TE UVS Steiermark 2003/08/13 20.3-19/2003

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.08.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die Beschwerde der mj. A M, vertreten durch H M, D 18, G, vertreten durch S & H, Rechtsanwälte in G, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß §§ 67a Abs 1 Z 2 und 67c Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), Art. V Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991 (EGVG), § 24 Strafprozessordnung (StPO), wie folgt entschieden:

Die Mitnahme zur Personendurchsuchung der Beschwerdeführerin am 10. Februar 2003 um ca. 11.30 Uhr in G, J, sowie die anschließende Durchsuchung des Rucksackes sowie der Jacke am Wachzimmer Sch und die Gegenüberstellung im Wachzimmer S durch Beamte der Bundespolizeidirektion G war rechtswidrig. Der Bund (Bundesminister für Inneres) hat der Beschwerdeführerin gemäß § 79a AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr. 334/2003, die Kosten des Verfahrens in der Höhe von ? 1.499,80 binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstiger Exekution zu bezahlen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Text

I.1. In der Beschwerde vom 27. Februar 2003 wird Nachfolgendes vorgebracht:

Am 10.2.2003, um ca. 11.25 Uhr, überquerte die mj.

Beschwerdeführerin zusammen mit ihren Klassenkameradinnen B M, A E, E R und S K auf dem Weg zu einer Schulveranstaltung im A vom S kommend den J in G. Vor dem Restaurant M D wurde die Gruppe von einer Polizeistreife (vermutlich des Wachzimmers Sch) angehalten. Die mj. Beschwerdeführerin und die ebenfalls mj. E R wurden im Zuge dieser Anhaltung aufgefordert, sich auszuweisen. Dieser Aufforderung kamen die beiden dadurch nach, dass sie den Beamten ihre Schulausweise vorwiesen, in welchen insbesondere auch das Geburtsdatum vermerkt ist. In weiterer Folge wurden die mj. Beschwerdeführerin sowie ihre mj. Klassenkameradin E R aufgefordert, die Beamten ins Wachzimmer Sch zu begleiten. Auf ihre Frage nach dem Grund der Anhaltung bekamen die beiden Minderjährigen keine Auskunft. Die Beamten erklärten lediglich, dass die Beschwerdeführerin und E R einem Täterprofil entsprechen würden. Nach Aufnahme der Personalien vorort wurde die Beschwerdeführerin zusammen mit der mj. E R ins Wachzimmer Sch verbracht. Am Wachzimmer erkundigte sich die Beschwerdeführerin erneut mehrmals bei den Beamten nach dem Grund ihrer Anhaltung. Auch zu diesem Zeitpunkt bekam sie von den Beamten keine Auskunft. Auch das Ersuchen der mj. Beschwerdeführerin, die Toilette aufsuchen zu dürfen, wurde ihr verweigert. Am Polizeiwachzimmer Sch wurden neuerlich die Daten der mj. Beschwerdeführerin und der mj. E R aufgenommen, sowie ihre Rucksäcke und ihre Jacken von den Beamten durchsucht. Aufgrund der für die beiden Minderjährigen beängstigenden Situation ersuchte E R ausdrücklich, ihre Mutter anrufen zu dürfen. Von den amtshandelnden Beamten wurde dieses Ersuchen jedoch abgelehnt. Nach weiteren 10 Minuten ersuchte die mj. Beschwerdeführerin die Beamten nochmals, die Toilette aufsuchen zu dürfen, was ihr nach längerem Überlegen seitens der amtshandelnden Organwalter auch erlaubt wurde, jedoch nur in Begleitung eines Polizisten, welcher vor der Toilette wartete. Im weiteren Verlauf dieser Amtshandlung fragte die mj. Beschwerdeführerin noch mehrmals nach dem Grund ihrer Anhaltung sowie der Durchsuchung ihrer Jacken bzw. Rucksäcke. Erst nach geraumer Zeit und nach zahllosen Anfragen wurde mitgeteilt, dass es sich um einen Raubüberfall handle, den die beiden Schülerinnen begangen haben sollen. In weiterer Folge wurde die mj. Beschwerdeführerin zusammen mit ihrer mj. Freundin zum Wachzimmer

S transportiert. Dies zu dem Zweck, um die beiden dem Opfer des Raubüberfalls gegenüberzustellen. Auf der Fahrt zum Wachzimmer S wurde die mj. Beschwerdeführerin von ihrem Klassenvorstand, Frau Prof. B angerufen, welche ihnen ihre Hilfe anbot. Wenig später wurden auch die Beamten von Frau Prof. B kontaktiert. Weder die mj. Beschwerdeführerin, noch ihre mj. Klassenkameradin E R konnten als Täter des Raubüberfalls identifiziert werden. In weiterer Folge wurden sie durch die Beamten zum vereinbarten Treffpunkt der Schulveranstaltung (A) gebracht. Beweis: B M, A E, S K, E R, Prof.N. B, Klassenvorstand, als Zeugen, Einvernahme der

amtshandelnden Beamten des Wachzimmers Sch, Einvernahme der

amtshandelnden Beamten des Wachzimmers S, beizuschaffende Unterlagen der Bundespolizeidirektion G betreffend den gegenständlichen Vorfall, PV. II.) Beschwerdelegitimation: Die Festnahme erfolgte am 10.2.2003, um ca. 11.25 Uhr, weshalb die 6-wöchige Beschwerdefrist gewahrt ist. Die Beschwerdelegitimation ergibt sich daraus, dass die mj. Beschwerdeführerin durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren subjektiven Rechten verletzt wurde: 1.) Das Einschreiten der amtshandelnden Organwalter der BPD G erfolgte entgegen den für derartige Amtshandlungen bestehenden gesetzlichen Vorgaben, insbesondere soweit, als der mj. Beschwerdeführerin auf ihr wiederholtes Verlangen hin weder Anlass noch Zweck des Einschreitens unverzüglich mitgeteilt wurde. 2.) Es erfolgte keine Inkenntnissetzung der mj. Beschwerdeführerin über ihr Recht auf Verständigung oder Beiziehung einer Vertrauensperson oder eines Rechtsbeistandes. 