Das Wasser stand bis ca einen halben Meter unter das Erdgeschoß.

Die auf das Gst Nr **2, GB **** Y, unterirdisch zufließenden Wässer haben sich zunächst in der Hinterfüllung des Kellers des im Miteigentum der Beschwerdeführer stehenden Wohnhauses gesammelt und aufgestaut. Aufgrund des dadurch erhöhten Wasserdruckes kam es in weiterer Folge zum Eindringen in die Kellerräumlichkeiten des Wohnhauses der Beschwerdeführer.

Am 07.12.2016 war der Rohbau auf dem Gst Nr **1, GB **** Y weitgehend fertiggestellt. Im nördlichen Teil war die Baugrubensohle offen, dort staute sich in etwa in Höhe der Zufahrt zur Baugrube im nordwestlichen Teil der angeführten Liegenschaft das in die Baugrube gelangte Hangwasser und bewegte sich in Richtung Osten. Ob ein Zufluss zur Gemeindestraße erfolgte, lässt sich nicht feststellen.

4.       Sanierungsmaßnahmen:

Die von den Beschwerdeführern geforderten Sanierungsmaßnahmen lassen sich im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

Die in der Baugrubensohle auf dem Gst Nr **1, GB **** Y, aufgestauten Wässer sind abzuleiten. Dies macht die Errichtung geschlossener Rohrleitungen von den Tiefpunkten des Gst Nr **1, GB **** Y, bis zu einer geeigneten Vorflut oder zur einem Kanal erforderlich.

Um auch zukünftig den Zufluss von Wässern in die Hinterfüllung des Kellers des Wohnhauses der Beschwerdeführer zu verhindern, sind Horizontalfilterbrunnen zu errichten, die unter das Niveau des Kellers des Wohnhauses der Beschwerdeführer reichen müssen. Damit wird sichergestellt, dass anströmende Wässer über die Horizontalfilterbrunnen gesammelt und ordnungsgemäß abgeleitet werden können.

IV.      Beweiswürdigung:

Das Stadtbauamt des Stadtamtes X hat mit den Schriftsätzen vom 31.03.2017 und vom 18.07.2017 den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde X vom 14.06.2016, Zl ****, versehen mit der Rechtskraftbestätigung, dem Landesverwaltungsgericht Tirol übermittelt und eine Stellungnahme zur Widmung der Gste Nrn **1 und **2, beide GB **** Y, abgegeben.

Der Beschwerdeführer CC hat anlässlich seiner Einvernahme am 19.07.2017 dargelegt, dass das im Miteigentum von ihm und seiner Ehefrau auf Gst Nr **2, GB **** Y, befindliche Wohnhaus in den Jahren 2000/2001 erbaut worden ist. Darüber hinaus hat er erläutert, wie die anfallenden Niederschlagswässer sowie die zutretenden Hangwässer gesammelt entsorgt werden. Die Sammlung der Regen- und Drainagewässer über die vorhandenen Schächte hat zudem GG in dem von ihm verfassten Aktenvermerk vom 30.06.2017 – diesen Aktenvermerk haben die Beschwerdeführer anlässlich der mündlichen Verhandlung am 19.07.2017 vorgelegt – beschrieben. Der Beschwerdeführer CC hat sich auch zu den vor November 2016 in den Kellerräumlichkeiten des Wohnhauses auf Gst Nr **2, GB **** Y, aufgetretenen Wasserschäden geäußert.

Das Vorhandensein unterirdischer Wässer im verfahrensgegenständlichen Bereich und damit auch auf dem Gst Nr **1, GB **** Y, ist unstrittig.

Ausgehend von diesen Beweisergebnissen hat das Landesverwaltungsgericht Tirol die Feststellungen im Kapitel 1. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Bescheides getroffen.

