TE UVS Wien 2002/04/16 03/P/36/2635/2001

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Veröffentlicht am 16.04.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag Fritz über die Berufung des (am 3.3.1970 geborenen) Herrn Michael V gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Leopoldstadt, vom 27.11.2000, Zl S 127.827-L/00 Gre, betreffend Übertretungen des Führerscheingesetzes 1997, des Kraftfahrgesetzes 1967 und des Wiener Landes-Sicherheitsgesetzes, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung hinsichtlich der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen gemäß § 1 Abs 3 FSG 1997, § 102 Abs 5 lit b KFG und § 102 Abs 10 KFG Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in seinen Spruchpunkten 1), 4), 5) und 6) behoben und das Verwaltungsstrafverfahren zu Spruchpunkt 1) gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG und in den übrigen drei Fällen (also Spruchpunkte 4) bis 6)) gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Im Übrigen (Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs 6 KFG und § 1 Abs 1 Z 2 LSicherheitsG Wr 1993; Spruchpunkte 2) und 3) des angefochtenen Straferkenntnisses) wird der auf die Strafhöhe eingeschränkten Berufung insoferne Folge gegeben, als die Geldstrafe ad 2) auf ? 70,-- und ad 3) auf ? 40,-- sowie die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe ad 2) auf 24 Stunden und ad 3) auf 16 Stunden herabgesetzt werden. Dementsprechend verringert sich der erstinstanzliche Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs 2 VStG ad 2) auf ? 7,-- und ad 3) auf ? 4,--.

Gemäß § 65 VStG wird dem Berufungswerber kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Text

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Leopoldstadt, vom 27.11.2000, wurde der Berufungswerber (Bw) schuldig erkannt, er habe am 12.8.2000 um ca 12:00 Uhr in Wien, M-platz 1) den Pkw mit dem Kennzeichen W-19 gelenkt, obwohl ihm seine Lenkberechtigung entzogen worden sei und er somit über keine gültige Lenkberechtigung verfügt habe, 2) um 13:55 Uhr in Wien, M-platz Kreuzung E-gasse sei festgestellt worden, dass beim Fahrzeug mit dem Kennzeichen W-19 alle vier Türen und die Heckklappe offen gewesen seien, der Zündschlüssel im Zündschloss gesteckt sei und der Bw somit das Fahrzeug gegen unbefugte Inbetriebnahme nicht abgesichert habe, 3) weiters sei das Autoradio auf volle Lautstärke aufgedreht gewesen und somit ungebührlicherweise störender vermeidbarer Lärm erregt worden, 4) sei bei der Lenker- und Fahrzeugkontrolle festgestellt worden, dass der Bw keinen Zulassungsschein, 5) kein Verbandszeug und 6) kein Pannendreieck mitgeführt habe. Der Bw habe dadurch ad 1) § 1 Abs 3 Führerscheingesetz 1997 (FSG 1997), ad 2) § 102 Abs 6 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG), ad 3) § 1 Abs 1 Z 2 des Wiener Landes-Sicherheitsgesetzes (LSicherheitsG Wr 1993), ad 4) § 102 Abs 5 lit b KFG, ad 5) und ad 6) § 102 Abs 10 KFG verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Bw ad 1) gemäß ?37/1/4/1? FSG 1997 eine Geldstrafe von ATS 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: zehn Tage), ad 2) gemäß § 134 KFG eine Geldstrafe von ATS 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: zwei Tage), ad 3) gemäß § 1 LSicherheitsG Wr 1993 eine Geldstrafe von ATS 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 60 Stunden) und ad 4) bis 6) gemäß § 134 KFG eine Geldstrafe von je ATS 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: je 30 Stunden) verhängt. Gleichzeitig wurden die vom Bw zu ersetzenden Verfahrenskosten mit insgesamt ATS 1.450,-- bestimmt. In der Begründung dieses Straferkenntnisses stützte sich die Erstbehörde auf die Anzeige vom 5.9.2000, die aufgrund eigener dienstlicher Wahrnehmung des Meldungslegers erstattet worden sei, sowie darauf, dass der Bw von der gebotenen Möglichkeit zur Rechtfertigung keinen Gebrauch gemacht habe. Die Strafhöhe sei schuldangemessen; mildernd sei kein Grund, erschwerend die vorhandenen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen des Beschuldigten zu werten gewesen.