3.) Der mj. Beschwerdeführerin wurde während der bekämpften Amtshandlung jegliche Erfüllung persönlicher Bedürfnisse (Aufsuchen der Toilette) erst verweigert, sodann nur zögerlich gestattet. III.) Begründung: Gem. Art. 129 a Abs. 1 Z 2 B-VG und § 67 a Abs. 1 Z 2 AVG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein. Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt dann vor, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig einen Befehl erteilt, Zwang ausübt oder eine Maßnahme setzt und dieser Akt gegen individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist (Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts7, Rz 608). Dass es sich hier um einen Akt der Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt handelt, kann wohl nicht in Frage gestellt werden, weshalb im gegenständlichen Fall dem UVS Steiermark die Entscheidungsbefugnis zukommt. Eine Festnahme ist ein einmaliges Ereignis (Eintritt einer Freiheitsbeschränkung), der vom Willensakt eines Organes getragen wird. Dazu müssen jeweils zwei Elemente vorliegen, nämlich ein tatsächliches Verhalten und der Wille zur Freiheitsbeschränkung. Dieser Wille, durch den das bloße Verhalten erst zum normativen Akt, nämlich zum Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wird, kann nun einerseits ausdrücklich erklärt werden oder andererseits auch aus dem Verhalten des Organs geschlossen werden (ÖJZ 1995, Seite 562 ff). Dass unter den in casu vorliegenden Umständen die Unfreiwilligkeit der Freiheitsbeschränkung vorliegt, ist evident; denn selbst wenn sich, wie im gegenständlichen Fall, die mj. Beschwerdeführerin der Verhaftung nicht widersetzt hat - da ihr dies offensichtlich zwecklos erschien - kann nicht davon gesprochen werden, dass die Freiheitsbeschränkung mit ihrem Willen geschah. Wenn ein Mitkommen, ohne Widerstand zu setzen, die Freiheitsentziehung aufheben würde, wäre der einzelne - um sich erfolgreich dagegen beschweren zu können - gewissermaßen verpflichtet, (strafbaren) Widerstand gegen die Staatsgewalt (§ 269 StGB) zu leisten. Dies wäre aber eine denkunmögliche Gesetzesauslegung (UVS Oberösterreich, Erkenntnis vom 26.3.1997, VwSen-420125/8/Schi/Km). In diesem Lichte kann daher kein Zweifel bestehen, dass im vorliegenden Fall eine Festnahme gem. § 8 Abs. 1 Z 1 Richtlinien-Verordnung, BGBl 266/1993 (RLV) vorliegt. Entgegen § 30 Abs. 1 Z 8 SPG, § 37 Abs. 1 JGG und § 8 Abs. 1 RLV wurde die mj. Beschwerdeführerin während der gesamten Dauer der Amtshandlung nicht über ihr Recht auf Verständigung oder Beiziehung einer Vertrauensperson bzw. eines Rechtsbeistandes in Kenntnis gesetzt, dies obwohl ihr die Freiheit entzogen war, und sogar ihr Klassenvorstand die Behörde kontaktierte. Die einschreitenden Organe waren keineswegs in unvorhersehbarer und unabwendbarer Weise daran gehindert, den Informationspflichten in der gesetzlich vorgesehenen Weise nachzukommen. Auch muss in diesem Zusammenhang angemerkt werden, dass den einschreitenden Beamten bereits am Beginn der Amtshandlung offenbar auffallen musste, dass es sich um Minderjährige handelt, zumal ja bereits vor der Verbringung ins Wachzimmer Sch eine Ausweiskontrolle erfolgte. Minderjährige stehen aber unter dem besonderen Schutz der Gesetze! Entgegen § 30 Abs. 1 Z 1 SPG und § 6 Abs. 1 Z 2 der RLV wurde die mj. Beschwerdeführerin weder zu Beginn der Amtshandlung, noch in deren weiteren Verlauf von den einschreitenden Organen selbständig über den keineswegs offensichtlichen Zweck des Einschreitens in Kenntnis gesetzt. Erst auf mehrmaliges Nachfragen der mj. Beschwerdeführerin wurde ihr der Grund der Anhaltung genannt. Die belangte Behörde wird in diesem Zusammenhang auch nicht ins Treffen führen können, dass die amtshandelnden Beamten bereits vor der Verbringung der mj. Beschwerdeführerin ins Wachzimmer Sch angedeutet hätten, dass sie einem Täterprofil entspreche. Ganz allgemein kann nicht davon ausgegangen werden, dass Minderjährige im Alter der Beschwerdeführerin den Ausdruck Täterprofil zuordnen können. Auch wird damit keineswegs der Zweck der Amtshandlung kund getan. Überhaupt lässt sich daraus nicht ableiten, welche konkrete Tat der Beschwerdeführerin vorgeworfen wird. Die Verweigerung der Erfüllung persönlicher Bedürfnisse, wie das Aufsuchen der Toilette, über einen längeren Zeitraum ist mit der Menschenwürde in keiner Weise vereinbar, unverhältnismäßig und daher für rechtswidrig zu erklären, ohne dass es hiefür noch weiterer Ausführungen bedürfte. Daran kann auch die verspätet erteilte Erlaubnis, die Toilette in Begleitung eines Beamten aufsuchen zu dürfen, nichts ändern. Es wurde der Antrag gestellt, festzustellen, dass das Vorgehen der belangten Behörde gegen die Beschwerdeführerin am 10.02.2003 rechtswidrig war und ein Kostenantrag gestellt. 