Die unstrittigen Feststellungen in Kapitel 2. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkenntnisses stützen sich auf den von der belangten Behörde vorgelegten Akt einschließlich der überarbeiteten Einreichunterlagen. Der Bescheid der Bezirkshaupt-mannschaft X vom 19.07.2017, Zl ****, lag dem Landesverwaltungsgericht Tirol zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 19.07.2017 nicht vor, wurde aber am 03.08.2017 dem erkennenden Gericht zur Kenntnis gebracht. In Kapitel 2. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkenntnisses erfolgt daher ein in Klammer gesetzter Hinweis auf diesen Bescheid.

Der von den Beschwerdeführern beauftragte Sachverständige GG als auch der von der AA GmbH als mitbeteiligter Partei beauftragte Sachverständige MM haben übereinstimmend festgehalten, dass durch das Bauvorhaben auf dem Gst Nr **1, GB **** Y, die unterirdischen Wasserwege der im Fels bzw Untergrund vorhandenen Hang- und Sickerwässer unterbrochen worden seien und sich diese Hang- und Schichtenwässer in der Baugrube gesammelt hätten. Auf den Abbildungen 11, 13 und 14 der „Generellen baugeologischen Beurteilung“ des GG vom 15.12.2016 ist erkennbar, dass Hangwässer über die in den Spritzbetonwänden angebrachten Entlastungsbohrungen in die Baugrube gelangen.

Der Zeuge NN ? Betriebsleiter für die Bereiche Wasser und Kanal der Stadtwerke der Stadtgemeinde X ? hat ausdrücklich festgehalten, dass die bauausführende Firma in Absprache mit den Stadtwerken kurze Zeit nach Baubeginn auf dem Gst Nr **1, GB **** Y, einen Sickerschacht samt Notüberlauf errichtet habe. Über diesen Sickerschacht sollten die in der Baugrube anfallenden, über eine Drainageleitung gefassten Wässer versickert und ? soweit erforderlich ? über den im Tweg verlaufenden Schmutzwasserstrang entsorgt werden. Der Zeuge NN hat zudem festgehalten, er habe während der Bauphase mehrfach den der Baustelle nächstgelegenen Schacht des im Tweg verlaufenden Abwasserstranges kontrolliert und festgestellt, dass klare Wässer abfließen würden. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat keine Zweifel, an der Richtigkeit der Aussagen des Zeugen NN und sah daher von der Einvernahme des von der mitbeteiligten Partei angebotenen Zeugen PP zur Verlegung der Drainage auf dem Gst Nr **1, GB **** Y, ab.

MM hat im Zuge seiner Einvernahme am 19.07.2017 klar zum Ausdruck gebracht, dass nach den ihm erteilten Informationen unter der Bodenplatte eine Filterbetonschicht mit einer Stärke von ca 40 cm aufgebracht worden sei.

Zum Wassereintritt in die Kellerräumlichkeiten des Wohnhauses der Beschwerdeführer auf dem Gst Nr **2, GB **** Y, hat sich der Beschwerdeführer CC im Rahmen seiner Einvernahme am 19.07.2017 geäußert. Darüber hinaus konnte das Landesverwaltungsgericht Tirol diesbezüglich auf die „Generelle baugeologische Beurteilung“ des GG vom 15.12.2016 und dessen ergänzenden Angaben im Rahmen der Einvernahme am 19.07.2017 zurückgreifen. Dies gilt auch für die anlässlich des Ortsaugenscheines am 07.12.2016 vorgefundene Situation.

Ausgehend von diesen Beweisergebnissen hat das Landesverwaltungsgericht Tirol die Feststellungen in Kapitel 3. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkenntnisses getroffen.

GG hat im Rahmen seiner Einvernahme am 19.07.2016 die von ihm in seiner Beurteilung vom 15.12.2016 vorgeschlagenen Sanierungsmaßnahmen nochmals erläutert. Insbesondere dessen Aussagen in Verbindung mit seinen schriftlichen Ausführungen bilden die Grundlage für die Feststellungen in Kapitel 4. des gegenständlichen Erkenntnisses.

V.       Rechtslage:

1.       Wasserrechtsgesetz 1959:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959), BGBl Nr 53/1959 idF BGBl I Nr 58/2017, lauten auszugsweise samt Überschriften wie folgt:

„Benutzung des Grundwassers.