In seiner gegen dieses Straferkenntnis innerhalb offener Frist erhobenen (von ihm fälschlicherweise als ?Einspruch? bezeichneten) Berufung brachte der Bw vor, es sei unrichtig, dass er das Fahrzeug mit dem Kennzeichen W-19 am 12.8.2000 um 12:00 Uhr gelenkt habe. Er sei seit 11:00 Uhr vormittags beim Würstelstand in der Sackgasse M-platz neben dem besagten Auto gesessen. Wenn er den Wagen um 12:00 Uhr ohne

Lenkberechtigung gelenkt hätte, dann müsste die Amtshandlung um 12:00 Uhr zur Folge gehabt haben, dass er auf das zuständige Wachzimmer zur Identitätsprüfung mitgenommen worden wäre. Das Fahrzeug sei immer beim M-platz gestanden, weil es sich bei dieser Adresse um eine Sackgasse handle. Das Fahrzeug habe eine Zentralverriegelung und somit seien die Türen nur unversperrt gewesen, jedoch sei der Zündschlüssel im Zündschloss und die Heckklappe offen gewesen. Das Autoradio habe (daher offene Heckklappe) nicht auf voller Lautstärke gespielt, sondern auf halber, denn sie seien zwei Meter neben dem Auto gesessen und hätten Musik gehört. Den Zulassungsschein habe er mitgeführt bzw im Handschuhfach des Fahrzeuges gehabt. Zu Punkt 5) und 6) könne er sich nicht erklären, warum der Beamte aussage, er habe kein Verbandszeug und kein Pannendreieck mitgeführt, weil er es diesem ja nach Aufforderung gezeigt habe. Als Zeugen könne er Herrn Mohamed H, die Verkäuferin des Würstelstandes sowie den Besitzer nennen, die zum Zeitpunkt der fünfminütigen Amtshandlung anwesend gewesen seien. Auch erhebe er Einspruch gegen die Höhe der Geldstrafe und die ungleiche Bemessung der Strafpunkte 2) und 3).

Wie eine Anfrage beim Verkehrsamt Wien (Zulassungsstelle) ergeben hat, war das Fahrzeug (Nissan Bluebird) mit dem Kennzeichen W-19 zur Tatzeit auf Frau Monika V zugelassen. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien führte am 5.10.2001 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der der Bw gehört und Mohamed H und Monika V als Zeugen einvernommen wurden. Bei seiner Einvernahme als Beschuldigter machte der Bw die folgenden Angaben:

?Ich habe auch damals meinen Wohnsitz an der jetzigen Adresse in der O-gasse gehabt. Am M-platz hatte ich auf ONr 20 eine Freundin, Tür 73 (Renate Hü).

Ich bin am fraglichen Tag beim Würstelstand gesessen, seit ungefähr 10:00 Uhr am Vormittag und habe ich dort Alkohol konsumiert. Das Auto hat meine Mutter eine Woche oder ein paar Tage vorher dorthin gestellt. Auf die Frage, warum sie das Fahrzeug auf den M-platz gestellt haben soll, gebe ich an, ich hatte Sachen (Gewand) im Auto und war auch die Stereoanlage und ein kleiner Fernseher drin. Es war das Fahrzeug unversperrt und die Heckklappe war offen. Die Entfernung des Fahrzeuges zum Würstelstand waren ca fünf Meter. Die Polizei ist gekommen und ist vorbeigefahren und schließlich zu meinem Fahrzeug gegangen. Ich bin dann auch zum Fahrzeug hingegangen und habe den Radio abgedreht. Ich wurde gefragt, wem das Fahrzeug gehört und sagte ich, meiner Mutter. Ich bin um den Führerschein gefragt worden, und habe ich meinen Reisepass vorgelegt, weil ich ja keinen Führerschein habe. Ich bin um den Zulassungsschein und das Verbandszeug gefragt worden und habe ich beides vorgewiesen und auch das Pannendreieck. Dies war immer im Kofferraum drinnen. Ich habe dies auch den Beamten gezeigt. Ich habe diesen auch die Telefonnummer meiner Mutter gegeben. Das Gespräch der Beamten mit meiner Mutter habe ich nicht mitbekommen. Der Beamte sagte dann, die Mutter habe das Auto heute nicht hergestellt. Man sagte mir noch, es werde Anzeige erstattet wegen Lärmbelästigung. Danach war die Amtshandlung beendet. Meine Mutter habe ich danach nicht kontaktiert, ich hatte kein Telefon.