2. Die Bundespolizeidirektion G legte eine Gegenschrift vom 03. April 2003 mit nachfolgendem Inhalt vor: Am 10.02.2003, um 11.00 Uhr erstattete eine Frau im Wachzimmer Sch Anzeige, dass ihr um ca. 10.10 Uhr des besagten Tages ihre Geldtasche vor dem H-Markt in der R 17 von zwei jungen Frauen gestohlen worden war. Diese waren anschließend Richtung J davongerannt. In der Geldbörse befanden sich 500,-- ? Bargeld sowie diverse Dokumente. Aus diesem Grunde wurde um 11.15 Uhr eine Funkfahndung nach den vermeintlichen Täterinnen mit folgender Personenbeschreibung durchgegeben: 1.) Frau, schlank, ca. 20 Jahre alt, ca. 160 cm groß, schwarze lange Haare, Wuschelkopf, Bekleidung unbekannt 2.) Frau, schmächtig, ca. 20-25 Jahre alt, ca. 165 cm groß, knallrote Haare, bekleidet mit einer ausgefransten Glockenjean und einer dunklen Jacke, näheres unbekannt Von der Streife F 1 (RI M und RI S) konnten daraufhin vor dem Haus R 1 fünf Jugendliche wahrgenommen werden. Bei zwei von ihnen war eine Übereinstimmung mit der Personsbeschreibung gegeben (Alter, Größe, Kleidung Mantel mit einem Pelzrand an der Unterseite - dieses Merkmal wurde nach der Fahndung über Funk durchgegeben struppiges Haar bei der einen bzw. knallrotes Haar bei der anderen). Aus diesem Grund wurde ihnen mitgeteilt, dass sich kurz zuvor in der R ein Diebstahl ereignet habe und dass eine über Funk durchgegebene Personsbeschreibung auf beide zutreffe und dies abgeklärt werden müsse. Deshalb wurden sie zur Ausweisleistung aufgefordert und zwecks Durchsuchung durch eine weibliche Beamtin ins Wachzimmer Sch verbracht. Der Zweck des Einschreitens wurde ihnen von den Beamten aus eigenem Antrieb am Ort der Anhaltung mitgeteilt - das Wort Täterprofil wurde dabei nicht verwendet. Im Wachzimmer Sch musste festgestellt werden, dass sich an diesem Tag keine weibliche Beamtin im Dienst befand. Dies stellte eine absolute Ausnahme dar, da gerade im Wz. Sch die meisten weiblichen SWB Dienst versehen (pro Dienstgruppe: 2 weibliche SWB). Aus diesem Grunde beschränkte sich die Durchsuchung lediglich auf die Jacken bzw. mitgeführten Rucksäcke. Nun ersuchte einer der beiden Minderjährigen GrInsp S B (Wachkommandant des Wz. Sch) die Toilette aufsuchen zu dürfen. Der Beamte erkundigte sich nach der Dringlichkeit des Bedürfnisses, da der Verdacht bestand, dass bei der Aufsuchung des WC Diebsgut beseitigt werden könnte und eine Begleitung dorthin aufgrund des oa. Umstandes (keine weibliche Beamtin im Dienst) nicht möglich war. Da ihm jedoch mitgeteilt wurde, dass es dringend war, begleitete GrInsp S sie bis zur Toilette und wartete davor (bei geschlossener Türe). Ob E R im Wz. Sch ersuchte ihre Mutter anrufen zu dürfen, konnte von den Beamten nicht angegeben werden. Laut Angaben von RI S und RI M wurde den Schülerinnen zu keinem Zeitpunkt untersagt Telefongespräche mit dem Handy durchzuführen. Dass das Ersuchen der E R abgelehnt wurde, erscheint jedoch im Hinblick auf den Umstand dass die Bf. wie im Beschwerdeschreiben angeführt auf der Fahrt zum Wz. S von ihrem Klassenvorstand angerufen wurde und dies nicht untersagt wurde, nicht logisch. Auch schon vorher (auf dem Weg von der R zum Wz. Sch) wurde - ohne dies zu untersagen - ein Telefonat von einer Schülerin mit dem Handy durchgeführt. Aus diesen Gründen würde es keinen Sinn machen, ihr in weiterer Folge zu verbieten, Kontakt mit ihrer Mutter aufzunehmen. Nun konnten die Beamten in Erfahrung bringen, dass sich die Geschädigte des Diebstahls im Wz. S befindet und dort eine Gegenüberstellung durchgeführt werden könne. Dazu wird bemerkt, dass das Wz. S eine der wenigen Dienststellen mit einem sogenannten Venezianischen Spiegel ist. Bei der Fahrt zum genannten Wachzimmer wurde sowohl die Bf als auch RI S vom Klassenvorstand (Fr. Prof. B) der Bf. kontaktiert. Dabei wurde auch ihr der Grund des Einschreitens mitgeteilt. Die im Wz. S durchgeführte Gegenüberstellung verlief negativ. Die Geschädigte verwies auf einige Übereinstimmungen betreffend der Äußerlichkeiten, jedoch waren die Minderjährigen als Täter auszuschließen, da ihr gesamtes Erscheinungsbild von der Geschädigten als zu gepflegt beurteilt wurde. Da beide Schülerinnen angaben, eine Schulveranstaltung im A besuchen zu müssen, wurden sie um ca. 12.00 Uhr von der Streife F 1 dorthin gebracht. Die gesamte Amtshandlung dauerte somit max. eine 3/4 Stunde. Rechtliche Beurteilung: Der Diebstahl einer Geldtasche (Näheres siehe Sachverhalt) stellt zweifellos einen gefährlichen Angriff i.S.d. § 16 Abs. 2 SPG, BGBl. Nr. 1991/1556 i.d.g.F. dar. Gem. § 21 Abs. 2 leg. cit. haben die Sicherheitsbehörden gefährlichen Angriffen unverzüglich ein Ende zu setzen. Hiefür ist das SPG auch dann maßgeblich, wenn bereits ein bestimmter Mensch einer strafbaren Handlung verdächtig ist. Gem. § 33 leg. cit. sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einem gefährlichen Angriff durch Ausübung von unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ein Ende zu setzen. Auf Grundlage dieser Organermächtigung wurde von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes der BPD G die gegenständliche Amtshandlung geführt. Es war davon auszugehen, dass die Bf auf Grund der räumlichen und zeitlichen Nähe und der Personenbeschreibung (Alter, Aussehen und Bekleidung) verdächtig war, im Zusammenhang mit einem gefährlichen Angriff zu stehen. Der gefährliche Angriff war zum Zeitpunkt des Einschreitens auch noch nicht abgeschlossen. Das Ende eines gefährlichen Angriffes muss nicht mit der formellen Vollendung der Straftat, also mit der Erfüllung aller Tatbestandsmerkmale, zusammenfallen. Ausschlaggebend ist in diesem Zusammenhang nicht die unter Umständen bereits gegebene Vollendung eines justizstrafrechtlich relevanten Tatbestandes, sondern die noch andauernde Bedrohung des geschützten Rechtsgutes - siehe Hauer/Keplinger, SPG, Sicherheitspolizeigesetz samt Verordnungen für Exekutivorgane 2002, Anmerkung 13 zu § 16 leg. cit.. Letztgenannte war jedenfalls noch gegeben, zumal unmittelbar nach der Tat, das Diebsgut, die gestohlene Geldtasche, noch mit großer Wahrscheinlichkeit im Besitz des Täters oder eines Tatbeteiligten war. Zur Frage, wie die Abwehr eines gefährlichen Angriffes i.S.d.