§ 10. […]

(2) In allen anderen Fällen ist zur Erschließung oder Benutzung des Grundwassers und zu den damit im Zusammenhang stehenden Eingriffen in den Grundwasserhaushalt sowie zur Errichtung oder Änderung der hiefür dienenden Anlagen die Bewilligung der Wasserrechtsbehörde erforderlich.

[…]“

„Bewilligungspflichtige Maßnahmen.

§ 32. (1) Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 3) beeinträchtigen, sind nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.

(2) Nach Maßgabe des Abs. 1 bedürfen einer Bewilligung insbesondere

[…]

c) Maßnahmen, die zur Folge haben, daß durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird,

[…“

„Änderung der natürlichen Abflußverhältnisse.

§ 39. (1) Der Eigentümer eines Grundstückes darf den natürlichen Abfluß der darauf sich ansammelnden oder darüber fließenden Gewässer zum Nachteile des unteren Grundstückes nicht willkürlich ändern.

(2) Dagegen ist auch der Eigentümer des unteren Grundstückes nicht befugt, den natürlichen Ablauf solcher Gewässer zum Nachteile des oberen Grundstückes zu hindern.

(3) Die Abs. 1 und 2 gelten nicht für eine Änderung der Ablaufverhältnisse, die durch die ordnungsmäßige Bearbeitung eines landwirtschaftlichen Grundstückes notwendigerweise bewirkt wird.“

„Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes.

§ 138. (1) Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten

a)     eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,

b)     Ablagerungen oder Bodenverunreinigungen durch geeignete Maßnahmen zu sichern, wenn die Beseitigung gemäß lit. a nicht oder im Vergleich zur Sicherung an Ort und Stelle nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten (Aufwand) möglich ist,

[…]

(6) Als Betroffene im Sinne des Abs. 1 sind die Inhaber bestehender Rechte (§ 12 Abs. 2), die Fischereiberechtigten sowie die Einforstungsberechtigten anzusehen.“

2.       Tiroler Bauordnung 2011:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen der Tiroler Bauordnung 2011 (TBO), LGBl Nr 57/2011 idF LGBl Nr 130/2013, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Parteien

§ 26. (1) Parteien im Bauverfahren sind der Bauwerber, die Nachbarn und der Straßenverwalter.

[…]

(3) Nachbarn, deren Grundstücke unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines horizontalen Abstandes von 5 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen, sind berechtigt, die Nichteinhaltung folgender bau- und raumordnungsrechtlicher Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen:

a)       der Festlegungen des Flächenwidmungsplanes, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist,

b)       der Bestimmungen über den Brandschutz,

c)       der Festlegungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Baufluchtlinien, der Baugrenzlinien, der Bauweise und der Bauhöhe,

d)       der Festlegungen des örtlichen Raumordnungskonzeptes nach § 31 Abs. 6 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2011 hinsichtlich der Mindestabstände baulicher Anlagen von den Straßen und der Bauhöhen,

e)       der Abstandsbestimmungen des § 6,

f)       das Fehlen eines Bebauungsplanes bei Grundstücken, für die nach den raumordnungsrechtlichen Vorschriften ein Bebauungsplan zu erlassen ist, im Fall der Festlegung einer besonderen Bauweise auch das Fehlen eines ergänzenden Bebauungsplanes.

[…]“

„Bauausführung, Pflichten des Bauherrn

§ 31. (1) Bei der Ausführung eines Bauvorhabens hat der Bauherr bzw. der Bauverantwortliche (§ 32), soweit diese Aufgaben nicht einem nach § 3 Abs. 1 des Bauarbeitenkoordinationsgesetzes, BGBl. I Nr. 37/1999, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. I Nr. 42/2007, bestellten Baustellenkoordinator obliegen, dafür zu sorgen, dass das Leben und die Gesundheit von Menschen und die Sicherheit von Sachen nicht gefährdet sowie unzumutbare Belästigungen der Nachbarn, insbesondere durch Lärm oder Staub, vermieden werden. Zum Schutz dieser Interessen können in der Baubewilligung oder mit gesondertem schriftlichen Bescheid entsprechende Maßnahmen, wie die Aufstellung von Bauplanken, die Anbringung von Schutzdächern, die Absicherung von Baugruben, die Kennzeichnung von Verkehrshindernissen und dergleichen, vorgeschrieben werden.

