TE OGH 2009/3/25 3Ob255/08h

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Veröffentlicht am 25.03.2009
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L***** GmbH, *****, vertreten durch Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei DI Konrad L*****, vertreten durch Gabler, Gibel & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Zahlung von 5.760 EUR sA und Feststellung (Streitwert: 1.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 6.760 EUR) gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 14. Mai 2008, GZ 38 R 62/08m-34, womit der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichts Meidling vom 25. Jänner 2008, GZ 29 C 1045/06p-28 nicht Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der beklagten Partei auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Der Beklagte war Mieter der Wohnung top Nr. ***10 eines im Eigentum der klagenden Partei stehenden Hauses in Wien. Am 24. 2. 2005 erließ der Magistrat der Stadt Wien einen Bescheid über die Räumung und Abtragung dieses Gebäudes, in welchem es unter anderem heißt:

„Der Magistrat erteilt gem § 129 Abs 4 der Bauordnung für Wien der Eigentümerin der Baulichkeit [...] nachstehenden Auftrag:

Binnen 6 Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides ist der dreistöckige, teilunterkellerte Gassentrakt zu räumen und nach erfolgter Räumung abtragen zu lassen. [...] Dieser Auftrag gilt auch dann als erfüllt, wenn in der selben Frist an Stelle der Räumung und Abtragung die gegenständliche Baulichkeit entsprechend der Bauordnung für Wien in Stand gesetzt wird."

Dieser Abbruchauftrag erwuchs in Rechtskraft. Am 16. 3. 2005 brachte die klagende Partei gegen den Beklagten, der als letzter Mieter in diesem Haus wohnte, beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien zu AZ 44 C 173/05a eine Räumungsklage mit der Begründung ein, dass ein Abbruchbescheid vorliege und eine Sanierung des Hauses mit wirtschaftlichen Mitteln nicht zu erreichen sei. Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien gab dem Räumungsbegehren mit Urteil vom 24. 11. 2005 statt. Dieses Urteil wurde mit Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 26. 4. 2006, AZ 38 R 28/06h, im klageabweisenden Sinn abgeändert.

Am 11. 4. 2006 wurde das Haus wegen der Verschlechterung des Bauzustands baubehördlich gesperrt und der Beklagte aus seiner Wohnung wegen Einsturzgefahr weggewiesen. Dem Beklagten standen in der Folge 1 ½ Stunden zur Räumung zur Verfügung, auch bei drei weiteren Terminen konnte der Beklagte unter baupolizeilicher Aufsicht Gegenstände aus der Wohnung holen, wobei er davon ausging, dass er in diese nach einer gewissen Zeit zurückkehren könne.

Am 10. 5. 2006 sollte der Beklagte neuerlich die Möglichkeit haben, in seine Wohnung zu gelangen, jedoch war zu diesem Zeitpunkt das Schloss an der Eingangstür des Hauses ausgewechselt. In Abwesenheit des Beklagten wurde die Wohnung von der klagenden Partei zwischen dem 10. 5. und 19. 5. 2006 geräumt und die Fahrnisse bei einem Speditionsunternehmen eingelagert. Weder nahm die klagende Partei mit dem Beklagten vor der Räumung Kontakt auf, noch versuchte sie, mit ihm die weitere Vorgangsweise zu besprechen. Am 20. 5. 2006 wurden die Abbrucharbeiten am Haus begonnen: es wurde im Mai 2006 das Dach und die vom Beklagten gemietete Wohnung abgerissen. Der Rest des Gebäudes wurde im Mai 2007 abgerissen.

Am 29. 5. 2006 erfuhr der Beklagte bei der Spedition, dass er sich mit der klagenden Partei in Verbindung setzen müsse, um seine Fahrnisse abzuholen. Der Beklagte begehrte in der Folge nicht die Ausfolgung seiner Fahrnisse, sondern brachte beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien zu AZ 44 C 837/06z eine Klage gegen die klagende Partei auf Zahlung von 130.000 EUR an Schadenersatzansprüchen wegen der Zerstörung und Beschädigung der entfernten Fahrnisse ein.

Mit Schreiben vom 20. 7. 2006 forderte die klagende Partei den Beklagten auf, seine Fahrnisse abzuholen. Mangels Reaktion versuchte sie, an den Beklagten am 4. 9. 2006 dessen Fahrnisse zuzustellen, was jedoch nicht gelang. Dass der Beklagte von diesem Zustellversuch rechtzeitig Kenntnis erlangt hätte, steht nicht fest.

