TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/11 W250 2197319-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.06.2018
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Entscheidungsdatum

11.06.2018

Norm

BFA-VG §22a Abs1 Z3
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76
FPG §76 Abs2 Z1
FPG §80 Abs1
VwG-AufwErsV §1 Z1
VwGVG §35
VwGVG §35 Abs1
VwGVG §35 Abs2

Spruch

W250 2197319-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Marokko, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.05.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG stattgegeben, der Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.05.2018, Zl. XXXX , sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 25.05.2018 für rechtswidrig erklärt.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

III. Gemäß § 35 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 1 Z. 1 VwG-AufwErsV hat der Bund dem Beschwerdeführer zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters Aufwendungen in Höhe von € 737,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag der Behörde auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 2 VwGVG abgewiesen.

V. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz im Umfang der Eingabengebühr wird zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet), ein marokkanischer Staatsangehöriger, stellte am 10.09.2015 nach illegaler Einreise einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) vom 21.08.2017 vollinhaltlich abgewiesen. Unter einem wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung getroffen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig sei. Es wurde festgestellt, dass keine Frist für eine freiwillige Ausreise bestehe und die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde wurde ausgeschlossen. Die dagegen erhobene Beschwerde - der vom Bundesverwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt wurde - wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.11.2017 abgewiesen. Am 16.11.2017 wurde diese Entscheidung dem Rechtsvertreter des BF zugestellt.

2. Mit Beschluss eines Landesgerichtes vom 27.02.2018 wurde über den BF die Untersuchungshaft verhängt. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 28.03.2018 wurde der BF wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, wovon 6 Monate unter Setzung einer Probezeit von 6 Monaten bedingt nachgesehen wurden, verurteilt. Auf Grund dieses Urteils befand sich der BF unter Anrechnung der Vorhaft bis 25.05.2018 in gerichtlicher Strafhaft.

3. Am 15.03.2018 erließ das Bundesamt einen Festnahmeauftrag gegen den BF, da beabsichtigt sei, die Abschiebung anzuordnen.

4. Nachdem das Bundesamt im September 2017 bei der marokkanischen Vertretungsbehörde die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF beantragt hatte, wurde am 20.03.2018 mitgeteilt, dass der BF von der marokkanischen Vertretungsbehörde identifiziert und der Ausstellung eines Heimreisezertifikates zugestimmt worden sei.

5. Am 25.05.2018 wurde der BF aus der Strafhaft entlassen, auf Grund des Festnahmeauftrages vom 15.03.2018 festgenommen und dem Bundesamt zur Einvernahme betreffend die Verhängung der Schubhaft und der Anordnung der Abschiebung vorgeführt.

Bei dieser Einvernahme, die unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch durchgeführt wurde, gab der BF im Wesentlichen an, dass er im Sommer 2015 das letzte Mal in das Bundesgebiet eingereist sei. Er habe den Asylantrag gestellt, da er krank sei, er habe in Griechenland eine Operation gehabt. Er habe in einer namentlich genannten Stadt bis zu seiner Festnahme Unterkunft bezogen, nach seiner Entlassung aus der Strafhaft habe er keine Unterkunft. In Österreich befänden sich keine Familienangehörigen, seine Mutter und seine zwei Geschwister leben in Marokko, eine Cousine in Italien. Seinen Aufenthalt habe er zunächst durch die Grundversorgung finanziert, anschließend habe er illegal als Maler gearbeitet und versucht, Suchtgift zu verkaufen. An Bargeld verfüge er über ca. EUR 340,--, ein Freund habe ihm Geld geschickt. Dass das Bundesverwaltungsgericht seine Beschwerde im Asylverfahren abgewiesen habe, habe er nicht gewusst, er habe bei seiner Rechtsvertreterin auch nicht nachgefragt. Er habe einmal eine Verständigung erhalten, dass er zu einer zweiten Einvernahme erscheinen solle, warum er zu dieser Einvernahme nicht erschienen sei, gab der BF auch auf Nachfrage durch das Bundesamt nicht an. Abschließend ersuchte der BF um die Möglichkeit freiwillig auszureisen, er werde nicht mehr nach Österreich zurückkehren. Wenn er abgeschoben werde, werde er sich umbringen.