[…]“

„Mängelbehebung, Baueinstellung

§ 35. (1) Werden im Rahmen der Bauaufsicht wesentliche Mängel in der Ausführung eines Bauvorhabens festgestellt, so hat die Behörde dem Bauherrn die weitere Ausführung der betreffenden Teile des Bauvorhabens zu untersagen und ihm die Behebung der Mängel innerhalb einer angemessenen Frist aufzutragen. Der Beschwerde gegen einen solchen Bescheid kommt keine aufschiebende Wirkung zu. Bei Gefahr im Verzug kann die Behörde die weitere Bauausführung durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt einstellen.

[…]“

3.       Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz:

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des § 28 des Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 idF BGBl I Nr 24/2017, lautet samt Überschrift auszugsweise wie folgt:

„Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

[…]“

VI.      Erwägungen:

1.       Zur Rechtzeitigkeit:

Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG, BGBl Nr 1/1930 idF BGBl I Nr 62/2016, vier Wochen.

Der Bescheid vom 31.01.2017, Zl ****, wurde den Beschwerdeführern zuhanden ihres Rechtsvertreters am 06.02.2017 zugestellt. Die am 03.03.2017 bei der Bezirkshauptmannschaft X eingelangte Beschwerde war daher fristgerecht.

2.       In der Sache:

2.1.    Einleitung:

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist zu klären, ob entsprechend dem Vorbringen der Beschwerdeführer durch das Bauvorhaben der AA GmbH auf dem Gst Nr **1, GB **** Y ? dieses grenzt unmittelbar an das im Miteigentum der Beschwerdeführer stehende Gst Nr **2, GB **** Y, ? wasserrechtliche (Bewilligungs-)Tatbestände verwirklicht wurden, die in weiterer Folge, insbesondere wegen fehlender Bewilligungen, die Wasserrechtsbehörde zur Erteilung von Aufträgen nach § 138 Abs 1 lit a WRG 1959 verpflichteten und verpflichten. Entscheidungswesentlich ist daher, ob die AA GmbH auf dem Gst Nr **1, GB **** Y, Maßnahmen gesetzt hat, die einen wasserrechtlichen Tatbestand erfüllen und sich auf durch das WRG 1959 geschützte Rechte der Beschwerdeführer auszuwirken vermögen oder die Bauführung der AA GmbH dem Verbot des § 39 WRG 1959 zum Nachteil der Beschwerdeführer widerspricht. Es ist folglich der durch die Bauführung bewirkte Eingriff auf die unterirdisch abfließenden Hang- und Schichtenwässer unter dem Gesichtspunkt wasserrechtlicher Bewilligungstatbestände und des Verbotes nach § 39 WRG 1959 und möglicher nachteiliger Auswirkungen auf wasserrechtlich geschützte Rechte der Beschwerdeführer zu prüfen. Ob und in welchem Ausmaß ein konkreter Schaden am Wohnhaus der Beschwerdeführer entstanden ist, ist dabei nicht ausschlaggebend. Aus diesen Erwägungen hat das Landesverwaltungsgericht Tirol den Beweisantrag auf Einholung eines Gutachtens zwecks Erhebung des Zustandes des Kellers des Wohngebäudes der Beschwerdeführer als unerheblich zurückgewiesen.

Die Entsorgung der auf genau bezeichneten Einzugsflächen (Einzugsgebiet) des Wohnobjektes auf Gst Nr **1, GB **** Y, anfallenden Dach- und Oberflächenwässern ist Gegenstand des in der Zwischenzeit mit Bescheid der Bezirkshaupt-mannschaft X vom 19.07.2017, Zl ****, abgeschlossenen wasserrechtlichen Verfahrens. Die von diesem Bescheid erfassten Dach- und Oberflächenwässer sind für das gegenständliche Verfahren ohne Relevanz.