Als

meine Mutter vom Urlaub zurückgekommen ist hat sie das Fahrzeug abgeholt und hat sie dieses dann abgemeldet. Ich habe dann erstmalig von den mir angelasteten Delikten im Straferkenntnis Kenntnis erlangt.?

Herr Mohamed H gab bei seiner Befragung als Zeuge Folgendes an:

?Ich wohne in Wien, M-platz gegenüber vom Würstelstand im 1. Stock. Ich bin in Pensionsvorschuss. Ich kenne den Berufungswerber von gelegentlichen Treffen im Gasthaus oder beim Würstelstand. Bei mir unten im Haus ist ein Gasthaus. Auf die Frage, ob er sich an einen Vorfall am 12.8.2000 erinnern könne gebe ich an, ich habe vom Fenster geschaut und habe ich zwei Polizisten gesehen. Diese hatten Papiere in der Hand und haben geschrieben. Der Bw ist auf der Straße mit den Polizisten gestanden. Ich fragte den Bw, was los sei und sagte er, Kontrolle. Mit der Polizei habe ich nicht gesprochen. Ich bin nicht runter gegangen. Ich hatte auch vorher mit dem Bw nichts zu tun. Ein weißes Auto ist dort gestanden und neben dem Auto war die Polizei. Ich habe den Bw nicht gesehen, wie er Auto gefahren ist. Wie das Auto hingekommen ist, weiß ich nicht, der Bw selbst sagt immer, er hat kein Auto.

Über Befragen des Bw:

Ich bin im 1. Stock und habe ich keine Musik gehört. Der Zeuge gibt an, er hatte mit einer Person in seinem Haus Probleme gehabt und hat es darüber sogar eine Fernsehreportage gegeben. Vielleicht hat dieser Mann was gegen den Würstelstand gemacht.?

Frau Monika V (das ist die Mutter des Bw) gab bei ihrer Einvernahme als Zeugin Folgendes an:

?Ich war Zulassungsbesitzerin des hier relevanten Autos. Ich war bei der D-versicherung beschäftigt und hatte ich dort einen Rabatt, es waren daher auf meinen Namen zwei Autos angemeldet, nämlich mein eigenes und das meines Sohnes. Der Nissan Bluebird war das Fahrzeug meines Sohnes. Ich habe mein eigenes Fahrzeug nach wie vor. Ich war bei meiner Freundin und bekam auf einmal einen Anruf von der Polizei. Er fragte mich, ob ich heute mit dem gegenständlichen Fahrzeug gefahren sei und verneinte ich dies mit dem Hinweis darauf, dass ich in Oberösterreich sei. Ich wollte wissen warum die Frage gestellt wurde, doch bekam ich keine nähere Auskunft. Vor ein paar Tagen hatten mein Mann und ich uns das Auto meines Sohnes ausgeborgt. Ich hatte einen Zweitschlüssel. Ich habe das Fahrzeug von gegenüber dem Würstelstand abgeholt und dort auch wieder hingestellt. Ich habe einen kleinen Toyota Starlet.

Über Vorhalt, dass ich laut Anzeige angegeben hätte, der Bw habe einen Zweitschlüssel und sei dieser mit dem Fahrzeug ohne Führerschein zeitweise unterwegs, gebe ich an, ich habe damals noch gar nicht gewusst, dass mein Sohn keinen Führerschein mehr hat. Ich habe erst danach eine Vorladung an das Kommissariat Leopoldstadt bekommen. Ich weiß nicht, ob der Bw damals mit dem Auto noch gefahren ist.?

