TE OGH 2011/2/1 10ObS184/10x

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Veröffentlicht am 01.02.2011
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter DI Rudolf Pinter (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. KR Michaela Puhm (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei E*****, vertreten durch Dr. Roland Kometer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, wegen Invaliditätspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 3. November 2010, GZ 23 Rs 29/10a-22, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Verweisungsfeld für Versicherte, die - wie der Kläger - keinen erlernten oder angelernten Beruf ausgeübt haben (§ 255 Abs 3 ASVG) und damit auch keinen Berufsschutz genießen, ist mit dem Arbeitsmarkt ident. Sie dürfen nach § 255 Abs 3 ASVG auf alle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch bewerteten - unselbständigen - Tätigkeiten verwiesen werden, die sie infolge ihres körperlichen und geistigen Zustands noch ausüben können und die ihnen unter billiger Berücksichtigung der von ihnen ausgeübten Tätigkeiten zumutbar sind. Grundsätzlich reicht bereits ein einziger Verweisungsberuf, der noch ohne Einschränkung ausgeübt werden kann, für die Verneinung der Invaliditätspension aus (stRsp; 10 ObS 254/03f mwN; RIS-Justiz RS0084983, RS0108306). Feststellungen zu den Tätigkeiten, die vom Kläger aufgrund seines medizinischen Leistungskalküls noch verrichtet werden können, gehören ausschließlich dem Tatsachenbereich an (stRsp; RIS-Justiz RS0043118 [T2, T4, T5]; 10 ObS 146/08f mwN; 10 ObS 228/01d [zum Verweisungsberuf des Portiers, dessen Anforderungen die Vorinstanzen als offenkundig iSd § 269 ZPO herangezogen haben]).

Die Zulassungsbeschwerde der außerordentlichen Revision lässt die vom Berufungsgericht zitierte ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs unberücksichtigt, wonach es sich bei den Anforderungen an Verweisungsberufe, die weitgehend vor den Augen der Öffentlichkeit ausgeübt werden, vor allem im Hinblick auf gleichartige, dem Gericht bereits bekannte Fälle um offenkundige Tatsachen handeln kann (10 ObS 60/06f mwN uva; RIS-Justiz RS0040179; RS0084528). Es wurde insbesondere zur Verweisungstätigkeit als Portier bereits wiederholt ausgesprochen, dass der Tätigkeitsinhalt und die Anforderungen allgemein bekannt sind und daher als offenkundig iSd § 269 ZPO gelten können (10 ObS 60/06f; 10 ObS 277/03p mwN; 10 ObS 343/00i; 10 ObS 342/00t mwN).

In diesem Sinn hat das Erstgericht in seiner Entscheidung eine Verweisbarkeit des Klägers (ua) auf die Tätigkeit eines Portiers im Hinblick auf das gerichtsbekannte Anforderungsprofil dieses Verweisungsberufes bejaht. Eine mit der Unterlassung der Erörterung des Anforderungsprofils und der Anzahl der Arbeitsplätze in diesem Verweisungsberuf (bzw hier: mit der Unterlassung der Einholung des beantragten berufskundlichen Gutachtens) allenfalls verbundene Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens wurde vom Berufungsgericht verneint und kann daher nach ständiger Rechtsprechung im Revisionsverfahren nicht neuerlich geltend gemacht werden (10 ObS 60/06f mwN).

Die Richtigkeit der Tatsachenfeststellung, dass der Kläger offenkundig in der Lage ist, den Anforderungen im genannten Verweisungsberuf zu entsprechen und in diesem Verweisungsberuf österreichweit mehr als 100 Arbeitsplätze vorhanden sind, kann im Revisionsverfahren auch nicht deshalb bekämpft werden, weil diese Feststellungen vom Erstgericht unter Anwendung des § 269 ZPO getroffen wurden (10 ObS 60/06f; RIS-Justiz RS0040046 [T18]).

Die in diesem Zusammenhang „gewünschte“ Feststellung, dem Kläger mögliche Verweisungstätigkeiten bestünden nicht, sowie die weiteren Revisionsausführungen, der Kläger sei aufgrund „seiner körperlichen Beschwerden“ nicht in der Lage, „die Verweisungstätigkeiten“ auszuüben, stellen den unzulässigen Versuch einer Bekämpfung der im Revisionsverfahren unangreifbaren Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen dar.

Da der Revisionswerber somit keine für die Entscheidung des Verfahrens relevante Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermag, ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Schlagworte

Sozialrecht

Textnummer

E96471

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:010OBS00184.10X.0201.000

Im RIS seit

14.03.2011

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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