6. Mit Mandatsbescheid vom 25.05.2018 ordnete das Bundesamt gemäß § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung über den BF an. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF trotz negativem Asylbescheid das Bundesgebiet nicht verlassen habe. Er sei massiv straffällig geworden und habe in seiner Einvernahme am 25.05.2018 angegeben, dass er das Bundesgebiet nicht verlassen wolle. Der BF sei im Bundesgebiet nicht gemeldet und sei nach seiner Haftentlassung ohne Unterstand. Familiäre Bindungen im Bundesgebiet gäbe es nicht. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass der BF bei einem Verfahren auf freiem Fuß untertauchen werde.

Die Entscheidung sei auf Grund der familiären Verhältnisse des BF verhältnismäßig, wobei auch das massive strafrechtliche Verhalten des BF bei der Prüfung der Fluchtgefahr zu berücksichtigen sei. Im Hinblick auf die Angaben des BF, dass er illegal gearbeitet habe, führte das Bundesamt aus, dass alleine schon das Betreten eines Fremden bei der Verrichtung von Schwarzarbeit ausreiche, um die Notwendigkeit der Schubhaft im Hinblick auf die Sicherung eines voraussichtlich zu verhängenden Aufenthaltsverbotes zu rechtfertigen.

Das Bundesamt ging davon aus, dass die Anordnung eines gelinderen Mittels nicht ausreichend sei, da der BF nicht bereit sei, sich an die österreichischen Rechtsnormen zu halten. Der BF habe angegeben, alles daran zu setzen, im Bundesgebiet zu verbleiben, er habe sogar mit Suizid gedroht.

Der rechtlichen Beurteilung in der Begründung des angefochtenen Bescheides ist zu entnehmen, dass das Bundesamt auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 2 und Z. 9 FPG vom Vorliegen der Fluchtgefahr ausgeht, wobei keinerlei Feststellungen zum Kriterium der Z. 2 der angeführten Bestimmung getroffen wurden und auch keine Ausführungen zum Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen dieses Kriteriums vorliegen.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird auch nicht angegeben, warum das Ermittlungsverfahren nicht während der Strafhaft des BF geführt wurde oder welche Umstände dazu geführt haben, dass die Abschiebung des BF nicht während seiner Strafhaft vorbereitet wurde.

7. Mit weiterem Bescheid vom 25.05.2018 wurde gegen den BF - unter anderem - ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Dieser Bescheid wurde dem BF am 25.05.2018 zugestellt.

8. Am 28.05.2018 bereitete das Bundesamt die Abschiebung des BF auf dem Luftweg für den 08.07.2018 vor, die dafür erforderliche Zustimmung Belgiens zur Durchbeförderung des BF langte am 29.05.2018 beim Bundesamt ein. Ein Abschiebeauftrag zur begleiteten Abschiebung des BF auf dem Luftweg wurde vom Bundesamt am 30.05.2018 erlassen.

9. Am 05.06.2018 erhob der BF durch seine ausgewiesene Rechtsvertreterin Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid vom 25.05.2018. Darin brachte der BF im Wesentlichen vor, dass die Schubhaft unverhältnismäßig sei, da die belangte Behörde rechtswidrig ihre Pflicht verletzt habe, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauere bzw. dass diese überhaupt unterbleiben könne. Hingewiesen wurde dabei auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach Schubhaft unverhältnismäßig sei, wenn die Behörde es unterlasse darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauere. Dies schlage auch auf den Fortsetzungsausspruch durch. Da der BF die gesamte Dauer seiner unbedingten Haft verbüßt habe und nicht vorzeitig entlassen worden sei, sei es der belangten Behörde zumutbar gewesen, rechtzeitig Vorkehrungen für die Überstellung des BF zu treffen, so dass dieser nicht in Schubhaft genommen hätte werden müssen.

Darüber hinaus habe die belangte Behörde die Anordnung der Schubhaft auf § 76 Abs. 3 Z. 2 FPG gestützt. Es treffe jedoch nicht zu, dass der BF entgegen eines aufrechten Einreiseverbotes, eines aufrechten Aufenthaltsverbotes oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist sei.

Es sei zwar zutreffend, dass der BF seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sei, die fehlende Ausreisewilligkeit alleine begründe nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes noch keinen Sicherungsbedarf. Da der BF während seiner Einvernahme um die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise ersucht habe, sei auch nicht davon auszugehen, dass er sich seiner Abschiebung widersetzen werde.