§ 33 leg. cit. zu geschehen hat, führt der VwGH im Erkenntnis vom 8.3.1999, Zl.: 98/01/0096, sinngemäß folgendes aus: Die Frage, wie die Abwehr eines gefährlichen Angriffes zu geschehen hat, wird in § 33 SPG 1991 nur durch den rechtsförmlichen Begriff der Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt näher beschrieben. Weitere Determinanten des zur Erreichung der Angriffsbeendigung zu setzenden polizeilichen Verhaltens ergeben sich aus den §§ 28 ff SPG 1991, dann aus den §§ 35 ff SPG 1991, sofern die Sondervorschriften zu § 33 SPG 1991 enthalten, und letztlich aus sonstigen, insbesondere verfassungsrangigen Rechtsvorschriften, die bestimmte hoheitliche Verhaltensweisen von vornherein verbieten. In diesen durch die Rechtsordnung gezogenen Grenzen hat die Behörde (bzw. haben deren Organe) im übrigen das Zweckdienliche vorzukehren, um das in § 33 SPG 1991 umschriebene Ziel (Ende des gefährlichen Angriffes) zu erreichen. Was hiefür in Betracht kommt, hängt jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Beendigung des Angriffes kann beispielsweise durch ein Wegzerren des Schlägers von seinem Opfer, durch die Abnahme des soeben gestohlenen Gegenstandes oder durch gezielten Schusswaffengebrauch erfolgten. Im Zuge der Führung der Amtshandlung wurde im Lichte obiger Ausführungen somit zuerst § 35 Abs. 1 Zif. 1 leg. cit. herangezogen und die Identität der Bf an Ort und Stelle geklärt. Zu prüfen war nunmehr im Nachhinein, ob die von den Beamten angenommen Verdachtsmomente bereits als bestimmte Tatsachen (das sind typischerweise das Antreffen einer Person im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem gefährlichen Angriff - siehe Hauer/Keplinger, Handbuch zum SPG 1993, S. 186, Anmerkung 6) i.S.d. § 35 Abs. 1 Zif. 1 leg. cit. zu gelten haben. Es ist daher jener Sachverhalt zur Beurteilung heranzuziehen, der zum Zeitpunkt des Einschreitens bekannt war (ex-ante Betrachtung). Im gegenständlichen Falle hat kurze Zeit zuvor in unmittelbarer Nähe ein gefährlicher Angriff i.S.d. § 16 Abs. 2 Zif. 1 leg. cit. (Geldtaschendiebstahl) stattgefunden. Auf Grund dieser Umstände im Zusammenhang mit der Übereinstimmung der Personsbeschreibung (sowohl Alter, Aussehen als auch Bekleidung) war für die Beamten hinreichender Grund zur Annahme gegeben, die beiden Schülerinnen stünden im Zusammenhang mit den Gerichtsdelikten. Da keine weiteren Sondervorschriften zu § 33 leg. cit. als Determinanten für das weitere Einschreiten im Anlassfalle zur Verfügung standen, wurde in weiterer Folge § 33 leg. cit. unmittelbar angewendet. Zum Zwecke der Beendigung des gefährlichen Angriffes - das Diebsgut war mit großer Wahrscheinlichkeit noch im Besitz des Täters oder eines Mittäters

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wurde die Bf zwecks Durchführung einer Personendurchsuchung in Vollziehung des § 33 leg. cit. in das nahegelegene Wachzimmer Sch gebracht. Dies deshalb, da die Durchführung der Personendurchsuchung an Ort und Stelle mit der Würde der Person unvereinbar war und außerdem zu erwarten war, dass im Wachzimmer Sch eine weibliche Beamtin anwesend wäre, welche zur vollständigen Personendurchsuchung notwendig ist. Dies war bedauerlicherweise aber nicht der Fall, weshalb sich die Durchsuchung auf die Jacke (Oberbekleidung) und den mitgeführten Rucksack beschränkte. Dabei wurde nichts Bedenkliches gefunden, jedoch konnte noch immer nicht vertretbarerweise von der Beendigung des gefährlichen Angriffes ausgegangen werden, da noch immer der Verdacht bestand, dass die Bf im Besitz von Diesbgut (in der Unterbekleidung) war. Nun konnten die einschreitenden Beamten in Erfahrung bringen, dass sich die Geschädigte im Wachzimmer S befindet. Zwecks Durchführung einer Gegenüberstellung wurde nunmehr die Bf in das Wachzimmer S - in Vollziehung des § 33 leg. cit. - gebracht. Dies deshalb, um einerseits im Falle einer negativen Gegenüberstellung zur definitiven Auffassung gelangen zu können, dass die Bf nicht im Zusammenhang mit einem gefährlichen Angriff steht und andererseits durch die Gegenüberstellung die Amtshandlung - im Interesse der Bf

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abkürzen zu können. Andernfalls hätte nämlich bis zum Stelligmachen und Eintreffen einer weiblichen Beamtin zugewartet werden müssen, was für die Bf eine unnötige und unzweckmäßige Verzögerung der Amtshandlung bedeutet hätte. Bei der Gegenüberstellung mittels Venezianischem Spiegel erkannte die Geschädigte zwar Ähnlichkeiten mit den Täterinnen, auf Grund des Gesamterscheinungsbildes, war die Bf aber für die Tat auszuschließen. Daraufhin wurde die Amtshandlung sofort beendet und die Bf von der Streife F 1 als Serviceleistung zu einer Schulveranstaltung im A gebracht. Seitens der Bf wird nunmehr behauptet, die vorstehende Amtshandlung sei im rechtlichen Sinn als Festnahme anzusehen. Dem kann behördlicherseits aus folgenden Gründen keinesfalls beigepflichtet werden: Der VfGH vertritt zu dieser Rechtsfrage in ständiger Rechtssprechung die Ansicht, dass Art. 8 StGG und das Gesetz zum Schutze der persönlichen Freiheit nur Schutz gegen rechtswidrige Verhaftung, rechtswidrige Inverwahrnahme sowie rechtswidrige Internierung und Konfinierung gewähren; diese Bestimmungen schützen aber nicht vor jeglicher Beschränkung der Bewegungsfreiheit. Auch Art. 5 MRK schützt nur vor rechtswidriger Festnehmung und rechtswidriger Verhaftung, nicht auch vor anderen Beschränkungen der Bewegungsfreiheit (vgl. zB VfSlg. 