TE Vfgh Beschluss 2011/3/9 G78/10

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Veröffentlicht am 09.03.2011
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Index

25 Strafprozeß, Strafvollzug
25/01 Strafprozeß

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Allg
B-VG Art89 Abs2, Art90 Abs2, Art90a
StPO §36 Abs1, §195, §196 Abs3

Leitsatz

Unzulässigkeit eines Gerichtsantrags auf Aufhebung einer Regelung derStrafprozessordnung betreffend die örtliche Zuständigkeit einesGerichtes im Ermittlungsverfahren mangels Legitimation;antragstellendes Landesgericht im Fall der Überprüfung einerEinstellungserklärung der Staatsanwaltschaft funktionell nicht alszweitinstanzliches Gericht zu qualifizieren

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Sachverhalt

1. Bei der Staatsanwaltschaft Leoben war ein ihr gemäß §28 Strafprozessordnung 1975 idF des Strafprozessreformgesetzes BGBl. I 19/2004 (im Folgenden: StPO) durch die Oberstaatsanwaltschaft Graz im Wege der Delegierung übertragenes Ermittlungsverfahren gegen Richter des Landesgerichtes Klagenfurt sowie mehrere in Klagenfurt bzw. in Spital an der Drau niedergelassene Rechtsanwälte und den Leiter der Generalprokuratur beim Obersten Gerichtshof in Wien wegen des Verdachts verschiedener strafbarer Handlungen iZm der Behandlung bestimmter Konkurssachen anhängig. Nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft Leoben gemäß §190 Abs1 StPO brachten die (von dieser Maßnahme als Opfer iSd §65 Abs1 StPO verständigten) Anzeiger gemäß §195 Abs1 StPO (idF BGBl. I 52/2009) einen Antrag auf Fortführung des Ermittlungsverfahrens ein, der - nachdem die Staatsanwaltschaft keinen Anlass für ein Vorgehen nach §195 Abs3 erster Satz leg.cit. gefunden hat - gemäß dem zweiten Satz dieser Bestimmung dem Landesgericht Leoben vorgelegt wurde.

2. Aus Anlass dieses Verfahrens begehrt das Landesgericht Leoben gemäß Art140 Abs1 B-VG die Aufhebung des gesamten §36 Abs1 StPO, in eventu die Aufhebung der in dieser Bestimmung enthaltenen Wortfolge ", an dessen Sitz sich die Staatsanwaltschaft befindet, die das Verfahren führt", wegen Verstoßes gegen das in Art83 Abs2 B-VG garantierte Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und gegen den in Art87 Abs3 B-VG verankerten Grundsatz der festen Geschäftsverteilung.

3. Das antragstellende Gericht begründet seine Anfechtungslegitimation (ebenso wie die geltend gemachten Bedenken) - weitgehend wortgleich wie in seinem zu G52/10 protokollierten Antrag - damit, dass es im Rahmen der Entscheidung über den Fortsetzungsantrag mit Blick auf die als gerichtliche Entscheidung zu wertende Einstellungserklärung der Staatsanwaltschaft als ein in zweiter Instanz entscheidendes Gericht iSd Art140 Abs1 iVm Art89 Abs2 B-VG tätig werde. Der zu G52/10 protokollierte Antrag des Drei-Richter-Senates des Landesgerichtes Leoben (in derselben Zusammensetzung wie hier) wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 9. März 2011 mangels Antragsbefugnis zurückgewiesen.

II. Erwägungen

1. Da der vorliegende Antrag in allen wesentlichen Punkten dem mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 9. März 2011, G52/10 zurückgewiesenen Antrag desselben Gerichtes gleicht, genügt der Hinweis auf die in diesem Beschluss zur Frage der Antragsbefugnis (mit näherer Begründung) angestellten Überlegungen, denen zufolge ein gemäß §195 StPO mit der Behandlung eines Antrags auf Fortsetzung des Ermittlungsverfahrens befasstes Landesgericht nicht als ein "zur Entscheidung in zweiter Instanz zuständiges Gericht" iSd Art140 Abs1 iVm Art89 Abs2 B-VG zu qualifizieren ist.

2. Dem Drei-Richter-Senat des Landesgerichtes Leoben fehlt sohin auch im vorliegenden Verfahren die Legitimation zur Antragstellung gemäß Art140 Abs1 B-VG.

3. Der Antrag war daher zurückzuweisen.

4. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Strafprozessrecht, Staatsanwaltschaft, Gericht Zuständigkeit -Abgrenzung von Verwaltung, VfGH / Legitimation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2011:G78.2010

Zuletzt aktualisiert am

11.04.2011
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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