Mit Beschluss vom 8. 11. 2006, GZ 21 Nc 14/06p-4 bewilligte das Bezirksgericht Meidling den Antrag der klagenden Partei auf gerichtliche Hinterlegung der Fahrnisse des Beklagten wegen Annahmeverweigerung. Das Gesamtgewicht dieser Fahrnisse, die in Kartons verpackt und auf Paletten gestapelt verwahrt wurden, betrug 3.000 kg.

Mit Urteil vom 25. 6. 2007, 9 Ob 96/06t, stellte der Oberste Gerichtshof das klagestattgebende Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien im Räumungsverfahren 44 C 173/05a gegen den Beklagten wieder her.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die klagende Partei die Zahlung von Verwahrungskosten für die gerichtliche Verwahrung der Fahrnisse des Beklagten sowie die Feststellung seiner Ersatzpflicht für künftig anfallende Verwahrungskosten. Für Oktober 2007 begehrt sie unter diesem Titel auch die Personalbereitstellungskosten für drei Befundaufnahmetermine eines im Verfahren 44 C 837/06z des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien beigezogenen gerichtlichen Sachverständigen. Sie habe die vom Beklagten gemietete Wohnung infolge des Abbruchauftrags der Baubehörde räumen müssen. Ab März 2005 habe der Beklagte die Wohnung titellos benützt. Die Klägerin treffe eine Herausgabepflicht gemäß § 366 ABGB. Da der Beklagte sich beharrlich weigere, die ihm gehörenden Fahrnisse zu übernehmen, liege ein Hinterlegungsgrund gemäß § 1425 ABGB vor. Die vom bestellten gerichtlichen Verwahrer ab November 2006 begehrten Verwahrungskosten habe der Beklagte gemäß § 1419 ABGB zu tragen.

Der Beklagte brachte dagegen vor, dass die gerichtliche Verwahrung zu Unrecht erfolgt sei, weil kein Hinterlegungsgrund vorliege. Die klagende Partei habe die Wohnung des Beklagten eigenmächtig und rechtswidrig geräumt, sodass für den Beklagten keine Verpflichtung bestanden habe, die Fahrnisse zu übernehmen. Mangels Räumungsverpflichtung sei kein Verzug des Beklagten vorgelegen, sodass ihm auch keine Verweigerung der Annahme vorzuwerfen sei. Die Kosten von 600 EUR für Personalbereitstellung seien keine Verwahrungskosten und wären überdies in jenem Verfahren geltend zu machen gewesen, in dem die Beiziehung des gerichtlichen Sachverständigen erfolgt sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die von der klagenden Partei vorgenommene Räumung der vom Beklagten gemieteten Wohnung vor Vorliegen eines rechtskräftigen Räumungstitels und außerhalb eines darauf beruhenden Exekutionsverfahrens stelle einen Akt rechtswidriger Selbsthilfe dar. Vor dem Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung in einem Räumungsprozess sei der Beklagte nicht zur Annahme verpflichtet gewesen, dies sei erst im Juli 2007 der Fall gewesen. Die gerichtliche Hinterlegung sei während eines schwebenden Prozesses über die Annahmepflicht des Gegners unstatthaft und daher unrechtmäßig erfolgt. Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Hinterlegung habe für den Zeitpunkt ihrer Vornahme zu erfolgen. Auch ein nachfolgender Räumungstitel könne der Hinterlegung nicht Rechtmäßigkeit verleihen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Die Räumung der Wohnung des Beklagten vor Vorliegen eines Räumungstitels sei rechtswidrig erfolgt. Die Herausgabepflicht könne nur als Wiederherstellungspflicht aufgrund rechtswidriger Entfernung verstanden werden. Die im Schadenersatzrecht wurzelnde Leistungspflicht der klagenden Partei sei daher eine Bringschuld. Die Klägerin hätte sich mit nur einem Versuch der Zustellung der Fahrnisse an den Beklagten ohne nachgewiesene Kontaktaufnahme nicht zufrieden geben dürfen. Von ihrer Verpflichtung, dem Beklagten seine unrechtmäßig entzogenen Fahrnisse wieder zurückzustellen, habe sich die klagende Partei durch die Hinterlegung nicht befreien können. Diese sei unrechtmäßig erfolgt. Der Beklagte sei weder verpflichtet gewesen, einen Ausfolgungsantrag zu stellen, noch sei er in Annahmeverzug geraten. Er hafte nicht für die Kosten der unrechtmäßigen Verwahrung.

