TE Vwgh Beschluss 2018/5/3 Ra 2017/19/0574

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Veröffentlicht am 03.05.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 2005 §24;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §25a Abs3;
VwGVG 2014 §31;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2017/19/0575

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revisionen des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl in 1030 Wien, Modecenterstraße 22, gegen die Beschlüsse vom 12. Oktober 2017,

1)

L504 2131260-1/7E (protokolliert zu Ra 2017/19/0575) und

2)

L504 2131260-2/6E (protokolliert zu Ra 2017/19/0574), des Bundesverwaltungsgerichts, betreffend zu 1) Einstellung des Asylverfahrens nach § 24 AsylG 2005 und zu 2) Einstellung eines Verfahrens über die Aberkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG 2005 (mitbeteiligte Partei: H I alias H M alias H A alias H A), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1 Zu 1.) Mit dem in Revision gezogenen Beschluss sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass das den Mitbeteiligten betreffende "Beschwerdeverfahren" gemäß § 24 Abs. 2a Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) eingestellt werde. Weiters enthält der Beschluss den Ausspruch gemäß § 25a Abs. 1 VwGG, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

2 In seiner Begründung führte das Bundesverwaltungsgericht aus, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe den Antrag des Mitbeteiligten auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 14. Juli 2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigen abgewiesen. Gemäß § 8 AsylG 2005 wurde dem Mitbeteiligten der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. Dagegen erhob der Mitbeteiligte Beschwerde.

3 Am 5. Oktober 2017 sei "von der IOM" eine Ausreisebestätigung eingelangt. Daraus ergebe sich, dass der Mitbeteiligte am 29. September 2017 das Bundesgebiet unter Gewährung von Rückkehrhilfe verlassen habe und zurück in den Irak gereist sei.

4 Da der Mitbeteiligte während des Beschwerdeverfahrens freiwillig in den Herkunftsstaat zurückgereist und "die Sache" nicht entscheidungsreif sei, sei das "Beschwerdeverfahren" gemäß § 24 Abs. 2a AsylG 2005 einzustellen. Den Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG begründete das Verwaltungsgericht lediglich mit der Verneinung der in dieser Bestimmung genannten Tatbestände.

5 Weiters enthält der Beschluss eine Rechtsmittelbelehrung, wonach gegen ihn eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof "und/oder eine ordentliche bzw. außerordentliche Revision" an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden könne.

6 Zu 2.) Mit dem weiteren in Revision gezogenen Beschluss vom selben Tag sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass das den Mitbeteiligten betreffende "Beschwerdeverfahren" gemäß § 24 Abs. 2a Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) eingestellt werde. Der Beschluss enthält den Ausspruch gemäß § 25a Abs. 1 VwGG, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

7 In seiner Begründung führte das Bundesverwaltungsgericht aus, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe dem Mitbeteiligten mit Bescheid vom 16. August 2017 gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 den ihm zuvor zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigen aberkannt, die ihm aus diesem Grund erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen, einen Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gegen ihn gestützt auf § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 eine Rückkehrentscheidung erlassen, gemäß § 52 Abs. 9 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) festgestellt, dass die Abschiebung des Mitbeteiligten in den Irak zulässig sei, und eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise nach § 55 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG festgelegt. Der Mitbeteiligte habe gegen diesen Bescheid Beschwerde erhoben.

8 In seinen weiteren Ausführungen stützte sich das Bundesverwaltungsgericht - wiederum unter Zugrundelegung der am 5. Oktober 2017 "von der IOM" eingelangten Ausreisebestätigung - auf die schon im vorher zitierten Beschluss dargestellte Begründung, mit gleichlautender Rechtsmittelbelehrung.

9 Gegen diese Erkenntnisse richten sich die wegen ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen außerordentlichen Revisionen.

10 Die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erhobenen Revisionen machen unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung geltend, das Bundesverwaltungsgericht habe die Pflicht zur Begründung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung verletzt. Es sei nicht näher begründet worden, weshalb kein entscheidungsreifer Sachverhalt vorliege. Dies treffe vor dem Hintergrund, dass der Mitbeteiligte im Verfahren zur Aberkennung des subsidiären Schutzes vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vernommen worden sei, und den vorhandenen Informationen zum Heimatland des Mitbeteiligten nicht zu. Es lägen somit "brauchbare" Ermittlungsergebnisse vor. Demgegenüber habe der Mitbeteiligte seinen Standpunkt in der Beschwerde nicht näher konkretisiert.