Der Bw gab dann an, er schränke seine Berufung zu den Punkten

2) und 3) auf die Bekämpfung der Strafhöhe ein und ersuche um eine milde Strafe. In den übrigen Punkten beantragte er weiterhin die Einstellung des Verfahrens.

Die anwesende Partei verzichtete auf die mündliche Verkündung

des Berufungsbescheides.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Zu den Spruchpunkten 1), 4), 5) und 6) des angefochtenen Straferkenntnisses (Verwaltungsübertretungen des § 1 Abs 3 FSG 1997, des § 102 Abs 5 lit b KFG und des § 102 Abs 10 KFG):

Gemäß § 1 Abs 3 FSG 1997 ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen eines Anhängers, ausgenommen in den Fällen des Abs 5, nur zulässig mit einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse oder Unterklasse (§ 2), in die das Kraftfahrzeug fällt.

Gemäß § 37 Abs 4 Z 1 FSG 1997 ist eine Mindeststrafe von ATS 10.000,-- zu verhängen für das Lenken eines Kraftfahrzeuges, obwohl die Lenkberechtigung entzogen wurde.

Gemäß § 102 Abs 5 lit b KFG hat der Lenker auf Fahrten den Zulassungsschein mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen.

Gemäß § 102 Abs 10 KFG hat der Lenker auf Fahrten

Verbandszeug, das zur Wundversorgung geeignet und in einem widerstandsfähigen Behälter staubdicht verpackt und gegen Verschmutzung geschützt ist, sowie bei mehrspurigen Kraftfahrzeugen eine geeignete Warneinrichtung mitzuführen. Nach der dem gegenständlichen Verfahren zugrunde liegenden Anzeige konnte die Besatzung eines Streifenwagens in Wien, M-platz/E-gasse überlauten Musiklärm wahrnehmen. Bei der Nachschau habe am M-platz ein weißer Nissan Bluebird mit dem Kennzeichen W-19 mit offenen Türen (alle vier Türen) und Heckklappe vorgefunden werden können. In diesem Kfz sei der Zündschlüssel gesteckt und das Autoradio auf volle Lautstärke aufgedreht gewesen. Da beim Fahrzeug kein Lenker anwesend gewesen sei und sich auch sonst keine dazugehörende Person habe feststellen lassen, sei das Radio abgedreht, der Zündschlüssel abgezogen und die Türen des Fahrzeuges geschlossen worden. Erst nach dieser Maßnahme sei in ca 25 Meter Entfernung (auf der gegenüberliegenden Straßenseite hinter den geparkten Pkws) ein junger Mann (der Bw) von seinem Sessel aufgestanden und habe zum Meldungsleger herübergeschrien, was ihm denn einfalle, die Musik in dessen Pkw abzudrehen. Der Bw sei bei dem dortigen Würstelstand auf einem Sessel mit anderen Personen gesessen. Als der Bw zur Lenker- und Kfz-Kontrolle aufgefordert worden sei, habe dieser gemeint, warum er einen Führerschein vorweisen müsse, er sei doch nicht gefahren. Genauso wenig habe er einen Zulassungsschein bei sich und auch nicht im Kfz. Seine Mutter habe ihr Fahrzeug an dieser Örtlichkeit abgestellt. Die Musik habe er so laut aufdrehen müssen, weil er vom Fahrzeug zu weit weg gewesen sei. Ein Pannendreieck und ein Verbandszeug habe er im Kfz nicht dabei. Dass das Pickerl an dem Pkw abgelaufen sei, könne ihm egal sein.