Das Berufungsgericht erklärte die Revision zunächst für nicht zulässig, weil die Frage, ob der Beklagte durch die Verweigerung der Annahme seiner Fahrnisse in Gläubigerverzug geraten sei, eine solche des Einzelfalls sei. Über Antrag der Revisionswerberin änderte das Berufungsgericht seinen Zulassungsausspruch „im Hinblick auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 3 Ob 549/53".

Gegen die Berufungsentscheidung wendet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) nicht zulässig; an den gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichts ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO).

1. Die eigenmächtige Räumung eines Bestandobjekts von den Fahrnissen Dritter durch einen Liegenschaftseigentümer ist nach ständiger Rechtsprechung als Akt unzulässiger Selbsthilfe zu beurteilen, wenn damit bloß der durch den Räumungsverzug gegebene rechtswidrige Zustand beseitigt werden soll (RIS-Justiz RS0009069). Es trifft zu, dass nach der Entscheidung 9 Ob 96/06t (= Zak 2007/514, 294 = immolex 2007/50, 114 [zust Prader]) im konkreten Fall von einem endgültigen Abbruchauftrag auszugehen ist, der das Bestandverhältnis gemäß § 1112 ABGB auflöste (RIS-Justiz RS0027764), weil die Baugebrechen, die zur Bescheiderlassung geführt haben, nicht behebbar waren und eine Verpflichtung der klagenden Partei zur Behebung auch nicht bestand.

Nach der Entscheidung des verstärkten Senats 3 Ob 37/94 (SZ 67/64) hat die Bindungs- und Tatbestandswirkung des Abbruchbescheids das Erlöschen des Bestandvertrags iSd § 1112 ABGB erst dann zur Folge, wenn der Sachverhalt, aus dem sie sich ergibt endgültig gewährleistet ist (2 Ob 147/02k). Der Vermieter ist aufgrund des § 1096 ABGB zur Verschaffung und Erhaltung des bedungenen Gebrauchs der Bestandsache verpflichtet, der Abbruchauftrag ändert nichts an dieser Verpflichtung. Selbst wenn daher die Verwaltungsbehörde von der dauernden Unbenützbarkeit einer Bestandsache ausgeht, besteht im gerichtlichen Verfahren die Möglichkeit, das Bestehen einer Wiederherstellungspflicht sowie deren technische und wirtschaftliche Realisierungschance überprüfen zu lassen (Binder in Schwimann, ABGB³ V § 1112 Rz 9).

Die Vollstreckung eines rechtskräftigen und vollstreckbaren Abtragungsauftrags ist nach den Regeln des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991 (VVG) durch Ersatzvornahme auch ohne gesonderte Vollstreckung der im baupolizeilichen Auftrag ausdrücklich ausgesprochenen Räumungsverpflichtung zulässig (VwGH 17. 6. 1986, 85/05/160 = VwSlg 12.178 A). Ein baupolizeilicher Abtragungsauftrag ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch dann durch Ersatzvornahme vollstreckbar, wenn das Gebäude noch von Personen benützt wird und mit Fahrnissen ausgestattet ist. Personen und Sachen sind bei Beginn der Ersatzvornahme faktisch aus dem abzutragenden Gebäude zu entfernen (VwGH 19. 10. 1970, 750/70 = VwSlg 7884 A; VwGH 21. 9. 2007, 2007/05/169). Dem Beklagten als Mieter kam im Verwaltungsverfahren keine Parteistellung zu, weil das Baurecht diesbezüglich an das Eigentumsrecht anknüpft (VwGH 16. 10. 1990, 90/05/0060). Der an die klagende Partei als Eigentümerin gerichtete Abbruchbescheid kann nicht gegen den Beklagten als Mieter in Vollstreckung gesetzt werden (VwGH 23. 5. 1962, 84/62 = Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, § 1 VVG E 11).

Mag die titellose Benützung des Bestandobjekts daher auch seit Rechtskraft des Abtragungsauftrags bestanden haben, so bietet der behördliche Abbruchauftrag, dessen Durchsetzbarkeit wie dargestellt nach den verwaltungsrechtlichen Vorschriften zu erfolgen hat, dennoch keinen Rechtfertigungsgrund für die von der klagenden Partei vorgenommene eigenmächtige Räumung der vom Beklagten gemieteten Wohnung. Die Verpflichtung des Beklagten zur Räumung seiner Wohnung wäre vielmehr nach Abschluss des Rechtsmittelverfahrens im Räumungsprozess im Weg der gerichtlichen Räumungsexekution durchzusetzen gewesen.