10378/1985 oder 10420/1985). Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf persönliche Freiheit wird nur dann verletzt, wenn der Wille der Behörde (oder des behördlichen Hilfsorganes) primär auf eine Beschränkung der Freiheit gerichtet ist (vgl. zB VfSlg. 8879/1980 und die dort zitierte weitere Vorjudikatur), nicht aber auch dann, wenn eine andere Maßnahme den Betroffenen dazu nötigt, längere Zeit bei der Behörde (oder ihren Hilfsorgangen) zu verweilen, die Beschränkung der Freiheit also (nur) die sekundäre Folge einer Anwesenheitspflicht ist (vgl. etwa VfSlg. 5280/1966, 5963/1969, 7298/1974, 8296/1978, 8327/1978). Die Bf wurde im Zeitrahmen von deutlich unter einer Stunde einer Identitätsfeststellung, einer Personendurchsuchung und einer Gegenüberstellung unterzogen und war dabei der Wille der amtshandelnden behördlichen Hilfsorgane auf die Beendigung eines gefährlichen Angriffes (wie bereits ausgeführt) und nicht auf die Beschränkung der Bewegungsfreiheit gerichtet. Diese war lediglich sekundäre Folge der notwendigen Ortsanwesenheit der Bf. Eine Festnahme oder Verhaftung lag somit nicht vor und ist die Amtshandlung nach dem SPG zu beurteilen. Auch wurde die Bewegungsfreiheit in zeitlicher Hinsicht nur im unbedingt notwendigen Ausmaße eingeschränkt; gerade so weit, um die obzitierten Maßnahmen durchführen zu können. Auch on der Intensität der Einschränkung der Bewegungsfreiheit her, wurde jenes Maß gewählt, das die Aufgabenerfüllung einerseits gerade noch zuließ und andererseits aber keinesfalls über das notwendige Ausmaß hinausging. Es wurde sohin im Hinblick auf § 29 leg. cit. jedenfalls die Verhältnismäßigkeit gewahrt; wobei jene Befugnisse ausgewählt wurden, die für die Betroffene am wenigsten beeinträchtigend waren; es wurde darauf Bedacht genommen, dass der angestrebte Erfolg in einem vertretbaren Verhältnis zu den voraussichtlich bewirkten Schäden und Gefährdungen steht; es wurde während der Befugnisausübung auf die Schonung der Rechte und schutzwürdigen Interessen der Betroffenen Bedacht genommen und es wurde schließlich die Befugnisausübung sofort beendet, sobald sich herausstellte, dass der angestrebte Erfolg erreicht war bzw. sich gezeigt hat, dass er auf diesem Wege nicht erreicht werden kann. In diesem Zusammenhang muss auch noch auf die behauptete verzögerte Erlaubnis zum Aufsuchen der Toilette eingegangen werden. Es wäre im Interesse der Amtshandlung notwendig gewesen, dass eine Begleitung der Bf durch eine weibliche Bedienstete erfolgt wäre, um ein Beiseiteschaffen von eventuellem Diebsgut zu verhindern. Da keine weibliche Bedienstete verfügbar war, wurde nach der Dringlichkeit des Bedürfnisses gefragt, um ein eventuell mögliches Zuwarten auszuloten. Als die Dringlichkeit von der Bf bestätigt wurde, wurde auf die entsprechende Notwendigkeit verzichtet, die Bf bis zur Toilette von einem SWB begleitet, welcher dann bei geschlossener Tür vor der Toilette zuwartete. Somit wurden auch in diesem Zusammenhang jedenfalls die Würde der Person und die Verhältnismäßigkeit gewahrt. Wie aus dem Sachverhalt hervorgeht, wurde der Bf gleich zu Beginn des Einschreitens, i.S.d. § 30 Abs. 1 leg. cit., der Zweck der Amtshandlung in G, R, vor dem Hause Nr. 1, durch RevInsp S mitgeteilt. Dabei wurde ihr gesagt, dass sich kurz zuvor in der R ein Diebstahl ereignet habe und dass die über Funk durchgegebene Personsbeschreibung auf sie und eine weitere Schülerin zutreffe und dies abgeklärt werden müsse. Das Wort Täterprofil wurde dabei nicht verwendet und wäre auch für diesen Adressatenkreis (Schüler) nicht adäquat. I.S.d. § 30 leg. cit. war es der Bf auch jederzeit möglich eine Person ihres Vertrauens zur Amtshandlung beizuziehen. Dies ist schon dadurch nachvollziehbar, da einerseits den beiden Schülerinnen (darunter die Bf) von den einschreitenden SWB zu keinem Zeitpunkt untersagt wurde, Telefongespräche mit dem Handy durchzuführen und andererseits tatsächlich Telefongespräche während der Amtshandlung geführt wurden. So hat eine Schülerin auf dem Weg von der R zum Wachzimmer Sch ein Telefongespräch mit dem Handy geführt. Auch wurde die Bf vom Klassenvorstand fernmündlich kontaktiert. Somit wurde der Fernsprechverkehr weder untersagt noch tatsächlich einer Beschränkung unterworfen und wäre daher die jederzeitige Verständigung einer Vertrauensperson durch die Bf möglich gewesen. Die belangte Behörde beantragte die Abweisung der Beschwerde sowie einen entsprechenden Kostenersatz mit der Begründung, dass alle gesetzten Maßnahmen gegen die Beschwerdeführerin rechtmäßig erfolgt sind und ein rechtswidriger Eingriff in ihre Rechte nicht vorliegt. Auch das Gebot der Verhältnismäßigkeit wurde nicht verletzt. Zudem wurde die Anzeige Nr. 1509 vom 16. Februar 2003 der Bundespolizeidirektion G, Wachzimmer S, betreffend des Verdachtes des Diebstahles und der Urkundenunterdrückung gegen unbekannte Täter vorgelegt sowie ein Aktenvermerk Nr. 1856 vom 10. Februar 2003, Wachzimmer F. 3. Soweit sich die Beschwerde auf Verletzung der Richtlinien bezieht, wird in dem Verfahren nicht näher eingegangen, da dies in einem gesonderten (UVS 22.3-3/2003-2) Verfahren behandelt wurde. II.1. Aufgrund des Akteninhaltes, den Beschwerdeausführungen sowie der Gegenschrift und dem Ergebnis der Verhandlung am 15. Mai 2003, wo die Zeugen RI T M, RI W S