TE OGH 2009/1/22 2Ob269/08k

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Veröffentlicht am 22.01.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Iveta K*****, vertreten durch Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Kamil K*****, wegen Herausgabe (Streitinteresse: 7.210 EUR), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 17. Juli 2008, GZ 48 R 157/08f-78, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Liesing vom 22. Februar 2008, GZ 7 C 37/07g-72, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Berufungsgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, das angefochtene Urteil durch den Bewertungsausspruch gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO zu ergänzen.

Text

Begründung:

Die Streitteile sind seit 15. 7. 1999 verheiratet. Vor dem Bezirksgericht Liesing ist das Scheidungsverfahren anhängig. Im Mai 2004 brachte der Beklagte aus der vormaligen Ehewohnung verschiedene Einrichtungsstücke und Möbel in seine neue Wohnung. Die Klägerin begehrte mit der am 8. 4. 2005 eingebrachten Klage die Herausgabe mehrerer konkret bezeichneter Geräte, Möbel und sonstiger Einrichtungsgegenstände, wobei sie dem Beklagten einräumte, sich durch Zahlung eines letztlich mit 7.210 EUR bezifferten Betrags von der Herausgabeverpflichtung zu befreien. Sie brachte vor, die vom Klagebegehren umfassten Gegenstände stünden in ihrem Eigentum und befänden sich nunmehr ohne Rechtsgrund in der Verfügungsmacht des Beklagten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei; ein Bewertungsausspruch unterblieb.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin. Diese steht auf dem Standpunkt, der fehlende Bewertungsausspruch hindere nicht die Zulässigkeit ihres Rechtsmittels, weil es sich um eine Streitigkeit nach § 49 Abs 2 Z 2b JN handle, für welche die Wertgrenzen des § 502 Abs 2 und 3 ZPO nicht maßgeblich seien.

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht legte den Akt direkt dem Obersten Gerichtshof vor. Entgegen der Ansicht der Klägerin liegt hier jedoch ein Fall des § 502 Abs 5 Z 1 ZPO nicht vor. Nach dieser Bestimmung gelten die Abs 2 und 3 des § 502 ZPO nicht für die im § 49 Abs 2 Z 2a und 2b JN bezeichneten familienrechtlichen Streitigkeiten. In Frage käme hier nur § 49 Abs 2 Z 2b JN (idF des AußStr-BegleitG, BGBl I 2003/112), der die aus dem gegenseitigen Verhältnis der Ehegatten entspringenden Streitigkeiten betrifft, sofern es sich nicht um Streitigkeiten über die Scheidung, die Aufhebung oder die Nichtigerklärung einer Ehe oder über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe (Z 2a) handelt. Damit sind nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nur solche Streitigkeiten gemeint, die ohne das Eheverhältnis gar nicht denkbar sind (10 Ob 22/07v; 1 Ob 46/08h; RIS-Justiz RS0044093). Kann aber der geltend gemachte Anspruch auch in einem Rechtsverhältnis zwischen Personen bestehen, die nicht miteinander verheiratet sind oder waren, so liegt eine Streitigkeit aus dem Eheverhältnis nicht vor. Für den anspruchsbegründenden Sachverhalt muss somit das Eheverhältnis zumindest mitbestimmend sein (1 Ob 46/08h; RIS-Justiz RS0044093, RS0046499).

Im vorliegenden Fall hat sich die Klägerin zur Begründung ihres Klagebegehrens auf ihr Eigentumsrecht an den herauszugebenden Gegenständen gestützt. Sie machte damit einen sachenrechtlichen Herausgabeanspruch (§ 366 ABGB) geltend, für den das Vorliegen eines Eheverhältnisses keine Voraussetzung ist. Derartige Ansprüche können vielmehr auch zwischen Personen bestehen, die nicht miteinander verheiratet sind. Klagen über Herausgabeansprüche zwischen verheirateten Ehegatten fallen daher nicht unter § 49 Abs 2 Z 2b JN (vgl Mayr in Rechberger, ZPO2 § 49 JN Rz 7; Simotta in Fasching2 I § 49 JN Rz 43; vgl auch Zechner in Fasching/Konecny2 IV/1 § 502 ZPO Rz 189 mwN). Der Frage, ob die klagsgegenständlichen Fahrnisse einem nachehelichen Aufteilungsverfahren nach den §§ 81 ff EheG unterliegen könnten, kommt für diese Beurteilung keine entscheidende Bedeutung zu.

Der die Zulässigkeit des streitigen Rechtswegs für die Aufhebung des Miteigentums an einer Liegenschaft zwischen geschiedenen Ehegatten erörternden Entscheidung 1 Ob 35/97x sind Anhaltspunkte für die Richtigkeit des gegenteiligen Standpunkts der Klägerin nicht zu entnehmen. Dies gilt ebenso für die Entscheidung 10 Ob 22/07v, in welcher der Oberste Gerichtshof die Subsumtion des Anspruchs eines geschiedenen Ehegatten auf die „Herausgabe" von Familienbeihifeleistungen unter § 49 Abs 2 Z 2b JN abgelehnt hat. Der sich nach Zurückweisung einer Mahnklage a limine mit der sachlichen Zuständigkeit befassenden Entscheidung 1 Ob 46/08h lag schließlich nur ein schlagwortartiges Klagsvorbringen über eine im Rahmen eines Scheidungsfolgenvergleichs geschlossene Vereinbarung zugrunde, anhand dessen die Notwendigkeit, spezifisch eherechtliche Fragen lösen zu müssen, noch nicht ausgeschlossen werden konnte.

Im vorliegenden Fall liegt somit keine Streitigkeit gemäß § 49 Abs 2 Z 2b JN vor, weshalb die Ausnahmebestimmung des § 502 Abs 5 Z 1 ZPO nicht anwendbar ist. Da der Entscheidungsgegenstand nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht und das Gericht gemäß § 500 Abs 3 ZPO nicht an die Geldsumme gebunden ist, zu deren Annahme anstelle der angesprochenen Sachen sich die Klägerin im Sinne des § 56 Abs 1 JN erboten hat (8 Ob 518/88; vgl auch RIS-Justiz RS0042296), hätte das Berufungsgericht den Entscheidungsgegenstand gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO bewerten müssen. Die Unterlassung dieses Ausspruchs stellt eine offenbare Unrichtigkeit dar, die nach § 419 ZPO zu berichtigen ist (2 Ob 67/06a ua). Derzeit ist jedenfalls noch nicht beurteilbar, ob im Hinblick auf § 502 Abs 2 und 3 ZPO die Revision nicht jedenfalls unzulässig ist.

Das Berufungsgericht wird daher den fehlenden Bewertungsausspruch nachzuholen haben. Sollte dieser dahin lauten, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige, läge ein Fall des § 502 Abs 3 ZPO vor. Unter dieser Voraussetzung wäre auch ein außerordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Die Klägerin könnte in einem solchen Fall nur gemäß § 508 Abs 1 ZPO einen Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass das ordentliche Rechtsmittel doch für zulässig erklärt wird. Ob der Rechtsmittelschriftsatz der Klägerin - auch im Hinblick auf den in der nachträglichen Erklärung ON 82 gestellten Eventualantrag - den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO bereits entspricht oder ob es der Einleitung eines (weiteren) Verbesserungsverfahrens bedürfte, bliebe der Beurteilung des Berufungsgerichts vorbehalten.

Anmerkung

E898892Ob269.08k

Schlagworte

Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inEF-Z 2009/108 S 155 - EF-Z 2009,155XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0020OB00269.08K.0122.000

Zuletzt aktualisiert am

04.08.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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