2.2      Zum Tatbestand des § 138 WRG 1959:

Gemäß § 138 Abs 1 lit a WRG 1959 ist derjenige, der die Bestimmungen des WRG 1959 übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder unterlassene Arbeiten nachzuholen. Überall dort, wo weder öffentliche Interessen einen Entfernungsauftrag erforderlich machen noch ein Betroffener einen solchen verlangt, hat die Wasserrechtsbehörde gemäß § 138 Abs 2 WRG 1959 eine angemessene Frist zu bestimmen, innerhalb derer entweder um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nachträglich anzusuchen, die Neuerung zu beseitigen oder die unterlassene Arbeit nachzuholen ist.

Wasserrechtsbehörde ist nach § 98 Abs 1 WRG 1959, sofern im Gesetz keine anderweitige Bestimmung getroffen wird, die Bezirksverwaltungsbehörde.

Zur Erlassung eines auf § 138 WRG 1959 gestützten wasserpolizeilichen Auftrages ist diejenige Wasserrechtbehörde zuständig, welche auch für die Bewilligung einer eigenmächtigen Neuerung zuständig wäre (VwGH vom 23.05.1995. 91/07/0105).

Die Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages setzt eine Übertretung des WRG 1959 voraus (VwGH vom 10.08.2000, 2000/07/0031). Übertretung im Sinne des § 138 Abs 1 WRG 1959 bedeutet nicht, dass nur solche Missstände nach § 138 WRG 1959 verfolgt werden können, welche zugleich einen Straftatbestand nach § 137 WRG 1959 darstellen. Als Übertretung im Sinne des § 138 WRG 1959 ist daher jede Missachtung der im WRG 1959 normierten Pflichten zu verstehen [vgl Oberleitner/Berger, WRG-ON 1.04 § 138 Rz 3 (Stand: Juli 2016, rdb.at)]. Auch ist nicht erforderlich, dass die Übertretung schuldhaft begangen wird, sondern ist vielmehr ausreichend, dass der dem WRG 1959 zuwiderlaufende Zustand objektiv verwirklicht wurde (VwGH vom 26.01.2006, 2004/07/0136). Eine Übertretung in diesem Sinne ist notwendige und hinreichende Bedingung für ein Vorgehen nach § 138 WRG 1959 [VwGH vom 29.10.1998, 96/07/0006; Oberleitner/Berger, WRG-ON 1.04 § 138 Rz 3 (Stand: Juli 2016, rdb.at)].

Bei einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung um eine Maßnahme, welche ohne eine wasserrechtlich gebotene Bewilligung durchgeführt wurde [VwGH vom 21.03.2002, 2000/07/0056; Oberleitner/Berger, WRG-ON 1.04 § 138 Rz 10 (Stand: Juli 2016, rdb.at)]. Unter diesen Neuerungsbegriff fällt jedoch nicht nur das bewilligungslose Setzen einer punktuellen Maßnahme, sondern auch das Fortdauern (Aufrechterhalten und Nutzen) des durch die betreffende Maßnahme ? eventuell von Dritten ? herbeigeführten konsenslos geschaffenen Zustandes [VwGH vom 25.06.2015, Ro 2015/07/0007; Oberleitner/Berger, WRG-ON 1.04 § 138 Rz 10 (Stand: Juli 2016, rdb.at)]. Besteht für eine Maßnahme keine wasserrechtliche Bewilligungspflicht, kommt die Erteilung eines Auftrages nach § 138 WRG 1959 schon deshalb nicht in Frage (VwGH vom 28.06.2001, 2000/07/0053).