und E R sowie die Beschwerdeführerin einvernommen wurden, geht der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark von nachfolgenden entscheidungsrelevantem Sachverhalt aus: Am 10. Februar 2003 um ca. 11.00 Uhr erstattete eine Person Anzeige im Wachzimmer S, da ihr um ca. 10.10 Uhr des gleichen Tages in G, R 17, die Geldbörse gestohlen wurde. Im Zuge dessen wurde eine Personenbeschreibung der beiden Täterinnen abgegeben, und zwar eine Person schlank, ca. 20 Jahre alt, ca. 160 cm groß, schwarze lange Haare, Wuschelkopf, Bekleidung unbekannt und die zweite Person schmächtig, ca. 20 bis 25 Jahre alt, ca. 165 cm groß, knallrote Haare, bekleidet mit einer ausgefransten Glockenjean und einer dunklen Jacke, Näheres unbekannt. Daraufhin wurde um 11.15 Uhr die Funkfahndung nach den Täterinnen durchgeführt und wurden von den Zeugen RI M und RI S um ca. 11.25 Uhr zwei Mädchen, die sich in einer Gruppe von fünf Personen befanden, am J (vor dem Haus R 1) angetroffen, auf die die Personenbeschreibung zutraf. Bei den Personen handelt es sich um die Zeugin E R und um die Beschwerdeführerin, beide Schülerinnen, die sich mit drei weiteren Schulkameradinnen am J trafen, um gemeinsam eine in der Nähe gelegene Schulveranstaltung zu besuchen. Die beiden Exekutivorgane forderten die Zeugin R und die Beschwerdeführerin auf, sich auszuweisen und erfolgte dies von Beiden mit dem GVB-Schülerausweis. Zudem wurde ihnen mitgeteilt, dass es sich um einen Taschendiebstahl handle und zwei Personen geflüchtet seien, wobei die Personenbeschreibung auf sie zutreffen würde. Daraufhin wurden sowohl die Zeugin R, als auch die Beschwerdeführerin von der Gruppe der anderen Mädchen getrennt und aufgefordert, mit dem Funkstreifenwagen in das Wachzimmer Sch mitzukommen, um dort eine Personendurchsuchung durchzuführen. Den beiden Schülerinnen wurde nicht die Möglichkeit gegeben, sich wo anders hin, als zum Wachzimmer Sch zu begeben, sodass die Aufforderung in Befehlsform erfolgte. Der GVB-Schülerausweis ist mit einem Lichtbild, Namen und Geburtsdatum versehen. Eine EKIS-Anfrage, als auch eine Meldeanfrage wurde an Ort und Stelle nicht durchgeführt. Auch wurden die anderen Mitschüler bezüglich der Identität der Beiden nicht befragt. Am Wachzimmer Sch konnte keine Personendurchsuchung durchgeführt werden, da keine weibliche Beamtin anwesend war, sodass ausschließlich die Rucksäcke und Jacken der beiden Festgenommenen durchsucht wurden. Auch wurden im Wachzimmer Sch vom Zeugen RI M die Daten des GVB-Schülerausweises der Beschwerdeführerin notiert. Die Beschwerdeführerin verlangte vorerst die Toilette aufzusuchen und wurde dies ihr vorerst verweigert, da offensichtlich nach einer weiblichen Beamtin, die die Personendurchsuchung durchführen sollte, gesucht wurde. Nach ca. 5 Minuten verlangte sie dies nochmals und wurde ihr der Toilettenbesuch gestattet. Anschließend nach einem ca. 15-minütigen Aufenthalt im Wachzimmer Sch wurde die Beschwerdeführerin, als auch die Zeugin R aufgefordert, in das Wachzimmer S mitzukommen, um eine Gegenüberstellung mit der Anzeigerin durchzuführen. Auf dem Weg dorthin hat die Beschwerdeführerin mit dem Klassenvorstand telefoniert. Die Gegenüberstellung mittels Venezianischen Spiegel ergab, dass die Zeugin R, als auch die Beschwerdeführerin nicht als Täterinnen in Betracht kamen, da sie bereits von der Größe her nicht der Personenbeschreibung entsprachen. Das Ergebnis der Gegenüberstellung wurde der Zeugin R und der Beschwerdeführerin mitgeteilt und wurden beide sodann nach der ca. 45 Minuten dauernden Amtshandlung zur Schulveranstaltung gebracht. Eine Verständigung des Staatsanwaltes bzw des Untersuchungsrichters wurde nicht durchgeführt. Sehr wohl wurde um 11.35 Uhr der Journaldienstbeamte der Bundespolizeidirektion G über den Sachverhalt informiert. 2. Die getroffenen Feststellungen gründen sich im Wesentlichen auf die übereinstimmenden Aussagen der Zeugen, als auch der Beschwerdeführerin. Soweit der Zeuge RI M angab, dass die Zeugin R, als auch die Beschwerdeführerin gefragt wurden, ob sie einverstanden seien, dass sie kurz auf das Wachzimmer Sch mitfahren sollen, wird diese Aufforderung als Befehl gewertet, da zum Einen der Zeuge selbst angibt, dass der Beschwerdeführerin keine andere Wahl blieb, als in das Wachzimmer Sch mitzukommen und zum Anderen auch die Zeugin R und die Beschwerdeführerin angaben, dass sie die Aufforderung als Befehl verstanden, da dies von zwei uniformierten Polizisten erfolgte. Die Einvernahme des Zeugen GI B S konnte deshalb entfallen, da der Zeuge ausschließlich im Wachzimmer Sch anwesend war und die Frage nach dem Aufsuchen zur Toilette insoweit geklärt ist, als es der Beschwerdeführerin ohnedies nach 5 Minuten gestattet wurde, die Toilette aufzusuchen. Der Grund der zeitlichen Verzögerung war wohl die Suche nach einer weiblichen Beamtin, die die Personendurchsuchung durchführen sollte. Wenn die Beschwerdeführerin, als auch die Zeugin R angaben, dass sie am J nicht über den Grund des Einschreitens informiert worden wären, wird dem insoweit kein Glauben geschenkt, als der Zeuge RI M, als auch der Zeuge RI S angaben, dass beide Personen darüber informiert wurden, dass es sich um einen Taschendiebstahl handle und zwei Personen geflüchtet seien, wobei die Personenbeschreibung auf sie zutreffe. Dass die Zeugin R, als auch die Beschwerdeführerin dies nicht so wahrnahmen, kann wohl auch im Hinblick auf die dort eingetretene Stresssituation erklärt werden, da es für beide Schülerinnen durchaus nicht üblich ist, unerwartet sich einer Personendurchsuchung zu stellen. III. Die Rechtsbeurteilung ergibt Folgendes: 1. Die Beschwerde über die Amtshandlung am 10. Februar 2003 wurde persönlich am 28. Februar 2003 beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark eingebracht, wodurch die sechswöchige Beschwerdefrist gemäß § 67c Abs 1 AVG gewahrt wurde. Auch ist die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark gegeben, da die von Beamten der Bundespolizeidirektion G vorgenommene Handlung im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark durchgeführt wurde. 