Soweit die belangte Behörde anführe, dass der BF nicht behördlich gemeldet sei, so werde dazu ausgeführt, dass ihm nach Entlassung aus der Strafhaft keine Möglichkeit zu einer behördlichen Meldung gegeben worden sei. Er habe jedoch die Möglichkeit bei einem Freund Unterkunft zu nehmen, und habe die Telefonnummer dieses Freundes dem Bundesamt im Zuge seiner Einvernahme am 25.05.2018 bekannt gegeben. Der BF verfüge auch über Freunde, die ihm Geld für seine Lebenserhaltungskosten borgen könnten. Dies stehe der Feststellung der belangten Behörde entgegen, wonach der BF nicht im Bundesgebiet integriert sei. Darüber hinaus stelle das Fehlen sozialer Integration, der Mangel an finanziellen Mitteln oder das Fehlen von Reisedokumenten für sich genommen keine Schubhaftgründe dar.

Der belangten Behörde gelinge es insgesamt nicht, im Fall des BF eine Fluchtgefahr aufzuzeigen.

Selbst bei Vorliegen von Fluchtgefahr sei die belangte Behörde verpflichtet gewesen, ein gelinderes Mittel an Stelle der Schubhaft anzuordnen, da der BF kooperationsbereit sei und einem angeordneten gelinderen Mittel Folge leisten würde.

Der BF beantragte eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme des BF zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchzuführen, den angefochtenen Bescheid zu beheben und auszusprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgt seien, auszusprechen, dass die weiteren Voraussetzungen für die Anhaltung des BF nicht vorliegen und der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen gemäß der Verwaltungsgerichts-Aufwandersatzverordnung sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der BF aufzukommen habe, aufzuerlegen. Beantragt wurde auch der Ersatz der Eingabengebühr.

10. Das Bundesamt legte am 05.06.2018 den Verwaltungsakt vor, und gab am 06.06.2018 eine Stellungnahme ab, aus der sich im Wesentlichen ergibt, dass nach der Festnahme des BF am 25.05.2018 am 30.05.2018 ein Flug für die begleitete Abschiebung des BF am 08.07.2018 gebucht worden sei und ein Heimreisezertifikat von der marokkanischen Botschaft kurz vor der Abschiebung ausgestellt werde. Der Beschwerde sei entgegenzuhalten, dass die Fluchtgefahr, die Verhältnismäßigkeit der Entscheidung und die Nichtanwendung des gelinderen Mittels entsprechend begründet worden seien.

Das Bundesamt beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, gemäß § 22a BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen und den Beschwerdeführer zum Ersatz von Vorlage- und Schriftsatzaufwand der belangten Behörde zu verpflichten.

Angaben darüber, warum der Schubhaftbescheid im Mandatsverfahren erlassen wurde und die Abschiebung erst nach Entlassung des BF aus der Strafhaft vorbereitet wurde, enthält dieses Stellungnahme nicht.

11. Am 06.06.2018 wurde das Bundesamt um Stellungnahme ersucht, weshalb der BF nicht während seiner Anhaltung in Strafhaft zu den Voraussetzungen der Anordnung der Schubhaft einvernommen und nicht während seiner Anhaltung in Strafhaft ein Flug für die Abschiebung auf dem Luftweg gebucht wurde. Eine Stellungnahme dazu ist beim Bundesverwaltungsgericht nicht eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter I.1. bis I.11. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben. Insbesondere wird folgendes festgestellt:

1.1. Die mit Bescheid des Bundesamtes vom 21.08.2017 erlassene Rückkehrentscheidung ist seit 16.09.2017 durchführbar. Der dagegen eingebrachten Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung vom Bundesverwaltungsgericht nicht zuerkannt, die Beschwerde wurde mit Erkenntnis vom 15.11.2017 abgewiesen.

1.2. Das Bundesamt wurde spätestens am 27.02.2018 von der Verhängung der Untersuchungshaft über den BF am 27.02.2018 verständigt. Am 27.02.2018 wurde das Bundesamt auch von der Anklageerhebung gegen den BF in Kenntnis gesetzt.

1.3. Am 15.03.2018 erließ das Bundesamt einen Festnahmeauftrag den BF betreffend.

1.4. Am 20.03.2018 wurde dem Bundesamt mitgeteilt, dass der BF von der marokkanischen Vertretungsbehörde identifiziert wurde und alle weiteren Schritte für die Ausreise vorgenommen werden können.