Bei der genauen Kontrolle des Kfz - so heißt es weiters in der Anzeige - sei festgestellt worden, dass der Motor noch lauwarm und die Begutachtungsplakette bereits abgelaufen gewesen sei. Nach telefonischer Rücksprache mit der Mutter, die in Oberösterreich auf Urlaub gewesen sei, habe laut deren Angaben festgestellt werden können, dass sie den Pkw nicht an dieser Örtlichkeit abgestellt gehabt habe. Diese habe weiters angegeben, ihr Sohn hätte einen Zweitschlüssel und sei er mit dem Kfz ohne Führerschein zeitweise unterwegs. Nachdem der Bw mit den Aussagen seiner Mutter konfrontiert worden sei, habe er nun angegeben, natürlich sei er mit dem Fahrzeug vor ca zwei Stunden gefahren und habe es auch am M-platz eingeparkt, aber das werde er nicht zugeben und ohne sein Geständnis halte die Anzeige nicht. Bezüglich der Lärmerregung durch die überlaute Autoradiomusik werde bemerkt, dass sich zahlreiche Passanten bei den Sicherheitswachebeamten beschwerten. Ca vier bis fünf angeheiterte Personen (offensichtlich Bekannte des Bw), die sich beim Würstelstand befunden hätten, hätten sich spontan bereit erklärt, für den Bw als Zeugen aufzutreten um zu bekunden, dass er mit dem Kfz nicht gefahren sei. Als Tatzeit ist in der Anzeige für

die Übertretung des § 1 Abs 3 FSG 1997 (Lenken eines Kfz ohne Lenkberechtigung) ?12.8.2000 um ca 12:00 Uhr? angegeben. Anzumerken ist dazu auch noch, dass von Seiten der Sicherheitswachebeamten die Namen und (ladungsfähigen) Adressen der erwähnten vier bis fünf Personen, die als Zeugen für die dem Bw zur Last gelegten Taten in Frage gekommen wären, nicht festgehalten wurden.

Der Bw hat sich im Zuge des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens (trotz Aufforderung zur Rechtfertigung vom 3.10.2000) zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen nicht geäußert. Zu dem Vorwurf (Spruchpunkt 1) des angefochtenen Straferkenntnisses), er habe am ?12.8.2000 um ca 12:00 Uhr? in Wien, M-platz den Pkw mit dem Kennzeichen W-19 gelenkt, obwohl ihm die Lenkberechtigung entzogen worden sei, brachte der Bw in seiner Berufung vor, er sei seit 11:00 Uhr beim Würstelstand in der Sackgasse M-platz neben dem besagten Auto gesessen. Wenn er den Wagen um 12:00 Uhr ohne Lenkberechtigung gelenkt hätte, dann hätte man ihn wohl auf das zuständige Wachzimmer zur Identitätsprüfung mitnehmen müssen. Der Bw ist mit seinem Vorbringen insoferne im Recht, als sich bezüglich des gegen ihn erhobenen Vorwurfes des Lenkens eines Fahrzeuges ohne Lenkberechtigung (weil ihm diese entzogen worden sei) am 12.8.2000 um 12:00 Uhr kein (verwertbares) Beweisergebnis im Akt findet. Die Mutter des Bw wies bei ihrer Einvernahme in der mündlichen Verhandlung darauf hin, dass auf ihren Namen (wegen eines Rabattes bei der Versicherung) auch das Fahrzeug ihres Sohnes (nämlich der gegenständliche Nissan Bluebird) zugelassen war. Sie habe einen Zweitschlüssel dieses Fahrzeuges gehabt und hätten ihr Mann und sie sich dieses Fahrzeug vor ein paar Tagen ausgeborgt gehabt. Sie erklärte nicht zu wissen, ob ihr Sohn damals mit dem Auto noch gefahren sei. Nun kann zwar keinesfalls ausgeschlossen werden, dass der Bw mit seinem Fahrzeug (welches auf seine Mutter zugelassen war) auch noch nach der letzten Entziehung seiner Lenkberechtigung (am 26.5.2000) gefahren ist. Andererseits muss nicht in jedem Fall erwartet werden, dass der Besitzer eines Fahrzeuges - nach Entziehung der Lenkberechtigung - dieses unverzüglich veräußert, wobei zu bedenken ist, dass es sich bei dem hier in Rede stehenden Nissan Bluebird um ein Fahrzeug älteren Baujahres (Erstzulassungsdatum: 15.3.1988) gehandelt hat. Die Schlussfolgerung, der Bw müsse (noch dazu zur angelasteten Tatzeit) mit dem vor der Wohnung seiner Freundin abgestellten Fahrzeug tatsächlich gefahren (als Lenker) sein, ist nicht zwingend, wobei noch zu bedenken ist, dass für den im gegenständlichen Fall unter Punkt 1) erhobenen konkreten Tatvorwurf jegliches Beweisergebnis fehlt (noch einmal sei erwähnt, dass von Seiten der Sicherheitswachebeamten es unterlassen wurde, die Daten von potenziellen Zeugen aufzunehmen).