Weiters gehe das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl davon aus, dass sich die Verfahrenseinstellung nach § 24 Abs. 2a AsylG 2005 auf "Asylverfahren" und demnach nur auf Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz beziehen könne. In den gegenständlichen Fällen sei auch ein Verfahren (Ra 2017/19/0574) zur Aberkennung des subsidiären Schutzes eingeleitet worden. Eine Verfahrenseinstellung wegen der freiwilligen Ausreise des Mitbeteiligten in seinen Heimatstaat sei zudem "sinnbefreit", weil ihm dann weiterhin der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukomme, obwohl er seinen Lebensmittelpunkt in einen anderen Staat verlegt habe und er sich zudem wieder unter den Schutz seines Heimatlandes gestellt habe.

Im Übrigen würde durch die rechtskräftige Einstellung bloß des Beschwerdeverfahrens der Bescheid in Rechtskraft erwachsen.

§ 24 AsylG 2005 beziehe sich aber nicht allein auf das Beschwerdeverfahren, sondern auf das "Asylverfahren" insgesamt. Dieses sei innerhalb von zwei Jahren nach Verfahrenseinstellung fortzusetzen. Daher sei mit der auch vom Bundesverwaltungsgericht vorzunehmenden Einstellung das Asylverfahren nur vorläufig beendet. Eine solche Verfahrenseinstellung unterscheide sich daher grundlegend von der Einstellung des Beschwerdeverfahrens (gemäß dem VwGVG). Da das Bundesverwaltungsgericht sich einerseits auf

§ 24 Abs. 2a AsylG 2005 stützte und andererseits anführe, das "Beschwerdeverfahren" einzustellen, sei die Entscheidung auch in sich widersprüchlich und unklar, ob das Bundesverwaltungsgericht tatsächlich nur das Beschwerdeverfahren habe einstellen wollen.

11 Die hier gegenständlichen Revisionen erweisen sich im Hinblick auf § 25a Abs. 3 VwGG als nicht zulässig.

12 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Beschluss vom heutigen Tag, Ra 2018/19/0020 bis 0022, mit der Frage der Rechtsnatur einer Verfahrenseinstellung gemäß § 24 AsylG 2005, der Möglichkeit der Anfechtung einer solchen sowie der insoweit gegebenen Rechtsschutzmöglichkeiten des Näheren auseinandergesetzt. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz und Abs. 9 VwGG wird sohin auf die Begründung dieses Beschlusses verwiesen.

13 Der Verwaltungsgerichtshof ist im genannten Beschluss zum Ergebnis gelangt, dass es sich bei einem auf die Sondernorm des § 24 AsylG 2005 gestützten Beschluss, mit dem das Verfahren eingestellt wird, um einen verfahrensleitenden, nicht aber verfahrensbeendenden Beschluss handelt.

Demgemäß ist ein solcher Beschluss nicht der Rechtskraft

fähig und vermag

keine Bindungswirkung zu entfalten.

14 Für eine Einstellung nach § 24 AsylG 2005 kommt es nicht darauf an, ob sich das Asylverfahren im Stadium des Verfahrens vor der Behörde oder vor dem Verwaltungsgericht befindet (vgl. nochmals VwGH Ra 2018/19/0020 bis 0022, Rn. 28).

15 Demnach waren auch die hier vorliegenden sich zweifelsfrei auf § 24 Abs. 2a AsylG 2005 (und nicht auf § 28 Abs. 1 zweiter Tatbestand iVm. § 31 Abs. 1 und Abs. 3 erster Satz VwGVG) stützenden Beschlüsse als bloß verfahrensleitend anzusehen. Dass das Verwaltungsgericht in seinen Beschlüssen von "Beschwerdeverfahren" sprach, ändert schon angesichts dessen, dass es sich bei der Verfahrenseinstellung im Spruch - ebenso wie in seiner Begründung - ausdrücklich auf § 24 Abs. 2a AsylG 2005 bezog, an dieser Beurteilung nichts. Vor dem Hintergrund des oben Gesagten kann zudem dem verwendeten Wort "Beschwerdeverfahren" hier nur die Bedeutung zugemessen werden, dass das Verwaltungsgericht zum Ausdruck bringen wollte, dass sich das von ihm nach § 24 AsylG 2005 eingestellte Verfahren im Stadium des Beschwerdeverfahrens befand.

16 Gegen einen bloß verfahrensleitenden Beschluss ist gemäß § 25a Abs. 3 VwGG eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Dies gilt auch dann, wenn ein solcher Beschluss - fehlerhaft - einen Ausspruch nach § 25a Abs. 1 VwGG und eine Rechtsmittelbelehrung, dass die Revisionserhebung an sich möglich sei, enthält (vgl. auch dazu VwGH 3.5.2018, Ra 2018/19/0020 bis 0022, mwN).

17 Die Revisionen waren daher gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

Wien, am 3. Mai 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017190574.L00

Im RIS seit

13.06.2018

Zuletzt aktualisiert am

14.06.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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