Die klagende Partei hat die Einleitung eines Räumungsexekutionsverfahrens gar nicht behauptet. Wer sich aber auf Selbsthilfe iSd § 19 ABGB beruft, muss deren Voraussetzungen beweisen (Reischauer in Rummel, ABGB³ I § 19 Rz 21 mwN). Bei Vorliegen eines Räumungs- und Demolierungsauftrags müssten für den Liegenschaftseigentümer bei nicht fristgerechter Befolgung dieses Auftrags derartig schwerwiegende Nachteile zu gewärtigen sein, dass der Eingriff in den Besitz des Bestandnehmers durch den eigenmächtigen Abtransport seiner Fahrnisse gerechtfertigt wäre (RIS-Justiz RS0009071). Solche schwerwiegenden Nachteile liegen aber - wie ausgeführt - nicht schon alleine im Vorliegen eines verwaltungsbehördlichen Abbruchauftrags. Davon unabhängige schwerwiegende Nachteile hat die klagende Partei nicht vorgebracht. Sie ergeben sich aus dem Sachverhalt auch deshalb nicht, weil im Abbruchauftrag vom 24. 2. 2005 eine Frist von 6 Monaten gesetzt wurde, die Räumung der Fahrnisse aber (wenn auch nach der baubehördlichen Sperrung am 11. 4. 2006) bereits zwischen 10. 5. und 19. 5. 2006 vorgenommen wurde. Für das Vorliegen berechtigter Selbsthilfe im engeren Sinn fehlt es daher an der Voraussetzung, dass staatliches Einschreiten zu spät gekommen wäre (RIS-Justiz RS0009027).

2. Zutreffend sind die Vorinstanzen daher davon ausgegangen, dass die eigenmächtige Räumung der vom Beklagten gemieteten Wohnung durch die klagende Partei rechtswidrig im Rahmen eines Aktes unzulässiger Selbsthilfe gemäß § 19 ABGB erfolgte. Bei unzulässiger Selbsthilfe ist Schadenersatz zu leisten, wobei die Frage, ob dies auch verschuldensunabhängig zu geschehen habe (so Reischauer aaO § 19 Rz 20 unter Ablehnung von SZ 13/7; Koch in KBB² § 19 Rz 11), hier dahingestellt bleiben kann, weil die klagende Partei die Kenntnis darüber, wann Selbsthilfe verboten ist, bei Anwendung der gehörigen Sorgfalt hätte erlangen können (4 Ob 578/87).

Die klagende Partei hat ihre Pflicht zur Herausgabe der Fahrnisse des Beklagten gemäß § 366 ABGB zugestanden. Der Bestandnehmer hat auch noch nach Ende des Bestandverhältnisses bis zur Räumung das Recht, eingebrachte Gegenstände, die ohne Substanzschädigung des Bestandobjekts lösbar sind, wegzunehmen (2 Ob 2176/96f = SZ 69/201). Dieses Recht wurde von der klagenden Partei im konkreten Fall verletzt, sodass ihre Verpflichtung auf Rückstellung der Fahrnisse des Beklagten ihrem Wesen nach nicht (alleine) eine sachenrechtliche, sondern eine auf Schadenersatz durch Naturalrestitution im Sinn des § 1323 Satz 1 ABGB beruhende obligatorische Herausgabeverpflichtung ist. Zutreffend führt das Berufungsgericht Reischauer (aaO § 905 Rz 24) folgend daher aus, dass eine schadenersatzrechtliche Wiederherstellungsverpflichtung am Wohnort des Geschädigten und daher so zu erfüllen ist, dass dem Geschädigten auch hinsichtlich des Erfüllungsorts keine Aufwendungen und Risken vor der Wiederherstellung aufgelastet werden.

Einer Auseinandersetzung mit der im Zulassungsbeschluss des Berufungsgerichts als wesentlich bezeichneten Entscheidung 3 Ob 549/53 (= SZ 26/283) bedarf es nicht. In dieser Entscheidung war der rechtliche Erfüllungsort einer nicht auf Vertrag beruhenden Judikatsschuld zu beurteilen, nicht aber einer Rückstellungsverpflichtung im Rahmen einer schadenersatzrechtlichen Wiederherstellungspflicht. Eine Aussage, dass bei „sperrigen Gegenständen" eine Holschuld vorliege, enthält jene Entscheidung nicht.