Laut dem Anzeigeinhalt habe der Bw zunächst (wie dann auch im weiteren Verfahren) bestritten, mit dem Fahrzeug gefahren zu sein. In weiterer Folge habe er erklärt, natürlich sei er vor ca zwei Stunden gefahren, doch werde er dies nicht zugeben. Dass auch nur irgendeiner der in der Nähe der Tatörtlichkeit sich aufhaltenden Personen gesehen (und dies den Sicherheitswachebeamten gegenüber bestätigt) hätte, dass der Bw am ?12.8.2000 um ca 12:00 Uhr? das hier in Rede stehende Kraftfahrzeug gelenkt hätte, ist im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen.

Der in der mündlichen Verhandlung am 5.10.2001 als Zeuge einvernommene Herr Mohamed H konnte bloß angeben, es sei ein weißes Auto dort gestanden und neben dem Auto sei die Polizei gewesen. Er habe den Bw aber nicht gesehen, wie er mit dem Auto gefahren sei. Er wisse auch nicht, wie das Auto hingekommen sei, der Bw selbst habe gesagt, kein Auto zu haben.

Zusammenfassend ist (hinsichtlich der dem Bw zur Last gelegten Verwaltungsübertretung gemäß § 1 Abs 3 FSG 1997) festzuhalten, dass kein verwertbares Ermittlungsergebnis in der Richtung vorliegt, dass der Bw am 12.8.2000 um ca 12:00 Uhr den hier in Rede stehenden Nissan Bluebird mit dem Kennzeichen W-19 auch tatsächlich gelenkt habe. Die insgesamt vorliegenden Erhebungsergebnisse lassen (bezüglich der Übertretung des § 1 Abs 3 FSG 1997) einen Schuldspruch mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nicht zu.

Unter den Spruchpunkten 4) bis 6) des angefochtenen Straferkenntnisses wurde dem Bw zur Last gelegt, wie bei der Lenker- und Fahrzeugkontrolle (am 12.8.2000 um 13:55 Uhr) festgestellt worden sei, habe er keinen Zulassungsschein, kein Verbandszeug und kein Pannendreieck mitgeführt. Die Erstbehörde ist darauf hinzuweisen, dass die Bestrafung wegen der dem Bw unter Punkt 4) bis 6) angelasteten Übertretungen nur dann rechtmäßig wäre, wenn erwiesen ist, dass er zum fraglichen Zeitpunkt ein Kraftfahrzeug gelenkt hat, und der bloße Verdacht des Lenkens (wie laut Anzeige: zwei Stunden vor der Kontrolle) hiefür nicht ausreicht (vgl das Erk des VwGH v 10.10.1990, Zlen 89/03/0257, 0258). Schon in der Anzeige ist festgehalten worden, dass der Bw, nachdem das Radio abgedreht, der Zündschlüssel abgezogen und die Türen des Fahrzeuges geschlossen worden seien, sich vom auf der gegenüberliegenden Straßenseite etablierten Würstelstand gemeldet habe. Dass es der Bw gewesen ist, der das Radio des hier in Rede stehenden Pkws (letztlich zu laut) aufgedreht gehabt hat, ist vom Bw nicht in Abrede gestellt worden. Voraussetzung für ein nach § 134 Abs 1 KFG strafbares Zuwiderhandeln gegen das Gebot des § 102 Abs 5 lit b und § 102 Abs 10 ist, dass das Kfz (arg:...?der Lenker ... auf Fahrten?...) tatsächlich gelenkt wurde. Wer hingegen ein Kfz bloß in Betrieb nimmt (oder wie hier: das Autoradio aufdreht), ohne es zu lenken, ist nicht verpflichtet, hierbei den im § 102 Abs 5 lit b KFG angeführten Zulassungsschein oder das im § 102 Abs 10 KFG genannte Verbandszeug und die Warneinrichtung ?mitzuführen? (vgl das Erk des VwGH v 15.9.1982, Zlen 82/03/0049, 0050). Aus den genannten Erwägungen hat die Erstbehörde (zu den Spruchpunkten 4) bis 6)) die Rechtslage verkannt, weshalb der Berufung auch zu diesen drei Punkten Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren spruchgemäß einzustellen war. Zu den Spruchpunkten 2) und 3) des angefochtenen Straferkenntnisses (Übertretungen des § 102 Abs 6 KFG und § 1 Abs 1 Z 2 LSicherheitsG Wr 1993).

