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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Mag. Heinzl, Dr. Fuchs und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl, über die Beschwerde 1. der H KG in W,
2. des G A in W und 3. des H A in M, alle vertreten durch Dr. Arnold Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat Ia) vom 28. Mai 1999, Zl. RV/167-15/06/96, betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 1991, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von 1.172,88 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer erachten sich durch den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid unter anderem in ihrem Recht verletzt, dass die Berufungsentscheidung durch ein richtig zusammengesetztes Organ der belangten Behörde erfolgt. Sie führen dazu aus, dass dem der Beschwerde in Kopie beigelegten und für den Zeitpunkt der Berufungsentscheidung geltenden Geschäftsverteilungsplan der Berufungssenate der belangten Behörde (Stand 1. Februar 1999) zu entnehmen sei, dass Dr. Z. (welcher nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides an der Beschlussfassung über diesen mitgewirkt hat) nur für die Berufungssenate II, V und Va, nicht aber für den Berufungssenat Ia (welcher über die anhängige Berufung entschieden hat) "zuständig" sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die §§ 263 und 270 BAO in der Fassung vor dem AbgRmRefG BGBl. I Nr. 97/2002, lauten:
"§ 263. (1) Für den Bereich jedes Bundeslandes ist eine Berufungskommission zu bilden, deren Geschäfte der Präsident der Finanzlandesdirektion leitet.
(2) Die Berufungskommission besteht aus zwei Gruppen von Mitgliedern, welche in je einer Liste zu vereinigen sind. Die erste Gruppe setzt sich aus den von den gesetzlichen Berufsvertretungen entsendeten, im jeweiligen Bundesland wohnhaften Mitgliedern zusammen, wobei das Bundesministerium für Finanzen die Zahl der von den einzelnen Berufsvertretungen zu entsendenden Mitglieder unter Berücksichtigung der Bedeutung der Berufsgruppen für die Steuerleistung im Bundesland bestimmt. Die Mitglieder der zweiten Gruppe werden in erforderlicher Anzahl vom Bundesministerium für Finanzen ernannt.
(3) Neben den Mitgliedern der Berufungskommissionen ist nach den Grundsätzen des Abs. 2 die gleiche Anzahl von Stellvertretern zu bestellen und gleichfalls in je einer Liste zu vereinigen.
§ 270. (1) Der Präsident der Finanzlandesdirektion bildet aus der Berufungskommission (§ 263) die Berufungssenate und weist diesen die Senatsmitglieder und Stellvertreter in erforderlicher Anzahl zu.
(2) Die Zusammensetzung der Berufungssenate und deren Geschäftsverteilung, die der Präsident der Finanzlandesdirektion bestimmt, sind durch Anschlag an der Amtstafel zu veröffentlichen.
(3) Über Berufungen gemäß § 260 Abs. 2 entscheidet ein fünfgliedriger Berufungssenat, der sich aus dem Präsidenten der Finanzlandesdirektion oder einem von ihm bestimmten Finanzbeamten als Vorsitzenden und vier Beisitzern zusammensetzt. Von den Beisitzern haben einer der Gruppe der ernannten und drei der Gruppe der entsendeten Mitglieder der Berufungskommission anzugehören. Ein Mitglied muss von einer gesetzlichen Berufsvertretung selbständiger Berufe, ein weiteres von einer gesetzlichen Berufsvertretung unselbständiger Berufe entsendet sein, während das dritte Mitglied von der gesetzlichen Berufsvertretung des Berufungswerbers entsendet sein soll."
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Kollegialorgan, das nicht in der nach dem Gesetz vorgeschriebenen Besetzung entscheidet, als unzuständige Behörde im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG anzusehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 1999, 98/13/0153).
Dem Beschwerdevorbringen, Dr. Z. habe dem zur Entscheidung über die Berufung zuständigen Berufungssenat (Ia) nicht angehört, tritt die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift nicht entgegen. Sie meint jedoch, dass der angefochtene Bescheid von einem "gesetzmäßig - im Sinne der maßgebenden Bestimmung des § 270 Abs. 3 BAO - zusammengesetzten Kollegialorgan" erlassen worden sei, somit eine Verletzung des Rechtes auf den gesetzlichen Richter nicht vorliege, sondern "lediglich eine allfällige Verletzung der vorgesehenen Geschäftsverteilung für sich". Nun mag es zutreffen, dass hinsichtlich der Zusammensetzung des zur Entscheidung berufenen Kollegialorgans den Voraussetzungen des § 270 Abs. 3 BAO Genüge getan wurde, die belangte Behörde übersieht aber, dass für die gesetzmäßige Zusammensetzung eines Berufungssenates auch die gesetzliche Bestimmung des § 270 Abs. 1 BAO nicht vernachlässigt werden darf. Wirkt an der Entscheidung des Berufungssenates eine Person mit, welche dem entsprechenden Berufungssenat vom Präsidenten der Finanzlandesdirektion weder als Senatsmitglied noch als Stellvertreter zugewiesen worden ist, so wird die Entscheidung durch ein nicht dem Gesetz entsprechend zusammengesetztes Kollegialorgan getroffen.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als rechtswidrig infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 29. Oktober 2003
Schlagworte
BehördenorganisationEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:1999130136.X00Im RIS seit
20.11.2003