3. Damit erweist sich aber die Revision als unzulässig, weil wesentliche Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO von der Revisionswerberin nicht aufgezeigt werden. Die Revisionswerberin bestreitet nicht, den Anforderungen der Erfüllung einer „Bringschuld" im Sinn eines schadenersatzrechtlichen Wiederherstellungsanspruchs nicht entsprochen zu haben, dies ergibt sich auch aus den Feststellungen. Zutreffend haben die Vorinstanzen daher auch ausgeführt, dass die Hinterlegung der Fahrnisse des Beklagten mangels Gläubigerverzugs nicht rechtmäßig iSd § 1425 ABGB erfolgte.

Die von der Revisionswerberin behauptete sekundäre Mangelhaftigkeit liegt nicht vor, weil die Frage, ob die Hinterlegung rechtmäßig und daher schuldbefreiend erfolgte, für den Zeitpunkt der Hinterlegung zu beurteilen ist (Reischauer aaO § 1425 Rz 25 mwN). Im Fall des (behaupteten) Gläubigerverzugs kommt eine Hinterlegung bei Fälligkeit praktisch nur dann in Betracht, wenn der Gläubiger zuvor die Annahme der Leistung abgelehnt hat. Alleine daher kann einer Aussage des Beklagten in der Verhandlung vom 17. 9. 2007 keine Bedeutung zukommen. Wird die Hinterlegung im streitigen Verfahren für unrechtmäßig erklärt, so ist die Rechtslage so zu beurteilen, als ob sie nicht erfolgt wäre (Heidinger aaO § 1425 Rz 36). Daher kommt auch dem weiteren Einwand der Revisionswerberin, der Beklagte hätte einen Ausfolgungsantrag gemäß den §§ 314 ff Geo zu stellen gehabt, keine Bedeutung zu.

Dass der Beklagte nicht die Ausfolgung seiner Fahrnisse begehrte, sondern eine Schadenersatzklage wegen deren behaupteter Zerstörung und Beschädigung beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien einbrachte, ändert daran nichts. Dem Geschädigten steht nach herrschender Ansicht ein Wahlrecht zwischen der Naturalleistung des Schädigers und dem Anspruch auf die Kosten der Behebung des Schadens zu (Harrer in Schwimann, ABGB³ § 1323 Rz 11; Reischauer aaO § 1323 Rz 7). Die Geltendmachung einer Schadenersatzforderung durch den Beklagten ändert nichts an seinem schadenersatzrechtlichen Wiederherstellungsanspruch. Eine Rechtsgrundlage für die Geltendmachung von Verwahrungskosten durch die klagende Partei kann sie im konkreten Fall nicht bilden.

Schließlich ist auch das Argument der Revisionswerberin, die Rechtswidrigkeit der vorzeitigen Räumung wäre ab Rechtskraft der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 25. 6. 2007, 9 Ob 96/06t nicht mehr kausal für die Verwahrungskosten, die Rechtskraft dieser Entscheidung verwandle eine allfällige Bring- in eine Holschuld, unberechtigt. Weder die eigenmächtige Räumung noch die Verwahrung der Fahrnisse durch Hinterlegung wird durch die nachträgliche Feststellung der titellosen Benützung rechtmäßig. Lagergeld kann nicht schlechthin nach bürgerlichem Recht verlangt werden (3 Ob 549/53). An der schadenersatzrechtlichen Wiederherstellungspflicht der klagenden Partei änderte das Räumungsurteil des Obersten Gerichtshofs nichts, weil die Durchsetzung des Räumungsanspruchs der klagenden Partei im Titelverfahren auch rückwirkend betrachtet nicht die eigenmächtig vorweggenommene Durchsetzung ihres Anspruchs rechtfertigen kann. Ob ein Verbalangebot der klagenden Partei vom Beklagten ausdrücklich und ernsthaft verweigert wurde (vgl dazu Reischauer aaO § 1419 Rz 1), kann dahingestellt bleiben, denn ein solches Verhalten des Beklagten könnte allenfalls eine Verletzung seiner Schadensminderungspflicht zur Folge haben: ein Schadenersatzanspruch der klagenden Partei ist aber nicht Gegenstand des Verfahrens.

Die Revision ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 40 ZPO. Die Revisionsbeantwortung des Beklagten war zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht notwendig, weil darin nicht auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hingewiesen wurde (RIS-Justiz RS0035979).

Textnummer

E90267

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0030OB00255.08H.0325.000

Im RIS seit

24.04.2009

Zuletzt aktualisiert am

19.09.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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