TE Vwgh Erkenntnis 2001/4/24 99/11/0108

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Veröffentlicht am 24.04.2001
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Index

90/02 Führerscheingesetz;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §24 Abs3;
FSG 1997 §25 Abs3;
FSG 1997 §26 Abs8;
KFG 1967 §73 Abs2a impl;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des Dr. G in W, vertreten durch Dr. Gottfried Korn und Dr. Peter Zöchbauer, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Argentinierstraße 20/1/3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 10. Februar 1999, Zl. MA 65 - 8/584/98, betreffend Anordnung einer begleitenden Maßnahme nach dem Führerscheingesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Landeshauptmann von Wien entzog dem Beschwerdeführer mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 25. März 1998 gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 FSG 1997 iVm § 57 Abs. 1 AVG 1991 die am 14. August 1987 für die Klassen B, C, E, F und G erteilte Lenkberechtigung für die Zeit von zehn Monaten und bestätigte, dass die Entziehungszeit mit 5. November 1997 begonnen habe und am 5. September 1998 ende. Am 19. Oktober 1998 wurde der Führerschein dem Beschwerdeführer wieder ausgefolgt. In der Folge erließ die Bundespolizeidirektion Wien einen mit 19. Oktober 1998 datierten Bescheid, dessen Spruch wie folgt lautete:

"Die Bundespolizeidirektion Wien - Verkehrsamt ordnet gemäß § 24 Abs. 3 Führerscheingesetz 1997 an, dass Sie sich binnen vier Monaten ab Zustellung dieses Bescheides einer begleitenden Maßnahme zu unterziehen haben."

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass die Anordnung einer begleitenden Maßnahme während der Entziehungszeit erfolgen müsse, diese in seinem Falle aber bereits seit einiger Zeit abgelaufen sei.

Der Landeshauptmann von Wien gab mit Bescheid vom 10. Februar 1999 der Berufung keine Folge und bestätigte den Erstbescheid mit der Maßgabe, dass der Spruch wie folgt zu lauten habe:

"Die Bundespolizeidirektion Wien - Verkehrsamt ordnet gemäß § 24 Abs. 3 in Verbindung mit § 26 Abs. 8 FSG an, dass Sie sich binnen vier Monaten ab Zustellung des Berufungsbescheides einer begleitenden Maßnahme in Form einer Nachschulung mit besonderer Bedachtnahme auf die Problematik von Alkohol im Straßenverkehr gemäß § 24 Abs. 3 FSG zu unterziehen haben."

In der Begründung führte der Landeshauptmann von Wien nach Darstellung der Rechtslage im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer am 5. November 1997 eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen habe, bei der mittels Messung durch den Alkomaten ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,63 mg/l festgestellt worden sei. Das Ausmaß der Alkoholbeeinträchtigung sei vom Beschwerdeführer in keiner Weise bestritten worden und sei daher als erwiesen anzusehen. Die Anordnung einer begleitenden Maßnahme gemäß § 24 Abs. 3 FSG setze lediglich die Entziehung der Lenkberechtigung voraus, wobei im Gesetz kein Zeitpunkt für die Anordnung vorgeschrieben sei. Der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung, die Maßnahme müsse zugleich mit der Entziehung angeordnet werden, sei nicht beizupflichten, zumal eine derartige strikte zeitliche Bindung an das parallel laufende Entziehungsverfahren dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen sei. Die Anordnung einer Nachschulung mit gesondertem Bescheid, auch noch nach einer Entziehung stehe "durchaus" mit den Intentionen des Gesetzgebers im Einklang.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat unter Verzicht auf die Erstattung einer Gegenschrift die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des FSG lauten (auszugsweise):

"§ 24.

...

(3) Bei der Entziehung kann die Behörde auch zusätzlich begleitende Maßnahmen (Nachschulung oder Driver Improvement mit oder ohne Fahrprobe, Einstellungs- und Verhaltenstraining oder Aufbauseminar) anordnen. ...

...

§ 25.

...

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

..."

Die den angefochtenen Bescheid tragende Auffassung der belangten Behörde, die Anordnung einer begleitenden Maßnahme gemäß § 24 Abs. 3 FSG setze "lediglich die Entziehung der Lenkberechtigung voraus", beruht auf einer Verkennung der Rechtslage.

Zwar enthält das FSG kein Verbot der Anordnung von begleitenden Maßnahmen nach Erlassung des Entziehungsbescheides. Eine Grenze für die nachträgliche Anordnung einer begleitenden Maßnahme ergibt sich allerdings insofern, als die nachträgliche Anordnung nicht so spät erfolgen darf, dass daraus eine Verschlechterung der Rechtsstellung des Betreffenden gegenüber jener bei gleichzeitiger Anordnung resultiert (vgl. die zu § 73 Abs. 2a KFG 1967 ergangenen hg. Erkenntnisse vom 28. November 1996, Zl. 94/11/0289, und vom 12. April 1999, Zl. 98/11/0289, sowie die zum FSG ergangenen hg. Erkenntnisse vom 9. Februar 1999, Zl. 98/11/0137, und vom 23. Jänner 2001, Zl. 2000/11/0233). Im vorliegenden Fall kann aber von dem durch die Rechtslage geforderten zeitlichen Naheverhältnis zur Entziehung bereits nicht mehr die Rede sein, weil die Entziehungszeit im Zeitpunkt der Anordnung der Nachschulung bereits abgelaufen war. Die belangte Behörde hat auch übersehen, dass gemäß § 25 Abs. 3 FSG insofern ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Entziehung und Anordnung von begleitenden Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 leg. cit. besteht, als bei Anordnung von derartigen begleitenden Maßnahmen die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung endet, woraus gleichfalls abzuleiten ist, dass die Anordnung begleitender Maßnahmen nach Ablauf der Entziehungsdauer im Gesetz keine Deckung findet (siehe dazu das bereits oben zitierte Erkenntnis vom 9. Februar 1999, Zl. 98/11/0137).

Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. April 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1999110108.X00

Im RIS seit

26.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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