TE Vwgh Erkenntnis 2003/8/13 2001/11/0170

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Veröffentlicht am 13.08.2003
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

B-VG Art130 Abs2;
WaffG 1996 §10;
WaffG 1996 §18 Abs2;
WaffG 1996 §18 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des J in A, vertreten durch Dipl. Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 14. November 2000, Zl. 10.301/0070- 1.4/00, betreffend Ausnahmebewilligung gemäß § 18 Abs. 2 des Waffengesetzes 1996, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 14. November 2000 wies der Bundesminister für Landesverteidigung einen Antrag des Beschwerdeführers vom 4. Juni 1998 - unter Berücksichtigung weiterer Eingaben vom 21. Mai 1999, 6. August 1999, 23. August 1999, 19. Juni 2000 und vom 18. September 2000 - auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung zum Erwerb und Besitz einer nach Hersteller und Marke näher bezeichneten Präzisionsbüchse mit Kaliber .50 (12,7 mm) ab. Als Rechtsvorschriften nannte der Bundesminister für Landesverteidigung §§ 10 und 18 Abs. 2 und Abs. 5 des Waffengesetzes 1996 (WaffG) i.V.m. der Verordnung der Bundesregierung betreffend Kriegsmaterial, BGBl. Nr. 624/1977. In der Begründung führte der Bundesminister für Landesverteidigung nach Wiedergabe des Ganges des Verwaltungsverfahrens aus, die in Rede stehende Präzisionsbüchse sei in die Kategorie der Panzerbüchsen einzustufen und gemäß § 1 Abschnitt I Z. 1 lit. b der Verordnung der Bundesregierung betreffend Kriegsmaterial als Kriegsmaterial anzusehen. Für Erwerb und Besitz sei demnach eine Ausnahmebewilligung nach § 18 Abs. 2 WaffG erforderlich. Da der Beschwerdeführer das 21. Lebensjahr vollendet habe und im Sinne des WaffG (§ 8) als verlässlich anzusehen sei, und diesbezüglich weder militärische, sicherheitspolizeiliche oder andere diesen vergleichbare gewichtige Bedenken der Erteilung einer Ausnahmebewilligung entgegenstünden, sei eine Prüfung des gegenständlichen Antrags unter Bedachtnahme auf § 10 WaffG erforderlich. Nach dieser Gesetzesbestimmung seien bei derartigen Ermessensentscheidungen private Rechte und Interessen nur insoweit zu berücksichtigen, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen, insbesondere von Kriegsmaterial, verbundenen Gefahr besteht, möglich sei. Im Falle des Beschwerdeführers seien daher seinem Interesse am Besitz des in Rede stehenden Kriegsmaterials die öffentlichen Interessen gegenüberzustellen. Das öffentliche Interesse an der Abwehr der mit dem Besitz von Kriegsmaterial verbundenen Gefahren überwiege das vom Beschwerdeführer geltend gemachte Interesse am Besitz desselben. Selbst veraltete vollautomatische Schusswaffen oder andere als Kriegsmaterial anzusehende Waffen, wie