2. Gemäß Art. V EGVG finden, sofern sich aus den Vorschriften über das strafgerichtliche Verfahren nichts Anderes ergibt, die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes über das Verwaltungsstrafverfahren, als auch auf die Amtshandlungen sinngemäß Anwendungen, die von den Verwaltungsbehörden im Dienste der Strafjustiz vorzunehmen sind. Gemäß § 24 StPO haben die Sicherheitsbehörden, unter denen auch die Bürgermeister (Gemeindevorsteher) begriffen sind, allen Verbrechen und Vergehen, sofern sie nicht bloß auf Begehren eines Beteiligten untersucht werden, nachzuforschen und, wenn das unverzügliche Einschreiten des Untersuchungsrichters nicht erwirkt werden kann, die keinen Aufschub gestatteten vorbereiteten Anordnungen zu treffen, die zur Aufklärung der Sache dienen oder die Beseitigung der Spuren der strafbaren Handlung oder die Flucht des Täters verhüten können. Hausdurchsuchungen und die vorläufige Verwahrung von Personen dürfen die Sicherheitsbehörden und deren Organe zum Zwecke der Strafgerichtspflege nur in dem in dieser Strafprozessordnung vorgesehenen Fällen unaufgefordert vornehmen; sie haben jedem Einschreiten und dessen Ergebnis dem zuständigen Staatsanwalt oder Untersuchungsrichter sogleich Mitteilung zu machen. Gemäß § 35 Abs 1 Z 1 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Feststellung der Identität eines Menschen ermächtigt, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, er stehe im Zusammenhang mit einem gefährlichen Angriff oder könne über einen solchen Angriff Auskunft erteilen. Bei dem Handtaschendiebstahl handelte es sich um einen gefährlichen Angriff im Sinne des § 16 Abs 2 Z 1 SPG. Die Befugnis, die sowohl während des gefährlichen Angriffs, als auch noch danach Platz greift, soll zur Feststellung der Identität von Personen dienen, die als Täter eines gefährlichen Angriffes in Betracht kommen, wobei im Zeitpunkt des Einschreitens noch nicht klar sein muss, ob die Person nun als Täter oder Zeuge anzusehen ist. Hiebei ist von einer ex-ante Betrachtung der einschreitenden Organe auszugehen. Aufgrund der Personenbeschreibung, die mittels Funkfahndung an die beiden Polizeiorgane weitergegeben wurde, konnten diese eine vertretbare Vermutung anstellen, dass die Zeugin R und die Beschwerdeführerin als Täterinnen in Frage kommen. Es handelte sich hiebei um zwei junge Mädchen im Alter von ca. 20 Jahren, wobei der Zeuge RI M noch angab, dass er gehört habe, dass ein Mädchen einen Jeansmantel trug, wobei dies auf eine der beiden Schülerinnen zutraf. Auch befanden sich die beiden Schülerinnen in unmittelbarer Nähe des Tatortes, da der J von diesem ca. 5 Gehminuten entfernt ist. Auch zeitlich ist noch ein Zusammenhang mit dem gefährlichen Angriff gegeben, da der Diebstahl ca. 1 Stunde zuvor stattfand. Es waren somit bestimmte Tatsachen anzunehmen, die eine Identitätsfeststellung der Beschwerdeführerin zuließen. Wenn der Zeuge RI S angibt, dass der GVB-Schülerausweis, der mit Lichtbild, Namen und Geburtsdatum versehen ist, kein amtlicher Lichtbildausweis ist, so ist er im Recht. Hiezu ist jedoch auszuführen, dass eine allgemeine Ausweispflicht aus dem § 35 SPG ebenso wenig folgt, wie aus einer anderen Vorschrift der österreichischen Rechtsordnung. Dies ist nicht bloß deshalb, weil § 35 SPG keine allgemeine, sondern eine auf wenige eng umschriebene Situationen anknüpfende Identitätsfeststellungsbefugnis begründet, sondern auch deswegen, weil § 35 SPG keineswegs eine Verpflichtung normiert, einen Ausweis bei sich zu führen. Die Feststellung der Identität kann nach § 35 SPG durchaus auch mit anderen Mittel, als mit Einschau in einen amtlichen Ausweis vorgenommen werden (siehe Hauer/Keplinger, SPG, S 287 ff, 2. Auflage, Linde Verlag). Um die Identität zu klären, wäre somit auch zusätzlich eine Meldeauskunft, eine EKIS-Anfrage, als auch die Befragung der übrigen am J anwesenden Mitschülerinnen möglich gewesen. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark geht somit davon aus, dass bereits am J die Identität der Beschwerdeführerin feststand bzw es möglich gewesen wäre, diese dort festzustellen. Im Übrigen geben beide Organe an, dass die Beschwerdeführerin in concreto zwecks Personendurchsuchung und nicht zur Identitätsfeststellung in das Wachzimmer Sch mitgenommen wurde. Ausdrücklich wird der Rechtsmeinung der belangten Behörde entgegen getreten, dass zu dem Zeitpunkt der gefährliche Angriff noch nicht abgeschlossen war und somit zwecks Beendigung des gefährlichen Angriffes der § 33 SPG zur Anwendung gelangt. Die Identitätsfeststellung nach § 35 Abs 1 Z 1 SPG beruht jedoch nicht auf Beendigung eines gefährlichen Angriffes, sondern steht sie im Zusammenhang mit einem gefährlichen Angriff. Der Diebstahl der Geldbörse war ca. eine Stunde vorher erfolgt, die Organe konnten keine Fluchtbewegungen der möglichen Täterin feststellen, sodass wohl mit gutem Grund von einer (notwendigen) Beendigung eines gefährlichen Angriffes zu dem Zeitpunkt nicht mehr gesprochen werden kann. Somit wurde die Mitnahme zur Personendurchsuchung und Durchsuchung des Rucksackes, als auch der Kleidung sowie die Gegenüberstellung gemäß Art. V EGVG im Dienste der Strafjustiz vorgenommen. Auch die Anwendung des § 22 Abs 3 SPG - dieser wird selbst von der belangten Behörde nichts ins Treffen geführt - würde zu keinem anderen Ergebnis kommen. Nach § 22 Abs 3 leg cit haben nämlich die Sicherheitsbehörden nach einem gefährlichen Angriff, unbeschadet ihrer Aufgaben nach der Strafprozessordnung, die maßgebenden Umstände, einschließlich der Identität des dafür Verantwortlichen zu klären, soweit dies zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich ist. Sobald ein bestimmter Mensch der strafbaren Handlung verdächtig ist, gelten ausschließlich die Bestimmungen der Strafprozessordnung; die §§ 57 und 58 SPG sowie die Bestimmungen über den Erkennungsdienst bleiben jedoch unberührt. Mit der möglichen Identitätsfeststellung am J hat jedenfalls die parallele Anwendbarkeit des Sicherheitspolizeigesetzes neben der Strafprozessordnung geendet. Ab dem Zeitpunkt galten somit ausschließlich die Bestimmung der Strafprozessordnung. Das Sicherheitspolizeigesetz tritt mit seinem Präventionsanliegen hinter dem Strafprozessrecht zurück (vgl. Hauer/Keplinger, Handbuch zum SPG, S 221). Alle weiteren Akte der Amtshandlung waren somit nach der Strafprozessordnung zu beurteilen und ist der Rechtsmeinung der belangten Behörde entgegen zu treten, wenn sie ausführt, dass die Amtshandlung nach dem SPG zu beurteilen ist. Die von einem Sicherheitswachebeamten ohne ausdrückliche Festnahme ausgesprochene Aufforderung zur Personendurchsuchung zum Funkstreifenwagen mitzukommen, ist als Ausübung von Befehlsgewalt zu werten (VfGH 23.6.1976, Slg. 7829). Es ist wohl selbstverständlich, dass die Aufforderung von zwei uniformierten Polizeibeamten auf das Wachzimmer zwecks Personendurchsuchung mitzukommen, als Ausübung der Befehlsgewalt zu werten ist, auch wenn die Beschwerdeführerin hiezu ohne Gegenwehr einwilligte. Der Zeuge RI M gab selbst an, dass es für die Beschwerdeführerin keine andere Wahl gab, als zum Wachzimmer mitzukommen und gab auch die Zeugin R, als auch die Beschwerdeführerin an, dass sie die Aufforderung als Befehl angesehen haben. Ausdrücklich wird somit festgehalten, dass eine Mitnahme zur Personendurchsuchung sowie die Anhaltung in Polizeigewahrsam - dies war im Wachzimmer Sch während der erfolgten Durchsuchung des Rucksackes und der Jacke sowie im Wachzimmer S während der Gegenüberstellung - als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anzusehen ist (VfSlg. 7252/1974; 7829/1976; 8145/1977; VwGH 7.9.1990, 90/01/0195). Dem bekämpften Verwaltungsakt lag kein richterlicher Auftrag zu Grunde, jedoch setzt die Gesetzmäßigkeit einer solchen Maßnahme gemäß § 24 StPO unter anderem voraus, dass das unverzügliche Einschreiten des Untersuchungsrichters nicht erwirkt werden kann. Bei Nichterfüllung der Voraussetzung findet die Maßnahme im Gesetz keine Deckung (VwGH 13.12.1989, 89/03/0114; 13.12.1989, 89/03/0126; 13.11.1991, 91/01/0135). Selbst wenn man den Ausführungen in der Gegenschrift ohne nähere Prüfung folgt, dass sich das Diebesgut noch bei der Verdächtigen befinden hätte können und somit in der Situation Gefahr in Verzug vorgelegen wäre, kann dem keinesfalls zugestimmt werden, da eine telefonische Kontaktaufnahme mit dem zuständigen Untersuchungsrichter bzw Staatsanwalt - zumindest im Umweg über den Journaldienstbeamten der Bundespolizeidirektion G, mit dem auch Kontakt aufgenommen wurde - möglich gewesen wäre (VfGH 29.9.1992, B 1282/90-27). Es wäre somit durchaus im Bereich der Möglichkeit gewesen, die vorerst in Erwägung gezogene Personendurchsuchung bzw tatsächlich durchgeführte Durchsuchung des Rucksackes und der Jacke sowie die angeordnete Gegenüberstellung im Rahmen eines richterlich erteilten Auftrages durchzuführen (§ 175 ff StPO). Durch die Unterlassung der Kontaktaufnahme mit dem Untersuchungsrichter bzw Staatsanwalt sind die Organe der belangten Behörde eigenmächtig vorgegangen und sind daher alle Teilakte der Amtshandlung, die ab der Mitnahme zur Personendurchsuchung durchgeführt wurden, ebenfalls mit Rechtswidrigkeit behaftet. Dem Antrag das Vorgehen der belangten Behörde gegen die Beschwerdeführerin als rechtswidrig zu erklären, war daher stattzugeben. 3. Gemäß § 79a AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung, BGBl II Nr. 334/2003, waren der Beschwerdeführerin Kosten in der Höhe von ? 1.499,80 zuzusprechen. Der Beschwerdeführerin gebührt ? 660,80 an Schriftsatzaufwand, ? 826,-- als Verhandlungsaufwand und ? 13,-- an Stempelgebührenersatz (Beschwerdeschriftsatz). Dem Kostenmehrbegehren konnte nicht stattgegeben werden, da es sich hier um Pauschalsätze handelt und daher die Umsatzsteuer bereits Berücksichtigung gefunden hat.

Schlagworte
Personendurchsuchung Durchsuchung Mitnahme Identitätsfeststellung Lichtbildausweis geeignete Mittel Strafjustiz gelindere Mittel
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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