1.5. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 28.03.2018 wurde der BF zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, von der ein Teil von sechs Monaten bedingt nachgesehen wurde, verurteilt. Dieses Urteil ist auf Grund der in der Gerichtsverhandlung abgegebenen Rechtsmittelverzichte des BF sowie des öffentlichen Anklägers am 28.03.2018 in Rechtskraft erwachsen. Im Verwaltungsakt des Bundesamtes befindet sich eine Ausfertigung des Protokollsvermerkes und der gekürzten Urteilsausfertigung, welcher ist auch zu entnehmen ist, dass dem BF die Vorhaft seit 25.02.2018 angerechnet wurde.

1.6. Der BF wurde während seiner Strafhaft im Hinblick auf die Anordnung der Schubhaft weder vom Bundesamt einvernommen noch wurde ihm auf andere Weise Parteiengehör dazu gegeben.

1.7. Der BF verbüßte den gesamten Teil der unbedingten Freiheitsstrafe, zu der er auf Grund des oben genannten Urteiles verurteilt worden war. Er wurde am Tag seiner Entlassung aus der Strafhaft auf Grund des Festnahmeauftrages vom 15.03.2018 festgenommen und dem Bundesamt zur Einvernahme vorgeführt.

1.8. Nach seiner Einvernahme am 25.05.2018 wurde über den BF mit Mandatsbescheid die Schubhaft angeordnet.

1.9. Am 30.05.2018 wurde ein Flug zur Abschiebung des BF auf dem Luftweg vom Bundesamt für den 08.07.2018 gebucht. Aus dem Akt ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, weshalb die Vorbereitung der Abschiebung nicht bereits zu einem Zeitpunkt möglich gewesen wäre, an dem sich der BF in Strafhaft befunden hat. Gründe dafür wurden vom Bundesamt im Gerichtsverfahren nicht vorgebracht.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des Bundesamtes, in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes zu Zl 2169955-1 die Beschwerde des BF gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 21.08.2017 betreffend, in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres, in das Zentrale Fremdenregister und in das Strafregister.

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem Verfahrensakt des Bundesamtes, dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes zu Zl 2169955-1 die Beschwerde des BF gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 21.08.2017 betreffend und dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.1. Die Feststellungen zur Durchsetzbarkeit und Durchführbarkeit der mit Bescheid des Bundesamtes vom 21.08.2017 erlassenen Rückkehrentscheidung ergeben sich aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes zu Zl. 2169955-1, in welchem die Mitteilung des Bundesverwaltungsgerichtes an das Bundesamt ersichtlich ist, wonach der Asylakt des BF samt der von ihm erhobenen Beschwerde am 08.09.2017 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt ist. Ein Beschluss, mit welchem der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden ist, befindet sich in diesem Akt nicht.

2.2. Dass das Bundesamt am 27.02.2018 von der Verhängung der Untersuchungshaft über den BF verständigt worden ist, ergibt sich aus der im Akt befindlichen E-Mail vom 27.02.2018 (AS 293), in der das Bundesamt selbst auf die elektronische Übermittlung dieser Daten hinweist. Im Verwaltungsakt befindet sich auch eine schriftliche Verständigung über die Anklageerhebung gegen den BF, die entsprechend dem daran angebrachten Eingangsvermerk am 27.02.2018 beim Bundesamt eingegangen ist (AS 294).

2.3. Die Feststellungen zum Festnahmeauftrag vom 15.03.2018 gründen sich auf die im Akt des Bundesamtes befindliche Ausfertigung dieses Festnahmeauftrages (AS 314).

2.4. Dass das Bundesamt spätestens ab 20.03.2018 Kenntnis über die positive Identifizierung des BF durch die marokkanische Vertretungsbehörde hatte, ergibt sich aus der im Akt des Bundesamtes befindlichen diesbezüglichen Mitteilung des Bundesamtes (AS 319). Darin wird auch festgehalten, dass nun alle weiteren Schritte für die Ausreise vorgenommen werden können.