z. B. Panzerbüchsen, seien nämlich auf Grund ihrer Funktions- und Wirkungsweise als gefährlich anzusehen. Die Sicherheit der Verwahrung von solchem Kriegsmaterial sei jedoch bei Privatpersonen nicht in dem Maße gegeben wie etwa im militärischen Bereich. Der Besitz solchen Kriegsmaterials durch Privatpersonen stelle insbesondere auch deshalb generell eine Sicherheitsgefährdung dar, weil damit gerechnet werden müsse, dass es unter Umständen gegen Sicherheitsorgane eingesetzt werden könnte. Die Sicherheitsorgane seien aber ihrerseits im Normalfall nicht mit solchen leistungsstarken Waffen ausgerüstet, wobei eine waffenmäßige Überlegenheit von Privatpersonen gegenüber den bei der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit verantwortlichen Sicherheitsorganen abzulehnen sei. Eine stark verbreitete Überlassung von Kriegsmaterial an Privatpersonen würde u.U. zu höchst unerwünschten Verhältnissen auf dem Gebiet der Sicherheit führen, wobei eine Häufung von Unfällen, Missbräuchen, Straftaten und sonstigen Unfällen zwangsläufig die Folgen wären. Das berechtigte Interesse des Beschwerdeführers am Besitz und Führen des in Rede stehenden Kriegsmaterials liege im Wesentlichen in der Verwendung zu Sportzwecken, wie z.B. bei Übungsschießen der Gendarmerie oder bei Einladung und Übungsschießen auf Bundesheerschießplätzen (die es hier jedoch nicht mehr gebe). Stelle man das diesbezügliche Interesse des Beschwerdeführers dem öffentlichen Interesse an der Abwehr der oben dargestellten Gefahren, die notwendigerweise mit dem Gebrauch von Kriegsmaterial verbunden sind, gegenüber, so zeige sich, dass das öffentliche Interesse weitaus gewichtiger sei als die privaten Interessen des Beschwerdeführers. Würde man darauf Rücksicht nehmen, so stellte dies eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung des genannten öffentlichen Interesses dar. Da die erforderlichen Schritte betreffend eine Demilitarisierung der Büchse nicht durchgeführt worden seien bzw. der Beschwerdeführer den Abschluss solcher Arbeiten nicht innerhalb der ihm eingeräumten Frist von zwei Monaten dem Bundesminister für Landesverteidigung angezeigt habe und der Beschwerdeführer auch sonst keine Gründe vorgebracht habe, die die vorstehend dargelegten öffentlichen Interessen überwögen, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof. Nachdem dieser mit Beschluss vom 27. Februar 2001, B 33/01-3, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese nach einem Abtretungsantrag mit Beschluss vom 17. April 2001, B 33/01-5, dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten hatte, wurde sie vom Beschwerdeführer ergänzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (seine Zustellung erfolgte am 30. November 2000), ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof das WaffG in seiner Stammfassung (Art. I BGBl. I Nr. 12/1997) maßgeblich.

1.1 Die einschlägigen Bestimmungen des WaffG lauteten in dieser Fassung (auszugsweise):

"Kriegsmaterial

§ 5. Kriegsmaterial sind die auf Grund des § 2 des Bundesgesetzes über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial, BGBl. Nr. 540/1977, durch Verordnung bestimmten Waffen, Munitions- und Ausrüstungsgegenstände.

...

Ermessen

§ 10. Bei der Anwendung der in diesem Bundesgesetz enthaltenen Ermessensbestimmungen sind private Rechte und Interessen nur insoweit zu berücksichtigen, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahr besteht, möglich ist.

...

Kriegsmaterial

§ 18. (1) Der Erwerb, der Besitz und das Führen von Kriegsmaterial sind verboten.

(2) Der Bundesminister für Landesverteidigung kann verlässlichen Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und ein berechtigtes Interesse für den Erwerb, Besitz oder das Führen von Kriegsmaterial glaubhaft machen, Ausnahmen von den Verboten des Abs. 1 bewilligen. Solche Ausnahmebewilligungen bedürfen des Einvernehmens mit dem Bundesminister für Inneres. Sie sind zu versagen, wenn gegen ihre Erteilung gewichtige Interessen, insbesondere militärischer oder sicherheitspolizeilicher Art sprechen."

1.2. § 2 des Bundesgesetzes über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial, BGBl. Nr. 540/1977, i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 30a/1991, lautet:

"§ 2. Die Bundesregierung bestimmt im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates durch Verordnung, welche Waffen, Munitions- und Ausrüstungsgegenstände nach dem jeweiligen Stand der militärtechnischen Entwicklung als Kriegsmaterial im Sinne dieses Bundesgesetzes anzusehen sind."

1.3. Die Verordnung der Bundesregierung betreffend Kriegsmaterial, BGBl. Nr. 624/1977, lautet (auszugsweise):

"§ 1. Als Kriegsmaterial sind anzusehen:

I. Waffen, Munition und Geräte

1.

...

b) Maschinenkanonen, Panzerbüchsen, Panzerabwehrrohre oder ähnliche Panzerabwehrwaffen.

..."

2. Die Beschwerde enthält kein Vorbringen, mit dem bestritten wird, dass es sich bei der Präzisionsbüchse um Kriegsmaterial im Sinne der erwähnten Verordnung der Bundesregierung handelt. Weiters steht nicht in Streit, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Erteilung der Ausnahmebewilligung gemäß § 18 Abs. 2 WaffG erfüllt und keiner der in dieser Gesetzesstelle genannten (zwingenden) Versagungsgründe vorliegt. Die Voraussetzungen für die Ermessensübung durch die belangte Behörde sind daher gegeben. Bei Ermessensentscheidungen hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich zu prüfen, ob die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenzen Gebrauch gemacht hat oder ob dies - in Form einer Ermessensüberschreitung oder eines Ermessensmissbrauches - nicht der Fall gewesen ist (vgl. hiezu z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1998, Zl. 97/11/0367, m.w.N.).

Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zu der Auffassung gelangt ist, dass bei der Abwägung des vom Beschwerdeführer geltend gemachten privaten Interesses, nämlich der Verwendung der Waffe zu Sportzwecken, mit dem öffentlichen Interesse, derartige Waffen aus allgemeinen Sicherheitsgründen privater Hand nicht anzuvertrauen, dem Beschwerdeführer die beantragte Ausnahmebewilligung nicht zu erteilen ist, so stellen sich ihre - eingangs dargestellten - Erwägungen als durchaus mit dem Gesetz im Einklang stehend dar und lassen nicht erkennen, dass die belangte Behörde ihr Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes gehandhabt hätte (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 27. März 1990, Zl. 89/11/0098, vom 15. Dezember 1992, Zl. 92/11/0105, vom 19. April 1994, Zl. 93/11/0266, sowie das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1998, Zl. 97/11/0367).

Daran vermögen die in der Beschwerde vorgebrachten Argumente nichts zu ändern.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, erst auf Grund einer Änderung der Rechtsauffassung der belangten Behörde sei aus seinem ursprünglich rechtmäßigen Besitz der Waffe ein unrechtmäßiger Besitz geworden, übersieht er, dass hinsichtlich der in Rede stehenden Waffe unstrittig nie eine rechtskräftige Feststellung getroffen wurde, wonach es sich dabei nicht um Kriegsmaterial handelt. Mangels einer derartig rechtskräftigen Feststellung kann aber von einem rechtmäßigen, mit dem WaffG (bzw. früher dem Waffengesetz 1986) konformen Besitz der Waffe nicht gesprochen werden. Aus den selben Gründen hat der Beschwerdeführer entgegen seiner Auffassung auch keinesfalls ein wohlerworbenes Recht am Weiterbesitz der Waffe erlangen können.

Dass der Beschwerdeführer durch Jahre bewiesen hat, dass er mit der gegenständlichen Waffe allen Anforderungen entsprechend umzugehen vermag, und dass daher die Gefährlichkeit der gegenständlichen Waffe nicht gestiegen sei, ist ebenfalls nicht geeignet, eine Überschreitung des der belangten Behörde eingeräumten Ermessens aufzuzeigen. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer mit Waffen sorgfältig umzugehen versteht, wurde von der belangten Behörde bereits durch Verneinen der Versagungsgründe berücksichtigt.

Die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Überlegung, dass Sicherheitskräfte im Normalfall nicht mit derart leistungsstarken (im vorliegenden Fall insbesondere: großkalibrigen und durchschlagskräftigen) Waffen ausgerüstet seien, wird vom Beschwerdeführer nicht in Zweifel gezogen. Auch im Hinblick auf diese Überlegung kann vor dem Hintergrund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. erneut das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1998, Zl. 97/11/0367) keine fehlerhafte Ermessensübung durch die belangte Behörde erkannt werden.

Soweit der Beschwerdeführer schließlich unter wirtschaftlichen Aspekten geltend macht, der Erwerb der Waffe sei mit hohen Kosten verbunden gewesen, im Zeitpunkt des Ankaufes habe man ihm versichert, bei der erworbenen Waffe handle es sich nicht um Kriegsmaterial, ist er erneut darauf zu verweisen, dass eine rechtskräftige Entscheidung, wonach es sich bei der erworbenen Waffe nicht um Kriegsmaterial handelt, ihr Erwerb und Besitz demnach dem WaffG (bzw. dem Waffengesetz 1986) entsprochen hätte, niemals getroffen wurde. Aus dem Umstand, dass es der Beschwerdeführer verabsäumt hat, einen Feststellungsbescheid zu erwirken, konnte ihm jedoch kein privates Interesse an Erwerb und Besitz der Waffe erwachsen, das geeignet ist, die von der belangten Behörde aufgezeigten öffentlichen Interessen, die Erwerb und Besitz dieses Kriegsmaterials durch einen Privaten entgegenstehen, zu überwiegen.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 13. August 2003

Schlagworte

Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001110170.X00

Im RIS seit

15.09.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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