Die Berufung zu den Spruchpunkten 2) und 3) richtet sich ausdrücklich nur mehr gegen die Höhe der verhängten Strafen. Der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses in den Spruchpunkten 2) und 3) ist daher bereits in Rechtskraft erwachsen (vgl das Erk des VwGH vom 19.6.1991, Zl 91/03/0004). Gemäß § 134 Abs 1 Kraftfahrgesetz 1967 idF vor BGBl I Nr 32/2002 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu ATS 30.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABl Nr L 370 vom 31. Dezember 1985, S 1 sowie der Verordnung (EWG) Nr 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr Abl Nr L 370 vom 31. Dezember 1985, S 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr 3572/90, Abl Nr L 353 vom 17. Dezember 1990, S 12, zuwiderhandelt.

Gemäß § 1 Abs 1 Z 2 des Wiener Landes-Sicherheitsgesetzes 1993 idF vor LGBl  Nr 29/2001 begeht, wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu ATS 10.000,--, im Fall der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu einer Woche zu bestrafen. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Taten selbst schädigten in nicht unerheblichem Maße das Interesse an der Vermeidung der unbefugten Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges (Punkt 2.)) und an der Vermeidung ungebührlicherweise störenden Lärms (Punkt 3.)). Deshalb war der objektive Unrechtsgehalt der beiden Taten an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht bloß unbedeutend. Auch das Verschulden des Bw konnte nicht als gering eingestuft werden, da weder hervorgekommen ist noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe, oder dass die Verwirklichung der Tatbestände aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Im Verfahren sind weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe hervorgekommen. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kam dem Bw aufgrund mehrerer zum Tatzeitpunkt vorliegender - wenn auch nicht (hinsichtlich der Spruchpunkte 2) und 3) des Straferkenntnisses) einschlägiger - Verwaltungsvormerkungen nicht mehr zugute (vgl das Verzeichnis auf AS 2).

Hinsichtlich der - als ungünstig zu bewertenden - Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ging der Unabhängige Verwaltungssenat Wien von den eigenen Angaben des Bw aus (Notstandshilfe in der Höhe von ca ATS 225,-- Tagessatz, kein Vermögen, Sorgepflicht für eine Tochter).

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis ATS 30.000,-- (entspricht ? 2180,19) zu Punkt 2.) und den bis ATS 10.000,-- (entspricht ? 726,73) zu Punkt 3.) reichenden Strafsatz sind die nunmehr verhängten Geldstrafen (zu den Punkten 2.) und 3.) wurden die Strafen herabgesetzt) durchaus angemessen und keineswegs zu hoch. Strafen in den verhängten Höhen erscheinen aus general- und spezialpräventiven Gründen geboten zu sein, sollen doch der Bw und andere Personen von der künftigen Begehung gleichartiger Verwaltungsübertretungen ausreichend abgehalten werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidungen beruhen auf den §§ 64 und 65 VStG.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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