2.5. Die Feststellungen zur strafgerichtlichen Verurteilung, der Anrechnung der Vorhaft und der abgegebenen Rechtsmittelverzichte ergeben sich aus dem im Akt des Bundesamtes befindlichen Protokollsvermerk und der gekürzten Urteilsausfertigung (AS 321). Da dieses Schriftstück jedoch keinen Vermerk über den Tag seines Einlangens beim Bundesamt aufweist und auch in der Stellungnahme des Bundesamtes kein Hinweis darauf enthalten ist, kann im Hinblick auf die gesetzliche Verpflichtung des Strafgerichtes, das Bundesamt über rechtskräftige Verurteilungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu verständigen, nicht festgestellt werden, dass das Bundesamt möglicherweise erst verspätet Kenntnis von der Verurteilung des BF und der damit verbundenen Strafdauer gehabt hätte.

2.6. Dass der BF während seiner Anhaltung in Strafhaft weder vom Bundesamt im Hinblick auf die Voraussetzungen der Anordnung von Schubhaft einvernommen worden ist noch ihm auf andere Art Parteiengehör gewährt worden ist, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes.

2.7. Dass der BF die gesamte Dauer der unbedingt über ihn verhängten Strafhaft verbüßte, ergibt sich aus der im Akt des Bundesamtes befindlichen Entlassungsbestätigung jener Justizanstalt, in der der BF in Strafhaft angehalten wurde (AS 325). Dass er nach seiner Entlassung aus der Strafhaft am 25.05.2018 auf Grund des Festnahmeauftrages vom 15.03.2018 festgenommen wurde, ergibt sich aus dem diesbezüglichen Bericht der Landespolizeidirektion vom 25.05.2018 (AS 329).

2.8. Dass nach seiner Einvernahme am 25.05.2018 die Schubhaft mit Mandatsbescheid angeordnet wurde ergibt sich aus der im Akt des Bundesamtes befindlichen Bescheidausfertigung.

2.9. Die Feststellungen zum Zeitpunkt der Buchung eines Fluges für die begleitete Abschiebung des BF ergeben sich aus der im Akt befindlichen Buchungsbestätigung (AS 393) sowie aus der Stellungnahme des Bundesamtes vom 06.06.2018. Besondere Umstände, weshalb ein Flug nicht bereits während der Strafhaft des BF gebucht hätte werden können sind weder dem Verwaltungsakt, noch dem angefochtenen Bescheid oder der Stellungnahme des Bundesamtes vom 06.06.2018 zu entnehmen. Das ausdrückliche Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichtes zu dieser Frage Stellung zu nehmen, blieb vom Bundesamt unbeantwortet.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

§ 80 Abs. 1 FPG lautet:

"§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann."

Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" überschriebene § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

3.1.2. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 21.08.2017 wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen, einer dagegen erhobenen Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Nachdem der BF Beschwerde gegen diesen Bescheid erhoben hatte, langte der Verwaltungsakt am 08.09.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein, die aufschiebende Wirkung wurde vom Bundesverwaltungsgericht nicht zuerkannt. Gemäß § 16 Abs. 4 BFA-VG war die Rückkehrentscheidung damit ab 16.09.2017 durchführbar. Spätestens am 20.03.2018 wurde der BF von der marokkanischen Botschaft identifiziert, weshalb ab diesem Zeitpunkt grundsätzlich die Organisation der Abschiebung des BF möglich war. Dass diesbezüglich noch weitere Verfahrensschritte erforderlich waren, ist weder dem Verwaltungsakt noch der Stellungnahme des Bundesamtes zu entnehmen. Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich vielmehr, dass am 30.05.2018 eine Flugbuchung für den 08.07.2018 möglich war. Auf Grund der Mitteilung der rechtskräftigen Bestrafung des BF einschließlich der Dauer der angerechneten Vorhaft, war dem Bundesamt spätestens Anfang April 2018 bekannt, wann der BF voraussichtlich aus der Strafhaft entlassen wird. Aus dem Verwaltungsakt ist zwar nicht ersichtlich wann dem Bundesamt die gekürzte Urteilsausfertigung des BF tatsächlich vorlag. Aus der gesetzlichen Verpflichtung des Strafgerichtes gemäß § 30 Abs. 5 BFA-VG rechtskräftige Verurteilungen von Fremden zum frühestmöglichen Zeitpunkt dem Bundesamt mitzuteilen und mangels einer anderslautenden Stellungnahme des Bundesamtes ist daher davon auszugehen, dass dem Bundesamt die Dauer der Strafhaft des BF spätestens Ende März bzw. Anfang April 2018 bekannt war.