Verpflichteter kann nach § 138 Abs 1 WRG 1959 nur derjenige sein, welcher die Bestimmungen des WRG 1959 übertreten hat. Als Täter kommt grundsätzlich jeder in Betracht, der die Übertretung verursacht oder mitverursacht hat (VwGH vom 28.05.2014, 2011/07/0267). Das heißt, Täter und damit Adressat eines wasserrechtlichen Auftrages, kann im Sinne der vorstehenden Ausführungen sein, wer eine eigenmächtige Neuerung selbst gesetzt hat oder den von einem Dritten konsenslos geschaffenen Zustand in der Folge aufrechterhält und nutzt [Oberleitner/Berger, WRG-ON 1.04 § 138 Rz 19 (Stand: Juli 2016, rdb.at)].

Die Rechtstellung als Betroffener und die Parteistellung im Verfahren über die Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages setzt ein Verlangen im Sinne einer Antragsstellung auf Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages voraus [Bumberger/Hinterwirth WRG2 (2013) E 127 § 138].

Ein Beseitigungsauftrag auf Verlangen des Betroffenen ist nur in jenem Umfang zulässig, als dies der Schutz seiner Rechte erfordert. Auf § 138 Abs 1 lit a WRG 1959 gestützte Aufträge dürfen ausschließlich die Entfernung der konsenslosen Neuerung, nicht aber die Verpflichtung zur Setzung einer neuen Maßnahme beinhalten [Bumberger/Hinterwirth WRG2 (2013) E 148, E 150 und E 151 § 138].

Es ist daher die Frage zu klären, ob die mit der Bauführung der AA GmbH auf dem Nachbargrundstück der Beschwerdeführer verbundene Unterbrechung der unterirdischen Wasserwege wasserrechtlich bewilligungspflichtig war/ist und daher den Beschwerdeführern als Betroffene ein Antragsrecht im Sinn des § 138 Abs 1 WRG 1959 zusteht. Darüber hinaus ist die weitere Frage zu erörtern, ob ein Auftrag zur Umsetzung der von den Beschwerdeführern unter anderem geforderten Sanierungsmaßnahmen durch § 138 WRG 1959 rechtlich gedeckt ist.

3.3      Zur Bewilligungspflicht nach § 10 Abs 2 WRG 1959:

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Bewilligungspflicht nach § 10 Abs 2 WRG 1959 die Absicht zur Benutzung oder Erschließung des Grundwassers voraus. Es ist daher jeweils zu prüfen, ob der Zweck der Anlage in einer Benutzung oder Erschließung des Grundwassers besteht (VwGH 30.03.2017, Zl Ra 2015/07/0114 mit Hinweisen auf die Literatur und frühere Judikatur).

Ungewollte Wasserzutritte, wie etwa durch das Anschneiden wasserführender Schichten bei Straßenbauten oder Aushubarbeiten, oder Wasserzutritte in Baugruben und Stollen fallen nicht unter § 10 Abs 2 WRG 1959, da es an der Erschließungs- oder Benützungsabsicht fehlt [Oberleitner/Berger, WRG-ON 1.04 § 10 Rz 9 (Stand: Juli 2016 rdb.at)]. In diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25.07.2013, Zl 2010/07/0213, das zufällige Antreffen von Grundwasser im Zuge einer Bauausführung und das darauffolgende Abpumpen des Wassers aus der Baugrube nicht der Bewilligungspflicht nach § 10 Abs 2 WRG 1959 unterstellt.

Unter Grundwasser, unterirdischem Wasser, ist im Gegensatz zu dem Tagwasser, oberirdischem Wasser, jenes und jedes Wasser zu verstehen, welches in die Erdoberfläche eindringt, in die Erde einsickert, um dann entweder unter der Erdoberfläche fortzufließen (Grundwasser im engeren Sinne) oder aber in wasserhaltenden Schichten zu stagnieren, wobei nicht weiter in Betracht kommt, ob dieses Wasser durch die Erdschichten langsam durchsickert oder aber in größerer Menge durch zerklüftetes Terrain (Felsspalten) eindringt (VwGH 13.12.1906, VSlg 4837).

Die (ursprünglich) unter dem Gst Nr **1, GB **** Y, unterirdisch abfließenden Wässer sind als Grundwasser zu qualifizieren. Allerdings handelt es sich dabei um einzelne, isolierte Wasserstränge/Wasserzonen, und nicht um ein räumlich zusammenhängendes unterirdisches Wassersystem. Der Tatbestand des § 10 Abs 2 WRG 1959 setzt aber ein solches unterirdisches Wassersystem voraus, da die Erschließung und/oder Benutzung von Grundwasser nur bei einem räumlich zusammenhängenden unterirdischen Wassersystem möglich ist.

Im Zuge der Bauführung zur Umsetzung des mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde X vom 14.06.2016, Zl ****, bewilligten Bauprojektes wurden unterirdisch vorhandenen, isolierten Wasserstränge ? Hang- und Schichtenwässer ? angeschnitten und wurden Wasserwege unterbrochen. Von einer Erschließungsabsicht ist daher nicht auszugehen. Das Anschneiden der Hang- und Schichtwässer in Folge der Bauführung auf dem Gst Nr **1, GB **** Y unterliegt somit nicht dem Bewilligungstatbestand des § 10 Abs 2 WRG 1959.

3.4      Zur Bewilligungspflicht nach § 32 WRG 1959:

Eine Bewilligungspflicht im Sinn des § 32 WRG 1959 setzt eine Einwirkung auf Gewässer voraus, die geeignet ist, deren Beschaffenheit unmittelbar oder mittelbar zu beeinträchtigen. Die Bewilligungspflicht nach dieser Gesetzesstelle ist demnach immer dann gegeben, wenn nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer zu rechnen ist. § 32 WRG 1959 erfasst somit Einwirkungen auf die Wasserbeschaffenheit, insbesondere Abwassereinleitungen, Grundwasserverunreinigungen durch Eintrag wassergefährdender Stoffe sowie Materialgewinnungen oder Aushubarbeiten und Grabungen im Grundwasser(schwankungs)bereich (Nassbaggerungen) [Oberleitner/Berger, WRG – ON 1.0 § 32 Rz 2 (Stand: Juli 2016, rdb.at); VwGH 30.03.2017, Zl Ra 2015/07/0111 mit Hinweisen auf die Judikatur].

Einwirkungen im Sinn des § 32 WRG 1959 sind wiederum gewässerbezogene Maßnahmen mit bestimmten planmäßigen oder zumindest typischerweise regelmäßig eintretenden, in der Regel nachteiligen Effekten für das betroffene Gewässer [Oberleitner/Berger, WRG – ON 1.0 § 32 Rz 3 (Stand: Juli 2016, rdb.at); VwGH 30.03.2017, Zl Ra 2015/07/0111 mit Hinweisen auf die Judikatur].

Die Beschwerdeführer bewerten die Bauführung auf dem Gst Nr **1, GB **** Y, als Eingriff in den Grundwasserbereich und verweisen in diesem Zusammenhang auf die Bewilligungspflicht nach § 32 Abs 2 lit c WRG für Baggerungen bzw Erdaushebungen im Grundwasserbereich bzw bei Freilegen des Grundwasserkörpers.

Dazu hält das Landesverwaltungsgericht Tirol Folgendes fest:

Die Annahme einer Bewilligungspflicht nach § 32 Abs 2 lit c WRG 1959 in Zusammenhang mit Baggerungen oder Erdaushebungen setzt ein räumlich geschlossenes unterirdisches Wassersystem voraus. Im Zuge der von der AA GmbH zu verantwortenden Bauführung kam es lediglich zum Anschneiden von Schichtenwässern und Hangwässern, also isolierten unterirdisch verlaufenden Wassersträngen. Eingriffe in ein geschlossenes unterirdisches Wassersystem erfolgten nicht. Insbesondere kam es auch nicht zur Entfernung der das Grundwasser schützenden Bodenschicht (vgl VwGH 20.10.2000, Zl 2000/07/0085). Die Errichtung der Baugrube auf dem Gst Nr **1, GB **** Y, bewirkte im Wesentlichen eine „Entwässerung“ des Umgebungsbereiches, dadurch gelangten Hang- und Schichtenwässern über die Entlastungsbohrungen in der Spritzbetonwand in die Baugrube. Das Anschneiden der unterirdisch abfließenden Hang- und Schichtenwässer führt zu keiner Einwirkung auf die Wasserbeschaffenheit und unterliegt somit nicht der Bewilligungspflicht des § 32 Abs 2 lit c WRG 1959. Dies gilt umso mehr, als der Gesetzgeber für die Entwässerung von Flächen bei Tunnelanlagen oder Stollenbauten in einem Karst- oder Kluftgrundwasserkörper in § 40 Abs 2 WRG 1959 einen eigenen Bewilligungstatbestand formuliert hat, deren Voraussetzungen im gegenständlichen Fall allerdings nicht erfüllt sind.