Gemäß § 80 Abs. 1 FPG ist das Bundesamt verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes darf Schubhaft stets nur "ultima ratio" sein. Dem entspricht nicht nur die in § 80 Abs. 1 FPG ausdrücklich festgehaltene behördliche Verpflichtung darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauere, vielmehr ist daraus auch abzuleiten, dass das Bundesamt schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so ist die Schubhaft unverhältnismäßig (vgl. VwGH vom 15.10.2015, Ro 2015/21/0026).

Das Bundesamt hat im angefochtenen Schubhaftbescheid keine Umstände ins Treffen geführt, die es im vorliegenden Fall ausnahmsweise gestattet hätten, mit dem Vorbereiten der Abschiebung des BF erst nach dem Ende der Strafhaft zu beginnen. Derartige Umstände wurden auch in der abgegebenen Stellungnahme nicht angegeben. Das ausdrückliche Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichtes zu dieser Frage Stellung zu nehmen, blieb vom Bundesamt unbeantwortet. Dem Verwaltungsakt sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, warum die Vorbereitung der Abschiebung des BF nach Einlangen der Zustimmung der marokkanischen Vertretungsbehörde, für den BF ein Heimreisezertifikat auszustellen, nicht möglich gewesen wäre.

Da im vorliegenden Fall das Bundesamt seiner Verpflichtung im Sinne des § 80 Abs. 1 FPG, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, nicht entsprochen hat, erweist sich die mit Mandatsbescheid vom 25.05.2018 angeordnete Schubhaft als unverhältnismäßig.

Es war daher der Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG stattzugeben.

Auf das übrige Vorbringen in der Beschwerde war nicht weiter einzugehen.

3.1.3. War der Schubhaftbescheid rechtswidrig, so muss das auch für die auf den Schubhaftbescheid gestützte Anhaltung gelten (VwGH vom 11.06.2013, 2012/21/0114). Die Anhaltung des BF in Schubhaft seit 25.05.2018 ist daher rechtswidrig.

3.2. Zu Spruchteil A. - Spruchpunkt II. - Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft

3.2.1. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Der BF befindet sich zum Zeitpunkt der Entscheidung in Schubhaft, es ist daher eine Entscheidung über die Fortsetzung der Schubhaft zu treffen.

3.2.2. Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verpflichtung des Bundesamtes, auf eine möglichst kurze Schubhaftdauer hinzuwirken ergibt sich, dass die Unverhältnismäßigkeit der Schubhaft auf Grund von Untätigkeit der Behörde während der Strafhaft des BF auch auf den Fortsetzungsausspruch durchschlägt (vgl. VwGH vom 15.10.2015, Ro 2015/21/0026). Da im vorliegenden Fall die Schubhaft unverhältnismäßig ist, da das Bundesamt während der Strafhaft des BF keine weiteren Schritte für seine Abschiebung gesetzt hat und auch keine Gründe dafür vorgebracht hat, warum dies ausnahmsweise gestattet war, war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

3.4. Zu Spruchteil A. - Spruchpunkte III., IV. und V. - Kostenersatz

3.4.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

3.4.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Im gegenständlichen Verfahren wurde sowohl gegen den im Spruch genannten Schubhaftbescheid als auch gegen die Anhaltung in Schubhaft Beschwerde erhoben. Sowohl der BF als auch das Bundesamt haben einen Antrag auf Kostenersatz im Sinne des § 35 VwGVG gestellt. Da der Beschwerde stattgegeben und sowohl der angefochtene Bescheid als auch die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklärt werden, ist der BF die obsiegende Partei. Ihm gebührt daher gemäß § 35 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG iVm § 1 Z. 1 VwG-AufwErsV Kostenersatz in der Höhe von EUR 737,60. Dem Bundesamt gebührt kein Kostenersatz.

3.4.3. Gemäß § 35 Abs. 4 VwGVG gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1 die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat, die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand. Den Ersatz der Eingabegenbühr sieht § 35 VwGVG nicht vor, weshalb der diesbezügliche Antrag des BF zurückzuweisen war.

3.5. Zu Spruchteil B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Abschiebung, Dauer, Eingabengebühr, Haftentlassung, Kostenersatz,
Mandatsbescheid, Rechtswidrigkeit, Schubhaftbeschwerde, Strafhaft,
strafrechtliche Verurteilung, Suchtmitteldelikt, Zeitpunkt,
Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W250.2197319.1.00

Zuletzt aktualisiert am

25.06.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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