3.5      Zum Tatbestand des § 39 WRG 1959:

§ 39 WRG 1959 statuiert keine Bewilligungspflicht sondern enthält lediglich ein konkretes Verbot. Die Beseitigung von gegen das Verbot des § 39 WRG 1959 verstoßenden Neuerungen ist auf der Grundlage des § 138 WRG 1959 anzuordnen [Oberleitner/Berger, WRG – ON 1.03 § 39 Rz 4 (Stand: Jänner 2015, rdb.at); so ausdrücklich auch VwGH 07.03.1989, Zl 85/07/0059 und VwGH 13.12.2007, Zl 2006/07/0038].

Obwohl dem Wortlaut des § 39 WRG 1959 selbst keine diesbezügliche Beschränkung zu entnehmen ist, bezieht sich § 39 Abs 1 WRG 1959 grundsätzlich auf unverbaute, landwirtschaftlichen Zwecken dienende Grundstücke. Die Beschränkung auf solche Grundstücke hat ihren Grund in der Annahme, dass die Ableitung der Niederschlagswässer auf Baugrundstücken und öffentlichen Verkehrsflächen in den Bauordnungen und den Straßengesetzen geregelt ist. Daraus folgt, dass, wenn baubehördliche Vorschriften für eine Abwendung jener Gefahren, die aus der Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse des Wassers bei bebauten Grundstücken resultieren können, keine Regelung treffen, § 39 WRG 1959 auch auf bebaute Grundstücke anzuwenden ist (VwGH 26.04.2013, Zl 2011/07/0204 mit Hinweisen auf die frühere Judikatur).

Ausgehend davon ist für die Frage, ob im gegenständlichen Fall § 39 WRG 1959 anzuwenden ist, entscheidungswesentlich, ob von den Beschwerdeführern als Nachbarn in einem baurechtlichen Verfahren gegen die auf dem Gst Nr **1, GB **** Y, gesetzten Maßnahmen vorgegangen und von ihnen auf diese Weise Abhilfe geschaffen werden kann.

Der in § 26 Abs 1 TBO 2011 verwendete Begriff „Bauverfahren“ bezieht sich ausschließlich auf das Bauverfahren nach § 25 TBO 2011. Auf sonstige Verfahren im Rahmen der TBO 2011 findet diese Bestimmung keine Anwendung. Dies lässt sich systematisch mit der textlichen Nähe des § 25 TBO 2011 zu dem die Parteistellung regelnden § 26 TBO 2011 begründen. Sofern eine solche ausdrückliche Einräumung der Parteistellung für Nachbarn fehlt, kann diese aufgrund des Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers nicht anderweitig berücksichtigt werden. Es ist daher davon auszugehen, dass dem Nachbarn in Ermangelung einer ausdrücklichen Einräumung der Parteistellung in § 31 TBO 2011 für das im 6. Abschnitt „Bauausführung, Erhaltung des Bauzustandes“ geregelte Verfahren keine Parteistellung zukommt. Fragen der Sicherung der Baugrube und der Verhinderung von Schäden an Nachbargebäuden sind Fragen der Bauausführung, nicht aber der Bewilligungsfähigkeit des Bauvorhabens. Beeinträchtigungen während der Bauausführung begründen demnach keine subjektiv-öffentlichen Nachbarr

Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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